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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 17.07.2001
Aktenzeichen: 4 U 4252/96
Rechtsgebiete: HOAI, BGB, ZPO


Vorschriften:

HOAI § 5 Abs. 1
HOAI § 8
HOAI § 15
HOAI § 15 Abs. 1
HOAI § 62 ff.
HOAI § 62 Abs. 4
HOAI § 63
HOAI § 64
HOAI § 64 Abs. 1 Ziffer 1
HOAI § 64 Abs. 1 Ziffer 2
HOAI § 65
BGB § 631
BGB § 632 Abs. 2
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 515 Abs. 3
ZPO § 546 Abs. 2
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711 Satz 1
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
KAMMERGERICHT Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 4 U 4252/96

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 17. Juli 2001

hat der 4 Zivilsenat des Kammergerichts im schriftlichen Verfahren mit Schriftsatzfrist bis zum 7. Juni 2001 durch den Richter am Kammergericht Klum als Einzelrichter für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 18 April 1996 (33 O 662/95) geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 30.710,17 DM nebst 4 % Zinsen aus 21.953,39 DM seit dem 11. November 1993 und aus 8 756,78 DM seit dem 9. November 1998 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

II. Von den Kosten des ersten Rechtszuges tragen der Kläger 86 % und die Beklagte 14 %. Von den Kosten des zweiten Rechtszuges tragen der Kläger 90 % und die Beklagte 10 %.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des geltend gemachten Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Der Wert der Beschwer beträgt für den Kläger 77.557,85 DM, für die Beklagte 14.111,01 DM.

Tatbestand:

Der Kläger macht einen Honoraranspruch für Tragwerksplanung an dem Bauvorhaben der Beklagten H in S geltend. Der Umfang der Beauftragung sowie der erbrachten Leistungen und des sich daraus ergebenden Honorars sowie weitere Fragen der Abrechnung sind zwischen den Parteien streitig.

Der Kläger hat dazu vorgetragen.

Am 22 Dezember 1992 habe ihn der Architekt W zu einem ersten Planungsgespräch vor Ort in S eingeladen. Im Januar 1993 habe er Baueingabe- und Bestandsplane sowie eine Vollmacht von der Beklagten erhalten, beim Bauordnungsamt der Stadt Stralsund die Akten bezüglich des streitgegenständlichen Bauvorhabens einzusehen. Am 25. Januar 1993 habe dann unter Beteiligung der Parteien ein erster Ortstermin in S stattgefunden. Ihm seien dann weitere Unterlagen zur Erstellung der Tragwerksplanung zur Verfügung gestellt worden. Am 15. März 1993 habe eine zweite Projektsitzung stattgefunden, in deren Verlauf der Kläger von der Beklagten mit der Erstellung der Tragwerksplanung beauftragt worden sei. Dies ergäbe sich aus den Ziffern 2.9 und 2.11 des Sitzungsprotokolls vom 15. März 1993 (I/22 f). Dort heißt es:

"2.9. Erd-, Verbau-, Bohrpfahlarbeiten

Um möglichst kurzfristig eine Kostensicherheit für den Bereich der Erd-, Verbau- sowie Bohrpfahlarbeiten zu erhalten, muß das Leistungsverzeichnis bis 19. April 1993 fertiggestellt und versandt sein. Die für die Ausschreibung notwendigen statischen Unterlagen werden vom Büro G bis zum 28. März 1993 geliefert. Grundlage für diese Arbeiten ist das Bodengutachten des Dipl.-Ing. P Das Büro G liefert Skizzen sowie Situationsskizzen mit Lastpunkten als Grundlage für die Ausschreibung ...

2.11. Neubau in Fertigteilen

Um die Bauzeit für den Neubauteil möglichst kurz zu halten, wird angestrebt, den Bauteil in Fertigteilen zu erstellen. Büro G wird die Vorstatik als Grundlage für die Ausschreibung hierzu bis zum 13. April 1993 erstellen. Das Leistungsverzeichnis ist zwei Wochen später versandtfertig (23. April 1993), so daß die Submission zum 5. Mai 1993 erfolgen kann.

Ein schriftlicher Architektenvertrag wurde nicht abgeschlossen. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass die Beklagte anderweitig Leistungen zur Tragwerksplanung vergeben hatte, legte der Kläger am 1. Februar 1994 seine Schlussrechnung über insgesamt 157.085,60 DM (I/35 ff.). Die Beklagte leistete darauf keine Zahlungen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 157.085,60 DM nebst 12,5 % Zinsen seit dem 16. Oktober 1993 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen:

Der Kläger habe von ihr keinen umfassenden Statikauftrag erhalten, sondern lediglich eine überschlägige statische Berechnung einschließlich der Überprüfung der vorhandenen Tragwerkslösung vornehmen sollen. Zu einer weitergehenden Beauftragung habe keine Veranlassung bestanden, weil im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens anderweitig bereits Vorarbeiten für die Tragwerksplanung vorgelegen hätten. Im Übrigen habe schon damals eine andere Realisierung des Bauvorhabens unter Einbeziehung des Nachbargrundstücks im Raum gestanden. Das ursprüngliche Vorhaben sei nicht zur Ausführung gekommen. Der Kläger habe die abgerechneten Leistungen auch nicht erbracht.

Das Landgericht hat der Klage lediglich in Höhe von 16.599,16 DM nebst Zinsen in Höhe von 4 % stattgegeben. Es hat angenommen, dass allein Teilleistungen der Leistungsphase 3 des § 64 HOAI in Auftrag gegeben worden seien und den Umfang dieser Leistungen auf 75 % der Leistungsphase geschätzt Unter Reduzierung der anrechenbaren Kosten und der Honorarzone kam das Landgericht dann auf den ausgestellten Betrag.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Er hält nach wie vor an seiner Behauptung fest, von der Beklagten mit der Durchführung der gesamten Statik beauftragt worden zu sein und die abgerechneten Leistungen vollständig erbracht zu haben. Hierüber hätte das Landgericht Beweis erheben müssen Ferner habe er notwendigerweise auch die Leistungsphasen 1 und 2 des § 64 HOAI mit erbringen müssen. Nachdem er die Beklagte vergebens zu näheren Angaben hinsichtlich der anrechenbaren Kosten aufgefordert habe, hatte er den Dipl.-Ing. L zur Honorarermittlung hinzugezogen. Dieser hatte ihm dafür 8.756,78 DM in Rechnung gestellt.

Wegen des weitergehenden Vorbringens des Klägers wird auf den Inhalt seiner Schriftsätze vom 3. Juni 1997 (I/185 ff.), 25. Mai 1998 (I/218 ff.), 28. August 1998 (II/31 ff), 9. November 1998 (II/84 ff), 30. August 1999 (II/138 ff.), 28. September 1999 (II/158 ff.), 8. Oktober 1999 (II/175 ff.), 10 Januar 2000 (II/191 ff.) und 11. September 2000 (II/222 ff.) Bezug genommen.

Der Kläger hat zunächst die Verurteilung der Beklagten gemäß dem Klageantrag begehrt, soweit diesem bereits nicht durch das Landgericht entsprochen wurde. Dabei handelt es sich um ein Resthonorar in Höhe von 140.486,44 DM. Der Kläger hat im Termin am 26. August 1997 (I/202) die Berufung in Höhe eines Betrages von 52.619,61 DM nebst Zinsen und im Termin am 12. Juni 1998 (II/9) um weitere 4.954,75 DM nebst Zinsen zurückgenommen. Dabei handelt es sich um das Honorar für nicht erbrachte Leistungen.

Mit Schriftsatz vom 9. November 1998 (II/103), von dem die Beklagte im Termin am 12. November 1998 (II/101) Abschrift erhalten hat, hat der Kläger seine Klage um 8 756,78 DM nebst Zinsen erweitert. Dabei handelt es sich um die Kosten des Dipl.-Ing. L für seine Honorarermittlung.

Der Kläger beantragt,

unter Änderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen,

1. an ihn 82 915,08 DM nebst 9,5 % Zinsen seit dem 11. November 1993 bis zum 31. Dezember 1995 sowie 8,25 % Zinsen seit dem 1. Januar 1996 bis zum 30. November 1997 sowie 8,5 % Zinsen seit dem 1. Dezember 1997 zu zahlen,

2. an ihn weitere 8 756,78 DM nebst 8,5 % Zinsen seit Zustellung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung einschließlich der Klageerweiterung zurückzuweisen.

Sie trägt nach wie vor vor, sie habe den Kläger nur mit Teilbereichen der Leistungsphase 3 des § 64 HOAI, nämlich mit der Erarbeitung einer überschlägigen statischen Berechnung, beauftragt. Selbst diese Leistung habe der Kläger jedoch nicht erbracht. Weite Teilbereiche der Tragwerksplanung hätten bei Auftragserteilung bereits vorgelegen, und zwar im Zusammenhang mit dem von Dritten eingereichten Bauantrag vom 18. Oktober 1992. Sämtliche Grundlegungen der Leistungsphase seien nicht vom Kläger, sondern vom Büro Sch im Rahmen der Vorplanung erbracht worden.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beklagten wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze vom 14. Februar 1997 (I/165 ff.), 12. August 1997 (I/198 ff.), vom 9. Juni 1998 (II/1 ff.), 10 August 1998 (II/29), 16. Oktober 1998 (II/66 ff.), 13. September 1999 (II/141 ff.), 15. November 1999 (II/183) und vom 11. September 2000 (II/228 ff.) Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben über die Behauptungen des Klägers zum Umfang seiner Beauftragung gemäß Beweisbeschluss vom 26. August 1997 (I/202) durch die Vernehmung der Zeugen Sch W und Prof. L und zur Berechtigung des geltend gemachten Honorars durch Einholung eines Sachverständigengutachtens und dessen Ergänzung gemäß Beweisbeschluss vom 12. November 1998 (II/101) und Verfügung vom 7. März 2000 (II/193). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 12. Juni 1998 (II/9 ff.) und das Sachverständigengutachten des Dipl.-Ing. E vom 16. Juni 1999 (II/113 ff.) und dessen Ergänzung vom 17. Mai 2000 (II/196 ff) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat lediglich hinsichtlich eines weiteren Honoraranspruchs in Höhe von 5.354,23 DM sowie wegen der Kosten für die anderweitige Honorarermittlung in Höhe von 8.756,78 DM Erfolg. Unter Berücksichtigung des bereits vom Landgericht zugesprochenen Honorars in Höhe von 16.599,16 DM ergibt sich eine Gesamtforderung des Klägers in Höhe von 30.710,17 DM.

Im Einzelnen:

A. Resthonorar

Der Anspruch des Klägers beruht auf den §§ 631, 632 Abs. 2 BGB i. V. mit den §§ 8, 62 ff. HOAI (Fassung 1991). Nach diesen Vorschriften ist der Auftraggeber eines Tragwerksplaners verpflichtet, dem Tragwerkplaner die in Auftrag gegebenen Tragwerksleistungen nach Rechnungslegung im Rahmen der HOAI zu vergüten. Unstreitig hat die Beklagte dem Kläger Anfang 1993 einen Auftrag zur Tragwerksplanung mündlich erteilt (I), der Kläger hat Leistungen der Tragwerksplanungen erbracht (II) und hierüber prüffähig abgerechnet (III).

I. Umfang des Auftrags

Nach dem übereinstimmenden Vorbringen beider Parteien haben diese Anfang 1993 eine Vereinbarung über die Erbringung von Grundleistungen bei der Tragwerksplanung getroffen. Allerdings ist der Umfang dieser Leistungen streitig. Während der Kläger zur Erbringung sämtlicher Grundleistungen der Leistungsphasen 1 bis 3 und Teilleistungen der Leistungsphase 4 des § 64 HOAI beauftragt worden sein will, sollen nach dem Vorbringen der Beklagten nur Teilleistungen der Leistungsphase 3 des § 64 HOAI (Entwurfsplanung) in Auftrag gegeben worden sein. Da die Parteien einen schriftlichen Vertrag über die Tragwerksplanung nicht geschlossen haben, kam es auf die Bekundungen der von dem darlegungs- und beweispflichtigen Kläger benannten Zeugen Sch W und Prof. L an. Diese Zeugen haben die Behauptungen des Klägers nicht bestätigt. Vielmehr bekundete der Zeuge Sch der sowohl als planender Architekt wie auch als Vertreter der technischen Projektierung für das Bauvorhaben zuständig war, dass der Kläger lediglich eine überschlägige statische Ermittlung vornehmen sollte. Dies beruhte darauf, dass zum Zeitpunkt der Beauftragung noch unklar war, ob und in welcher Weise das Bauvorhaben durchgeführt werden sollte. Auch der Zeuge W, der als Mitarbeiter der W GmbH ebenfalls für die technische Projektleitung des Bauvorhabens zuständig war, bestätigte, dass der Kläger lediglich eine überschlägige statische Berechnung, quasi eine Vorstatik anhand der ihm von der Projektleitung übergebenen Unterlagen vornehmen sollte. Der Zeuge Prof. L konnte - anders als die Zeugen Sch und W - zu dem Umfang der Auftragserteilung keine Angaben machen, weil er bei dem maßgeblichen Gespräche nicht dabei gewesen war.

Nach dem Inhalt der Aussagen dieser Zeugen kann von einem umfassenden Auftrag bezüglich der Tragwerksplanung nicht ausgegangen werden. Die Bekundungen des Zeugen Prof. L sind ohne Bedeutung, weil er bei der maßgebenden Unterredung nicht dabei gewesen war. Die klaren, widerspruchsfreien und nachvollziehbaren Bekundungen der Zeugen Sch und W lassen nur den Schluss zu, dass dem Kläger Grundleistungen der Entwurfsplanung (§ 64 Abs. 1 Nr. 3 HOAI) in Auftrag gegeben wurden. Die beiden Zeugen haben dies nicht nur ausdrücklich so bekundet, sondern auch den Hintergrund dafür dargestellt. Da die Beklagte zum damaligen Zeitpunkt noch nicht sicher war, ob und in welchem Umfang das Bauvorhaben durchgeführt wird, sollte sich die Tätigkeit des Klägers nur auf diejenigen Leistungen der Tragwerksplanung beschränken, die für entsprechende Verhandlungen mit den beteiligten Firmen und für die erste Ausschreibung erforderlich waren. Damit stand zum damaligen Zeitpunkt noch nicht fest, ob überhaupt eine umfassende Statik im Sinne einer Genehmigungsstatik vorgenommen werden sollte. Nach allem erscheint es folgerichtig und in sich schlüssig, dass der Kläger nicht mit einer umfassenden Tragwerksplanung beauftragt wurde. Im Übrigen ist der Kläger nach den insoweit ebenfalls übereinstimmenden Aussagen beider Zeugen auch schon früher von der Beklagten nur mit Teilleistungen beauftragt worden. Damit konnte der Kläger nicht davon ausgehen, dass sich sein Auftrag auf die gesamte Statik bis zur Leistungsphase 4 des § 64 HOAI erstreckte.

Darüber hinaus spricht gegen eine umfassende Beauftragung auch der Umstand, dass die Parteien eine schriftliche Vereinbarung über die von dem Kläger zu erbringenden Leistungen nicht getroffen haben. Wenn tatsächlich der Umfang der Leistungen des Klägers ein Honorar von 157.085,60 DM (Schlussrechnung vom 1.2.1994) gerechtfertigt hatte, will nicht recht einleuchten warum die Parteien einen schriftlichen Architektenvertrag nicht abgeschlossen haben.

Diese Würdigung wird von dem Vorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 28. August 1998 (II/31 ff) nicht entkräftet. Insbesondere lässt sich dem Schreiben der technischen Projektleitung (N W GmbH) vom 14. Januar 1993 (II/62) nicht entnehmen, dass bereits mit diesem Schreiben eine verbindliche umfassende Beauftragung des Klägers durch die Beklagte erfolgt ist. Das Schreiben enthält zwar einige Fragen zur Statik (Abfangen der Außenwand im Bereich der geplanten Aufzüge; Verkleinerung der Podeste der Haupttreppe; Herausnahme einiger Überzüge im Dachgeschoss; Tragfähigkeit der Decken im Dachraum), aus dem übrigen Inhalt dieses Schreibens ergibt sich jedoch, dass der Kläger anhand der ihm gleichzeitig übersandten Baueingabepläne und Bestandsplane sich über die aufgeworfenen Fragen als Tragwerksplaner in Vorbereitung auf den ersten Ortstermin am 25. Januar 1993 Gedanken machen sollte. Abgesehen davon, dass schon die in dem Schreiben erwähnten statischen Überlegungen für eine umfassende Beauftragung im Sinne der Leistungsphasen 1-4 des § 64 HOAI nicht ausreichen, kann eine Verpflichtung der Beklagten erst aus einem entsprechenden Vertrag über Tragwerksleistungen ausgegangen werden. Vertragsgespräche haben die Parteien indessen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme erst bei dem Ortstermin im Januar 1993 geführt. Eine "vorgeschaltete" Beauftragung kommt von daher nicht in Betracht. Vielmehr sind die bis zur Beauftragung beim ersten Ortstermin erfolgten Leistungen des Klägers dem Bereich der kostenfreien Akquisition zuzuordnen. Dies lässt sich der Beweisaufnahme entnehmen, nach deren Ergebnis der Kläger nur Leistungen der Leistungsphase 3 erbringen sollte und die Beklagte nur bereit war, Leistungen des Klägers aus dieser Leistungsphase zu vergüten. Eventuelle kostenauslösende Vorleistungen des Klägers waren demnach nicht zu vergüten. Anderenfalls hatte er auf diesen Umstand bei der Vereinbarung im ersten Ortstermin aufmerksam machen müssen. Dies hat der Kläger weder selbst vorgetragen noch den Zeugen bei ihrer Befragung vorgehalten.

Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg auf Grund weiterer Unterlagen wie die erteilte Vollmacht für das Bauordnungsamt, die Aktennotiz des Klägers vom 2.2.1993, die ihm übersandten Bestandspläne M 1 : 50 und weiterer Unterlagen einen über den mündlichen Auftrag hinausgehenden Auftrag zur Tragwerksplanung darlegen.

Gleiches gilt für das Protokoll der zweiten Projektsitzung vom 15. März 1993 (I/20 ff.). Die dort festgehaltenen Leistungen (Ziffer 2.9. und Ziffer 2.11.) stehen im Einklang mit den Bekundungen der Zeugen Sch und W, soweit sie die für die Ausschreibung notwendigen statischen Unterlagen betreffen (Ziffer 2.9.). Die Zeugen haben bekundet, dass die Leistungen des Klägers zur Vorbereitung einer Ausschreibung dienen sollte, die nach der Entscheidung über die Realisierung des Objektes kurzfristig erfolgen sollte. Unter der in Ziffer 2.11. aufgeführten Vorstatik verstanden die Vertragsparteien nach den Bekundungen des Zeugen W die überschlägige statische Berechnung.

In diesem Zusammenhang sei noch kurz darauf hingewiesen, dass sich zwar Inhalt und Umfang der Verpflichtung eines Architekten (gilt auch für den Tragwerksplaner) nicht ohne Weiteres aus der Bezugnahme im Vertrag auf die in § 15 bzw. 64 HOAI beschriebenen Leistungsbilder ergibt (BGH NJW 1997, 2173); die Leistungsbilder können jedoch kraft des Grundsatzes der Vertragsfreiheit gleichwohl zur Beschreibung der werkvertraglich geschuldeten Leistung vereinbart werden (BGH NJW 1994, 1276). Der konkrete Vertragsumfang ist jeweils durch Auslegung zu ermitteln. So kann in bestimmten Fällen durchaus die Annahme gerechtfertigt sein, dass notwendige Vorleistungen aus anderen vorgeschalteten Leistungsphasen zu vergüten sind, wenn ansonsten nicht der werkvertragliche Erfolg der in Auftrag gegebenen Leistung herbeigeführt werden kann. So umfasst der Auftrag an den Architekten, einen Bauantrag zu stellen, in der Regel die Leistungsphasen 1-4 des § 15 Abs. 1 HOAI (KG BauR 1996, 892, weitere Beispiele bei Löffelmann/Fleischmann, Architektenrecht, 4. Aufl., Rn 757). Dies beruht auf der Erwägung, dass eine Genehmigungsplanung von der vorangehenden Erbringung der Leistungsphasen 1-3 abhängig ist, denn eine Genehmigungsplanung ist in der Regel nicht ohne Entwurfsplanung und eine Entwurfsplanung nicht ohne Grundlagenermittlung und Vorplanung möglich. Im übertragenen Sinne gilt dies auch für die Grundlagenermittlung gemäß § 64 Abs. 1 Ziffer 1 HOAI und die Vorplanung gemäß § 64 Abs. 1 Ziffer 2 HOAI als Voraussetzung für die Entwurfsplanung. Eine Ausnahme hiervon muss jedoch gelten, wenn bereits Vorleistungen Dritter vorlagen, mit anderen Worten, wenn hier die Leistungsbilder 1 und 2 des § 64 HOAI von Dritten vollständig oder teilweise erbracht worden sind. Leistungen dieser Art sind im Rahmen des unstreitig bereits im Herbst 1992 eingeleiteten Baugenehmigungsverfahren von dem von der Beklagten beauftragten Planungsbüro Sch erbracht worden. Zum Zeitpunkt der Beauftragung des Klägers war jedenfalls eine Grundlagenermittlung, also die Klärung der Aufgabenstellung auf dem Fachgebiet Tragwerksplanung im Benehmen mit dem Objektplaner ebensowenig erforderlich wie Leistungen der Vorplanung, etwa das Mitwirken bei dem Erarbeiten eines Planungskonzepts einschließlich Untersuchung der Lösungsmöglichkeiten des Tragwerks unter gleichen Objektbedingungen mit skizzenhafter Darstellung, Klärung und Angabe der für das Tragwerk wesentlichen konstruktiven Festlegungen, das Mitwirken bei Vorverhandlungen mit Behörden und anderen an der Planung fachlich Beteiligten über die Genehmigungsfähigkeit und das Mitwirken bei der Kostenschätzung nach DIN 276 (Grundleistungen der Vorplanung im Sinne von § 64 Abs. 1 Ziffer 2 HOAI). Bestand aber keine zwingende Notwendigkeit für den Kläger zur Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben aus der Grundleistung der Entwurfsplanung die vorgeschalteten Grundleistungen der Grundlagenermittlung und Vorplanung ganz oder teilweise zu erfüllen, kann er dafür auch kein Honorar verlangen. Dies gilt im Ergebnis auch dann wenn man annähme, dass der Kläger im Rahmen der Ausführung der überschlägigen statischen Berechnung und Bemessung (Entwurfsplanung) die Beklagte in statisch-konstruktiver Hinsicht unter Berücksichtigung der Belange der Standsicherheit, der Gebrauchsfähigkeit und der Wirtschaftlichkeit beraten hatte und damit jedenfalls teilweise ein Leistungsbild der Vorplanung erfüllt hätte. Denn dann hätten die Parteien jedenfalls vereinbart, dass Vorleistungen aus vorgeschalteten Leistungsbildern nicht zu einer Erhöhung des Honorars des Klägers führen dürften. Anderenfalls wurde die Regelung des § 5 Abs. 1 HOAI ausgehöhlt. Denn der Auftraggeber eines Architekten oder Tragwerksplaners muss sich darauf verlassen können, dass der Beauftragte ein Honorar verlangt, das dem ihm übertragenen Leistungsbild entspricht. Wenn also - wie hier - der Kläger nur mit einer bestimmten Leistungsphase eines Leistungsbildes des § 64 HOAI beauftragt wurde, kommt eine Vergütung anderer, auch vorgeschalteter Leistungsphasen in den Fällen der vorliegenden Art regelmäßig nicht in Betracht.

II. Umfang der erbrachten Leistungen:

Nach den Feststellungen des Sachverständigen E in seinem Gutachten vom 16. Juni 1999 hat der Kläger für den Neubau die ersten drei Grundleistungen der Leistungsphase 3 § 64 HOAI bis OK Gründung voll erbracht. Wenn die Beklagte hiergegen einwendet, der Beklagte habe sie nicht in statisch-konstruktiver Hinsicht unter Berücksichtigung der Belange der Standsicherheit, der Gebrauchsfähigkeit und der Wirtschaftlichkeit beraten. (Schriftsatz vom 13. September 1999, S. 2, II/148), so verkennt sie, dass die von ihr beschriebene Grundleistung nicht zur Leistungsphase 3, sondern zur Leistungsphase 2 (Vorplanung) des § 64 HOAI gehört. Wenn der Sachverständige also von den ersten drei Grundleistungen der Leistungsphase 3 spricht, meint er das Erarbeiten der Tragwerkslösung unter Beachtung der durch die Objektplanung integrierten Fachplanungen bis zum konstruktiven Entwurf mit zeichnerischer Darstellung, die überschlägige statische Berechnung und Bemessung und grundlegende Festlegungen der konstruktiven Details und Hauptabmessungen des Tragwerks für zum Beispiel Gestaltung der tragenden Querschnitte, Aussparungen und Fugen, Ausbildung der Auflager- und Knotenpunkte sowie der Verbindungsmittel. Auch die vierte Grundleistung (Mitwirken bei der Objektbeschreibung) hat der Kläger nach den Feststellungen des Gutachters erfüllt, indem er die Ortbetonlösung beschrieben hat. Für die fünfte Grundleistung (Mitwirken bei Verhandlungen bei Behörden und anderen an der Planung fachlich Beteiligten über die Genehmigungsfähigkeit) hat der Sachverständige es nachvollziehbar ausreichen lassen, dass Besprechungsprotokolle mit den Planern vorhanden waren. Auch die letzte Grundleistung, die Mitwirkung bei der Kostenberechnung, hat der Sachverständige nachvollziehbar schon deshalb für ausreichend angesehen, weil der Kläger sich zur Berechnung seines Honorars intensiv mit der Gesamtkostenberechnung befasst hat. Mit Rücksicht auf die nicht erbrachten Tragwerksleistungen über OK Gründung hat der Sachverständige nachvollziehbar 87,5 % der Entwurfsplanung, das sind 10,5 HOAI-Gebührenpunkte, als erbracht angesehen. Hinsichtlich des vorhandenen Hotelgebäudes hat der Gutachter die tragwerksplanerische Entwurfsplanung des Klägers mit 25 % bewertet, das sind 3 HOAl-Gebührenpunkte. Wenn die Beklagte in diesem Zusammenhang einwendet, sie habe bestimmte Unterlagen, (zu I) 3 Seiten handschriftliche statische Vorberechnung, zu j) 5 Seiten statische Berechnung für zwei Stahlträger) nicht erhalten, so hat dies auf die Richtigkeit der Berechnung keine Auswirkung Zum einen hatte der Sachverständige offensichtlich die unter j) aufgeführten Unterlagen gerade nicht werterhöhend berechnet, weil die statischen Positionen nicht zuzuordnen waren (vgl. A 1/4 des Gutachtens). Hinsichtlich der Position i) ist anzumerken, dass die Aushändigung von Unterlagen des Architekten oder Tragwerksplaners auf die Fälligkeit des Honorars gemäß § 8 HOAI keine Auswirkung hat. Dort wird nur verlangt, dass die Leistung vertragsgemäß erbracht und eine prüffähige Honorarschlussrechnung überreicht worden ist. Eine Abnahme oder Übergabe der Leistungen ist gerade nicht erforderlich. Wenn die Beklagte also die fehlende Aushändigung von bestimmten Unterlagen beanstandet, hatte sie daraus die entsprechenden rechtlichen Konsequenzen ziehen müssen. Die Feststellungen des Sachverständigen zur Bewertung der erbrachten Leistungen kann sie jedenfalls damit nicht erschüttern. Die von dem Sachverständigen ermittelten anrechenbaren Kosten für den Neubau in Höhe von 2.066.310,00 DM und für den Altbau in Höhe von 1.850.000,00 DM sind nicht zu beanstanden. Allerdings war dem Einwand der Beklagten nachzugehen, dass der Sachverständige bei der Ermittlung der anrechenbaren Kosten sich nicht an die Vorgaben des § 62 Abs. 4 HOAI gehalten hat. Danach sind anrechenbare Kosten bei Gebäuden und zugehörigen baulichen Anlagen 55 % der Kosten der Baukonstruktionen und besonderen Baukonstruktionen (DIN 276, Kostengruppen 3.1 und 3.5.1) und 20 % der Kosten der Installationen und besonderen Installationen (DIN 276, Kostengruppen 3.2 und 3.5.2). Der Sachverständige hat in seinem ergänzenden Gutachten vom 17. Mai 2000 dazu festgestellt, dass eine Kostenberechnung, die der Beklagten obliegt, und nach der die anrechenbaren Kosten gemäß § 62 Abs. 4 ermittelt werden können, nicht vorliegt. Insbesondere die von der Beklagten dem Kläger übergebenen Unterlagen über die Schätzkosten (I/65 ff) sowie die zum Teil nicht mit diesen übereinstimmende Ermittlung auf der Grundlage der Kostenschätzung vom 28.1.1994 (II/82 ff.) sind unzureichend. Wenn demnach der Sachverständige eigenständige Ermittlungen zur Kostenberechnung nicht aufstellen kann, ist es legitim, dass er sich hilfsweise auf die Rechtsvorschriften zur Ermittlung der Gebühren für die Prüfingenieure beruft. Der Sachverständige hat demzufolge zu Recht zur Ermittlung der anrechenbaren Kosten die Tabelle der Rohbauwerte der Baugebührenordnung des Landes Mecklenburg-Vorpommern für die Prüfingenieure für Baustatik zugrunde gelegt. Dabei hat er auch den Bauzeitpunkt des Streitobjektes (1994/1995) zugrunde gelegt. Da die Ermittlung der anrechenbaren Kosten nicht Aufgabe des Klägers sondern in den Verantwortungsbereich der Beklagten gehört, sind Einwände gegen die festgestellten anrechenbaren Kosten und gegen die Berechnungsart nur dann ausreichend wenn die Beklagte auf Grund eigener Berechnung im Sinne von § 62 Abs. 4 HOAI nachvollziehbar darlegt, dass die von dem Kläger ermittelten Kosten unzutreffend sind. Dies ist hier nicht geschehen so dass die Einwände der Beklagten unbegründet sind. Soweit der Kläger einwendet, als anrechenbare Kosten für den Neubau seien nicht 2.066.310,00 DM, sondern wie von ihm nachvollziehbar und nachprüfbar geschätzt 2.150.000,00 DM zugrunde zu legen, kann dem nicht gefolgt werden. Denn der Gutachter hat überzeugend und nachvollziehbar - und auch insoweit vom Kläger nicht angegriffen - einen im Ergebnis verhältnismäßig geringfügigen geringeren Betrag errechnet. Schließlich ist dem Sachverständigen auch dann zu folgen, dass er als maßgebende Honorarzone im Sinne von § 63 HOAI für den Neubau die Honorarzone IV und für den Altbau die Honorarzone III zugrunde gelegt hat. Zu den Beanstandungen der Beklagten im Zusammenhang mit der Honorarzone IV (Neubau) hat der Sachverständige in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 17. Mai 2000 überzeugend ausgeführt, dass unter anderem die Pfahlgründung neben den Senkrechten durch horizontale Lasten aus Wind und Lotabweichung sowie aus Erddrücken belastet wird, so dass eine schwierige ebene (Honorarzone IV) oder räumliche (ebenfalls Honorarzone IV) Pfahlgründung erforderlich wird. Soweit die Beklagte hierzu eine abweichende Auffassung vertritt (Schriftsatz vom 11. September 2000, S. 3 ff, II/237 f.), ist dem nicht zu folgen. Das Gericht hält die Ausführungen des Sachverständigen für überzeugend und ausreichend, so dass eine weitere Beweisaufnahme (Sachverständigengutachten) dazu nicht in Betracht kommt.

III. Abrechnung

Insgesamt steht dem Kläger folgendes Honorar zu:

Erbrachte Leistungen gemäß § 64 HOAI:

Neubau Altbau Entwurfsplanung (§ 64 Abs. 1 Nr. 3) 10,5 3 Honorarzone gem. § 63 HOAI IV III anrechenbare Kosten gem. § 62 HOAI 2.066.310 DM 1.850.000 DM Honorar gem. Honorartafel § 65 HOAI: Grundhonorar Neubau: 1.45.044,48 DM x 10,5 % = 15.229,67 DM Grundhonorar Altbau: 107 229,00 DM x 3 % = 3.216,87 DM Umbauzuschlag (20 %) = 643,37 DM Gesamthonorar Neubau und Altbau 19.089,90 DM zzgl. 15% MWSt. 2.863,49 DM Summe 21.953,39 DM

B. Kosten für die Ermittlung der anrechenbaren Kosten

Neben dem Gesamthonorar schuldet die Beklagte dem Kläger noch die Aufwendungen im Zusammenhang mit der Ermittlung der anrechenbaren Kosten gemäß Rechnung des Dipl.-Ing. H L vom 14. Mai 1998. Dies sind 8.756,78 DM. Die Beklagte war verpflichtet, dem Ersuchen des Klägers auf Übermittlung der anrechenbaren Kosten rechtzeitig nachzukommen.

Dies ist trotz Aufforderung unterblieben. Dabei handelt es sich um die Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht aus dem zwischen den Parteien geschlossenen streitgegenständlichen Vertrag.

C. Nebenentscheidungen

Der Zinsanspruch des Klägers beschrankt sich auf den zum Zeitpunkt des Verzuges geltenden gesetzlichen Zinssatzes von 4 % (§§ 284, 288 BGB) Einen höheren Schaden hat der Kläger mit den in diesem Zusammenhang überreichten Unterlagen nicht dargetan.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 515 Abs. 3 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in den §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 713 ZPO. Die Festsetzung der Beschwer hat ihre Grundlage in § 546 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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