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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 17.10.2001
Aktenzeichen: 24 W 140/01
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 10 I 2
WEG § 16 II
WEG § 28 I
Sieht die Teilungserklärung vor, dass der ausbauberechtigte Dachgeschosseigentümer sich an den Kosten und Lasten ab "Herstellung" der Wohnung zu beteiligen hat, können monatliche Beitragsvorschüsse in den Wirtschaftsplan eingestellt werden, wenn der Ausbauberechtigte die Wohnung im Wesentlichen hergestellt hat, die ausstehenden Arbeiten sich auf den Bereich der typischen Sonderwünsche beziehen und die Bezugsfertigstellung im Hinblick auf die wirtschaftliche Verwertung hinausgezögert wird.
KAMMERGERICHT Beschluss

Geschäftsnummer: 24 W 140/01

In der Wohnungseigentumssache

hat der 24. Zivilsenat des Kammergerichts auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 27. März 2001 - 85 T 302/00 WEG - durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Dr. Briesemeister, die Richterin am Kammergericht Kingreen und den Richter am Kammergericht B.-D. Kuhnke am 17. Oktober 2001 beschlossen:

Tenor:

Dia sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Gerichtskosten dritter Instanz zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 11.455,89 DM festgesetzt.

Gründe:

I. Die beteiligten Wohnungseigentümer streiten um die Gültigkeit des Eigentümerbeschlusses vom 27. März 2000 zum TOP 5, mit dem der Wirtschaftsplan für das Wirtschaftsjahr 2000 beschlossen worden ist. Hintergrund dieses Streites ist die Frage, ob die Antragstellerin für die von ihr im Dachgeschoss errichteten Wohnungen Nr. 65, 69 und 71 im Hinblick auf deren Ausbauzustand überhaupt Wohngelder zu entrichten hat. Die vier Gebäude der Wohnanlage verfügten ursprünglich nur über drei bis vier Vollgeschosse, während die Dächer als Satteldächer errichtet worden sind. Die Wohnungen sind an eine zentrale Kaltwasserversorgung angeschlossen, während die Warmwasserversorgung und die Heizung in den einzelnen Wohnungen erfolgt. Die Dachausbaurechte sind aus einem Sondernutzungsrecht entstanden, verbunden mit dem inzwischen auch ausgeübten Recht, nach dem Ausbau des aufgestockten Daches zu Wohnzwecken an diesen Räumen Sondereigentum zu bilden. An den Dachflächen wurden die weiteren Einheiten Nr. 60 - 75 gebildet. Die Antragstellerin ist durch Eintragung in den Wohnungsgrundbüchern seit dem 18. März 1997 Eigentümerin der Einheiten Nr. 65, 69 und 71. Der Ausbau der Dachflächen zu Wohnraum erfolgte äußerst schleppend. Die bereits am 20. Februar 1991 erteilte Bauerlaubnis wurde zunächst nicht ausgenutzt, sondern immer nur verlängert. Der Rohbau zur Herstellung der neuen Einheiten ist in Bezug auf die Wohnungen Nr. 65, 69 und 71 in der Weise abgeschlossen, dass die Treppenhäuser aufgemauert, verputzt, malermäßig behandelt und fertiggestellt wurden. Die Wohnungen verfügen über Eingangstüren. In den Wohnungen sind die Zwischenwände errichtet, sämtliche Fenster eingebaut, Innentüren vorhanden, die Böden sind aus Estrich fertiggestellt; in den Räumen Küche und Bad fehlt jedoch die Verfliesung; in allen Räumen fehlt die malermäßige Ausgestaltung der Decken und Wände sowie der Fußbodenbelag. In den Wohnungen fehlen noch die Sanitärobjekte; die Heizkörper für die Etagenheizung fehlen zum Teil, zum Teil sind sie angeliefert und nicht montiert, zum Teil sind sie montiert, aber noch nicht angeschlossen. In den Wohnungen sind die von den jeweiligen Hauptsträngen abzweigenden Unterverteilungen für Strom, Wasser und Gas verlegt; für die elektrische Unterverteilung besteht innerhalb der Wohnung ein Sicherungskasten. Die hausseitigen Hauptleitungen für Wasser, Abwasser, Gas und Strom sind zum Teil bereits in den Innenbereich der Wohnungen verlegt. Es befinden sich bereits Zähler für Strom und Gas in den Wohnungen bzw. an den Übergabepunkten von der zentralen Leitung zu der für die Versorgung der jeweiligen Wohnung vorgesehenen Leitung; in den Kaltwasserzuleitungen sind noch keine Kaltwasseruhren montiert. Die Wohnungen sind an die Wasser-, Strom- und Gasversorgung derzeit nicht angeschlossen; zumindest in der Rohbauphase waren bei einigen Wohnungen die Anschlüsse samt den dazu gehörigen Zählern für die Entnahme von Strom und Gas bereits einmal bei den jeweiligen Versorgungsunternehmen angemeldet und in Betrieb.

Mit Schreiben vom 14. März 2000 lud die Verwalterin zu der Eigentümerversammlung am 27. März 2000 ein. Zu TOP 5 beschloss die Gemeinschaft einstimmig mit 47 Stimmen den Wirtschaftsplan für das Wirtschaftsjahr 2000. Die Verwalterin hat die im Eigentum der Antragstellerin stehenden Einheiten Nr. 65, 69 und 71 in den Wirtschaftsplan 2000 mit einbezogen und in die Einzelwirtschaftspläne die Vorschüsse für sämtliche anfallenden Bewirtschaftungskosten eingestellt. Für die ebenfalls im Eigentum der Antragstellerin stehenden Einheiten Nr. 60 bis 63, 72 bis 75 sind in die Einzelwirtschaftspläne zu Lasten der Antragsgegnerin keine Kosten eingestellt.

Die Antragstellerin hat beantragt, den Eigentümerbeschluss vom 27. März 2000 für ungültig zu erklären. Mit Beschluss vom 14. Juli 2000 hat das Amtsgericht dem Antrag stattgegeben. Auf die Erstbeschwerde der übrigen Wohnungseigentümer hat das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss den Anfechtungsantrag zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin.

II. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin ist gemäß §§ 27, 29 FGG, 45 WEG zulässig. Das Rechtsmittel ist jedoch sachlich nicht gerechtfertigt. Der angefochtene Beschluss ist rechtsfehlerfrei (§ 27 Abs. 1 FGG). Ohne Rechtsirrtum führt das Landgericht aus, dass der Antragstellerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses vom 27. März 2000 zu TOP 5 zusteht, dieser Beschluss vielmehr ordnungsmäßiger Verwaltung (§ 21 Abs. 3 und 4 WEG) entspricht.

1. Nach den verfahrensfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts ist der Beschluss zu TOP 5 mit einem Abstimmungsergebnis von 47 Ja-Stimmen bei keiner Gegenstimme und keiner Enthaltung gefasst worden. Dieses Abstimmungsergebnis wurde auch in der Eigentümerversammlung entsprechend verkündet. Rechtlich unerheblich ist, dass das Abstimmungsergebnis nicht während der Versammlung, sondern erst an deren Ende bei der Unterzeichnung des Protokolls eingetragen worden ist.

2. Rechtlich einwandfrei führt das Landgericht weiter aus, dass die Antragstellerin wegen der Einheiten Nr. 65, 69 und 71 an den Kosten und Lasten für die Bewirtschaftung der Wohnanlage nach dem geltenden Kostenverteilungsschlüssel zu beteiligen ist, auch wenn diese Einheiten noch nicht vollständig bezugsfertig sind; folglich sind in den Wirtschaftsplan für das Jahr 2000 auch Kosten für die Einheiten Nr. 65, 69 und 71 einzustellen. Mit der Anlegung der Wohnungsgrundbücher sind diese Einheiten als Wohnungseigentum entstanden. Die Antragstellerin ist seit dem 18. März 1997 eingetragene Eigentümerin dieser Einheiten. Für die Entstehung von Wohnungseigentum kommt es nicht darauf an, ob die das Sondereigentum bildenden Räume bereits abschließend zu Wohnzwecken ausgebaut sind. Nach den Regelungen in der Teilungserklärung vom 24. April 1990 sind die Einheiten Nr. 65, 69 und 71 an den Kosten für die Bewirtschaftung im Wirtschaftsjahr 2000 zu beteiligen.

3. Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, dass die Wohnungen im Sinne der Teilungserklärung bereits hergestellt sind. Eine Herstellung liegt nicht erst dann vor, wenn eine Wohnung "fertiggestellt" oder "bezugsfertig" ist, sondern jedenfalls schon dann, wenn die Einheiten weitgehend gebaut worden sind. Dabei kommt es für die Annahme einer "Herstellung" der Einheiten Nr. 65, 69 und 71 nicht darauf an, dass die Einheiten gegenwärtig nicht an die Versorgungseinrichtungen angeschlossen sind. Denn nach dem verfahrensfehlerfrei festgestellten Ausbauzustand der Einheiten Nr. 65, 69 und 71 würden sich derartige Anschlüsse aufgrund der bereits in den Wohnungen vorhandenen Installationen ohne größeren Aufwand jederzeit kurzfristig herstellen lassen. Weitere Ermittlungen waren nach § 12 FGG nicht veranlasst. Ob die Wohnungen tatsächlich bereits genutzt werden, ist rechtlich unerheblich. Die Einforderung von Vorschüssen ist rechtlich auch insoweit zulässig, als Vorschüsse für verbrauchsabhängig abzurechnende Kosten eingestellt sind. Nach den Verfahrensfehlerfreien Feststellungen ist jederzeit eine kurzfristige Inbenutzungnahme der Wohnungen möglich. Die in den Einzelwirtschaftsplänen für die Einheiten Nr. 65, 69 und 71 enthaltenen Kostenverteilungsschlüssel entsprechen den Vorgaben der Teilungserklärung.

4. Nach der Rechtsauffassung des Senats treffen auch die Ausführungen der Rechtsbeschwerdeerwiderung vom 6. August 2001 zu. Danach spricht alles dafür, dass die Antragstellerin von der endgültigen Fertigstellung der Wohnungen nur deshalb absieht, weil sie die Wohnungen derzeit nicht verwerten kann. Mit der Rechtsbeschwerdebegründung räumt die Antragstellerin im Übrigen selbst ein, dass die Regelung in der Teilungserklärung insoweit bedenklich sein könnte, als der Ausbauberechtigte durch sein Verhalten auf die Fertigstellung einwirken und damit den Beginn der Kostenbeteiligung beeinflussen könnte. Gerade dies darf aber die Antragstellerin nach Auffassung des Senats nicht tun, weil damit die Voraussetzungen des § 162 BGB erfüllt werden. Danach ist die Berufung auf ein treuwidriges Verhalten unzulässig. Die Antragstellerin handelt aber treuwidrig gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft im Hinblick auf die Kostenbeteiligung, wenn die Bezugsfertigstellung kurz vor der Vollendung unterbrochen wird. Das wird besonders deutlich, soweit es um die malermäßige Behandlung der Decken und Wände sowie um den Fußbodenbelag und die Sanitärobjekte geht. Hierbei geht es um bereiche, die nicht selten den Gegenstand von Sonderwünschen der Erwerber bilden. Jedenfalls sollte nach der Teilungserklärung der Beginn der Kostenbeteiligung nicht von der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der Wohnungen abhängig gemacht werden. Dieses Risiko muss die Antragstellerin tragen.

Es entspricht billigem Ermessen, dass die Antragstellerin die Gerichtskosten ihres erfolglosen Rechtsmittels trägt (§ 47 Satz 1 WEG). Dagegen besteht kein hinreichender Anlass, die Erstattung außergerichtlicher Kosten anzuordnen (§ 47 Satz 2 WEG).

Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 48 Abs. 3 WEG.

Ende der Entscheidung

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