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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 25.02.2004
Aktenzeichen: 24 W 285/01
Rechtsgebiete: WEG, BGB


Vorschriften:

WEG § 21 III
WEG § 27 II
WEG § 28 V
BGB § 387
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 24 W 285/01

In der Wohnungseigentumssache

betreffend die Wohnanlage S,

hat der 24. Zivilsenat des Kammergerichts auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu II. 6. und 10. gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 18. September 2001 - 85 T 83/01 WEG - durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Dr. Briesemeister, die Richterin am Kammergericht Kingreen und den Richter am Kammergericht B.-D. Kuhnke am 25. Februar 2004 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten zu II. 6. und 10. haben die Gerichtskosten dritter Instanz zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind in keiner Instanz zu erstatten.

Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 25.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu I und II bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft der im Rubrum bezeichneten Wohnanlage. Die Verwalterin ist als Notverwalterin bestellt.

In der Wohnanlage gilt mangels anderweitiger Regelung in der Teilungserklärung das Kopfstimmrecht. Die weiteren Beteiligten zu 1 bis 10 sind Angehörige der Familie S. bzw. Gesellschaften, die von Angehörigen der Familie S. vertreten werden. Die Beteiligten zu II. 1. bis 10. stimmen - abgesehen von gelegentlichen Enthaltungen - in den Eigentümerversammlungen zu den einzelnen Tagesordnungspunkten stets mit gleicher Zielrichtung ab. Gegen die weitere Beteiligte zu 1 wurde am 23. Juni 1997 das Konkursverfahren eröffnet. Der Konkursverwalter gab die Wohnungen noch im August/September 1997 frei. Über die Wirksamkeit der Freigabe wird in zahlreichen Verfahren gestritten. Die weitere Beteiligte zu II. 1. zahlt keine Wohngelder. Ihr Rückstand betrug bei Einleitung des hiesigen Verfahrens ca. 100.000,00 DM. Gegen sie und die weiteren Beteiligten zu II. 2. bis 10. sind bzw. waren bei Verfahrenseinleitung zahlreiche Wohngeldverfahren anhängig. Das Gesamtvolumen dieser Verfahren betrug ca. 130.000,00 DM.

Die weiteren Beteiligten bezahlten im Jahr 2000 und im Jahr 2001 Wohngelder nur nach rechtskräftiger bzw. für sofort vollstreckbar erklärter gerichtlicher Verpflichtung hierzu.

Am 10. August 1998 beschloß die Eigentümerversammlung eine Liquiditätssonderumlage in Höhe von 300.000,00 DM. Die Eigentümer beschlossen mit den 10 Stimmen der weiteren Beteiligten zu 1 bis 10 auf der Eigentümerversammlung vom 22. Februar 2000 zu Tagesordnungspunkt 5a die Sonderumlage vom 10. August 1998 aufzuheben und untersagten dabei eine Verrechnung mit laufenden Wohngeldzahlungen. Das Amtsgericht Wedding erklärte diesen Beschluß der Eigentümerversammlung mit Beschluß vom 24. Mai 2000 - 70 II 40/00 WEG II - für ungültig. In einem weiteren Verfahren setzte die Kammer mit Beschluß vom 7. März 2000 - 85 T 90/99 WEG - die Liquiditätssonderumlage auf 150.000,00 DM herab. Dieser Beschluß der Kammer ist rechtskräftig. Die weiteren Beteiligten zu 1 bis 10 zahlten die Sonderumlage nicht freiwillig, die sechs übrigen Eigentümer haben die - zum Teil herabgesetzte - Sonderumlage bezahlt.

Die Jahresabrechnung 1998 wies für einen Teil der weiteren Beteiligten zu 1 bis 10 Guthaben auf.

Die Jahresabrechnung 1998 wurde angefochten. Die Kammer erklärte die Jahresabrechnung mit Beschluß vom 6. Juni 2000 - 85 T 308/99 WEG - für ungültig. Gegen den Beschluß der Kammer legten verschiedene Miteigentümer sofortige weitere Beschwerde ein.

Bis zum 3. Dezember 1999 verwaltete die B Wohnungsverwaltungs GmbH (im folgenden: "B GmbH") die Wohnanlage. Die B GmbH wurde durch Beschluß der Kammer vom 3.Dezember 1999 - 85 T 87/99 WEG - als Verwalterin abberufen. Der Beschluß ist rechtskräftig.

Das Amtsgericht Wedding berief durch Beschluß vom 25. Januar 2000 - 70 II 6/00 WEG (= 85 T 40/00 WEG) - die Verwalterin zu III bis zum Dezember 2002 als Notverwalterin mit der Maßgabe, daß diese nur aus wichtigem Grund abberufen werden dürfe. Das Amtsgericht ordnete die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung an.

Am 12. Mai 2000 leitete die Verwalterin zwölf Zahlungsverfahren gegen die weiteren Beteiligte zu 1 bis 10 wegen Rückständen aus der bestandskräftigen Jahresabrechnung 1996 sowie aus der herabgesetzten Sonderumlage ein.

Auf der Eigentümerversammlung vom 30. November 2000 beschlossen die Eigentümer mit den Stimmen der weiteren Beteiligten zu 1 bis 10 zu Tagesordnungspunkt 3, es jedem Miteigentümer zu gestatten, seine Guthaben aus der Jahresabrechnung 1998 mit eventuellen Rückständen aus der Jahresabrechnung 1999 oder aus dem Wirtschaftsplan 2000 bzw. Sonderumlagen zu verrechnen oder an andere Miteigentümer abzutreten. Die Eigentümer beschlossen mit den Stimmen der weiteren Beteiligten zu 1 bis 10 zu Tagesordnungspunkt 5 A, es jedem Miteigentümer zu gestatten, sein Guthaben aus der Jahresabrechnung 1999 mit eventuellen Rückständen aus der Jahresabrechnung 1998 oder aus dem Wirtschaftsplan 2000 bzw. Sonderumlagen zu verrechnen oder an andere Miteigentümer abzutreten. Zu Tagesordnungspunkt 26 beschlossen die Eigentümer mit den gleichen Stimmen, es jedem Miteigentümer zu gestatten, seine Guthaben aus der Jahresabrechnung 1998 oder 1999 mit eventuellen Rückständen aus der Jahresabrechnung 1998 oder 1999 bzw. aus dem Wirtschaftsplan 2000 bzw. Sonderumlagen zu verrechnen oder an andere Miteigentümer abzutreten.

Der Antragsteller ist der Auffassung, daß die hier angefochtenen Beschlüsse die schwebenden Zahlungsverfahren gefährden. Dies sei wegen der schlechten Liquiditätslage der Gemeinschaft nicht zumutbar.

Der Antragsteller hat beantragt,

die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 30. November 2000 zu Tagesordnungspunkt 3 insoweit, als es jedem Miteigentümer gestattet wurde, seine Guthaben aus der Jahresabrechnung 1998 mit eventuellen Rückständen aus der Jahresabrechnung 1999 oder aus dem Wirtschaftsplan 2000 bzw. Sonderumlagen zu verrechnen oder an andere Miteigentümer abzutreten, sowie zu Tagesordnungspunkt 5 A auch insoweit, als es jedem Miteigentümer gestattet wurde, sein Guthaben aus der Jahresabrechnung 1999 mit eventuellen Rückständen aus der Jahresabrechnung 1998 oder aus dem Wirtschaftsplan 2000 bzw. Sonderumlagen zu verrechnen oder an andere Miteigentümer abzutreten, sowie zu Tagesordnungspunkt 26 insgesamt für ungültig zu erklären.

Die weiteren Beteiligten zu II. 6. und 10. haben beantragt,

die Anträge der Antragsteller zurückzuweisen.

Die schlechte Liquidität sei auf Handlungen der Verwalterin zurückzuführen. Gegen diese bestünden Schadensersatzansprüche. Der weitere Beteiligte zu 10 trägt auch vor, daß keine Liquiditätsengpässe bestünden.

Das Amtsgericht Wedding hat mit Beschluß vom 9. Februar 2001 die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 30. November 2000 zu den Tagesordnungspunkten 3, 5 und 26 hinsichtlich der Befugnis der einzelnen Wohnungseigentümer, Abrechnungsguthaben an andere Wohnungseigentümer abzutreten, für ungültig erklärt und im übrigen den Antrag des Antragstellers zurückgewiesen. Auf den Beschluß wird verwiesen (Bl. 188).

Der Antragsteller hat mit am 27. Februar 2001 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz gegen den am 15. Februar 2001 zugestellten Beschluß sofortige Beschwerde eingelegt.

Auf der Eigentümerversammlung vom 9. März 2001 hoben die Eigentümer die hier angefochtene Beschlußfassung der Eigentümer hinsichtlich der Verrechnungsmöglichkeit gegen die Sonderumlage auf (Bl. 358/IV). Der Beschluß ist vor dem Amtsgericht Wedding zu 70 II 51/01 WEG angefochten.

Der Antragsteller wiederholt und vertieft in seiner Beschwerdebegründung sein erstinstanzliches Vorbringen.

Er hat beantragt,

den Beschluß des Amtsgerichts vom 9. Februar 2000 abzuändern und die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 30. November 2000 zu Tagesordnungspunkt 3 auch insoweit, als es jedem Miteigentümer gestattet wurde, seine Guthaben aus der Jahresabrechnung 1998 mit eventuellen Rückständen aus der Jahresabrechnung 1999 oder aus dem Wirtschaftsplan 2000 bzw. Sonderumlagen zu verrechnen, sowie zu Tagesordnungspunkt 5 A auch insoweit, als es jedem Miteigentümer gestattet wurde, sein Guthaben aus der Jahresabrechnung 1999 mit eventuellen Rückständen aus der Jahresabrechnung 1998 oder aus dem Wirtschaftsplan 2000 bzw. Sonderumlagen zu verrechnen, sowie zu Tagesordnungspunkt 26 auch insoweit, als es jedem Miteigentümer gestattet wurde, seine Guthaben aus der Jahresabrechnung 1998 oder 1999 mit eventuellen Rückständen aus der Jahresabrechnung 1998 oder 1999 bzw. aus dem Wirtschaftsplan 2000 bzw. Sonderumlagen zu verrechnen, für ungültig zu erklären.

Der weitere Beteiligte zu II. 10. hat mit Schriftsatz vom 15. Mai 2001 den Antrag angekündigt, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen. Die Kammer hat die weiteren Beteiligten in der Weise geladen, daß der Verwalterin eine Ladung zu dem Termin zugestellt wurde (Bl. 257/III), die den Zusatz enthielt: "Sie erhalten vorstehende Terminsladung in Ihrer Eigenschaft als Verwalter gemäß § 27 Abs. 2 Nr.3 WEG mit der Bitte, die Wohnungseigentümer in geeigneter Form zu verständigen. Für die Beteiligten besteht keine Verpflichtung, den Termin persönlich wahrzunehmen." Zu der mündlichen Verhandlung ist keiner der weiteren Beteiligten erschienen.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Beschluß vom 18. September 2001 die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 30. November 2000 zu TOP 3, 5 A und 26 auch insoweit für ungültig erklärt, als jedem Miteigentümer gestattet wurde, seine Guthaben aus den Jahresabrechnungen 1998 und 1999 mit eventuellen Rückständen aus der Jahresabrechnung 1998 oder 1999 bzw. aus dem Wirtschaftsplan 2000 bzw. aus Sonderumlagen zu verrechnen. Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu II. 6. und 10. bleibt in der Hauptsache erfolglos, führt allerdings zur Aufhebung der Kostenerstattung.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist gemäß §§ 27, 29 FGG, 45 WEG zulässig, jedoch in der Sache nicht gerechtfertigt. Einen Rechtsfehler, auf den die sofortige weitere Beschwerde mit Erfolg allein gestützt werden kann (§ 27 Abs. 1 FGG), weist der angefochtene Beschluß nicht auf.

1. Zutreffend hat das Landgericht eine ausreichende verfahrensrechtliche Vertretung der Wohnungseigentümer und insbesondere auch der Rechtsbeschwerdeführer für die Erstbeschwerdeinstanz angenommen. Wie der Bundesgerichtshof (Beschluß vom 25. September 2003, V ZB 21/03, NJW 2003, 3476 = ZMR 2003, 937 = NZM 2003, 952) in seinem Kaltwasserzähler-Beschluß ausgeführt hat, ist regelmäßig (soweit nicht eine persönliche Interessenkollision vorliegt) die Vertretung der Gemeinschaft durch den dazu berufenen Verwalter ausreichend, der seinerseits die Wohnungseigentümer zu unterrichten hat. Nach den verfahrensfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts ist auch hier der Verwalter in zweiter Instanz mit der Bitte um Unterrichtung der Wohnungseigentümer in geeigneter Form zum Landgerichtstermin geladen worden. Zumindest einer der Rechtsbeschwerdeführer hat sich in zweiter Instanz auch schriftsätzlich beteiligt und mit Schriftsatz vom 15. Mai 2001 den Antrag angekündigt, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen. Verfahrensrechtlich unerheblich ist, daß zu der mündlichen Verhandlung keiner der weiteren Beteiligten erschienen ist. Vorsorglich hat der Senat den Rechtsbeschwerdeführern auf die behauptete Gehörsverletzung Gelegenheit zum Vortrag gegeben, was sie ggf. in zweiter Instanz noch vorgetragen hätten. Das daraufhin erfolgte tatsächliche Vorbringen ist für die hier zu entscheidenden Rechtsfragen unerheblich und erfordert keine Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz zur weiteren Sachaufklärung.

2. Ohne Rechtsirrtum führt das Landgericht aus, daß die Wohnungseigentümer nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung darüber zu befinden haben, ob Guthaben aus mehrheitlich beschlossenen Jahresabrechnungen ausgezahlt, mit laufenden Vorschüssen verrechnet werden können oder wie Sonderumlagen zunächst bei dem Verwaltungsvermögen verbleiben, bis sie etwa nach Aufbringung der erforderlichen Mittel ausgezahlt werden können.

Das entspricht auch der Rechtsprechung des Senats (KG, Beschluß vom 29. März 1995, 24 W 4812/94, NJW-RR 1995, 975 = FGPrax 1995, 143). Vorstehende Entscheidung hat der Senat später dahin eingeschränkt, daß durch einen Eigentümerwechsel nicht der Haftungsverband zerrissen wird, vielmehr von der Einheit des Verwaltungsvermögens auszugehen ist und Aufrechnungen mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Gegenansprüchen oder solchen aus Notgeschäftsführung ohne Rücksicht auf den Haftungsverband zulässig sein können (KG, Beschluß vom 29. April 2002, 24 W 26/01, NJW-RR 2002, 1379 = ZMR 2002, 699 = NZM 2002, 745; KG, Beschluß vom 29. Mai 2002, 24 W 185/01, NZM 2003, 686 = ZMR 2002, 861).

3. Es kann dahinstehen, ob die zu den angefochtenen Eigentümerbeschlüssen vorgesehenen Aufrechnungsmöglichkeiten deshalb Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung widersprechen, weil sie angesichts der gesamten Umstände, insbesondere der finanziellen Verhältnisse der Gemeinschaft rechtsmißbräuchlich erscheinen. Denn die Ordnungswidrigkeit ergibt sich hier bereits aus dem objektiven Inhalt der Aufrechnungsbefugnisse.

4. Bei der Prüfung der Ordnungsmäßigkeit von Verwaltungsmaßnahmen ist auf den Kenntnisstand der beschließenden Wohnungseigentümergemeinschaft abzustellen. Spätere Erkenntnisse über die Angemessenheit der Verwaltungsmaßnahme können weder eine ursprünglich ordnungsmäßige Maßnahme als ordnungswidrig erscheinen lassen noch umgekehrt eine zunächst ordnungswidrig erscheinende Maßnahme angesichts der weiteren tatsächlichen Entwicklung ordnungsgemäß werden lassen. Stellt sich beispielsweise eine beschlossene Sanierungsumlage aufgrund der späteren Bauausführung als erheblich zu hoch oder zu niedrig dar, kann die Ungültigerklärung des Umlagebeschlusses im gerichtlichen Verfahren nicht auf die späteren und besseren Erkenntnisse gestützt werden. Vielmehr bleibt der ursprüngliche Umlagebeschluß gültig, wenn er nach den Erkenntnismöglichkeiten im Zeitpunkt der Beschlußfassung ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Bei einer späteren abweichenden Entwicklung haben die Wohnungseigentümer ggf. die Möglichkeit und auch die Verpflichtung, durch einen Korrekturbeschluß den ursprünglichen Eigentümerbeschluß zu modifizieren.

5. Die mit einer Jahresabrechnung und den sich daraus ergebenden Abrechnungsguthaben beschlossenen Aufrechnungsbefugnisse der Wohnungseigentümer müssen mit einer gewissen Bestimmtheit festlegen, gegen welche Ansprüche der Gemeinschaft aufgerechnet werden darf. Regelmäßig wird sich hierfür der mit dem oder den Abrechnungsbeschlüssen zugleich beschlossene Wirtschaftsplan für das laufende Wirtschaftsjahr anbieten, der dann auch die erforderlichen finanziellen Mittel bereitzustellen hat. Ferner muß die Aufrechnungsbefugnis die Einschränkung enthalten, daß der oder die Jahresabrechnungsbeschlüsse zunächst bestandskräftig werden müssen. Wird diese Einschränkung nicht gemacht, würde die Aufrechungsbefugnis angesichts der Systematik des § 23 Abs. 4 WEG sofort mit der Beschlußfassung entstehen, obwohl frühestens nach einem Monat (bei Wiedereinsetzungsgründen auch länger) feststeht, ob ein Abrechnungsbeschluß mit dem ausgewiesenen Guthaben überhaupt bestandskräftig geworden ist. Angesichts der Dauer gerichtlicher Verfahren steht die endgültige Bestandskraft eines angefochtenen Abrechnungsbeschlusses für lange Zeit nicht fest. Der Abrechnungsbeschluß kann insgesamt oder hinsichtlich der Einzelabrechnungen oder auch hinsichtlich bestimmter Posten (etwa Heizkosten) später für ungültig erklärt werden. Sowohl für die Gemeinschaft als auch für den Verwalter, der die Gemeinschaftskasse zu betreuen hat, ist es unzumutbar, Aufrechnungserklärungen entgegenzunehmen, die möglicherweise unter einem jahrelangen Vorbehalt der Bestandskraft des Eigentümerbeschlusses über die Jahresabrechnung und die Einzelguthaben steht. Abgesehen von dem Vorbehalt der Bestandskraft des Abrechnungsguthabens für die Aufrechnungsbefugnis sind die drei angefochtenen Eigentümerbeschlüsse hier jeweils darauf gerichtet, dass insbesondere auch Sonderumlagen ohne jede nähere Bestimmtheit als Gegenforderungen erfasst werden. Angesichts der zahlreichen Beschlußanfechtungsverfahren der hiesigen Wohnanlage tritt durch das vorgesehene Wahlrecht des Guthabengläubigers eine starke Unsicherheit hinsichtlich der Aufrechnungen ein, zumal wenn auch noch Hilfsaufrechnungen gestattet würden. Der Verwalter müßte in diesem Fall zahlreiche Gerichtsverfahren und deren Ausgang berücksichtigen, was das geordnete Finanz- und Rechnungswesen der Gemeinschaft durcheinander bringen würde. Auch wenn das WEG-Gericht gemäß § 43 Abs. 2 WEG grundsätzlich befugt ist, im Rahmen der Beschlußkompetenz der Wohnungseigentümer eine Ersatzregelung nach billigem Ermessen zu treffen, scheidet dies hier aus. Bei einem erheblich zu weit gefassten Eigentümerbeschluß kommt eine geltungserhaltende Reduktion auf den nach Auffassung des Gerichts gerade noch zulässigen Regelungsgehalt nicht in Betracht (KG, Beschluss vom 20. März 2002 - 24 W 56/01 - KGRep 2002, 193). Der Eigentümerbeschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft beruht auf einer Willensentscheidung, die zwar hinsichtlich klar abtrennbarer Bestandteile korrigiert werden kann. Nach den Grundsätzen des § 139 BGB ist es aber regelmäßig nicht möglich, weitere Voraussetzungen und Einschränkungen gerichtlich hinzuzufügen. Es kann nämlich nicht festgestellt werden, ob die Wohnungseigentümer ihre Willenseinigung auch mit diesem Voraussetzungen oder Einschränkungen vorgenommen hätten. Angesichts der hier eingeräumten vielfachen und zudem wahlweise auszuübenden Aufrechnungsbefugnisse, insbesondere aber wegen der fehlenden Einschränkung durch die vorherige Bestandskraft der Abrechnungsguthaben kann eine wirksame Ersatzregelung durch das Gericht nicht erfolgen.

6. Demgemäß ist die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu II. 6. und 10. mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß die Rechtsbeschwerdeführer die Gerichtskosten dritter Instanz als Gesamtschuldner zu tragen haben (§ 47 Satz 1 WEG). Angesichts der teilweise bisher ungeklärten Rechtsfragen erscheint es dem Senat angezeigt, nicht die Erstattung außergerichtlicher Kosten anzuordnen, zumal die Vorinstanzen auch unterschiedlich entschieden haben.

Die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf § 48 Abs. 3 WEG.

Ende der Entscheidung

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