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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 26.07.2004
Aktenzeichen: 24 W 87/03
Rechtsgebiete: WEG, BGB


Vorschriften:

WEG § 28 III
WEG § 28 V
BGB § 329
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 24 W 87/03

In der Wohnungseigentumssache

betreffend die Wohnanlage D S in B

hat der 24. Zivilsenat des Kammergerichts auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgeg- ner gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 6. März 2003 - 85 T 182/02 WEG - durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Dr. Briesemeister, die Richterin am Kammergericht Kingreen und die Richterin am Kammergericht Hinrichs am 26. Juli 2004 beschlossen:

Tenor:

Unter teilweiser Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und auf die Erstbeschwerde der Antragsgegner wird der Beschluss des Amtsgerichts Schöneberg vom 3. April 2002 - 76 II 464/01 WEG - teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Die Antragsgegner werden verpflichtet, wie Gesamtschuldner den Antragstellern zu Händen der Verwalterin 187,44 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 7. Juni 2001 zu zahlen.

Im Übrigen wird der Zahlungsantrag der Antragsteller zurückgewiesen.

Von den Gerichtskosten aller drei Instanzen werden dem Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft 7/8 und den Antragsgegnern als Gesamtschuldnern 1/8 auferlegt. Aus dem Verwaltungsvermögen sind den Antragsgegnern auch deren außergerichtliche Kosten aller drei Instanzen zu 7/8 zu erstatten, während die Antragsgegner als Gesamtschuldner dem Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft 1/8 zu erstatten haben.

Der Geschäftswert wird auch für die dritte Instanz auf 1.522,89 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragsteller und die Antragsgegnerin zu 1), eine Kommanditgesellschaft i.L., sind die Woh-nungseigentümer der Wohnanlage. Die Antragsgegnerin zu 1) war Eigentümerin der Einheit Nr. 26. Mit notariellem Vertrag vom 4. Dezember 1997 verkaufte die Antragsgegnerin die Einheit Nr. 26 an eine Käuferin. Nach Vorlage des Kaufvertrages erteilte die Verwalterin die Zustimmung zur Veräußerung gemäß § 12 WEG und der Teilungserklärung. Die Übergabe des Kaufgegenstandes und der Übergang der Nutzungen, Gefahren und Lasten sowie der Verrechnungsstichtag wurde auf den 1. Januar 1998 festgelegt. Ausweislich der eingereichten Bankunterlagen zahlte die Käuferin unstreitig am 9. Oktober 1998 gemäß dem festgelegten Wirtschaftsplan zehn monatliche Beitragsvorschüsse in Höhe von je 269,-- DM mit der ausdrücklichen Zweckbestimmung "Wohn-geld TE 26, 1-10/98" und am 10. November 1998 eine weitere Rate von 269,-- DM mit der Zweckbestimmung "11/98", deren Eingang die Verwalterin auch zunächst verbuchte. Der Antragsgegner zu 2) ist Liquidator und persönlich haftender Gesellschafter der Antragsgegnerin zu 1).

Auf der Eigentümerversammlung vom 2. Juni 1998 genehmigte die Gemeinschaft unter TOP 3 die Jahresabrechnung 1997. Aus dieser ergibt sich ein Rückstand zu Lasten der Antragsgegnerin zu 1) in Höhe von 811,75 DM. Auf der weiteren Eigentümerversammlung vom 23. April 1999 geneh-migte die Gemeinschaft unter TOP 4 die Heizkostenabrechnung 1997. Das sich daraus ergeben-de Guthaben von 445,15 DM reduzierte den Rückstand aus der Jahresabrechnung 1997 auf 366,60 DM (187,44 Euro). Unter TOP 3 genehmigte die Gemeinschaft außerdem die Jahresabrechnung 1998, die nach den eingereichten Unterlagen für die Einheit Nr. 26 einen Betriebskostenanteil von insgesamt 2.611,92 DM ausweist, denen eine "Gesamt-Vorauszahlung" von 3.228,00 DM gegenübergestellt ist, so dass sich als Ergebnis eine Gutschrift von 616,08 DM für das Kalenderjahr 1998 ergibt. Mit der Behauptung, dass es sich bei der "Gesamt-Vorauszahlung" lediglich um die im Wirtschaftsplan vorgesehenen, aber nicht gezahlten Vorschüsse handele und die in der Einzelabrechnung ausgewiesene Gutschrift von 616,08 DM demgemäß irrtümlich festgelegt worden sei, hat die Wohnungseigentümergemeinschaft von den Antragsgegnern den Rückstand 1997 in Höhe von 366,60 DM und den Betriebskostenanteil für 1998 in Höhe von 2.611,92 DM verlangt.

Unter Berufung darauf, dass die Umschreibung der Einheit Nr. 26 im Grundbuch erst am 27. Juli 1999 erfolgt sei, hat die Käuferin mit Schreiben vom 22. November 1999 von der Verwalterin die Erstattung der "irrtümlich bis einschließlich 27. Juli 1999 ihnen ausbezahlte Beträge" (2.670,00 DM + 269,00 DM sowie 1.387,50 DM als "Zahlung 06/99") verlangt, die Aufrechnung mit diesen Zahlungen erklärt und diese Zahlungen auf die nach dem 27. Juli 1999 fällig gewordenen Wohngelder verrechnet sowie die bereits aufgelaufene Überzahlung zurückverlangt.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 3. April 2002 die Antragsgegner antragsgemäß verpflich-tet, an die Antragsteller zu Händen der Hausverwaltung 1.522,89 EUR nebst Zinsen seit dem 7. Juni 2001 (Zustellung der Mahnbescheide) zu zahlen. Das Landgericht hat mit dem angefochte-nen Beschluss vom 6. März 2003 die Erstbeschwerde der Antragsgegner zurückgewiesen. Deren sofortige weitere Beschwerde hat weitgehend Erfolg, soweit nämlich nicht die Rückstände aus der Zeit vor dem 1. Januar 1998 betroffen sind.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner ist gemäß §§ 27, 29 FGG, 45 WEG zulässig und auch in der Sache gerechtfertigt. Der angefochtene Beschluss des Landgerichts ist nicht rechtsfehlerfrei (§ 27 Abs. 1 FGG).

Ohne Rechtsirrtum geht das Landgericht davon aus, dass die Eigentümerbeschlüsse hinsichtlich der Jahresabrechnung jeweils die Eigentümer treffen, die im Zeitpunkt der Beschlussfassung im Grundbuch als Eigentümer eingetragen sind. Das war bei den Beschlussfassungen am 2. Juni 1998 und am 23. April 1999 jeweils die Antragsgegnerin zu 1). Die bestandskräftige Jahresabrechnung 1997 endet mit einem Nachzahlungsbetrag von 811,75 DM, der sich durch das am 23. April 1999 zu TOP 4 abgerechnete Heizkosten-Guthaben von 445,15 DM auf 366,60 DM reduziert hat. Zahlungen hierauf haben die Antragsgegner selbst nicht behauptet. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Käuferin auf Rückstände der Verkäuferin aus der Zeit vor dem 1. Januar 1998 gezahlt hat. Die anschließend zu erörternde Erfüllungsübernahme bezog sich auf die Zeit seit dem 1. Januar 1998. Die gesamtschuldnerische Haftung des Antragsgegners zu 2) ergibt sich aus § 128 HGB. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 BGB. Aus der Jahresabrechnung 1998 bestehen dagegen keine keine Ansprüche der Gemeinschaft gegen die Antragsgegner, weil die für die Wohnung Nr. 26 beschlossene Einzelabrechnung keine Nachzahlungsverpflichtung ausweist und darüber hinaus auch Zahlungen der Käuferin in einer den Betriebskostenanteil der Wohnung deckenden Höhe festzustellen sind.

Die am 23. April 1999 beschlossene Jahresabrechnung 1998 endet nach den eingereichten Unterlagen für die Einheit Nr. 26 mit einer Gutschrift oder einem Guthaben von 616,08 DM als dem eindeutigen Endergebnis in der Einzelabrechnung. Weist die bestandskräftig beschlossene Einzelabrechnung eines Wohnungseigentümers ein Guthaben auf, können für das Wirtschaftsjahr keine Nachforderungen gerichtlich geltend gemacht werden. Dazu reicht es insbesondere nicht aus, dass der Verwalter die in der Einzelabrechnung positiv verrechnete "Gesamt-Vorauszahlung" nachträglich und ohne überzeugenden Grund als die geschuldeten, aber nicht beglichenen Wohngeldvorschüsse deklariert, zumal wenn er unter Gegenüberstellung mit dem Betriebskostenanteil ausdrücklich eine Gutschrift oder ein Guthaben errechnet und hat beschließen lassen. Angesichts der beschlossenen Einzelabrechnung 1998 kann auch nicht mit dem Landgericht argumentiert werden, die Antragsgegner müssten die Zahlung der im Wirtschaftsplan für das Jahr 1998 festgelegten monatlichen Beitragsvorschüsse noch nachweisen. Denn mit der Gegenüberstellung der "Gesamt-Vorauszahlung" in der Einzelabrechnung werden die gezahlten Vorschüsse quittiert. Die Einzelabrechnung bestätigt die als erbracht angesehenen Vorauszahlungen. Das in der Einzelabrechnung ausgewiesene Guthaben ist ebenso verbindlich wie eine festgelegte Nachzahlungsverpflichtung.

Es kann dahinstehen, inwieweit der auf Zahlung der Abrechnungsspitze in Anspruch genommene Wohnungseigentümer im gerichtlichen Zahlungsverfahren noch weitere Zahlungen nachweisen kann, die weder in der Gesamtabrechnung noch in seiner Einzelabrechnung verbucht sind. Zumindest hat der Wohngeldschuldner insoweit die Beweis- oder Feststellungslast. Weist die Einzelabrechnung dagegen - wie hier - ein Guthaben zugunsten des Wohnungseigentümers aus, kann allenfalls angenommen werden, dass der Verwalter die objektive Feststellungslast dafür hat, dass die in der bestandskräftig beschlossenen Einzelabrechnung ausgewiesenen Zahlbeträge eindeutig unrichtig sind, wenn man nicht insoweit sogar einen ergänzenden Berichtigungsbeschluss der Wohnungseigentümer verlangen muss. Nach den durch die vorgelegten Bankunterlagen eindeutig feststellbaren Zahlungsvorgängen kann zumindest mit Sicherheit festgestellt werden, dass die in der Einzelabrechnung der Einheit Nr. 26 ausgewiesene "Gesamt-Vorauszahlung" wahrscheinlich nicht in voller Höhe von 3.228,00 DM, sondern nur in Höhe von 2.959,00 DM geleistet worden ist (Fehlbetrag Dezember 1998 in Höhe von 269,00 DM). Denn es liegen unbestrittene Überweisungsträger vor, wonach die Käuferin der Einheit Nr. 26 am 9. Oktober 1998 die gemäß Wirtschaftsplan festgesetzten monatlichen Beitragsvorschüsse für Januar bis Oktober 1998 einschließlich mit ebendieser ausdrücklichen Zweckbestimmung gezahlt hat und am 10. November 1998 den Wohngeldvorschuss für November 1998, ebenfalls mit dieser ausdrücklichen Zweckbestimmung. Die unstreitige Zahlung von 2.959,00 DM übersteigt den Betriebskostenanteil der Wohnung Nr. 26 von 2.611,92 DM, so dass von den Antragsgegnern aus der Jahresabrechnung 1998 nichts mehr verlangt werden kann.

Entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts kann die Eigentümergemeinschaft auch nicht geltend machen, die Verwalterin habe berechtigterweise noch nach der Beschlussfassung vom 23. April 1999 auf Verlangen der Käuferin eine Neuverrechnung der bereits im Jahre 1998 und ausdrücklich für die Monate Januar bis einschließlich November 1998 gezahlten Wohngeldvorschüsse vorgenommen. Allerdings hat sich die Käuferin mit Schreiben vom 22. November 1999 gegenüber der Verwalterin darauf berufen, dass ihre Umschreibung im Grundbuch erst am 27. Juli 1999 erfolgt sei und sie die zuvor gezahlten Beträge nunmehr auf die nach dem 27. Juli 1999 fällig gewordenen Wohngeldvorschüsse verrechnet wissen wolle. Dies berechtigt den Verwalter nicht, die im Jahre 1998 mit eindeutiger Zweckbestimmung (monatliche Beitragsvorschüsse von Januar bis November 1998) gezahlten Beträge nachträglich anderweitig zu verrechnen, insbesondere nachdem in der Jahresabrechnung 1998 die erbrachten Zahlungen bestandskräftig festgelegt worden sind. Entgegen der Ansicht des Landgerichts hat die Käuferin nicht gemäß § 267 BGB auf eine fremde Schuld eine eigene Leistung erbracht. Denn kein Dritter ist, wer für den Schuldner als Erfüllungsübernehmer leistet (Palandt/ Heinrichs, BGB 63. Aufl., § 267 Rdnr. 2 unter Bezugnahme auf BGHZ 72, 246/50). Nach dem Kaufvertrag war jedenfalls vorgesehen, dass die Käuferin im Wege der Erfüllungsübernahme (zwar nicht gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft, wohl aber gegenüber der Verkäuferin) vom 1. Januar 1998 an die Lasten der Einheit Nr. 26 tragen sollte. Wenn dies dann auch im Oktober (rückwirkend bis Januar) und im November 1998 mit der ausdrücklichen Zweckbestimmung so geschah und von der Verwalterin entgegengenommen wurde, können die Antragsgegner, die Antragsgegnerin zu 1) als Verkäuferin und der Antragsgegner zu 2) als deren persönlich haftender Gesellschafter, darauf verweisen, dass die Wohngeldvorauszahlungen auf ihr Geheiß im Wege der Erfüllungsübernahme erfolgt sind und damit auch ihnen zugerechnet werden müssen. Nicht anders hat die Verwalterin als Vertreterin der Gläubiger das Verhalten auch verstehen dürfen (Palandt/Heinrichs a.a.O. Rdnr. 3). Die Zahlungen sind mit Rechtsgrund erfolgt und können demgemäß auch weder von der Käuferin noch von der Verwalterin nachträglich anderweitig verrechnet werden. Dass sich aus der Erfüllungsübernahme der Käuferin nach § 329 BGB kein einklagbares Forderungsrecht der Antragsteller ergab, steht dem nicht entgegen, wenn nur die Erfüllungsübernehmerin die Leistung freiwillig zu Gunsten der eigentlichen Schuldnerin erbracht hat.

Es entspricht billigem Ermessen, dass die Gerichtskosten den Beteiligten anteilig auferlegt werden (§ 47 Satz 1 WEG). Angesichts dessen, dass die Jahresabrechnung 1998 eindeutig ein Guthaben der Antragsgegner auswies, das nicht nachträglich in eine Nachzahlungspflicht geändert werden kann, besteht auch hinreichender Anlass, teilweise die Erstattung außergerichtlicher Kosten anzuordnen (§ 47 Satz 2 WEG).

Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 48 Abs. 3 WEG.

Ende der Entscheidung

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