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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 30.01.2004
Aktenzeichen: 5 U 292/03
Rechtsgebiete: UWG, UKlaG, PAngVO, BGB, ZPO


Vorschriften:

UWG § 1
UWG § 3
UWG § 13 Abs. 2 Nr. 3
UWG § 13 Abs. 5
UKlaG § 2 Abs. 3
UKlaG § 4 Abs. 1
PAngVO § 6 Abs. 1
PAngVO § 6 Abs. 2
PAngVO § 6 Nr. 1
BGB § 491 Abs. 2 Nr. 1
BGB § 499 Abs. 3
BGB § 502 Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 308
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 5 U 292/03

verkündet am: 30.01.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Haase und die Richter am Kammergericht Dr. Pahl und Crass auf die mündliche Verhandlung vom 30. Januar 2004

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - das am 9. Juli 2003 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen 97 des Landgerichts Berlin geändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist, soweit der Kläger beantragt hat, der Beklagten unter Androhung der gesetz-lichen Ordnungsmittel zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für Möbel mit Preisen zu werben, die in Raten gezahlt werden können, ohne darauf hinzuweisen, wie hoch der jeweilige effektive Jahreszins ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 3/4 und die Beklagte 1/4 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger wurde zunächst am 14. Dezember 2001 und dann erneut im Spätsommer 2002 in die Liste der qualifizierten Einrichtung im Sinne von § 13 Abs. 2 Nr. 3 UWG i.V.m. § 4 Abs. 1 UKlaG aufgenommen. Mit Bescheid vom 11. Februar 2003 hob das Bundesverwaltungsamt die Eintra-gung in die Liste auf und ordnete auch die sofortige Vollziehbarkeit dieser Entscheidung an. Das Oberverwaltungsgericht in Münster stellte mit Beschluss vom 14. Mai 2003 die aufschiebende Wir-kung des vom Kläger eingelegten Widerspruchs vorläufig wieder her.

Die Beklagte warb für die 9. Kalenderwoche 2002 in einem mehrseitigen Prospekt u.a. wie folgt:

Der Kläger hat die Beklagte mit der am 17. April 2003 zugestellten Klage darauf in Anspruch ge-nommen, es bei Vermeidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für Möbel mit Preisen zu werben, die in Raten gezahlt werden können, ohne darauf hinzuweisen, ob es sich hierbei um Monatsraten handelt, wie hoch der effektive Jahreszins ist, ob eine Anzahlung erforderlich ist und ob eine Finanzierung lediglich vermittelt wird.

Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts Bezug genommen.

Gemäß der angefochtenen Entscheidung hat das Landgericht die Beklagte antragsgemäß ver-urteilt. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Sie hält die Klage jedenfalls nun-mehr für unzulässig, da aufgrund des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 13. Oktober 2003 der Beschluss vom 14. Mai 2003 gegenstandslos geworden sei.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass festgestellt wird, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf den vor-getragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen. Die Akten 97 O 42/02 des Landgerichts Berlin (vorangegangenes Verfügungsverfahren) lagen vor und waren zu Informationszwecken Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II.

Die zulässige Berufung ist überwiegend begründet. Die vom Kläger jetzt nur noch begehrte Fest-stellung kann lediglich ausgesprochen werden, soweit der Beklagten untersagt werden sollte, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für Möbel mit Preisen zu werben, die in Ra-ten gezahlt werden können, ohne darauf hinzuweisen, wie hoch der jeweilige Jahreszins ist.

1. Allerdings nimmt der Kläger zutreffend an, dass der Wegfall der Klagebefugnis im Laufe eines Rechtsstreits ein erledigendes Ereignis sein kann (Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., vor § 13 Rdnr. 277; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., UWG § 13 Rdnr. 22 a), so dass die zulässige Umstellung des Klageantrages auf Feststellung der Erledigung sachgerecht war (vgl. Palandt/Bassenge, BGB, 63. Aufl., UKlaG 4 Rdnr. 11). Die Klagebefugnis des Klägers ist während des Rechtsstreits entfallen. Sie war bei Einreichung der Klage gegeben, fehlte dann in der Zeit zwischen dem 17. April und 13. Mai 2003, um danach, insbesondere bei Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 9. Juli 2003, wieder Bestand zu haben. Der zwischenzeitliche Wegfall der Klagebefugnis schadet nicht, da sie insbesondere zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorhanden war (vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche- und Verfahren, 8. Aufl., Kap. 46 Rdnr. 36 Fn. 80). Hinsichtlich der Klagebefugnis ist lediglich zu prüfen, ob der Kläger in der Liste qualifizierter Einrichtungen beim Bundesverwaltungsamt eingetragen ist oder nicht. Die Eintragung ist konstitutiv. Wer dort nicht eingetragen ist, ist nicht klagebefugt, und wer dort eingetragen ist, ist klagebefugt. Das Prozessgericht hat nicht zu prüfen, ob die Voraussetzungen der Eintragung erfüllt sind (Palandt/Bassenge, aaO, UKlaG 4 Rdnr. 3). Das gilt auch, wenn die Eintragung - wie hier - im Laufe des Prozesses aufgehoben wird (Köhler/Piper, aaO § 13 Rdnr. 26).

2. Der Antrag auf Feststellung der Erledigung ist zulässig, das erforderliche Feststellungsinteresse (§ 256 ZPO) ist gegeben. Der Feststellungsantrag ist jedoch nur dann begründet, wenn die Klage vor Eintritt des erledigenden Ereignisses - Wegfall der Klagebefugnis - zulässig und begründet gewesen ist.

3. Der Klageantrag ist zulässig gewesen. Dem stehen insbesondere § 13 Abs. 5 UWG und § 2 Abs. 3 UKlaG nicht entgegen. Gemäß diesen Vorschriften kann der Anspruch auf Unterlassung nicht geltend gemacht werden, wenn die Geltendmachung unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist, insbesondere, wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Derartiges ist hier nicht ersichtlich. Es bestehen zwar ersichtlich Bedenken gegen die Tätigkeit des Klägers, doch sind die - wie oben ausgeführt - vor dem Verwaltungsgericht zu klären, denn sie betreffen die Eintragung in der Liste der qualifizierten Einrichtungen. Dass der Kläger als "Abmahnverein" im Gebühreninteresse tätig ist, behauptet die Beklagte nicht.

Der Unterlassungsantrag ist auch hinreichend bestimmt, da er in seinen einzelnen Elementen genau umschreibt, was die Beklagte unterlassen soll.

4. Der Feststellungsantrag ist jedoch nur teilweise begründet.

a) Dies gilt hinsichtlich des beanstandeten Fehlens der Angabe der Höhe des effektiven Jahreszinses. Insoweit hat ein Anspruch aus § 1 UWG i.V.m. § 6 Nr. 1 PAngVO bestanden unter dem Aspekt des Vorsprungs durch Rechtsbruch. Die Angabe ist bei Teilzahlungsverkäufen, die eine Kreditierung beinhalten, erforderlich. Sie obliegt dem Kaufmann (Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., PAngVO 6 Rdnr. 7). Von einer Kreditierung ist hier deshalb auszugehen, weil die Teilzahlungen später als nach dispositivem Gesetzesrecht zu erbringen sind (vgl. dazu BGH WRP 1996, 292/293 - "Ausbildungsverträge" für den anders gelagerten Fall des § 614 BGB), denn grundsätzlich ist der Kaufpreis bei Übergabe fällig, also nicht erst 23 Monate später. Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, ist die durch den "Sternchenhinweis" auf der letzten Seite folgende "Aufklärung" unzureichend, da sie das nicht vorliegende Beispiel einer Laufzeit von 48 Monaten zugrunde legt und somit ein unrichtiges Bild vermittelt. Verstöße gegen die Preisangabenverordnung sind grundsätzlich wettbewerbsbezogen (BGH GRUR 2003, 971 - "Telefonischer Auskunftsdienst"). Die herkömmlich in der Fallgruppe des "Vorsprungs durch Rechtsbruch" angestellte Differenzierung zwischen dem Verstoß gegen wertneutrale und werthaltige Normen hat der Bundesgerichtshof aufgegeben. Der Verstoß gegen eine wettbewerbsbezogene Norm indiziert die Wettbewerbswidrigkeit. Der Verstoß berührt auch wesentliche Belange der Verbraucher (§ 13 Abs. 2 Nr. 3 UWG). Das folgt zwar noch nicht zwingend daraus, dass es sich bei § 6 Abs. 1 PAngVO um eine Vorschrift mit verbraucherschützendem Charakter handelt, da auch insoweit bloße Ordnungsvorschriften vorliegen können. Wesentliche Belange der Verbraucher sind jedoch deshalb betroffen, weil die Preisgestaltung mangels Angabe des effektiven Jahreszinses völlig intransparent ist. Die Fallgestaltung ist somit zu unterscheiden von ebenfalls gesetzesverletzenden Preisangaben, bei denen der anzugebende Gesamtpreis letztlich aus den angegebenen Preisbestandteilen unschwer berechnet werden kann (vgl. dazu BGH, Urteil vom 15. Januar 2004 - I ZR 180/01 - "FrühlingsgeFlüge", WRP 2004, 490).

b) Unbegründet ist die Klage jedoch gewesen, soweit der Kläger die Angabe gefordert hat, dass es sich um Monatsraten handelt. Die fehlende Angabe insoweit könnte allerdings gegen § 502 Abs. 1 Nr. 2 BGB verstoßen, der eine solche Angabe in einem Kaufvertrag fordert. Das Weglassen der Angabe ist auch nicht schon durch § 499 Abs. 3 i.V.m. § 491 Abs. 2 Nr. 1 BGB als "Bagatelle" gedeckt. Denn abzustellen ist auf den Barzahlungspreis, der - bei den Teilzahlungsangeboten - 200,-- EUR regelmäßig übersteigt. Die geforderte Angabe braucht aber nicht schon im Angebot - also hier im Prospekt - zu erscheinen, sondern gefordert ist lediglich, dass diese Angabe in der Kaufvertragsurkunde gemacht wird. Somit ist das Fehlen dieser Angabe im Prospekt nicht als gesetzeswidrig einzustufen und kann somit auch nicht wettbewerbswidrig sein. Hinzu kommt noch, dass es für die angesprochenen Verkehrskreise eigentlich selbstverständlich ist, dass es um Monatsraten gehen muss und nicht etwa um Tages- oder Jahresraten. Andere als Monatsraten sind im Möbelhandel ungebräuchlich.

c) Entgegen der Auffassung des Klägers ist auch kein Wettbewerbsverstoß darin zu sehen, dass keine Angaben über die Erforderlichkeit einer Anzahlung gemacht sind. Es kann im Ergebnis dahinstehen, ob dann, wenn eine Anzahlung erforderlich ist, dies in einem Werbeprospekt mitzuteilen ist, denn jedenfalls ist vorliegend ersichtlich keine Anzahlung erforderlich. Dies folgt eindeutig aus Angaben wie "30 Raten à EUR 38,--".Unter diesen Umständen käme man auch dann, wenn man in der fehlenden Angabe einen Verstoss gegen § 6 Abs. 2 PAngVO sehen wollte, zu dem Ergebnis, dass wesentliche Belange der Verbraucher nicht berührt sind.

d) Zu Unrecht hat der Kläger auch darin einen Wettbewerbsverstoß gesehen, dass die Beklagte in dem Prospekt nicht angegeben hat, dass sie den Kredit nur vermittelt. Allerdings ist ihm im Ausgangspunkt Recht zu geben, dass im Verschweigen der bloßen Vermittlereigenschaft eine Irreführung im Sinne des § 3 UWG liegen kann. Es fehlt vorliegend jedoch an einer Aufklärungspflicht. Diese setzt voraus, dass der verschwiegenen Tatsache nach der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise Bedeutung zukommt. Das ist zu verneinen, da der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher inzwischen weiß, dass Kredite beim Teilzahlungskauf über - gegebenenfalls über hauseigene Banken - abgewickelt werden.

e) Soweit das Landgericht in dem angefochtenen Urteil einen Wettbewerbsverstoß darin sieht, dass nicht angegeben wird, dass die Gesamtsumme bei Ratenzahlung den Barpreis übersteigt, hat es übersehen, dass dieser Punkt nicht Gegenstand des Antrags gewesen ist. Das Landgericht ist mithin im Sinne des § 308 ZPO über den Antrag hinausgegangen. Dieser Punkt hat jedoch im landgerichtlichen Tenor keinen Ausdruck gefunden, so dass es nicht darauf ankommt, dass sich der Klägerin insoweit die Ausführungen des Landgerichts zu eigen macht. Denn angesichts der Antragstellung ist dieser Punkt auch unter diesen Umständen nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 i.V.m. § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in den §§ 708 Nr. 10 und 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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