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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 04.03.2009
Aktenzeichen: 26 U 168/08
Rechtsgebiete: InsO, BGB


Vorschriften:

InsO § 80
BGB § 1289 Satz 1
BGB § 1289 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 26 U 168/08

verkündet am: 04.03.2009

In dem Rechtsstreit

hat der 26. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Elßholzstr. 30-33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 4. März 2009 durch den Richter am Amtsgericht Tegeder als Einzelrichter für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 8. Juli 2008 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 4 O 145/08 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I

Der Kläger nimmt in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen des nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens verstorbenen ... die Beklagte auf Auszahlung von Spar- und Termingeldguthaben des Insolvenzschuldners in Anspruch. Die Beklagte hat sich auf ein ihr nach Nr. 14 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen (im Folgenden: "AGB") zustehendes Pfandrecht berufen und geltend gemacht, die Klageforderungen seien am 14. Februar 2007 in Folge Verrechnung mit Gegenansprüchen der Beklagten in gleicher Höhe erloschen. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz einschließlich der dort gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Ausführungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen. Eine Korrektur ist nur insoweit veranlasst, als die Abtretungsvereinbarung vom 12. Dezember 1995 nicht ausdrücklich vorsieht, dass die Beklagte nur "für die Dauer der Abtretung" auf die Geltendmachung eigener Sicherungsrechte verzichten sollte.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die mit Schreiben vom 15. Februar 2007 erklärte "Verrechnung" der gegen die Beklagte selbst gerichteten Forderungen mit ihren nach der Kündigung vom 2. Februar 2000 seit dem 22. Februar 2000 fälligen Gegenforderungen sei gemäß §§ 1282 Abs. 1, 1228 Abs. 2 BGB als deren Einziehung zu würdigen; die Forderungen seien durch Konfusion erloschen. Das Aufrechnungsverbot nach § 96 InsO stehe dem nicht entgegen, denn die Beklagte sei auf Grund ihres Pfandrechts gemäß § 50 InsO berechtigt gewesen, auf die Forderungen zuzugreifen. Die Beklagte habe mit der Eröffnung der Konten auf Grund ihrer AGB ein Pfandrecht an den Kontoguthaben und auch an den zukünftigen Zinsen erworben. Das Pfandrecht sei im Zuge der Sicherungsabtretung der Klageforderungen an die ... (im Folgenden nur: "R + V") nicht erloschen, denn die Beklagte habe in diesem Zusammenhang nicht auf ihr Pfandrecht als solches, sondern lediglich vorübergehend auf dessen Ausübung verzichtet. Das Pfandrecht sei auch nicht anlässlich der Abtretung der Gegenforderungen der Beklagten an die (im Folgenden nur: "BAG") erloschen; der Umstand, dass das Pfandrecht dabei nicht ausdrücklich als mit übergehendes Sicherungsrecht aufgeführt worden sei, erlaube nicht den Schluss, dass die Parteien der Abtretungsvereinbarung den Übergang des Pfandrechts im Sinne des § 1250 Abs. 2 BGB hätten ausschließen wollen. Mit der anteiligen Rückabtretung der gesicherten Forderung sei das Pfandrecht wieder auf die Beklagte übergegangen, womit zugleich die im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bestehende Aufrechnungslage wieder hergestellt worden sei.

Dem Hilfsklageantrag habe ebenfalls nicht entsprochen werden können, denn das Pfandrecht der Beklagten habe sich von Anfang an auch auf die zukünftigen Zinsen erstreckt; § 91 InsO stehe dem nicht entgegen, denn die Zinsforderungen seien nie ohne das auf ihnen lastende Pfandrecht der Beklagten zur Insolvenzmasse gelangt.

Der Kläger rügt, das Landgericht habe verkannt, dass das Pfandrecht der Beklagten vor Insolvenzeröffnung erloschen sei und danach gemäß § 91 InsO nicht mehr wirksam habe entstehen können. Die Beklagte habe auf ihr Pfandrecht bereits anlässlich der Sicherungsabtretung der Klageforderungen an die R + V verzichtet; jedenfalls im Abtretungsvertrag vom 12. Dezember 1995 habe die Beklagte ohne jede Einschränkung darauf verzichtet, eigene Rechte an den abgetretenen Forderungen geltend zu machen.

Die Pfandrechte seien jedenfalls nicht auf die BAG übergegangen und hätten der Beklagten folglich von dieser auch nicht zurück übertragen werden können. Das Vertragswerk zwischen der Beklagten und der BAG begründe die Vermutung, dass es alle Abreden zwischen den Parteien dokumentiere. Hätten die Pfandrechte auf die BAG übergehen sollen, so hätte dies in den Urkunden dokumentiert werden müssen.

Gemäß § 91 InsO habe die Beklagte jedenfalls an den erst nach Insolvenzeröffnung entstandenen Zinsforderungen des Insolvenzschuldners kein wirksames Pfandrecht erwerben können. Es sei zwar richtig, dass das AGB - Pfandrecht der Beklagten sich grundsätzlich auch auf zukünftige Zinsforderungen erstreckt habe. Doch könne das Pfandrecht erst dann entstehen, wenn die Zinsforderung selbst begründet werde. Soweit dies erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschehe, falle die Zinsforderung gemäß § 35 InsO in die Insolvenzmasse und könne gemäß § 91 InsO kein Pfandrecht an ihr entstehen. Das gelte nach einer Entscheidung des OLG Frankfurt (23 U 297/05, Urteil vom 28. März 2007) namentlich für laufende Festgeldzinsen, die mit jedem Prolongationszeitraum neu entstünden.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des am 8. Juli 2008 verkündeten Urteils des Landgerichts Berlin - 4 O 145/08 -

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 12.298,89 € zu zahlen,

hilfsweise,

1.

die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Auskunft darüber zu erteilen, welche Zinsen auf den Konten Nr. ... im Zeitraum 23.11.2000 bis zum 15.02.2007 aufgelaufen sind,

2.

die Beklagte nach erteilter Auskunft zu verurteilen, die sich aus der Auskunft zu 2. ergebenden Zinsen an den Kläger auszuzahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und führt ergänzend aus, bei sachgerechter Auslegung des Abtretungsvertrages vom 12. Dezember 1995 könne die dortige Erklärung der Beklagten nur dahingehend verstanden werden, dass sie auf die Geltendmachung des Pfandrechtes lediglich vorübergehend verzichten wollte. Es sei jedenfalls zwischen einem Verzicht auf das Pfandrecht selbst und einem Verzicht auf dessen Geltendmachung - der lediglich einen Rangverzicht bedeute - zu unterscheiden.

Da die Abtretung der Gegenforderung an die BAG - die auch zum Übergang des Pfandrechts geführt habe - erst am 8. Dezember 2000 und damit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt sei, stehe § 96 Abs. 1 Nr. 2 InsO der Aufrechnung nicht entgegen; die Rückabtretung durch die BAG habe lediglich die schon bei Insolvenzeröffnung bereits bestehende Aufrechnungslage wieder hergestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II

A.

Die Berufung ist gemäß §§ 511, 517, 519, 520 ZPO zulässig, insbesondere form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist aber nicht begründet. Das Landgericht hat die Klage zu Recht sowohl mit dem Haupt- als auch mit den Hilfsanträgen abgewiesen, denn die Klage ist zwar zulässig, aber nicht begründet.

1.

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Kläger in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen des ... befugt, die der Masse zustehenden Rechte als Partei kraft Amtes (vgl. dazu BGH ZInsO 2006, 260 f., Rn. 6 m. w. N., zitiert nach juris) im Wege der Klage geltend zu machen. Der Tod des Insolvenzschuldners hat die dem Kläger in seiner Eigenschaft als Verwalter des der Insolvenzmasse zugehörigen Vermögens nach § 80 InsO zustehenden Befugnisse nicht beseitigt oder beschränkt; das einmal in Gang gesetzte Insolvenzverfahren wird durch den Tod des Insolvenzschuldners weder beendet noch unterbrochen (vgl. BGHZ 157, 350 ff., Rn. 13, zitiert nach juris; Nöll, Der Tod des Schuldners in der Insolvenz, Rn. 239 m. w. N.), sondern als Nachlassinsolvenzverfahren fortgeführt (vgl. BGH a. a. O.; Braun/Bauch, InsO, 3. A. 2006, § 315 Rn. 8 f.; differenzierend Nöll, a. a. O., Rn. 258 ff.).

2.

Die Klage ist aber nicht begründet. Die Beklagte war gemäß §§ 50, 173 InsO durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht daran gehindert, ihr mit Eröffnung der Konten begründetes Pfandrecht an den streitgegenständlichen Forderungen gemäß §§ 1282 Abs. 1, 1228 Abs. 2 BGB durch deren Einziehung auszuüben. Zu Recht hat das Landgericht die mit Schreiben der Beklagten vom 15. Februar 2007 erklärte "Verrechnung" der Forderungen gegen ihre durch das Pfandrecht besicherte Gegenforderung in gleicher Höhe als Einziehung der Klageforderungen gewürdigt; denn bei einem Pfandrecht "an eigener Schuld" geschieht die Einziehung durch Aneignung oder Verrechnung des Geldbetrages (vgl. BGH MDR 1997, 153 f., Rn. 19, zitiert nach juris).

Der mit dem Hauptantrag verfolgte Anspruch auf Auszahlung der gesamten per 15. Februar 2007 auf den streitbefangenen Konten gebuchten Guthaben von insgesamt 12.298,89 € steht dem Kläger zunächst insoweit nicht zu, als die Forderungen bereits im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 23. November 2000 entstanden waren. In diesem Umfang wurden die Forderungen von der mit Eröffnung der Konten nach Nr. 14 Abs. 1 der AGB wirksam (vgl. zur Vereinbarkeit einer solchen Klausel mit dem vorliegend gemäß Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB anwendbaren AGBG: BGHZ 93, 71 ff., zitiert nach juris) vereinbarten Verpfändung der gegen die Beklagte gerichteten zukünftigen Forderungen des Insolvenzschuldners umfasst, denn ihre Sicherungsabtretung an die R + V in den Jahren 1995 und 1997 hinderte die Entstehung des Pfandrechts nicht, insbesondere sind die anlässlich der Sicherungsabtretung abgegebenen Erklärungen der Beklagten nicht als Verzicht auf das Pfandrecht auszulegen (a). Das Pfandrecht erlosch auch nicht im Zuge der Abtretung der der Höhe nach unstreitigen und seit dem 22. Februar 2000 fälligen durch das Pfandrecht besicherten Gegenforderung der Beklagten an die BAG, denn ein Wille der Parteien der Abtretungsvereinbarung, den Übergang des Pfandrechtes auszuschließen, kann dem Vertragswerk nicht entnommen werden (b). Die Ausübung des Pfandrechtes durch die Beklagte war auch nicht nach dem Rechtsgedanken des § 96 InsO deswegen unwirksam, weil die Beklagte die durch das Pfandrecht gesicherte Gegenforderung erst nach Insolvenzeröffnung auf Grund deren Rückabtretung vom 29. Juli 2004/28. Mai 2008 erlangt hat (c).

Die Klage kann schließlich auch mit dem Hilfsantrag keinen Erfolg haben, denn das Pfandrecht der Beklagten umfasste die Klageforderungen auch insoweit, als sie erst mit den nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommenen Zinsgutschriften werthaltig wurden. Die Vorschrift des § 91 Abs. 1 InsO stand dem nicht entgegen, denn die Forderungen unterlagen in diesem Umfang gemäß § 1289 Satz 1 BGB schon im Zeitpunkt ihrer Entstehung von Gesetzes wegen dem Pfandrecht der Beklagten. Die Forderungen wurden auch nicht nach §§ 1289 Satz 2, 1123 Abs. 2 BGB später wieder von dem Pfandrecht frei, denn im Hinblick auf das ohnehin schon durch § 1289 Satz 1 BGB begründete Pfandrecht der Beklagten wurde auch die Vorausverpfändung wirksam (d).

a)

Von der rechtsgeschäftlichen Verpfändung seiner zukünftigen Forderungen gegen die Beklagte wurden die durch das Landgericht zu Recht als Darlehensforderungen gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB, § 488 BGB qualifizierten Klageforderungen jedenfalls insoweit umfasst, als sie bereits im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens valutierten. Der Kläger weist zu Recht darauf hin, dass gemäß § 140 InsO die konkursrechtlich "entscheidende Wirkung einer Vorausabtretung, der Vorausverpfändung und der Pfändung einer künftigen Forderung nicht schon in der Verfügung, sondern erst in der Entstehung der Forderung" liegt (BGH NJW 2003, 2171 f., Rn. 14 f., zitiert nach juris). Jedenfalls soweit bis zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Guthaben auf den Konten verbucht worden waren, waren die Forderungen - belastet mit dem zuvor vereinbarten Pfandrecht der Beklagten - entstanden.

Der Umstand, dass die Darlehensforderungen - hinsichtlich des Sparkontos in Höhe von 10.000,00 DM im Jahre 1995 und hinsichtlich des Festgeldkontos in Höhe von 21.500,00 DM im Jahre 1997 - lange vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens sicherungshalber an die R + V abgetreten worden waren, stand der Erstreckung des Pfandrechts auf die nach diesen Zeitpunkten erfolgten Kontogutschriften nicht entgegen. Zwar umfasste die Sicherungsabtretung entsprechend § 401 BGB im Zweifel auch die auf die Darlehensforderungen entfallenden Zinserträge, so dass die Weiterungen der Forderungen in der Person der Zessionarin entstanden. Doch waren die Forderungen auch insoweit bereits im Zeitpunkt der Abtretung mit dem schon zuvor vereinbarten und im Zeitpunkt ihrer Entstehung zum Vollrecht erstarkenden Pfandrecht belastet, das die R + V entsprechend § 404 BGB gegen sich gelten lassen musste. Wenn eine zukünftige Forderung zunächst verpfändet und danach abgetreten wird, hat nach dem Prioritätsgrundsatz das früher vereinbarte Pfandrecht den Vorrang (vgl. OLG Köln, NJW-RR 1988, 239 f., Rn.6 ff., zitiert nach juris).

Die im Zuge der Sicherungsabtretungen abgegebenen Erklärungen der Beklagten stehen dem nicht entgegen, denn entgegen der Ansicht des Klägers können diese nicht im Sinne der §§ 1273 Abs. 2 Satz 1, 1255 Abs. 1 BGB als Aufhebung eines bereits entstandenen oder zukünftig noch entstehenden Pfandrechts an den abgetretenen Forderungen ausgelegt werden. Gegen eine solche Auslegung spricht schon der Umstand, dass - im Rahmen beider Abtretungsverträge - der Verzicht der Beklagten sich lediglich auf die "Geltendmachung", also die Ausübung eigener Rechte beziehen sollte, nicht aber auf die Rechte als solche. Damit korrespondiert der Umstand, dass der Zweck der Vereinbarung einen dinglichen - und endgültigen - Verzicht der Beklagten auf ihr Pfandrecht nicht erforderte, die Beklagte mithin keinen Anlass hatte, einen solchen Verzicht zu erklären. Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass sie den Interessen der Parteien der Abtretungsvereinbarung genügte, indem sie ihr eigenes Sicherungsinteresse dem der R + V hintanstellte und sich - dieser gegenüber - verpflichtete, von ihren vorrangigen Sicherungsrechten zu Lasten der Sicherungsnehmerin R + V - also während der Dauer der Sicherungsabtretung - keinen Gebrauch zu machen. Diese Befristung ihres Ausübungsverzichts wurde zwar nur in dem die Festgeldguthaben betreffenden späteren Abtretungsvertrag vom September 1997 ausdrücklich festgehalten. Das erlaubt aber nicht den Rückschluss, dass die Beklagte anlässlich der früheren Vereinbarung vom Dezember 1995 eine weiter gehende Erklärung abgeben wollte, denn die damalige Interessenlage der Beteiligten war identisch und "an das Zustandekommen einer besonderen Vereinbarung, durch die eine Bank auf das ihr nach ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen zustehende Pfandrecht verzichtet, sind strenge Anforderungen zu stellen" (vgl. BGH ZIP 1985, 523 ff., Rn. 21 m. w. N., zitiert nach juris). Die offenbar durch die R + V erfolgte Gestaltung des Formulars machte auch deutlich, dass der Verzicht der "Bank" nur die R + V als Sicherungsnehmerin begünstigen sollte; denn der die Verzichtserklärung umfassende Absatz regelt eingangs, dass die "Abtretung" - also im Zweifel die gesamte Vereinbarung - mit einer Freigabeerklärung der R + V gegenüber der "Bank" gegenstandslos werde.

b)

Das Pfandrecht ging gemäß §§ 1273 Abs. 2 Satz 1, 1250 Abs. 1 BGB mit der am 8. Dezember 2000 zwischen der Beklagten und der BAG vereinbarten Abtretung der gesicherten Forderung auf die BAG über. Der bloße Umstand, dass das Pfandrecht entgegen § 2 Nr. 2 der Abtretungsvereinbarung in der Zusatzvereinbarung über "den Übergang/die Übertragung von Rechten und Ansprüchen aus bestellten Sicherheiten" vom selben Tage nicht ausdrücklich benannt wurde, lässt angesichts der eindeutigen Interessenlage der Parteien der Abtretungsvereinbarung nicht den Schluss zu, dass sie den Übergang des Pfandrechtes gemäß § 1250 Abs. 2 BGB ausschließen und es damit zum Erlöschen bringen wollten. Das Vertragswerk sollte offensichtlich sicherstellen, dass möglichst sämtliche Neben- und Sicherungsrechte gemeinsam mit der Forderung übertragen würden und deren spätere Durchsetzung nicht durch verabsäumte Formalia oder eine unzureichende Dokumentation gefährdet werde. Schon der Umstand, dass die als Ankreuzformular gestaltete Zusatzvereinbarung die Kategorie "Pfandrecht" überhaupt nicht vorsah, lässt vor diesem Hintergrund nur den Schluss zu, dass die Beteiligten bei Abschluss der Abtretungsvereinbarung das auf den AGB der Beklagten beruhende Pfandrecht schlicht nicht bedacht hatten, sich also jedenfalls nicht darüber einig waren, dass es nicht auf die BAG übergehen solle.

c)

Mit der anteiligen Rückabtretung der durch das Pfandrecht besicherten Forderung vom 29. Juli 2004/28. Mai 2008 ging das Pfandrecht in voller Höhe wieder auf die Beklagte über; der Senat macht sich insoweit die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts auf Seiten 6 f. des angefochtenen Urteils zu eigen. Zutreffend ist auch die weitere Erwägung des Landgerichts, dass die Beklagte das an den Klageforderungen "insolvenzfest" begründete Pfandrecht gemäß §§ 50, 173 InsO, 1282 Abs. 1, 1228 Abs. 2 BGB zur anteiligen Tilgung der fälligen durch das Pfandrecht besicherten Forderung ausüben und die Klageforderungen einziehen durfte, ohne dass es darauf ankäme, dass die Beklagte erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens (wieder) Inhaberin der besicherten Forderung wurde und auch die Sicherungsabtretung erst nach diesem Zeitpunkt endete. Entscheidend ist allein, dass die Klageforderungen, als sie zur Masse gelangten, vollumfänglich dem Pfandrecht - sowie nachrangig der Sicherungsabtretung - unterlagen. Für den Bestand und die Ausübung des Pfandrechts spielen die die Aufrechnung betreffenden Vorschriften der §§ 94 ff. InsO entgegen der Ansicht des Klägers keine Rolle.

d)

Dem Kläger steht auch der mit dem Hilfsklageantrag im Wege der Stufenklage verfolgte Anspruch auf Auszahlung der nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gutgeschriebenen Zinsen nicht zu; denn das Pfandrecht der Beklagten erstreckte sich auch auf diesen Teil der Klageforderungen.

Dem Kläger ist allerdings zuzugeben, dass grundsätzlich gemäß §§ 91 Abs. 1 InsO ein auf einer Vorausverpfändung beruhender Pfandrechtserwerb zu Lasten der Masse ausgeschlossen ist, soweit die im Voraus verpfändete Forderung erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entsteht (BGH ZIP 2003, 808 ff., Rn. 15, zitiert nach juris). Den maßgeblichen Zeitpunkt für die Entstehung einer Zinsforderung sieht der BGH dabei nicht gemäß 140 Abs. 3 InsO im Abschluss des zu Grunde liegenden Vertrages, sondern gemäß 140 Abs. 1 InsO erst im Beginn des jeweiligen Zeitabschnittes, für den die Zinsen geschuldet werden; der Zinsanspruch sei kein bereits mit Abschluss des Vertrages betagtes Recht, sondern entstehe erst mit der Inanspruchnahme der Gegenleistung (vgl. BGH ZIP 1997, 513 ff., Rn. 10; BGHZ 110, 47 ff., Rn. 62).

Nachdem die im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehenden Forderungen in voller Höhe dem Pfandrecht der Beklagten unterlagen, erstreckte sich dieses aber gemäß § 1289 Satz 1 BGB auch auf die erst nach Verfahrenseröffnung anfallenden Zinserträge. Einer vorherigen Anzeige der Beklagten im Sinne des § 1289 Satz 2 BGB, dass sie von ihrem Einziehungsrecht Gebrauch mache, bedurfte es dazu nicht. Der BGH hat für den Parallelfall der auf Grund eines dinglichen Rechts gemäß § 1123 BGB in die Haftung einbezogenen Grundstückserträge mehrfach entschieden, dass bereits die Haftung der Erträge als solche ein gegenwärtiges Pfandrecht des dinglichen Gläubigers an ihnen begründe, ohne dass es zusätzlich deren Beschlagnahme bedürfe (vgl. BGH NZI 2007, 98, 99, Rn. 10 ff.; BGH NJW 2006, 3356 ff., Rn. 3; Staudinger/Wolfensteiner, BGB, Neub. 2002, § 1123 Rn. 11; alle zitiert nach beck-online).

Für dinglich mithaftende Erträge eines Grundstücks ist dem entsprechend anerkannt, dass (Voraus-) Verfügungen des Insolvenzschuldners zu Gunsten des dinglichen Gläubigers keine Gläubigerbenachteiligung bewirken können, soweit sie lediglich dazu führen, dass die gesetzliche Haftung und Rangfolge aufrecht erhalten wird (vgl. BGH NZI 2007, 98, 99, Rn. 9, zitiert nach beck-online; OLG Naumburg ZIP 2008, 1931 ff., Rn. 21, zitiert nach juris). Gleiches muss auch für dinglich mithaftende Zinserträge einer "insolvenzfest" verpfändeten Forderung gelten.

Nun blieb zwar in dem oben zitierten Fall des Bundesgerichtshofs der Vorausverfügung des Schuldners gegenüber dem Insolvenzverwalter insoweit gemäß § 91 InsO die Wirkung verwehrt, als sie erst im Zeitraum nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens wirksam geworden wäre. Grund dafür war aber allein § 49 InsO, der vorschreibt, dass eine abgesonderte Befriedigung aus unbeweglichen Gegenständen während der Dauer des Insolvenzverfahrens ausschließlich nach den Vorgaben des ZVG erfolgen darf (vgl. BGH BGH NJW 2006, 3356 ff.). Der Fall der hier in Frage stehenden Zinserträge liegt anders, denn auf diese kann der Gläubiger gemäß §§ 50 Abs. 1, 173 InsO auch während des Insolvenzverfahrens uneingeschränkt zugreifen. Der Senat sieht deswegen keine Möglichkeit, der Vorausverpfändung der erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens angefallenen Zinserträge die Wirkung zu versagen; die Beklagte erlangte durch sie keine zusätzlichen Rechte an Gegenständen der Insolvenzmasse im Sinne des § 91 InsO, denn sie verfügte gemäß § 1289 Satz 1 BGB bereits im Moment der Entstehung der Zinsforderungen über ein dem Kläger gegenüber wirksames und durchsetzbares Pfandrecht an ihnen.

B.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO i. V. m. § 26 Nr. 8 EGZPO. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.

Ende der Entscheidung

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