Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 22.12.2006
Aktenzeichen: 24 W 126/05
Rechtsgebiete: WEG, BGB


Vorschriften:

WEG § 1 Abs. 3
WEG § 14 Nr. 1
WEG § 15 Abs. 2
WEG § 15 Abs. 3
BGB § 242
In der die gesetzliche Beschreibung des Teileigentums (§ 1 Abs. 3 WEG) wiederholenden Bezeichnung eines Raumes in der Teilungserklärung als "nicht Wohnzwecken dienender Raum" liegt eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter des Inhalts, dass der Raum zwar nicht zu Wohnzwecken, aber grundsätzlich zu jedem anderen beliebigen Zweck genutzt werden darf. Für die weitergehende Frage, ob eine bestimmte Nutzung zulässig ist, sind neben etwaigen Regelungen in der hierzu auszulegenden Teilungserklärung nach den in § 15 Abs. 2 WEG zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken auch Lage und Beschaffenheit des Raumes von Bedeutung. Die Zweckbestimmung "Teileigentum" ist nicht mit der Vereinbarung einer gewerblichen bzw. freiberuflichen Nutzung gleichzusetzen. Bei einem Teileigentum kann es sich auch um eine zwar zur Wohnung gehörende, aber nicht zum dauerhaften Aufenthalt von Menschen bestimmte, sondern nur mit der Wohnnutzung im Zusammenhang stehende, untergeordneten Zwecken dienende Räumlichkeit handeln, etwa einen Abstellraum, einen Hobbyraum oder eine Werkstatt.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 24 W 126/05

In der Wohnungseigentumssache

betreffend die Wohnanlage nnnnnnnnnnnnnnn Berlin

hat der 24. Zivilsenat des Kammergerichts auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 21. Juni 2005 - 85 T 533/03 WEG - durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Harte, die Richterin am Amtsgericht Zimmermann sowie den Richter am Kammergericht Einsiedler am 22. Dezember 2006 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat die Gerichtskosten dritter Instanz zu tragen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten dritter Instanz wird nicht angeordnet.

Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 15.000,- Euro festgesetzt.

Gründe:

Die nach §§ 27, 29 FGG, § 45 WEG zulässige sofortige weitere Beschwerde ist unbegründet. Der angefochtene Beschluss des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts, § 27 Abs. 1 Satz 1 FGG.

A.

Zu Recht hat das Landgericht auf die von ihm zutreffend als zulässig angesehene Erstbeschwerde der Antragstellerin die Antragsgegnerin verpflichtet, den - ausgeübten - Betrieb einer Arztpraxis in den im Aufteilungsplan der Wohnanlage mit der Nr. 6 bezeichneten Räumlichkeiten im Dachgeschoss sowie in den daneben gelegenen Räumlichkeiten zu unterlassen. Denn der Antragstellerin steht gegenüber der Antragsgegnerin aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, §§ 15 Abs. 3, 14 Nr. 1 WEG ein entsprechender Individualanspruch, gerichtet auf Unterlassung des Betriebs einer Arztpraxis, zu. Hierbei kann dahinstehen, ob die Antragsgegnerin die Praxis in sämtlichen streitgegenständlichen Räumen des Dachgeschosses betreibt (so die Antragstellerin in der Erstbeschwerdebegründungsschrift vom 10.10.2004, dort Seite 3 = Bd. I Bl. 248 d. A.), ob nur ein in § 2 Nr. 6 der Teilungserklärung vom 20.06.1979 (Bl. 5 d. A.) genannter "nicht Wohnzwecken dienender Raum im D.G." zum Betrieb der Praxis genutzt wird (so die Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 30.03.2002, dort Seite 7 = Bd. I Bl. 55 d. A. und im Schriftsatz vom 11.09.2002, dort Seite 9 = Bd. I Bl. 141 d. A.) oder ob der Praxisbetrieb nur in den an den genannten Raum angrenzenden Räumlichkeiten im Dachgeschoss ausgeübt wird (worauf der Vortrag der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 30.03.2002, dort Seite 5 = Bd. I Bl. 53 d. A. hindeutet) und ob in letzterem Fall die Praxis lediglich in denjenigen an das Sondereigentum Nr. 6 im Dachgeschoss angrenzenden Räumen betrieben wird, hinsichtlich welcher mit Vereinbarung vom 22.01.1989 (Bd. I Bl. 81, 82 d. A.) ein Sondernutzungsrecht zugunsten des Rechtsvorvorgängers der Antragsgegnerin, nnnn Mnnn , begründet werden sollte und welche in der dieser Vereinbarung beiliegenden Skizze (Bd. I Bl. 83 d. A.) schraffiert eingezeichnet und mit "Waschküche" bezeichnet sind oder ob auch noch weitere Räume im Dachgeschoss hierfür verwendet werden (worauf ein Vergleich der Skizze Bd. I Bl. 83 d. A. mit der - für eine Vergleichsbetrachtung um 180° zu drehenden - Skizze Bd. I Bl. 58 d. A. = Anlage Ag1 hindeutet). Feststellungen dazu, in welchem Raum/welchen Räumen im Dachgeschoss der Wohnanlage genau die - unstreitig betriebene - Arztpraxis unterhalten wird, waren aus dem Grunde entbehrlich, weil die Antragsgegnerin im Verhältnis zur Antragstellerin in keiner der genannten Räumlichkeiten im Dachgeschoss eine Arztpraxis betreiben darf.

1. Die Antragstellerin kann gegenüber der Antragsgegnerin beanspruchen, dass ein in § 2 Nr. 6 der Teilungserklärung vom 20.06.1979 (Bd. I Bl. 5 d. A.) genannter "nicht Wohnzwecken dienender Raum im D.G." von dieser nicht zum Betrieb einer Arztpraxis genutzt wird.

a. Für die Bestimmung dessen, was Gegenstand des von der Antragsgegnerin infolge Kaufvertrages vom 14.03.1997 (Bd. I Bl. 64ff d. A.) erworbenen Sondereigentums ist, ist die Grundbucheintragung maßgeblich. Bei deren Auslegung, welche der Senat als Rechtsbeschwerdegericht selbst vornehmen kann, ist vorrangig auf den Wortlaut und den Sinn der Eintragung sowie der darin in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung abzustellen, wie sie sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergeben. Umstände außerhalb dieser Urkunden dürfen zur Ermittlung von Inhalt und Umfang eines Grundstücksrechts nur insoweit mit herangezogen werden, als sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (Elzer in Riecke/Schmid, WEG, 2006, § 8 Rdnr. 42; BGHZ 130, 159, Rdnr. 18 nach juris).

Hiernach ergibt sich Folgendes:

In der die gesetzliche Beschreibung des Teileigentums (§ 1 Abs. 3 WEG) wiederholenden Bezeichnung des Raumes in § 2 Nr. 6 der Teilungserklärung vom 20.06.1979 als "nicht Wohnzwecken dienender Raum im D.G." liegt eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter des Inhalts, dass der Raum zwar nicht zu Wohnzwecken, aber grundsätzlich zu jedem anderen beliebigen Zweck genutzt werden darf. Die Zweckbestimmung "Teileigentum" ist indes nicht mit der Vereinbarung einer gewerblichen bzw. freiberuflichen Nutzung gleichzusetzen. So kann Teileigentum auch sonstige nicht zu Wohnzwecken dienende Räume bezeichnen, etwa Garagen oder Abstellräume (Pick in Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., 2003, § 1 Rdnr. 24). Für die weitergehende Frage, ob eine bestimmte Nutzung, nämlich vorliegend als Arztpraxis, zulässig ist, sind - neben etwaigen Regelungen in der Teilungserklärung - nach den in § 15 Abs. 2 WEG zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken auch Lage und Beschaffenheit des Raumes von Bedeutung (vgl. BayObLG WuM 1994, 222 Rdnrn. 9, 10 nach juris; BayObLG FGPrax 1996, 57, Rdnr. 12 nach juris). Vorliegend ergibt sich indes bereits aus der Teilungserklärung selbst, dass hinsichtlich des nicht Wohnzwecken dienenden Raumes im Dachgeschoss nicht die Zweckbestimmung der gewerblichen oder freiberuflichen Nutzung getroffen worden ist. Denn nach § 1 2. Abs. der Teilungserklärung umfasst das streitgegenständliche Gebäude neben 13 Wohnungen und 4 Garagen auch einen "Gewerberaum", welcher in § 2 Nr. 1 der Teilungserklärung ausdrücklich als "Büro" bezeichnet wird. Die Teilungserklärung trifft somit hinsichtlich dieser ebenfalls nicht als Wohnung dienenden Räume die ausdrückliche Bestimmung, dass sie gewerblich bzw. freiberuflich zu nutzen sind. Für einen unbefangenen Betrachter ergibt sich daher aus dem Umstand, dass der in § 2 Nr. 6 genannte nicht Wohnzwecken dienende Raum im Dachgeschoss nicht als "Büro" oder "Gewerberaum" zweckbestimmt oder auch nur beschrieben worden ist, als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen, dass dieser Raum auch nicht in dieser Weise, nämlich gewerblich oder freiberuflich, zu nutzen ist. Aus der Einreihung in die weiteren zur Wohnung Nr. 6 gehörenden Nebenräumlichkeiten, nämlich Abstellraum, Vorraum, Balkon und Keller, ergibt sich vielmehr, dass es sich - wie das Landgericht zu Recht angenommen hat - bei dem nicht Wohnzwecken dienenden Raum im Dachgeschoss um einen zwar zur Wohnung gehörigen, aber nicht zum dauerhaften Aufenthalt von Menschen bestimmten, sondern nur mit der Wohnnutzung der Wohnung im Zusammenhang stehenden, untergeordneten Zwecken dienenden Raum handelt, etwa einen weiteren Abstellraum oder - da nicht hierauf beschränkt - einen Hobbyraum oder eine Werkstatt (vgl. BayObLG FGPrax 1996, 57, a. a. O., Rdnrn. 12 bis 15 mit ausdrücklicher Verneinung einer gewerblichen Nutzung von "nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen").

Zutreffend hat das Landgericht weiter angenommen, dass sich aus der Eintragung der Einheit Nr. 6 im Bestandsverzeichnis des Wohnungsgrundbuchs als der "im II. Obergeschoß/D.G. vorne gelegenen Wohnung" (Bd. I Bl. 147 bis 149 d. A.) nichts anderes ergibt. Insbesondere folgt hieraus nicht, dass es sich auch bei dem Raum im Dachgeschoss um einen Wohnraum handelt. Denn die Eintragung im Grundbuch nimmt unter Gebrauchmachung der Möglichkeit des § 7 Abs. 3 WEG wegen des Gegenstandes und des Inhalts des Sondereigentums Bezug auf die Eintragungsbewilligung in der Teilungserklärung. Diese bezieht sich in § 12 nach der verfahrensrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellung des Landgerichts aber auf die Teilung in § 2, welcher den Dachgeschossraum als nicht zu Wohnzwecken dienend beschreibt. Der Raum im Dachgeschoss ist auch nicht etwa deshalb als eigenständiges Sondereigentum - und zwar mit Wohnraumcharakter - zu behandeln, weil er zusammen mit weiteren Räumlichkeiten in der Vergangenheit als von der Wohnung Nr. 6 im 2. Obergeschoss getrennte Wohnung genutzt worden ist. Denn rechtlich kommt es, wie das Landgericht zutreffend angenommen hat, auf die Bestimmung der Teilungserklärung an, nach welcher der Raum im Dachgeschoss als nicht Wohnzwecken dienend zur Wohnung Nr. 6 gehört.

Die insoweit maßgebliche Teilungserklärung gestattet daher weder eine Nutzung zu Wohnzwecken noch eine gewerbliche oder freiberufliche Nutzung des in § 2 Nr. 6 der Teilungserklärung genannten nicht Wohnzwecken dienenden Raumes im Dachgeschoss.

b. Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass die unter a. genannte Regelung der Teilungserklärung weder durch den Beschluss zu TOP 7 der Eigentümerversammlung vom 08.12.1987 (vgl. das hierüber aufgenommene Protokoll Bd. I Bl. 112, 113 d. A.), mit welchem beschlossen wurde, dem Rechtsvorvorgänger der Antragsgegnerin, n nnnn Mnnn , ein vertragliches Dauernutzungsrecht hinsichtlich einer Gemeinschaftsfläche im Bodenraum - gemeint war, wie sich aus einer Bezugnahme im Protokoll der Versammlung auf ein Schreiben des Rechtsanwalts Hnn vom 13.05.1987 (Bd. I Bl. 114, 115 d. A.) ergibt, die im Dachgeschoss belegene Waschküche - einzuräumen noch durch den Beschluss zu TOP 3a der Eigentümerversammlung vom 09.05.1996 (vgl. das hierüber aufgenommene Protokoll Bd. I Bl. 153 bis 157 d. A.), in welchem beschlossen wurde, die in der - im Anschluss an den Beschluss zu TOP 7 der Eigentümerversammlung vom 08.12.1987 mit Herrn Mnnn abgeschlossenen - Nutzungsvereinbarung vom 22.01.1989 (Bd. I Bl. 81 bis 83 d. A.) genannten an das Sondereigentum Nr. 6 im Dachgeschoss angrenzenden Räumlichkeiten aus dem Gemeinschaftseigentum in das Sondereigentum der Wohnung Nr. 6 zu übertragen, geändert worden ist. Zum einen betreffen die Beschlüsse primär die an den in § 2 Nr. 6 der Teilungserklärung genannten Raum im Dachgeschoss angrenzenden Räumlichkeiten, nämlich die im Dachgeschoss gelegene (ehemalige) Waschküche. Zum anderen wären die Beschlüsse, soweit durch sie die keine Öffnungsklausel enthaltende Teilungserklärung dahingehend abgeändert werden sollte, dass eine andere Zweckbestimmung hinsichtlich des in § 2 Nr. 6 der Teilungserklärung genannten Raumes im Dachgeschoss getroffen wird, nichtig. Denn die Wohnungseigentümer können ihre Angelegenheiten nur durch eine Vereinbarung regeln und also nicht bloß beschließen, wenn eine Vereinbarung abgeändert werden soll. Ein Beschluss (sogenannter Zitterbeschluss), der eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer als Regelung auf Dauer ändern oder aufheben will, ist nach den Strukturen des Wohnungseigentumsgesetzes nichtig, da hierfür keine Beschlusskompetenz besteht (Elzer, a. a. O., § 10 Rdnr. 110; Merle in Bärmann/Pick/Merle, a. a. O., § 23 Rdnr. 143f; BGH NJW 2000, 3500, Rdnr, 13 nach juris). Eine nicht erfolgte Anfechtung des Beschlusses ändert hieran nichts, denn eine Beschlusskompetenz erwächst der Mehrheit nicht dadurch, dass ein in angemaßter Kompetenz gefasster Beschluss bestandskräftig wird; die Nichtigkeit kann vielmehr auch ohne gerichtliche Feststellung und ohne zeitliche Befristung geltend gemacht werden (BGH, a. a. O., Rdnr. 13, 17 nach juris). Diese Grundsätze gelten auch für die Änderung der Teilungserklärung. Denn die nach § 8 WEG mögliche einseitige Setzung von Recht durch Teilungserklärung hat Vereinbarungsqualität (Pick in Bärmann/Pick/Merle, a. a. O., § 10 Rdnr 34). Eine Umdeutung der Beschlüsse in Vereinbarungen kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil bei den genannten Eigentümerversammlungen nicht alle Sondereigentümer anwesend oder vertreten waren und keine allstimmige Beschlussfassung erfolgt ist. Dass eine Berufung auf die Nichtigkeit der genannten Beschlüsse treuwidrig wäre, ist nicht zu greifen. c. Voraussetzung eines Unterlassungsanspruchs ist, dass durch die teilungserklärungswidrige Nutzung die anderen Wohnungseigentümer in stärkerem Maße beeinträchtigt werden, als durch eine der Zweckbestimmung entsprechende Nutzung (BayObLG FGPrax 1997, 220, Rdnr. 7 nach juris; OLG Düsseldorf FGPrax 2003, 153, Rdnr. 17 nach juris). Dies ist hier der Fall. Es geht vorliegend allerdings insoweit nicht um die Frage, ob der Betrieb einer Arztpraxis in einer Wohnung zulässig ist, sondern vielmehr darum, ob eine Arztpraxis in zu einer Wohnung gehörenden, selbst aber nicht zum dauerhaften Aufenthalt von Menschen bestimmten, sondern nur untergeordneten Zwecken dienenden Räumen betrieben werden darf. Entscheidend ist daher, ob durch die Arztpraxis in dem streitgegenständlichen Raum im Dachgeschoss die anderen Wohnungseigentümer in stärkerem Maße beeinträchtigt werden, als durch eine untergeordnete, nicht den dauerhaften Aufenthalt von Menschen beinhaltende Nutzung dieses Raumes. Hiervon ist vorliegend schon deshalb auszugehen, weil die Antragsgegnerin drittinstanzlich ausdrücklich eingeräumt hat, die tatsächliche Nutzung durch sie sei mit einer Wohnnutzung vergleichbar bzw. hielte sich in diesem Rahmen (Rechtsbeschwerdebegründungsschrift vom 12.10.2005, dort Seite 6 = Bd. II Bl. 50 d. A.). Im Übrigen ist auch für den Senat nicht zu greifen, weshalb eine Nutzung eines Raumes als - nicht zum dauerhaften Aufenthalt von Menschen bestimmter, untergeordneten Zwecken dienender - Nebenraum zu einer Wohnung auch nur annähernd so intensiv und für die übrigen Wohnungseigentümer beeinträchtigend sein soll, wie die Nutzung dieses Raumes als Arztpraxis. Lediglich abrundend wird darauf hingewiesen, dass die Antragsgegnerin schon ihr zwischenzeitliches zweitinstanzliches Vorbringen, die Nutzung als Arztpraxis sei weniger intensiv als eine Wohnnutzung, nicht ausreichend substantiiert vorgetragen hat. Die Antragsgegnerin kann sich insoweit auch nicht auf den von ihr in Bezug genommenen Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 13.01.1994 (WuM 1994, 222 - 2 Z BR 130/93 -) stützen. Zwar hat das Bayerische Oberste Landesgericht in dieser Entscheidung ausgeführt, "daß eine Nutzung des Dachgeschosses als Wohnung mehr stört als eine Nutzung zu anderen als Wohnzwecken. Dies folgt schon aus der wesentlich intensiveren Nutzung des Raumes, wenn er als Wohnung zum Lebensmittelpunkt einer oder mehrerer Personen gemacht wird" (BayObLG, a. a. O., Rdnr. 12 nach juris). Dass damit keine - in der genannten Entscheidung auch gar nicht erwähnte - gewerbliche oder freiberufliche Nutzung gemeint war, ergibt sich daraus, dass sich das Bayerische Oberste Landesgericht unmittelbar am Ende der zitierten Passage auf eine frühere Entscheidung desselben Senats (nämlich BayObLG WuM 1992, 704 - 2 Z BR 66/92 -) bezieht. In dieser wird ausgeführt, dass eine Nutzung als Keller weniger intensiv ist als eine Nutzung als Wohnung; ferner wird in ihr Bezug genommen auf eine weitere Entscheidung desselben Senats (BayObLG NJW-RR 1991, 140 - BReg 2 Z 91/90 -), in welcher es um den Vergleich einer Wohnnutzung mit einer - als weniger intensiv angesehenen - Nutzung eines Speicherraumes als Hobbyraum oder Werkstatt geht (a. a. O., Rdnr. 21 nach juris).

d. Der Berufung der Antragstellerin auf ihren hiernach gegebene Unterlassungsanspruch stehen keine sonstigen Einwendungen entgegen.

aa. Dahinstehen kann, ob das Recht der Antragstellerin, von der Antragsgegnerin hinsichtlich des nach der Teilungserklärung nicht zu Wohnzwecken dienenden Raumes im Dachgeschoss eine - vor der Nutzung als Praxis ausgeübte - Wohnnutzung zu unterlassen, verwirkt wäre. Denn eine etwaige Verwirkung des Unterlassungsanspruchs betreffend eine Wohnnutzung des genannten Raumes im Dachgeschoss hätte nicht zur Folge, dass die Antragstellerin auch eine Nutzung dieses Raumes als Arztpraxis hinnehmen müsste.

Die aus § 242 BGB herzuleitende Verwirkung eines Rechts setzt dreierlei voraus: Erstens muss seit der erstmaligen Möglichkeit, das Recht geltend zu machen längere Zeit verstrichen sein (sogenanntes Zeitmoment). Zweitens muss ein konkretes Verhalten des Gläubigers vorliegen, aufgrund dessen der Schuldner darauf vertrauen durfte, der Gläubiger werde die Forderung nicht mehr geltend machen mit der Folge, dass wegen des geschaffenen Vertrauenstatbestands die verspätete Geltendmachung des Rechts als eine mit Treu und Glauben unvereinbare Härte erscheint (sogenanntes Umstandsmoment). Drittens muss sich der Schuldner auch tatsächlich darauf eingerichtet haben, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Heinrichs in Palandt, BGB, 66. Aufl., 2007, § 242 Rdnrn. 93 bis 95). Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung und führt zu einer inhaltlichen Begrenzung des Rechts im Verhältnis zwischen Verletztem und Verletzer (BGHZ 67, 68 Rdnr. 66 nach juris). Wesen der Verwirkung ist es also, das Recht des an sich Berechtigten, vom Pflichtigen ein bestimmtes Tun oder Unterlassen zu verlangen, aus Gründen des Vertrauensschutzes des Pflichtigen zu begrenzen. Der Vertrauensschutz des Pflichtigen kann aber nur dahin gehen, dass der Berechtigte seine nach der bisherigen Rechtslage bestehenden, aber nicht ausgeübten Rechte auch weiterhin nicht geltend macht. Bezogen auf die Nutzung des in § 2 Nr. 6 der Teilungserklärung genannten Raumes im Dachgeschoss bedeutet dies, dass der etwaige Vertrauensschutz der Antragsgegnerin nur dahin gehen kann, dass sie bei gleichbleibenden Umständen die bisherige Nutzung im bisherigen Umfang fortsetzen kann (OLG Köln NJW-RR 1995, 851, 852). Der Vertrauensschutz der Antragsgegnerin erstreckt sich aber nicht darauf, anstelle der Wohnraumnutzung, gegen welche die Antragstellerin möglicherweise nicht mehr mit Erfolg vorgehen kann, nunmehr eine andersartige Nutzung, nämlich eine gewerbliche bzw. freiberufliche Nutzung, beanspruchen zu können. Ein Vertrauen darauf, dass die Antragstellerin ihre Rechte gegenüber einer gewerblichen bzw. freiberuflichen Nutzung nicht geltend machen werde, konnte die Antragsgegnerin aus dem Nichtvorgehen gegen eine Wohnraumnutzung nicht entwickeln. Daher kommt es vorliegend auch insoweit nicht darauf an, ob der Betrieb der Praxis intensiver und für die weiteren Wohnungseigentümer störender ist als eine Wohnnutzung. Denn die Rechtsposition eines Wohnungseigentümers, der auf der Grundlage der Regelungen des Wohnungseigentumsgesetzes und einer Teilungserklärung bzw. einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer ein Recht zu einer bestimmten Nutzung hat und nunmehr eine andere und seiner Meinung nach nicht störendere Nutzung begehrt, ist stärker und insoweit nicht vergleichbar mit der Rechtsposition dessen, der auf der Grundlage der genannten Regelungen schon kein Recht zur zunächst ausgeübten Nutzung hat und sie nur deshalb weiter ausüben kann, weil sein Vertrauen darauf, ein Unterlassungsanspruch gegenüber dieser konkreten Nutzung werde nicht geltend gemacht, schützenswert ist.

bb. Eine (eigenständige) Verwirkung des Rechts der Antragstellerin, Unterlassung der Nutzung als Arztpraxis zu verlangen, ist nicht eingetreten. Dahinstehen kann, ob angesichts des Umstands, dass der Betrieb einer Arztpraxis (erst) im Jahre 2000 aufgenommen worden ist, nicht schon das Vorliegen des Zeitmoments zu verneinen ist. Denn es fehlt jedenfalls an einem Umstandsmoment. So hat die Eigentümerversammlung vom 25.10.2000 durch einen von der hiesigen Antragsgegnerin anderweitig angefochtenen Beschluss zu TOP 2 beschlossen, dass festgestellt wird, dass der Praxisbetrieb den Wohnhauscharakter beeinträchtigt und nur unter Auflagen und Beschränkungen fortgesetzt werden darf, wobei jedem Wohnungseigentümer das Recht zustehen soll, auf Besitzstörung zu klagen, falls die Auflagen "nicht anstandslos erfüllt werden" (vgl. Bl. 18, 19 der Akte des Amtsgerichts Schöneberg zu dem noch nicht abgeschlossenen Verfahren 76 II 388/00 WEG).

cc. Dem Unterlassungsanspruch der Antragstellerin steht auch nicht aus anderem Grund der Einwand unzulässiger Rechtsausübung, § 242 BGB, entgegen. Die Antragsgegnerin kann sich, wie das Landgericht zutreffend angenommen hat, insbesondere nicht auf ihre Behauptung berufen, die Antragstellerin betreibe selbst in ihrer Wohneinheit ein Büro. Ein rechtsmissbräuchliches, gegen Treu und Glauben verstoßendes Verhalten der Antragstellerin läge auch in diesem Falle nicht vor. Denn es gibt keinen allgemeinen Grundsatz, dass nur derjenige Rechte geltend machen kann, der sich selbst rechtstreu verhalten hat (BayObLG NZM 1999, 85, Rdnr. 11 nach juris; NZM 2001, 137, Rdnr. 9 nach juris). Insoweit steht es den anderen Wohnungseigentümern frei, gegen teilungserklärungswidrige Nutzungen vorzugehen; eine "Aufrechnung" unzulässiger Nutzungen findet nicht statt (vgl. BayObLG WuM 1992, 563, Rdnr. 18 nach juris zum gleichgelagerten Problem unzulässiger baulicher Veränderungen). Nur am Rande weist der Senat darauf hin, dass, wie schon das Landgericht zutreffend angenommen hat, die Antragsgegnerin nicht ansatzweise vorgetragen hat, welche Störungen von dem behaupteten Büro der Antragstellerin ausgehen sollen.

2. Die Antragstellerin kann gegenüber der Antragsgegnerin verlangen, dass diese keine Arztpraxis in den an den in § 2 Nr. 6 der Teilungserklärung genannten nicht Wohnzwecken dienenden Raum im Dachgeschoss angrenzenden Räumlichkeiten betreibt.

a. Soweit die in den Beschlüssen zu TOP 7 der Eigentümerversammlung vom 08.12.1987 (Bd. I Bl. 112, 113 d. A.) und zu TOP 3a der Eigentümerversammlung vom 09.05.1996 (Bd. I Bl. 153 bis 157 d. A.) sowie in der Nutzungsvereinbarung vom 22.01.1989 (Bd. I Bl. 81, 82 d. A.) genannten Räumlichkeiten betroffen sind, also die in der der Nutzungsvereinbarung beigefügten Skizze (Bd. I Bl. 83 d. A.) schraffiert eingezeichneten und mit "Waschküche" bezeichneten Räume, gilt Folgendes:

Es kann dahinstehen, ob diese ausdrücklich als Waschküche bezeichneten Räume nicht ohnehin das Schicksal des in § 2 Nr. 6 der Teilungserklärung genannten nicht Wohnzwecken dienenden Raumes teilen und bereits deshalb entsprechend dem oben zu 1.a. Ausgeführten weder zu Wohnzwecken noch gewerblich bzw. freiberuflich genutzt werden dürfen. Lediglich am Rande weist der Senat darauf hin, dass das Bayerische Oberste Landesgericht in der von der Antragsgegnerin in Bezug genommenen Entscheidung vom 24.09.1998 (NZM 1999, 80) bezüglich eines nach der dortigen Teilungserklärung nicht zu Wohnzwecken dienenden Raumes im Dachgeschoss, welcher nach dem Aufteilungsplan als "Trockenraum" bezeichnet war, lediglich ausgeführt hat, dass sich aus dieser Bezeichnung keine gegenüber der Zweckbestimmung der Teilungserklärung eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit ergibt, da der Bezeichnung im Aufteilungsplan gegenüber der Teilungserklärung grundsätzlich kein Vorrang zukommt und sie nicht zu einer weiteren Einschränkung der Nutzungsmöglichkeiten führt; im Übrigen hat das Bayerische Oberste Landesgericht in der genannten Entscheidung entsprechend dem oben zu 1.a. Dargestellten vertreten, dass die Räume zwar nicht zu Wohnzwecken, aber grundsätzlich zu jedem anderen beliebigen Zweck genutzt werden dürfen, wobei für die weitergehende Frage, ob eine bestimmte Nutzung zulässig ist, neben etwaigen Regelungen in der Teilungserklärung nach den in § 15 Abs. 2 WEG zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken auch Lage und Beschaffenheit des Raumes von Bedeutung sind.

Auch für den Fall, dass die an den in § 2 Nr. 6 der Teilungserklärung genannten nicht Wohnzwecken dienenden Raum im Dachgeschoss angrenzenden Räume isoliert zu betrachten sind, kann die Antragstellerin von der Antragsgegnerin verlangen, dass in diesen Räumen keine Arztpraxis betrieben wird. Bereits die zu TOP 7 der Eigentümerversammlung vom 08.12.1987 beschlossene Einräumung eines Sondernutzungsrechts ist nichtig, weil der Eigentümerversammlung insoweit die Beschlusskompetenz fehlt. Die Begründung von Sondernutzungsrechten unterfällt nicht der Bestimmung des § 15 WEG, weil sie nicht eine Konkretisierung des Gebrauchs, sondern neben der Zuweisung an den begünstigten Wohnungseigentümer für die übrigen Wohnungseigentümer den vollständigen Ausschluss vom Mitgebrauch des Gemeinschaftseigentums samt der damit verbundenen Gebrauchsvorteile zum Gegenstand hat. Ein solcher Gebrauchsentzug ist aber keine Regelung des Gebrauchs nach § 15 WEG, weil diese den Mitgebrauch voraussetzt. Er ändert vielmehr § 13 Abs. 2 WEG ab und hat deswegen nicht (auch) vereinbarungsersetzenden Charakter, sondern gesetzesändernden Inhalt. Eine solche Regelung ist dem Mehrheitsprinzip von vorneherein ebensowenig zugänglich wie die Änderung einer Vereinbarung (BGH, a. a. O., Rdnr. 14 nach juris). Die mit dem Beschluss zu TOP 3a der Eigentümerversammlung vom 09.05.1996 beabsichtigte Umwandlung von Gemeinschafts- in Sondereigentum erfordert gemäß § 4 Abs. 1 und 2 WEG nicht nur eine - nicht vorliegende - Einigung aller Wohnungs- und Teileigentümer in der Form der Auflassung, § 925 Abs. 1 BGB, sondern die - ebenfalls nicht vorliegende - Eintragung im Grundbuch (KG NZM 1998, 581, 582).

Infolge der Nichtigkeit der Beschlüsse zu TOP 7 der Eigentümerversammlung vom 08.12.1987 und zu TOP 3a der Eigentümerversammlung vom 09.05.1996 konnte mangels Entstehung eines Sondernutzungsrechts und eines Sondereigentums der Antragsgegnerin bzw. deren Rechtsvorgängern weder das eine noch das andere zugewandt werden. Auch insoweit ist nicht zu greifen, dass eine Berufung auf die Nichtigkeit der Beschlüsse und auf die Folgen dieser Nichtigkeit treuwidrig wäre.

Eine Verwirkung des Untersagungsanspruchs bezüglich der Nutzung als Arztpraxis greift auch für die neben dem in § 2 Nr. 6 der Teilungserklärung genannten nicht Wohnzwecken dienenden Raum gelegenen Räumlichkeiten aus dem zu 1.d. Gesagten nicht durch.

b. Soweit entsprechend der von der Antragsgegnerin eingereichten Skizze Anlage Ag1 (= Bd. I Bl. 58 d. A.) die Arztpraxis weder in dem in § 2 Nr. 6 der Teilungserklärung genannten nicht Wohnzwecken dienenden Raum, welcher in dieser Skizze überwiegend als Schlafraum bezeichnet ist noch in den in der Skizze Bd. I Bl. 83 d. A. als Waschküche und in der Skizze Bd. I Bl. 58 d. A. als Waschküche und Flur eingetragenen Räumlichkeiten betrieben wird, sondern vielmehr in daneben bzw. dazwischen liegenden weiteren Räumlichkeiten, fehlt es nicht nur aus den zu 2.a. genannten Gründen an einer Rechtsgrundlage für den Betrieb der Praxis; es ist darüber hinaus schon nicht hinreichend vorgetragen, dass an diesen letztgenannten Räumlichkeiten überhaupt ein Sondernutzungsrecht und/oder ein Sondereigentum zugunsten der Antragsgegnerin bzw. deren Rechtsvorgängern begründet werden sollte.

3. Zutreffend hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass es keine Entscheidung darüber zu treffen hatte und auch keine Entscheidung darüber getroffen hat, ob eine Wohnnutzung der Antragsgegnerin betreffend Räume im Dachgeschoss der Wohnanlage zu untersagen ist. Entsprechendes gilt auch für die Entscheidung des Senats.

B.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 47 WEG. Es entsprach billigem Ermessen, die Gerichtskosten dritter Instanz der unterlegenen Antragsgegnerin aufzuerlegen, § 47 Satz 1 WEG. Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten geht § 47 Satz 2 WEG von dem Grundsatz aus, dass jeder Beteiligte seine eigenen außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hat. Genügender Anlass, hiervon abzuweichen, bestand für die dritte Instanz nicht.

Die Geschäftswertfestsetzung dritter Instanz beruht auf § 48 Abs. 3 WEG und entspricht der der Vorinstanz.

Ende der Entscheidung

Zurück