Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 21.12.2001
Aktenzeichen: 4 U 6287/00
Rechtsgebiete: AGBG


Vorschriften:

AGBG § 9
Die einer Bank nach den formularmäßigen Darlehnsbedingungen eingeräumte Befugnis, dem Darlehnsnehmer (nur) den Händlereinkaufswert ohne Mehrwertsteuer zu vergüten, wenn sie von ihrem Sicherungseigentum durch Ansichnahme des sicherungsübereigneten Fahrzeugs Gebrauch macht, stellt eine unangemessene Benachteiligung des Darlehnsnehmers dar (§ 9 AGBG), die aber dadurch hinreichend ausgeglichen wird, daß der Darlehnsnehmer diese Art der Verwertung abwenden kann, wenn er unverzüglich nach Rücknahme - die erst nach einer Androhung unter Fristsetzung erfolgen darf - einen anderen Abnehmer benennt, der das Fahrzeug zu einem höheren Erlös abzunehmen bereits ist.
KAMMERGERICHT Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 4 U 6287/00

Verkündet am 21. Dezember 2001

hat der 4. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 18. Dezember 2001 durch die Vorsitzende Richterin am Kammergericht Uerpmann als Einzelrichterin für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das am 19. Mai 2000 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 26 O 31/00 - teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 7.892,94 DM nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank seit dem 13. März 1998 bis 31. Dezember 1998 sowie 5 % über dem jeweiligen Basissinsatz (§ 1 DÜG) seit dem 1. Januar 1999 nebst 414,00 DM Zinsen zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 74 % und der Beklagte zu 26 % zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Wert der Beschwer übersteigt für keine Partei 60 000,00 DM.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen (§ 543 Abs. 1 ZPO).

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat teilweise Erfolg. Der Beklagte kann dem Darlehnsanspruch der Klägerin einen Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung entgegensetzen.

1. Das Landgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung, der das Gericht folgt, weshalb insoweit auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen wird (§ 543 Abs. 1 ZPO), angenommen, daß die Parteien wirksam einen Darlehnsvertrag geschlossen haben, der nicht gemäß § 138 BGB wegen Sittenwidrigkeit oder wegen Verstoßes gegen § 115, §§ 117, 119 GewO nichtig ist und dessen Darlehnsbetrag auch bestimmungsgemäß ausgezahlt worden ist. Der Vortrag des Beklagten im Berufungsverfahren rechtfertigt keine andere Entscheidung. Darauf, daß der Beklagte keinen Kontakt zur Klägerin bzw. deren Mitarbeiter hatte, sondern er ausschließlich mit seinem Arbeitgeber und dessen Verkaufsangestellten zu tun hatte, kommt es nicht an. Dadurch, daß sich die Klägerin als Kreditgerber bei der Vorbereitung und dem Abschluß des Kreditvertrages der Mitwirkung des Verkäufers bedient hat, ist der Vertrag als verbundenes Geschäft im Sinne des Verbraucherkreditgesetzes (§ 9 Abs. 1 VerbrKrG) einzuordnen. Das ändert nichts daran, daß der Arbeitgeber des Beklagten nicht an dem Geschäft der Klägerin beteiligt ist im Sinne des § 119 GewO. Dafür, daß der Arbeitgeber des Beklagten auf die Entschließungen der Klägerin in einer Weise Einfluß nehmen könnte, daß diese dem Beklagten als eine Art verlängerter Arm seines Arbeitgebers gegenübergestanden hätte, in welchem Fall eine Beteiligung in diesem Sinne anzunehmen wäre (vgl. BGH AP Nr. 3 zu § 115 GewO, Seite 703), findet sich kein Anhaltspunkt.

2. Der Darlehnsrückzahlungsanspruch besteht jedoch nicht in der von der Klägerin berechneten Höhe.

a) Auszugehen ist von einer Hauptforderung von 49.683.72 DM. die sich aus der Forderungsaufstellung der Klägerin (Anlagen K 4 a und b zur Klageschrift (Bl. I, 21, 22 d.A.) nach Abzug der zurückgenommenen Rücklastschriftgebühren in Höhe von 52,50 DM errechnet. Berechtigt sind des weiteren entgegen der Ansicht des Beklagten die Kosten des Gutachtens der DEKRA vom 5. Februar 1998 in Höhe von 209,22 DM, (Rechnung vom 5.2.98 (Anlage K 6, Bl. 32 d.A.), da die Klägerin nach dem Darlehnsvertrag und ihren Allgemeinen Darlehensbedingungen (7.1, Anlage K 3, Bl. I, 18 d.A.) berechtigt war, den Wert des ihr sicherungsübereigneten Fahrzeuges durch einen Sachverständigen feststellen zu lassen. Die Klägerin war zur Verwertung berechtigt, nachdem der Beklagte seit Oktober 1997 nichts mehr gezahlt hat, sondern den PKW bereits vor Fälligkeit der letzten Rate durch Ablieferung bei der R GmbH & Co KG in den Einflußbereich der Klägerin und damit dieser übergeben hat. Angesichts des Verhaltens des Beklagten ist es unschädlich, daß die Klägerin bereits vor Fälligkeit der letzten Raten den Gutachter bestellt hat; denn der Beklagte hat mit der Rückgabe zu erkennen gegeben, daß er keine Zahlungen mehr leisten wird.

b) Hiervon abzusetzen ist jedoch nicht nur der Betrag von 21.826,09 DM, den die Klägerin durch die Veräußerung des Fahrzeugs an die Richard S & Co KG (nachfolgend S KG) als Nettoeinkaufswert erhalten hat, sondern insgesamt ein Betrag von 42.000,-- DM. Die restliche Darlehnsforderung beträgt deshalb nur noch (49.683,72 + 209,22 - 42.000,00 =) 7.892,94 DM.

Die Klägerin hat gegen die ihr obliegenden Pflichten verstoßen, als Sicherungsnehmer das Sicherungsgut bestmöglich zu verwerten (vgl. BGH NJW 2000, 352, OLG Düsseldorf, NJW-RR 1990, 1073 jeweils m.w.N.), als sie den PKW zum Händlereinkaufswert netto abgegeben hat.

aa) Allerdings ist die Klägerin nach dem formularmäßigen Darlehnsvertrag berechtigt, dann, wenn sie von ihrem Sicherungseigentum durch Ansichnahme des Fahrzeugs Gebrauch macht, dem Darlehnsnehmer (nur) den Händlereinkaufswert ohne Mehrwertsteuer zu vergüten. Eine darin liegende unangemessene Benachteiligung des Darlehnsnehmers (§ 9 AGBG) wird durch die in den - im Darlehnsvertrag in Bezug genommene - Nr. 7.1 der Allgmeinenen Darlehnsbedingungen (Anlage K 3, Bl. I, 18 d. A.) hinreichend ausgeglichen, wonach der Darlehnsnehmer diese Art der Verwertung dadurch abwenden kann, daß er "der Bank unverzüglich nach Rücknahme des Fahrzeuges einen anderen Abnehmer, der das Fahrzeug zu einem höheren Erlös abzunehmen bereit ist", benennt. Angesichts dessen, das des weiteren dem Darlehnsnehmer die Verwertung zuvor unter einer 14 tägigen Fristsetzung angedroht werden muß, verbleibt ihm hinreichend Zeit, einen anderen Abnehmer zu finden, der einen höheren Erlös zu zahlen bereit ist als den Händlereinkaufspreis ohne MwSt. Zu verlangen ist aber, daß der Sicherungsgeber/Darlehnsnehmer bei der Androhung der Verwertung unter Fristsetzung von dem Sicherungsnehmer auf dieses Recht klar hingewiesen wird. Nur so kann eine unangemessene Benachteiligung des Kunden ausgeschlossen werden.

Soweit die Klägerin Hinweise mit Schreiben vom 11.02.98 des von ihr eingeschalteten Inkassobüros (Anlage K 9, Bl. 92 d.A.) gegeben hat, sind diese nicht hinreichend, so daß es darauf, ob der Beklagte dieses Schreiben erhalten hat, was er bestreitet, nicht ankommt. So wird in dem Schreiben das Recht, einen Drittkäufer zu benennen, dadurch eingeschränkt, daß zu "bedenken" gegeben wird, daß der Verkaufspreis wesentlich höher sein müsse als der o.g. Einkaufswert (21.826,09), ohne daß erkennbar wird, daß damit lediglich - wie die Klägerin im Rechtsstreit geltend macht - gemeint sei, daß der Drittkäufer einen Bruttopreis an die Klägerin zu zahlen verpflichtet sei (Schriftsatz vom 27.08.2001, Seite 4 (Bl. II, 30 d. A:). Eine Fristsetzung und eine klare Verwertungsandrohung fehlen. Es wird lediglich mitgeteilt, daß "bei Übernahme durch das S GmbH" "der im Gutachten genannte Einkaufswert in Höhe von DM 21.826,09 gutgeschrieben" werde. Eine Frist bis zum 04.03.98 ist nur dafür genannt, daß noch eine Herausgabe des Fahrzeugs an den Beklagten gegen Zahlung "des Gesamtbetrages in Höhe von 52.108,78 DM" möglich ist. Eine Fristsetzung war im vorliegenden Fall auch nicht deshalb entbehrlich, weil der Beklagte das Fahrzeug - durch Frau H bei der S KG abgeliefert hat, denn damit hat sich der Beklagte nicht bereits mit jeder Art der Verwertung einverstanden erklärt.

Es ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, daß im Falle einer hinreichenden, den genannten Anforderung entsprechenden Belehrung der PKW für 42.000,00 DM in einer Weise hätte veräußert werden können, daß der gesamte Verkaufserlös auf die Darlehnsforderung hätte gutgebracht werden können.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, daß die Zeugin Frau H den PKW erwerben wollte und dies für einen Betrag von höchstens 42.000,00 DM durch ihren Ehemann auch getan hätte, wenn ihr dies ermöglicht worden wäre. Die Zeugin hat glaubhaft bekundet, daß sie sich mit ihrem Mann dahin geeinigt gehabt habe und sie sich beide überlegt hätten, daß sie eine Anzahlung von 20.000,00 bis 25.000,00 DM bar hätten zahlen wollen und den Rest durch einen Kredit. Angesichts einer Abfindung, die der Ehemann der Zeugin erhalten hat (Arbeitsbogen Abfindungsregelung 1996 Bl. II, 26 d.A), ist die Bekundung der Zeugin nachvollziehbar, daß sich die Eheleute diesen Erwerb auch leisten konnten. Darauf, ob die Zeugin als Käuferin auftreten sollte oder ihr Ehemann, kommt es nicht an. Zwar hat die Zeugin bekundet, daß sie es war, die den Z 3 sehr gern besitzen wollte. Das konnte sie jedoch auch dann, wenn der Ehemann als Käufer auftritt und ihn erwerben und seiner Frau zur Verfügung stellen würde, ein Verhalten, das in einer Ehe nicht außergewöhnlich ist. Entgegen der Stellungnahme der Klägerin im Anschluß an die Beweisaufnahme hat die Zeugin nicht nur eine vage Inaussichtnahme eines Kaufes durch ihren Mann bekundet, sondern eine feste Absicht der Eheleute, die die Zeugin durch die Nachfrage bei der Abgabe der Unfallunterlagen versucht hat zu realisieren.

Angesichts dessen ist davon auszugehen, daß der Beklagte die Zeugin bzw. deren Ehemann, mit dem er nach Bekundung der Zeugin befreundet war und bei denen er zeitweise gelebt hat, als Abnehmer des Fahrzeugs benannt hätte, wenn ihm durch die Klägerin eindeutig mitgeteilt worden wäre, daß er einen Käufer benennen kann, der einen höheren Preis zu zahlen bereit ist als 21.826,09 DM und daß sie in 14 Tagen den PKW für den Betrag von 21.826,09 DM an die S KG veräußern würde. Der Verkauf hätte, um eine für den Sicherungsgeber, den Beklagten, bestmögliche Verwertung zu gewährleisten, namens des Beklagten erfolgen müssen, da in diesem Fall der Bruttokaufpreis auf die Darlehnsforderung verrechnet werden kann. Zu einem derartigen Verkauf im Auftrag des Beklagten ist die Klägerin nach Nr. 7.1. ihrer Allgemeinen Darlehnsbedingungen (Anlage K3, Bl. I, 18 d.A.) ausdrücklich berechtigt.

bb) Unabhängig davon haftet die Klägerin aber auch deshalb auf Schadensersatz, weil sie sich das Verhalten der S KG nach der Rückgabe des Fahrzeuges zurechnen lassen muß (§ 278 BGB) und ein Verkaufserlös von 42.000,00 DM dadurch vereitelt worden ist, daß die S KG der Zeugin als Kaufpreis 47.000,00 DM genannt und einen Verkauf zu 42.000,00 DM abgelehnt hat Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme war die Zeugin - wie dargestellt - mit ihrem Ehemann einig, daß sie für 42.000,00 DM kaufen wurden Wie die Zeugin glaubhaft bekundet hat, ist sie nach Rückgabe des Fahrzeugs zunächst zur Neuwagen-Verkaufsstelle gegangen und dort an den Gebrauchtwagenhändler verwiesen worden. Dort ist ihr nach ihrer Bekundung durch den dort Anwesenden nach einem Anruf gesagt worden, daß der PKW in dem Zustand, in dem er sei, 47.000,00 DM kosten würde, für 42.000,00 DM nicht verkauft werde. Diese Äußerung führte dazu, daß es nicht zu einer Veräußerung an die Zeugin bzw. ihren Ehemann gekommen ist, denn beide haben sich im Anschluß an diese Preisangabe dahin geeinigt, daß sie 42.000,00 DM zahlen wurden, einen Preis, den die Zeugin nach ihrer Bekundung auch bereits der S KG zuvor genannt hatte. Darauf, daß die Zeugin in der Beweisaufnahme nicht den Namen desjenigen nennen konnte, der als Gebrauchtwagenhändler mit ihr verhandelt hat, kommt es nicht an. Es war jemand, daß sich in dem dafür vorgesehenen Bereich bei der S KG befand und der sich durch ein Telefonat sachkundig gemacht hat. Seine Angaben durfte die Zeugin als für die S KG verbindlich annehmen.

Die S KG hat damit gegen die der Klägerin nach dem Vertrag obliegenden Verpflichtung verstoßen, zu ermöglichen, daß der Beklagte einen Drittabnehmer benennt, wenn dieser einen höheren Preis zu zahlen bereit ist als den Nettohändlereinkaufspreis.

Die Klägerin muß sich dieses Verhalten der S KG zurechnen lassen. Sie hat das Autohaus nicht nur bei Entgegennahme des Darlehnsantrages einschaltet sondern dies - so wie die Rückabwicklung geschehen ist - auch im Zusammenhang mit der Verwertung des Sicherungseigentums getan. Die S KG hat den PKW entgegengenommen und es ist nicht ersichtlich, wieso sie dies im Zusammenhang mit dem - voll abgewickelten - Kaufvertrag getan haben könnte. Es ging allein noch um den Darlehnsvertrag und um die Verwertung des Sicherungsguts durch die Sicherungseigentümerin, die Klägerin. Für diese ist damit die KG als Erfüllungsgehilfin (§ 278 BGB) tätig geworden sein. Sie hat ersichtlich die Klägerin über die Hereinnahme des Fahrzeugs unterrichtet, wie in der weiteren Entwicklung zum Ausdruck kommt, nämlich der zügigen Beauftragung der DEKRA und dem nachfolgenden Verwertungsbeginn mit Schreiben des Inkassodienstes vom 11.02.98 (Anlage K 9, Bl. 92 d.A.).

c) Der in dem DEKRA-Gutachten für ausstehende Reparaturen mit 8.082,00 DM angegebene Betrag ist nicht zusätzlich abzusetzen. Es ist nicht erkennbar, daß im Falle einer Veräußerung wie dargestellt zusätzlich zu den 42.000,00 DM dieser Betrag für die Tilgung des Darlehns zur Verfügung gestanden hätte.

Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 284, 286 BGB, § 11 Abs. 1 VerbrKrG.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 269 Abs. 3, 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 546 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück