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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 21.11.2008
Aktenzeichen: 4 Ws 24/08
Rechtsgebiete: JGG, StrEG, StPO


Vorschriften:

JGG § 47 Abs. 1 Nr. 2
JGG § 71 Abs. 2
JGG § 71 Abs. 4
StrEG § 6 Abs. 2
1. Jede verfahrensbeendende Entscheidung muss einen Ausspruch über eine Entschädigung enthalten, wenn im Laufe des Verfahrens eine freiheitsentziehende Maßnahme angeordnet worden war.

2. Auch die einstweilige Unterbringung nach § 71 Abs. 2, Abs. 4 JGG stellt eine entschädigungspflichtige Strafverfolgungsmaßnahme dar, jedenfalls wenn sie auch zur Vermeidung von Untersuchungshaft und zur Verfahrenssicherung erfolgte.

3. Das Beschwerdegericht prüft bei der Anwendung § 6 Abs. 2 StrEG nur das Vorliegen von Ermessensfehlern und ist an die tatsächlichen die Hauptentscheidung tragenden Feststellungen und die rechtliche Bewertung des Tatrichters gebunden.

4. § 6 Abs. 2 StrEG ist auch bei einer Einstellung nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 JGG grundsätzlich anwendbar. Meint das Tatgericht, die - rechtmäßig angeordnete- einstweilige Unterbringung habe sich bei dem früheren Angeklagten als erzieherisch wirksam erwiesen, ist eine Anwendung des § 6 Abs. 2 StrEG nicht zu beanstanden.


KAMMERGERICHT

Beschluss

Geschäftsnummer: 1 AR 382/08 - 4 Ws 24/08

In der Strafsache gegen

wegen versuchten Mordes u.a.

hat der 4. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 21. November 2008 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der ehemaligen Angeklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 15. Januar 2008 wird verworfen.

Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten ihres Rechtsmittels. Von einer Anwendung des § 74 JGG wird abgesehen.

Gründe:

Die Staatsanwaltschaft Berlin hat der Beschwerdeführerin mit Anklage vom 17. Oktober 2006 zur Last gelegt, gemeinsam mit fünf weiteren, zwischenzeitlich rechtskräftig verurteilten Personen, u.a. ihrer älteren Schwester und ihrer Mutter, versucht zu haben, ihren Vater zu ermorden. Aufgrund Beschlusses des Amtsgerichts Tiergarten vom 17. Mai 2006 ist die Beschwerdeführerin in dieser Sache vom 17. Mai 2006 bis zum 27. März 2007 gemäß §§ 72 Abs. 1, 2, 4, 71 Abs. 2 JGG einstweilig untergebracht gewesen in der Jugendhilfeeinrichtung der EJF-Lazarus gAG Frostenwalde in 16306 Hochenselchow-Groß Pinnow. Am 27. März 2007 hat das Landgericht Berlin den Unterbringungsbeschluss aufgehoben und die Beschwerdeführerin aus der Jugendhilfeeinrichtung entlassen. Am 31. Mai 2007, dem zehnten Tag der Hauptverhandlung, hat das Landgericht Berlin mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft das Verfahren, soweit es die Beschwerdeführerin betraf, gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 JGG eingestellt, da die aufgrund des Unterbringungsbefehls des Amtsgerichts Tiergarten vom 17. Mai 2006 erlittene Freiheitsentziehung eine Entscheidung durch Urteil entbehrlich mache. Eine Entscheidung hinsichtlich einer Entschädigung für vollzogene Strafverfolgungsmaßnahmen hat das Landgericht hierbei nicht getroffen. Den Antrag der Beschwerdeführerin vom 20. August 2007, sie für ihre einstweilige Unterbringung vom 17. Mai 2006 bis zum 27. März 2007 vollständig, hilfsweise teilweise zu entschädigen, hat das Landgericht Berlin mit Beschluss vom 15. Januar 2008 zurückgewiesen.

Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde der ehemaligen Angeklagten ist zulässig, § 8 Abs. 3 Satz 1 StrEG, aber nicht begründet. Das Landgericht hat der Beschwerdeführerin zu Recht eine Entschädigung vollständig versagt, § 6 Abs. 2 StrEG.

1. Allerdings hat das Landgericht, als es das Verfahren gegen die Beschwerdeführerin mit Beschluss vom 31. Mai 2007 eingestellt hat, eine Entscheidung über die Entschädigung für ihre einstweilige Unterbringung versehentlich unterlassen. Denn über die Verpflichtung zur Entschädigung ist stets in der das Verfahren abschließenden Entscheidung zu befinden, wenn im Verlauf des Verfahrens eine entschädigungspflichtige Maßnahme nach § 2 StrEG angeordnet und vollzogen worden war, § 8 Abs. 1 Satz 1 StrEG, hier also bereits in dem Einstellungsbeschluss nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 JGG, bei dem es sich nicht um eine vorläufige, sondern um eine endgültige Einstellung handelt, da die erzieherischen Maßnahmen, im Hinblick derer das Verfahren eingestellt worden ist, bereits durchgeführt worden waren (vgl. Eisenberg/Reuther ZKJ 2006, 491, 492; OLG Nürnberg, NJW 2006, 1826/1827). Das Landgericht hat die Entschädigungsentscheidung jedoch in rechtlich zulässiger Weise in dem angefochtenen Beschluss vom 15. Januar 2008 nachgeholt. Die Nachholung der gebotenen, aber versehentlich unterlassenen Entscheidung über die Entschädigung ist zulässig (OLG Düsseldorf NJW 1999, 2830; OLG Nürnberg a.a.O.; Schätzler/Kunz, StrEG 3. A., § 8 Rdnr. 28 f.; Meyer-Goßner, StPO 51. A., § 8 StrEG Rdnr. 7; a.A. Meyer, StrEG 8. A., § 8 Rdnr. 24 ff.), da in § 8 Abs. 1 Satz 2 StrEG - wenn auch für einen Sonderfall - ein gesondertes Beschlussverfahren ausdrücklich vorgesehen ist und der Umstand, dass die verfahrensbeendete Entscheidung über die Frage der Entschädigung schweigt, keine (konkludente) Ablehnung bedeutet; vielmehr ist stets eine ausdrückliche - zuerkennende oder absprechende - Entschädigungsentscheidung erforderlich.

2. Die gegen die Beschwerdeführerin vollzogene einstweilige Unterbringung stellt eine entschädigungsfähige Strafverfolgungsmaßnahme dar, § 2 Abs. 2 Nr. 1 StrEG. Das Amtsgericht Tiergarten hat in dem Beschluss vom 17. Mai 2006 den Vollzug der einstweiligen Unterbringung in einem Heim der Jugendhilfe sowohl auf § 72 Abs. 4 JGG als auch auf 71 Abs. 2 JGG gestützt und damit auch anstelle von Untersuchungshaft angeordnet. Es hat nicht allein darauf abgestellt, dass die Angeklagte durch die einstweilige Unterbringung aufgrund der in der Tat zum Ausdruck gekommenen Erziehungsdefizite vor einer weiteren Gefährdung ihrer Entwicklung bewahrt werden soll, sondern auch darauf, dass Fluchtgefahr besteht. Die einstweilige Unterbringung der Angeklagten sollte den Zweck der Verfahrenssicherung mit den erzieherischen Zielen des Jugendstrafverfahrens verbinden und diente zugleich dem Schutz der Jugendlichen sowie der Vorbeugung neuer Straftaten. Trotz dieser unterschiedlichen Zwecke und abweichender Vollzugsformen handelt es sich daher um Freiheitsentzug, der entschädigungsrechtlich dem Vollzug von Untersuchungshaft gleichzustellen ist (Schätzler/ Kunz, a.a.O., § 2 Rdnr. 44; Meyer-Goßner, a.a.O., § 2 StrEG Rdnr. 4; Eisenberg GA 2004, 385, 386). Daher kann hier dahin gestellt bleiben, ob - wie es teilweise vertreten wird (Meyer, a.a.O., § 2 Rdnr. 39) - eine auf § 71 Abs. 2 JGG gestützte einstweilige Unterbringung nach § 2 StrEG nicht entschädigungsfähig ist; denn nur in den Fällen, in denen die einstweilige Unterbringung ausschließlich auf § 71 Abs. 2 JGG beruht und die Unterbringung nicht als Untersuchungshaft vollzogen worden ist, ist nach dieser Meinung eine Entschädigungsfähigkeit ausgeschlossen.

3. Die Entscheidung des Landgerichts, der Beschwerdeführerin für die vollzogene Unterbringung in einer Jugendhilfeeinrichtung nach § 6 Abs. 2 StrEG Entschädigungsleistungen zu versagen, ist rechtlich nicht zu beanstanden.

a) Der Senat ist als Beschwerdegericht an die tatsächlichen Feststellungen, auf denen die Hauptentscheidung beruht und welche diese tragen, gebunden, §§ 8 Abs. 3 Satz 2 StrEG, 464 Abs. 3 Satz 2 StPO. Denn die tatsächlichen Grundlagen der das Verfahren abschließenden Entscheidung sollen nicht nur wegen einer Annexentscheidung neu geprüft und dadurch möglicherweise infrage gestellt werden können. Dem Beschwerdegericht ist es verwehrt, Nachprüfungen darüber anzustellen, ob das Gericht die tatsächlichen Feststellungen rechtlich richtig gewürdigt und/oder ob es bei zutreffender rechtlicher Würdigung eine andere Rechtsfolge angeordnet hätte (KG GA 1987, 405; OLG Frankfurt NJW 1978, 1392; OLG Frankfurt NStZ-RR 1996, 286; OLG Nürnberg NStZ-RR 1997, 189; Meyer, a.a.O., § 8 Rdnr. 54; Schätzler/Kunz, a.a.O., § 8 Rdnr. 59 f.). Der Senat hat daher nicht zu prüfen, ob die Entscheidung nach § 47 Abs. 1 JGG zu Recht ergangen ist. Vielmehr steht bindend fest, dass das Verfahren in zulässiger und rechtmäßiger Weise gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 JGG eingestellt worden ist, weil die aufgrund des Unterbringungsbefehls des Amtsgerichts Tiergarten vom 17. Mai 2006 erlittene Freiheitsentziehung eine Entscheidung durch Urteil entbehrlich machte. Soweit die Beschwerdeführerin vorbringt, es habe zum Zeitpunkt der Verfahrenseinstellung keine Schuldspruchreife bestanden, in der Hauptverhandlung seien keine tatsächlichen Feststellungen getroffen worden, die ihre Verurteilung ermöglicht hätten und schließlich wäre eine Verurteilung aus zwingenden rechtlichen Gründen nicht möglich gewesen, kann sie damit im Beschwerderechtszug nicht gehört werden. Im Übrigen wären diese Einwendungen auch unbegründet, da eine Verfahrenseinstellung nach § 47 Abs. 1 JGG eine Schuldspruchreife nicht voraussetzt; vielmehr ist eine Verfahrenseinstellung nach dieser Vorschrift sogar vor Durchführung der Hauptverhandlung möglich.

b) § 6 Abs. 2 StrEG ermöglicht die Versagung einer Entschädigung für eine Freiheitsentziehung bei Anwendung von Jugendstrafrecht, sofern das Gericht die erlittene Freiheitsentziehung bei seiner Entscheidung berücksichtigt. Die Vorschrift beruht auf demselben Grundgedanken wie § 5 Abs. 1 Nr. 2 StrEG und geht dieser Vorschrift als speziellere Regelung vor (Meyer, a.a.O., § 6 Rdnr. 38; Eisenberg/Reuther, a.a.O.). Der Sache nach handelt es sich um eine faktische formlose Anrechung des Freiheitsentzugs auf die erkannte jugendrechtliche Sanktion. Im Bereich des Jugendstrafrechts kann der Richter statt Jugendstrafe Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel verhängen oder er kann von einer an sich verwirkten Sanktion absehen, wenn ihr Zweck bereits erreicht ist. § 6 Abs. 2 StrEG ermöglicht es dem Jugendrichter, anders als im Erwachsenenstrafrecht - und ähnlich wie im Kostenrecht, § 74 JGG - flexibler und unter Beachtung erzieherischer Gesichtspunkte über die Anrechnung von Freiheitsentzug zu entscheiden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2005, 2 BvR 28/05).

c) Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist § 6 Abs. 2 StrEG im Falle einer gerichtlichen Einstellung nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 JGG grundsätzlich anwendbar (vgl. BVerfG a.a.O.; Meyer, a.a.O., § 6 Rdnr. 38; Schätzler/Kunz, aaO, § 6 Rdnr. 37; Eisenberg GA 2004, S. 385, 388; Eisenberg/Reuther, a.a.O.). Nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 JGG ist die gerichtliche Einstellung eines Verfahrens möglich, wenn eine erzieherische Maßnahme nach § 45 Abs. 2 JGG, die eine Entscheidung durch Urteil entbehrlich macht, bereits durchgeführt oder eingeleitet ist. Die einstweilige Unterbringung der Beschwerdeführerin in einem Heim der Jugendhilfe wurde nicht nur zur Verfahrenssicherung und Vermeidung von Untersuchungshaft nach § 72 Abs. 4 JGG angeordnet, sondern, wie oben bereits ausgeführt, auch nach § 71 Abs. 2 JGG zur Erreichung erzieherischer Zwecke. Sie stellte daher (auch) eine erzieherische Maßnahme dar, so dass einer Anwendung des § 6 Abs. 2 StrEG nichts entgegensteht. Abgesehen davon ist es auch nicht von vornherein ausgeschlossen, dass der Vollzug von Untersuchungshaft zu einem erzieherischen Erfolg führt; denn dieser soll erzieherisch gestaltet werden (§ 93 Abs. 2 JGG) und kann daher zu erzieherischen Wirkungen führen.

d) Die Entscheidung des Landgerichts, der Beschwerdeführerin Entschädigungsleistungen für die erlittene einstweilige Unterbringung nach § 6 Abs. 2 StrEG vollständig zu versagen, ist ermessensfehlerfrei begründet und weist keine Rechtsfehler auf. Die Kammer stellt in dem angefochtenen Beschluss maßgeblich darauf ab, dass die etwa zehnmonatige Dauer der einstweiligen Unterbringung auf die Beschwerdeführerin ausreichend erzieherisch gewirkt habe und deshalb ihre Verurteilung entbehrlich gewesen sei. Zur Zeit der Einstellungsentscheidung sei die Beweisaufnahme an zehn Tagen durchgeführt worden und hinsichtlich der der Beschwerdeführerin zur Last gelegten Tat abgeschlossen gewesen, es habe bereits Schuldspruchreife bestanden. Die Beschwerdeführerin habe sich einer Beihilfe zum versuchten Mord schuldig gemacht.

Der Senat hält daran fest, dass er als Rechtsmittelgericht aufgrund der Bindungswirkung auf der Grundlage des StrEG getroffene Ermessenentscheidungen des Tatgerichts nur auf Ermessensfehler überprüfen und nicht sein eigenes Ermessen an Stelle des Ermessens des Tatgerichts setzen kann (vgl. Senat, Beschluss vom 23. Januar 2002, 4 Ws 12/02, zu § 3 StrEG; OLG Frankfurt NStZ-RR 1996, 62 und 286; Meyer, a.a.O., § 3 Rdnr. 47; a.A. Schätzler/Kunz, a.a.O., § 8 Rdnr. 66). Dies gilt hier im besonderen Maße, da dem Tatgericht sowohl bei der Einstellung des Verfahrens nach Jugendstrafrecht als auch bei der Entschädigungsentscheidung nach § 6 Abs. 2 StrEG, die hiermit in einem engen inneren Zusammenhang steht, ein weiter Ermessensspielraum zusteht (Meyer, a.a.O., § 6 Rdnr. 42). Der Senat hat daher nur zu prüfen, ob die Kammer die gesetzlichen Grenzen des ihr eingeräumten Ermessens überschritten oder ob sie von dem eingeräumten Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Die Begründung des Landgerichts, mit der es der Beschwerdeführerin eine Entschädigung versagt hat, ist noch ausreichend und rechtsfehlerfrei. Das Landgericht hat die etwa zehnmonatige Freiheitsentziehung der Beschwerdeführerin bei der Einstellungs- und Entschädigungsentscheidung sowie die Schwere des Tatvorwurfes, den die Kammer für erwiesen erachtet hat, berücksichtigt. Es war der Ansicht, dass sich die einstweilige Unterbringung bei der ehemaligen Angeklagten als erzieherisch wirksam erwiesen habe, aus diesem Grunde die endgültige Sanktion milder ausfalle und dies auch entschädigungsrechtlich zu berücksichtigen sei. Die Kammer war sich bei ihrer Entscheidung ihres Ermessens bewusst und sie hat ihr Ermessen ausgeübt. Sie hat ihre Entscheidung auf noch ausreichende Tatsachenfeststellungen gestützt, ausreichend und nachvollziehbar begründet, sich von sachgerechten Erwägungen leiten lassen und sich im Rahmen des ihr vom Gesetz eingeräumten Ermessens gehalten. Die Ausführung der Kammer, die Beweisaufnahme sei hinsichtlich des der Beschwerdeführerin zur Last gelegten Tatvorwurfs abgeschlossen gewesen, ist für den Senat bindend. Die seitens der Beschwerde hiergegen erhobenen Einwendungen können daher - wie oben bereits ausgeführt - nicht berücksichtigt werden.

e) Das Ermessen der Kammer war auch nicht auf "Null" reduziert mit der Folge, dass eine Versagung der Entschädigung nach § 6 Abs. 2 StrEG nicht in Betracht kam.

Zwar käme eine Versagung der Entschädigung nach § 6 Abs. 2 StrEG unter Hinweis auf den erzieherischen Erfolg dann nicht in Betracht, wenn die Anordnung bzw. die Dauer der einstweiligen Unterbringung rechtswidrig gewesen ist (Eisenberg/Reuthe. aaO, S. 492). Die Anordnung der einstweiligen Unterbringung war jedoch rechtmäßig. Die Beschwerdeführerin trägt allerdings zu Recht vor, dass ihre einstweilige Unterbringung durch Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 17. Mai 2006, soweit sie als Untersuchungshaftvermeidung auf § 72 Abs. 1, 2 und 4 JGG gestützt worden ist, nicht ausreichend begründet worden ist, da insbesondere die besonderen Haftgründe des § 72 Abs. 2 JGG nicht durch Tatsachen belegt worden sind. Die einstweilige Unterbringung der Beschwerdeführerin wurde durch das Amtsgericht aber auch auf § 71 Abs. 2 JGG als vorläufige Anordnung über die Erziehung gestützt und insoweit auch rechtsfehlerfrei begründet. Ausweislich der in dem Unterbringungsbeschluss aufgeführten Beweismittel, insbesondere den Angaben des Mitangeklagten bestand ein "gesteigerter hinreichender" Tatverdacht (vgl. Eisenberg, JGG 13. A., § 71 Rdnr. 4, 7) gegen die Beschwerdeführerin, der ihre einstweilige Unterbringung nach § 71 Abs. 2 JGG gerechtfertigt hat. Auch bestand die erzieherische Notwendigkeit, die ehemalige Angeklagte vor weiteren Gefährdungen ihrer Entwicklung zu bewahren. Hiergegen bringt auch die Beschwerde nichts vor.

Schließlich war eine Versagung der Entschädigung auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Unschuld der Beschwerdeführerin feststand. Die Kammer ist vielmehr - für das Beschwerdegereicht bindend - von Schuldspruchreife hinsichtlich der Beschwerdeführerin ausgegangen, was auch mit den Feststellungen in dem Urteil der Kammer gegen die fünf mit der Beschwerdeführerin ursprünglich Mitangeklagten vom 19. Juli 2007 in Übereinstimmung steht. Denn ausweislich der dort getroffenen Feststellungen (UA S. 26 und 27) hat sich die Beschwerdeführerin der Beihilfe zum versuchten Mord strafbar gemacht, als sie die Anstrengungen ihrer älteren Schwester erfolgreich unterstützte, die drei Haupttäter zur Tatbegehung zu bewegen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 473 Abs. 1 Satz 1 StPO, 74 JGG.

Ende der Entscheidung

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