Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 18.11.2004
Aktenzeichen: 26 W 48/04
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 406 Abs. 2
ZPO § 406 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 406 Abs. 5
ZPO § 568 Abs. 1
ZPO § 569 Abs. 1
ZPO § 569 Abs. 2
BGB § 121 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 26 W 48/04

In Sachen

In dem Rechtsstreit

hat der 26. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zu 1. vom 22. Oktober 2004 gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 6. Oktober 2004 - 23 OH 13/03 - durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Hennemann als Einzelrichter am 18. November 2004 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zu 1. wird auf ihre Kosten nach einem Beschwerdewert von 1.500,-- Euro zurückgewiesen.

Gründe:

Gemäß § 568 Abs. 1 ZPO war für die Entscheidung über die sofortige Beschwerde der originäre Einzelrichter berufen, da die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter erlassen worden ist und die Sache weder besondere Schwierigkeiten tatsächlicher noch rechtlicher Art aufweist und die Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung hat.

Die an sich gemäß § 406 Abs. 5 ZPO statthafte sofortige Beschwerde war als solche zulässig, denn sie ist form- und fristgerecht gemäß § 569 Abs. 1 und 2 ZPO eingelegt worden. Das Rechtsmittel konnte in der Sache jedoch keinen Erfolg haben und musste zurückgewiesen werden.

Das von der Antragsgegnerin zu 1. mit Schriftsatz vom 18. August 2004 angebrachte Ablehnungsgesuch gegen den Sachverständigen, Dipl.-Ing. K. H. Snnnn , war bereits unzulässig, da es gemäß § 406 Abs. 2 ZPO verspätet geltend gemacht worden ist. Die Antragsgegnerin zu 1. war gemäß § 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO gehalten, da der Ablehnungsgrund sich erst aus dem Gutachten des Sachverständigen Snnnn vom 1. März 2004 selbst ergab, im Sinn von § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB unverzüglich nach Kenntnis des Ablehnungsgrundes den Ablehnungsantrag einzureichen (OLG Brandenburg FamRZ 2001, 1011). Allerdings ist auch anerkannt, dass die Gründe für die Ablehnung eines Sachverständigen innerhalb einer angemessenen, den Umständen des Einzelfalles angepassten, Prüfungs- und Überlegungsfrist geltend zu machen sind, wobei jedoch die Frist zur formellen Anbringung der Ablehnungsgründe selbständig neben der verlängerungsfähigen Frist zur Stellungnahme zum Gutachten läuft. Solche Gründe sind unabhängig von Prozesslage und dem Erfolg anderer Anträge zu stellen (OLG Koblenz NJW-RR 1999, 72, 73). Meint also eine Partei, dem schriftlichen Gutachten eines Sachverständigen stichhaltige Anhaltspunkte für die Besorgnis seiner Befangenheit entnehmen zu können, so muss sie die Ablehnungsgründe unverzüglich geltend machen. Sie darf nicht erst abwarten, ob der Sachverständige im Rahmen eines Ergänzungsgutachtens die Zweifel an seiner Unbefangenheit möglicherweise doch noch ausräumt (OLG Nürnberg MDR 2002, 1269). Diesen Grundsätzen hat die Antragsgegnerin zu 1. mit ihrer erstmaligen Anbringung eines Ablehnungsgesuches gegen den Sachverständigen am 18. August 2004 zuwider gehandelt. Nach ihrem eigenen Vortrag ist ihr das Gutachten mit einer Frist zur Stellungnahme von 3 Wochen am 12. März 2004 zugegangen, wobei das Landgericht die Frist zur Stellungnahme zweimal ihr gegenüber bis zum 28. April 2004 verlängert hat. Bereits in der Stellungnahme vom 28. April 2004 hat die Antragsgegnerin zu 1. gerügt, dass der Sachverständige Snnnn , der ihrer Meinung nach bestehenden Beauftragung nicht voll umfänglich nachgekommen ist. Auch die ergänzenden Zusätze des Sachverständigen Snnnn vom 26. April bzw. 28. Mai 2004, mit welchen sich der Sachverständige zur weitergehenden Untersuchungen entsprechend dem ihm erteilten Auftrag nicht veranlasst gesehen hat, hat die Antragsgegnerin zu 1. nicht zum Anlass genommen, ein Ablehnungsgesuch bei Gericht einzureichen. Wenn die Antragsgegnerin zu 1. auch in ihrem Schriftsatz vom 29. Juni 2004 die Vorgehensweise des Sachverständigen dergestalt beanstandet, dass er sämtliche betroffenen Gewerke nicht untersucht habe, sondern sich vielmehr insoweit einer Tätigkeit verweigert, hat sie auch nicht unmissverständlich ein Ablehnungsgesuch angebracht, sondern nur vorgetragen, das dies einen Ablehnungsgrund darstellen würde. Spätestens zu diesem Zeitpunkt waren der Antragsgegnerin zu 1. nach ihrem eigenen Dafürhalten alle Anhaltspunkte hinsichtlich der Vorgehensweise des Sachverständigen bekannt, die dann schließlich zum Ablehnungsgesuch mit Datum vom 18. August 2004 geführt haben. Angesichts dieser Geschehens- und Zeitabläufe kann auch bei einer großzügig anzusetzenden Prüfungs- und Überlegungsfrist nicht mehr von der generell bestehenden Pflicht zur unverzüglichen Anbringung eines Ablehnungsgesuches betreffend einen Sachverständigen ausgegangen werden. Nach alledem musste dem Ablehnungsgesuch der Antragsgegnerin zu 1. bereits wegen Unzulässigkeit der Erfolg versagt bleiben, wobei ergänzend darauf hinzuweisen ist, dass eine Kritik an den fachlichen Ausführungen des Sachverständigen ohnehin nicht geeignet ist, einen Befangenheitsantrag als begründet erscheinen zu lassen.

Im Übrigen setzt sich die getroffene Entscheidung auch nicht in Widerspruch zu einer Beschwerdeentscheidung des 8. Zivilsenats des Kammergerichts (KG Report 2001, 183), wonach es der Partei in der Regel nicht zum Verschulden gereicht, dass sie eine ihr gesetzte nicht übermäßig lange Frist zur Stellungnahme ausschöpft, da sich gerade vorliegend ein Anlass zu einer früheren Ablehnung vor dem 18. August 2004 ergeben hat, wie dies ausgeführt worden ist. Gerade der Umstand, dass die Antragsgegnerin zu 1. es nicht zum Anlass genommen hat, nunmehr nach den beiden Zusätzen zum Gutachten des Sachverständigen Steppler das Ablehnungsgesuch anzubringen, musste zu der bereits festgestellten Unzulässigkeit des Ablehnungsgesuches führen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit Nr. 1957 der Anlage 1 zu § 11 Abs. 2 GKG. Die Festsetzung des Beschwerdewertes erfolgte gemäß § 3 ZPO, wobei der Senat 1/10 des Wertes der Hauptsache, die von der Antragsgegnerin zu 1. mit 15.000,-- Euro angegeben worden ist, als angemessen erachtete (Baumbach/Hartmann, Kommentar zur ZPO, 62. Aufl. 2004, Rdnr. 4 zum Anhang nach § 3). Zu einer höherwertigen Festsetzung des Beschwerdewertes sah sich der Senat nicht veranlasst, da es vorliegend nur um einen Teilaspekt des selbständigen Beweisverfahrens geht.

Ende der Entscheidung

Zurück