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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 19.07.2004
Aktenzeichen: 24 W 45/04
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 45
WEG § 23 Abs. 2
WEG § 23 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 24 W 45/04

In der Wohnungseigentumssache

hat der 24. Zivilsenat des Kammergerichts auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 20. Januar 2004 - 85 T 201/03 WEG - durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Dr. Briesemeister, die Richterin am Kammergericht Kingreen und die Richterin am Kammergericht Hinrichs am 19. Juli 2004 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten dritter Instanz haben die Antragsteller als Gesamtschuldner zu tragen. Sie haben den Antragsgegnern deren außergerichtliche Kosten dritter Instanz zu erstatten.

Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 7.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller zu I.1. ist Eigentümer der Wohnungen Nr. 14 und Nr. 15 und bildet mit den Antragsgegnern die Wohnungseigentümergemeinschaft der aus 18 Wohneinheiten bestehenden Wohnanlage. Der Antragsteller zu I.1. ist Mehrheitsgesellschafter der Antragstellerin zu I.2., einer GmbH und Co. KG, die am 26. Juli 1999 zur Verwalterin für die Wohnanlage bestellt worden ist und deren Geschäftsführer der Komplementär-GmbH den Beteiligten zu I.1. vertretungsweise mit Verwaltertätigkeiten betraut hat. Der am 27. Januar 2000 von den Beteiligten geschlossene Verwaltervertrag regelt unter § 3 u.a.:

"1. Der Verwalter wird mit Wirkung vom 1. August 1999 ... bestellt.

2. Die Bestellung erfolgt bis zum 31. Juli 2000. Der Vertrag verlängert sich jeweils um 1 Jahr, wird er nicht spätestens 3 Monate vor Ablauf gekündigt."

In § 8 des Verwaltervertrages wurde eine jährliche Verwaltervergütung von 420,-- DM (214,75 EUR) pro Wohneinheit festgelegt.

In Vertretung der Verwalterin lud der Antragsteller zu I.1. mit Schreiben vom 12. April 2002 zu der Eigentümerversammlung vom 24. April 2002 ein, in der zu TOP 12 die "Wahl des Beirates" angekündigt war.

Der Beteiligte zu I.1. leitete in Vertretung der Beteiligten zu I.2. die Eigentümerversammlung am 24. April 2002 und ließ den Verlauf und die Beschlussfassungen durch eine Angestellte protokollieren. Mit Kurzbrief vom 31. Mai 2002 übersandte die Verwalterin dem Beiratsvorsitzenden einen nicht unterschriebenen Entwurf des Versammlungsprotokolls vom 24. April 2002. Auf der Basis dieses Entwurfs wurde vom Verwaltungsbeirat eine Neufassung hergestellt, die wiederum vom Verwaltungsbeirat, nicht aber von dem Beteiligten zu I.1. unterschrieben worden ist. Streitpunkt der Beteiligten sind die bei den Erörterungen zu TOP 12 vorgenommenen Beratungen und Beschlussfassungen betreffend die Kündigung des Verwaltervertrages mit der Beteiligten zu I.2. zum 31. Juli 2002. Nach den insoweit übereinstimmenden Protokollentwürfen hat das Landgericht zu TOP 12 folgende Beschlussfassungen festgestellt:

"Herr Rnnnn stellt den Antrag der HV Mnn die Kündigung des bestehenden Verwaltervertrages lt. verlesener Kündigung vom 24.04.2002 per 31.07.2002 auszusprechen.

Abstimmung: Ja = 12 Stimmen Nein = 0 Stimmen Enthaltungen = 2 Stimmen (2 x Bnn )

Die WEG beschließt somit die fristgerechte Kündigung des Verwaltervertrages vom 25./27.01.2000 zum 31. Juli 2002.

Die HV Mnn wird von allen Tätigkeiten und Aufgaben ab dem Zeitpunkt entbunden, nachdem alle Unterlagen, Schlüssel und Gelder der WEG Nnnnnnn n dem Verwaltungsbeirat vollständig übergeben und von diesem geprüft worden sind.

...

Für die Verwaltung von 18 Wohneinheiten wird für Frau Bnnnn eine Aufwandsentschädigung von 250,-- EUR ab 01.08.02 beschlossen.

Herr Rnnnnn stellt gleichzeitig den Antrag zum 01.08.02 die Selbstverwaltung der WEG Nnnnnnn n auszuüben und Frau Snnn Bnnnn mit der Ausführung der Arbeiten zu beauftragen.

Abstimmung: Ja = 12 Stimmen Nein = 0 Stimmen Enthaltungen = 2 Stimmen (2 x Bnn )

Die WEG beschließt sich somit selbst ab Übergabe der Unterlagen und Gelder spätestens aber zum 01.08.2002 zu verwalten. Diese Aufgabe wird von Frau Snnn Bnnnn im Auftrag der WEG und in Zusammenarbeit und Abstimmung mit dem Verwaltungsbeirat durchgeführt.

...

Die Herren Hnn , Rnnnnn und Bnnnn sind damit einstimmig zum Verwaltungsbeirat gewählt worden.

Herr Bnn erhält als Vertretung der HV Mnn und Frau Bnnnn das Kündigungsschreiben vom 24. April 2002 der WEG Nnnnnnn n ausgehändigt. Herr Bnn zeichnet dieses als erhalten gegen."

Die Beschlussfassungen zu TOP 12 der Eigentümerversammlung vom 24. April 2002 sind nicht angefochten worden.

Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens war die Anfechtung von Eigentümerbeschlüssen in der weiteren Eigentümerversammlung vom 17. Juni 2002, in der eine fristlose Kündigung der Antagstellerin zu I.2. ausgesprochen worden ist. Im Hinblick darauf, dass die Eigentümerversammlung am 17. Juni 2002 nicht von der amtierenden Verwalterin einberufen worden ist, hat das Amtsgericht - inzwischen rechtskräftig - diese Eigentümerbeschlüsse für ungültig erklärt. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist darüber hinaus der Widerantrag der Antragsgegner auf Feststellung, dass die Verwaltertätigkeit der Beteiligten zu I.2. aufgrund der fristgerechten Kündigung vom 24. April 2002 zum 31. Juli 2002 geendet hat sowie auf Herausgabe der vollständigen Verwaltungsunterlagen.

Die Antragsteller haben vorgetragen, in der Eigentümerversammlung vom 24. April 2002 sei nur über die Kündigung, nicht aber über die Abberufung der Verwaltung abgestimmt worden. Eine dahingehende Beschlussfassung wäre auch nicht wirksam gewesen, weil weder die Kündigung des Verwaltervertrages noch die Abberufung der Verwaltung im Einladungsschreiben vom 12. April 2002 als Tagesordnungspunkt angekündigt worden sei.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 25. Februar 2003 die Beendigung des Verwalterverhältnisses zum 31. Juli 2002 festgestellt und die Beteiligte zu I.2. zur Herausgabe der Verwaltungsunterlagen verpflichtet. Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 20. Januar 2004 die Erstbeschwerde der Antragsteller zurückgewiesen. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller bleibt erfolglos.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller ist gemäß §§ 27, 29 FGG, 45 WEG zulässig, jedoch in der Sache nicht gerechtfertigt. Einen Rechtsfehler, auf den die sofortige weitere Beschwerde mit Erfolg allein gestützt werden kann (§ 27 Abs. 1 FGG), weist der angefochtene Beschluss nicht auf. Rechtsfehlerfrei haben die Vorinstanzen festgestellt, dass die Verwaltertätigkeit der Antragsteller zu I.2. zum 31. Juli 2002 geendet hat und diese zur Herausgabe der vollständigen Verwaltungsunterlagen verpflichtet ist.

1. Nach den verfahrensfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts ist im Rahmen der Erörterungen zu TOP 12 das vorbereitete Kündigungsschreiben des Verwaltungsbeirats vom 24. April 2002 per 31. Juli 2002 verlesen worden und darauf mit Stimmenmehrheit bei Stimmenthaltung des Beteiligten zu I.1. die fristgerechte Kündigung des Verwaltervertrages ausgesprochen und zugleich eine andere Wohnungseigentümerin mit der Verwaltung vom 1. August 2002 an beauftragt worden. Auch nach dem von dem Beteiligten zu I.1. gefertigten Protokollentwurf hat er selber protokolliert, dass ihm das Kündigungsschreiben vom 24. April 2002 ausgehändigt worden ist.

2. Ohne Rechtsirrtum führt das Landgericht aus, dass nach den gesamten Umständen in der auch schriftlich dokumentierten Kündigung zum 31. Juli 2002 zugleich auch die Abberufung der Beteiligten zu I.2. liegt, was im Übrigen auch dadurch bestätigt wird, dass die Beteiligten durch Mehrheitsbeschluss mit Wirkung vom 1. August 2002 eine Wohnungseigentümerin als neue Verwalterin gewählt und auch die Aufwandsentschädigung für sie festgelegt haben. Auch wenn von dem wohnungseigentumsrechtlichen Akt der Abberufung des Verwalters grundsätzlich die Kündigung des Verwaltervertrages zu unterscheiden ist, liegt in einem Eigentümerbeschluss über die Kündigung des Verwaltervertrages regelmäßig auch die Abberufung des Verwalters (vgl. BayObLG NJW-RR 1999, 1390 = NZM 1999, 844 = ZMR 1999, 575). Darüber hinaus enthält der Beschluss der Wohnungseigentümer, einen neuen Verwalter zu bestellen, in der Regel die Abberufung des bisherigen Verwalters, der mit dem Zugang der Abberufungserklärung auch seine Organstellung verliert (BayObLG NJW-RR 2003, 517 = NZM 2003, 243 = ZMR 2003, 438).

3. Auch nach dem Protokollentwurf des Beteiligten zu I.1. hat dieser im Rahmen der Erörterungen zu TOP 12 die Erklärung abgegeben, die Hausverwaltung sei bereit, die Aufgaben an andere abzugeben, zumal die Beteiligten zu I.1. und I.2. sich ohnehin nicht danach gedrängt hätten, die Verwaltung zu übernehmen. Demgemäß vermag der Senat auch die Erstbeschwerdebegründung der Antragsteller nicht nachzuvollziehen, dass die Kündigung des Verwaltervertrages von der Verwalterin auch am 24. April 2002 akzeptiert worden sei, da die Konditionen dieses Verwaltervertrages nicht mehr marktgerecht und kostendeckend waren, und sich die Verwalterin für Verhandlungen zum Abschluss eines neuen Verwaltervertrages mit geänderten Konditionen zu Verfügung halte. Dasselbe gilt für die rechtliche Argumentation der Antragsteller, ungeachtet der Kündigung bestehe die Verwalterstellung fort und das Honorar bestimme sich nunmehr nach der üblichen Vergütung. Angesichts des für die Beteiligte zu I.2. vertretungsberechtigten Beteiligten zu I.1. würde sich aus den Erklärungen der Antragstellerseite in der Eigentümerversammlung vom 24. April 2002 sogar ein Einverständnis mit der Auflösung des Verwalterverhältnisses ergeben.

4. Rechtlich einwandfrei hat das Landgericht festgestellt, dass Nichtigkeitsgründe für den Kündigungs- (und Abberufungs-)beschluss vom 24. April 2002 nicht vorliegen und dieser Mehrheitsbeschluss mit der fristgerechten Beendigung des Verwalterverhältnisses zum 31. Juli 2002 somit bestandskräftig geworden ist. Rechtlich unerheblich ist der Einwand der Antragsteller, die Ablösung der Verwaltung sei in dem Einladungsschreiben vom 12. April 2002 nicht aufgeführt gewesen. Die Verletzung der Vorschrift des § 23 Abs. 2 WEG führt nicht zur Nichtigkeit des Eigentümerbeschlusses, sondern allenfalls zu dessen Anfechtbarkeit (Bärmann/Pick/Merle, WEG 9. Aufl., § 23 Rdnr. 88). Eine Anfechtung dieses Eigentümerbeschlusses innerhalb der Anfechtungsfrist des § 23 Abs. 4 WEG ist jedoch nicht erfolgt. Rechtlich nicht haltbar sind auch die Ausführungen der Rechtsbeschwerdebegründung, wegen des Fehlens eines unterschriebenen Versammlungsprotokolls könne nicht von einem Kündigungs- (und Abberufungs-)beschluss ausgegangen werden. Die Gültigkeit der in einer Wohnungseigentümerversammlung gefassten Beschlüsse wird grundsätzlich vom Fehlen oder von Mängeln einer Niederschrift nicht berührt (KG ZMR 1993, 532; Bärmann/Pick/Merle, WEG 9. Aufl., § 24 Rdnr. 115). Im Übrigen könnte es treuwidrig erscheinen, wenn die Antragsteller sich auf die fehlende unterschriebene Protokollfassung berufen, obwohl sie einen Entwurf erst mit einem Kurzbrief vom 31. Mai 2002, also nach Ablauf der einmonatigen Anfechtungsfrist, an den Beirat übersandt haben. Dass die Eigentümerbeschlüsse zur Kündigung der Verwalterin und zur Neubestellung einer Verwalterin in der Eigentümerversammlung vom 24. April 2002 ungeachtet der fehlenden unterschriebenen Protokollierung gefasst worden sind, haben die Vorinstanzen verfahrensfehlerfrei festgestellt.

5. Mit der wirksamen Abberufung der Beteiligten zu I.2. mit Wirkung vom 1. August 2002 ist auch der Herausgabeanspruch betreffend die Verwalterunterlagen begründet. Nach den verfahrensfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts sind diese jedenfalls nicht vollständig an die Antragsgegner herausgegeben worden.

Es entspricht billigem Ermessen, dass die Antragsteller als Gesamtschuldner die Gerichtskosten ihres erfolglosen Rechtsmittels tragen (§ 47 Satz 1 WEG). Angesichts der überzeugenden Begründung des angefochtenen Beschlusses des Landgerichts entspricht es auch billigem Ermessen, dass die Antragsteller als Gesamtschuldner den Antragsgegnern die notwendigen außergerichtlichen Kosten dritter Instanz erstatten (§ 47 Satz 2 WEG).

Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 48 Abs. 3 WEG und entspricht der des Landgerichts.



Ende der Entscheidung

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