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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 30.07.1999
Aktenzeichen: 5 U 3591/99
Rechtsgebiete: UrhG


Vorschriften:

UrhG § 31 Abs. 4
UrhG § 85 Abs. 1
UrhG § 75 Abs. 2
UrhG § 97 Abs. 1
§ 31 Abs. 4 UrhG § 85 Abs. 1 UrhG § 75 Abs. 2 UrhG § 97 Abs. 1 UrhG

Die Verwertung einer Schallaufnahme auf CD stellt sich als eine im Verhältnis zur Verbreitung auf LP/MC neue Nutzungsart dar, die 1979 noch unbekannt war.

KG Berlin Urteil 30.07.1999 - 5 U 3591/99 - 16.O.31/99 LG Berlin


hat der 5. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bornemann, den Richter am Kammergericht Crass und die Richterin am Landgericht Kingreen auf die mündliche Verhandlung vom 30. Juli 1999 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 23. März 1999 verkündete Urteil der Zivilkammer 16 des Landgerichts Berlin wird auf ihre Kosten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Vollziehung (Zustellung) der einstweiligen Verfügung vom 19. Januar 1999 davon abhängig ist, dass der Antragsteller eine Sicherheit in Höhe von 90.000,00 DM innerhalb einer Frist von einem Monat seit Urteilsverkündung erbringt.

Dem Antragsteller wird nachgelassen, die Sicherheit durch unbefristete, unbedingte, unwiderrufliche, ohne Hinterlegungsvorbehalt erteilte, selbstschuldnerische Bürgschaft der Deutschen Bank AG zu leisten.

Gründe

Der Antragsteller ist Musiker und Tonträgerhersteller und führt den Künstlernamen "E.". Die Antragsgegnerin verwertet Schallaufnahmen des Antragstellers. Sie ist Rechtsnachfolgerin der M. M. GmbH, wobei auch der Antragsteller davon ausgeht, dass auf sie auch die Rechte einer "M. GmbH" übergegangen sind. Die Parteien streiten um die Befugnis der Antragsgegnerin, alte Schallplattenaufnahmen des Antragstellers auf CD-Tonträgern zu verwerten.

Unter dem 18. Juni 1979 schlossen der Antragsteller und die M. GmbH einen Vertrag, demzufolge der Antragsteller der GmbH das Recht übertrug, Schallaufnahmen von ihm auszuwerten, und zwar weltweit exklusiv und zeitlich unbegrenzt in jeder beliebigen Weise.

Auf der Grundlage dieses Vertrages überließ der Antragsteller der Metronome GmbH u. a. die von ihm hergestellten Schallaufnahmen "E. III", an deren Herstellung er auch künstlerisch mitgewirkt hatte und die sich aus elf Einzeltiteln zusammensetzten.

Zwischen dem Antragsteller und der M. GmbH kam es in den Jahren 1984 und 1985 zu einem Schriftwechsel, der die Frage betraf, inwieweit Aufnahmen des Antragstellers auf CD verwertet werden durften. Hinzuweisen ist auf ein Schreiben des Antragstellers vom 3. Oktober 1984, ein Schreiben der M. M. GmbH, das der Antragsteller am 22. Oktober 1985 unterzeichnete und mit einem Anschreiben vom 22. Oktober 1985 übersandte. Die Schreiben haben folgenden Wortlaut:

"09. OKT. 1984

Lieber O.,

hiermit meine schriftliche Bestätigung, daß ich einer Neuauflage des E.-Samplers nicht weiter entgegenstehe.

Die seinerzeit durch die Rechtsanwälte getroffene Vereinbarung betreffs der Lizenzänderung möchte ich durch folgende neue Bedingungen abändern:

Für dem Sampler "Wolkenreise" (Brain 815 378 - 1 ME) rechnet M. an den Produzenten E. pro verkauftem Tonträger 20% vom Netto - Detailpreis auf 100% der Verkäufe ohne jegliche Reduzierungen ab. Gleiches gilt für alle anderen Veröffentlichungen des Materials, z.B. CD's oder Cassetten.

Für neue Projekte, z.B. "Klangträume II" stelle ich Euch gern meine neuen Stücke zur Verfügung. Verhandlungen darüber sind mit ... L. von V. zu führen.

Schöne Grüße,

...."

"25. OKT. 1985

COMPACT DISC

Sehr geehrte(r)

seit zwei Jahren ist der neue Tonträger Compact Disc, kurz "CD" genannt, auf den Markt. Von der Qualität und Transparenz der Tonwiedergabe dieses digitalen Tonträgers haben Sie sich vielleicht schon selbst überzeugen können. Wir sind stolz darauf, daß unsere Firmengruppe zusammen mit Philips dieses neue Medium entwickelt hat und unser Werk in Hannover die erste Fabrik war, die CD's gefertigt hat.

Die CD's haben sich auf dem Markt in stetig wachsender Stückzahl durchgesetzt. Es ist daher naheliegend, daß annehmend auch ältere Analog-Aufnahmen auf CD's (wieder)-veröffentlicht werden. Die Mastering- und Herstellungskosten der CD sind jedoch immer hoch sehr hoch. Sie betragen ein Vielfaches der LP/MC-Fertigung.

Wir möchten Sie daher bitten, unserem Vorschlag zuzustimmen. Ihre Vertragsaufnahmen, soweit sie auf CD ausgewertet werden, auf der Preisbasis der jeweils identischen LP, falls es eine solche nicht gibt, auf der Basis einer vergleichbaren LP aus der gleichen Preiskategorie abrechnen zu können, und zwar unter Berücksichtigung einer Verpackungspauschale wie bei einer LP.

Dürfen wir Sie bitten, zum Zeichen Ihres Einverständnisses die beigefügte.

Zweitschrift dieses Briefes gegengezeichnet zurückzuschicken?

Vielen Dank im voraus und

freundliche Grüßen

M. M. GMBH

..."

"25. OKT. 1985

Hello ...,

thanks for calling me on Tuesday. Here's the signed CD - agreement and my written ratification to your written ratification from SEP 11th, 1985 - okay? And for the files I'll try to do it in my very best German:

HEREMIT BESTATIGE ICH DIE BESTATIGUNG VON M. M. VON DIE LIZENZ VON 17% AUF 100%, BETREFFENS DEM SAMPLER <WOLKENREISE> FUR CD, LP + MC. ICH BIN EINVERSTANDEN MIT ALLES.

Sorry, but as I told you I'm not so used to speak in business-language, I hope it will fit. Otherwise I'll have to ask my H. to do it for me. He's rough and tough enough. By the way - it would be nice if you'll find the time to step by for a little chat, when you're around.

All the best,

..."

Ende November 1998 erfuhr der Antragsteller, dass die Antragsgegnerin gegenüber einem Tonträgerunternehmen "R." die Veröffentlichung von "E. III" auf CD lizenziert und zur Veröffentlichung freigegeben hatte. Die Auslieferung der gepreßten CDs kann jederzeit erfolgen.

Der Antragsteller hat am 19. Januar 1999 eine einstweilige Verfügung erwirkt, mit der der Antragsgegnerin bei Vermeidung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt worden,

Schallaufnahmen aus der Tonträgerproduktion "E. III", bestehend aus folgenden Einzeltiteln:

...

als CD-Tonträger zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten und/oder vervielfältigen und verbreiten zu lassen.

Gemäß dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht die einstweilige Verfügung bestätigt.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin, die beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die einstweilige Verfügung vom 19. Januar 1993 aufzuheben und den Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen.

Der Antragsteller beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Im Übrigen wird von der Darstellung des Tatbestandes gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Die Berufung der Antragsgegnerin kann keinen Erfolg haben. Dem Antragsteller steht ein im Wege der einstweiligen Verfügung sicherbarer Anspruch aus § 97 Abs. 1 UrhG auf Unterlassung der vorgesehenen Verbreitung von "E. III" auf CDs zu. Dieser Anspruch richtet sich auch gegen die Antragsgegnerin. Allerdings hat diese das aus § 85 Abs. 1 Satz 1 und aus § 75 Abs. 2 UrhG folgende ausschließliche Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht des Antragstellers als Hersteller und mitwirkender Künstler noch nicht dadurch verletzt, dass sie einem Dritten (R.) die Vervielfältigung und Verbreitung dieser Schallaufnahmen auf CD-Tonträgern gestattet hat. Durch die bloße Lizenzierung greift die Antragsgegnerin noch nicht in die Rechte des Antragstellers ein (vgl. BGH NJW 1999, 1966 f. - "Hunger und Durst").

Da es demgemäß bisher zu einer Verletzung der Urheberrechte des Antragstellers nicht gekommen ist, kann auch keine Wiederholungsgefahr vorliegen. Der Anspruch besteht jedoch unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr. Denn die Auslieferung von Tonträgern könnte, wenn der Titel nicht bestünde oder wegfiele, sofort erfolgen. An der vorbereiteten Verbreitung von "E. III" auf CD wirkt die Antragsgegnerin mit. Eine Erstbegehungsgefahr besteht auch unter dem Gesichtspunkt, dass sich die Antragsgegnerin vehement des Rechts berühmt, die Schallaufnahme auf CD verbreiten zu dürfen.

Dieses Recht steht der Antragsgegnerin aber gerade nicht zu. Weder hat es ihr der Antragsteller ausdrücklich eingeräumt, noch ist das Recht der Verwertung der Schallaufnahme auf CD in dem Recht, die Schallaufnahme auf LP/MC zu verbreiten, enthalten. Denn die Verwertung auf CD stellt sich als eine im Verhältnis zur Verbreitung auf LP/MC neue Nutzungsart dar, die bei Abschluss des Vertrages vom 18. Juni 1979 noch unbekannt war.

Wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat, ist eine Rechteübertragung durch das Schreiben vom 22. Oktober 1985 selbst dann nicht erfolgt, wenn man mit den Parteien unterstellt, dass die Antragsgegnerin Rechtsnachfolgerin der Metronome GmbH ist. Denn im 3. Absatz dieses Schreibens wird gerade nicht um eine Zustimmung zur Auswertung auf CD-Tonträgern gebeten, sondern um Zustimmung zu einem bestimmten Vergütungs- und Abrechnungsmodus. Der Verfasser dieses Schreibens war ersichtlich der Auffassung, dass das Recht zur Auswertung auf CD-Tonträgern bereits aufgrund der alten Verträge eingeräumt worden war. Sonst hätte es nahegelegen, auch die Zustimmung zur Verwertung auf CD-Tonträgern selbst ausdrücklich zu erbitten. Aus dem von der Antragsgegnerin selbst eingereichten Begleitschreiben des Antragstellers folgt auch zweifelsfrei, dass sich seine Zustimmung nur auf den Sampler "Wolkenreise" bezog und den hier streitgegenständlichen Sampler "E. III" gar nicht betraf. Dies gilt auch angesichts des Umstandes, dass zu den Titeln, die unter der Bezeichnung "E. III" veröffentlicht werden sollen - und auf LP/MC veröffentlicht worden sind - auch ein Titel "Wolkenreise" auftaucht. Selbst wenn dieser Titel mit einem Ausschnitt aus dem Sampler "Wolkenreise" identisch sein sollte, kann von der Übertragung eines Auswertungsrechts für CD-Tonträger durch das Schreiben vom 22. Oktober 1985 für den gesamten Sampler "E. III" nicht die Rede sein.

Daraus, dass der Antragsteller der Antragsgegnerin die Rechte zur Verwertung der Aufnahme "E. III" als CD nicht ausdrücklich erteilt hat, folgt letztlich sein Unterlassungsanspruch. Denn von der Rechteübertragung gemäß dem Vertrag vom 18. Juni 1979 sind die "CD-Rechte" an dem Werk nicht betroffen. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin handelt es sich bei der Auswertung der Schallaufnahme mittels CD um eine andere Nutzungsart als die Auswertung per LP/MC, so dass sie durch den Vertrag von 1979 insoweit keine Rechte erhalten hat. Die Nutzungsart "CD" war 1979 noch unbekannt. Sie ist erst Anfang der 80er Jahre in das Bewußtsein der Öffentlichkeit geraten. Unter Nutzungsart ist nach allgemeiner Ansicht die nach der Verkehrsauffassung als solche hinreichend klar abgrenzbare, wirtschaftlich-technisch als einheitlich und selbständig sich abzeichnende konkrete Art und Weise der Nutzung zu verstehen (vgl. BGH GRUR 1992, 300 - "Taschenbuchlizenzen"; Schricker, UrhR, 2. Aufl., §§ 31/32 Rdn. 7; Fromm/Nordemann/Hertin, UrhR, 9. Aufl., §§ 31/32 Rdn. 6). Es kann hier letztlich offen bleiben, ob die CD sich - wofür jedoch vieles spricht - aufgrund der ihr innewohnenden Möglichkeiten von Anfang an als neue Nutzungsart im Vergleich zu LP/MC dargestellt hat oder ob sie es erst durch die tatsächliche Möglichkeit, sie multimedial einzusetzen, Anfang der 90er Jahre geworden ist. Es ist darauf hinzuweisen, dass in der mündlichen Verhandlung vom 30. Juli 1999 auch die Vertreter der Antragsgegnerin eingeräumt haben, dass durch die interaktive Kommunikation welche die CD heute ermöglicht, etwas Neues entstanden ist. Der Senat verkennt nicht, dass allein die digitale Aufnahmetechnik noch nicht zu einer neuen Nutzungsart führt, da digitale Aufnahmen auch auf Vinylplatten ausgewertet werden können. Auch der Bereich des Internet ist nicht geeignet, die CD als neue Nutzungsart gegenüber LP/MC abzusetzen. Es braucht letztlich auch nicht entschieden zu werden, ob die Unterschiede im Format schon ausreichen, um eine neue Nutzungsart anzunehmen. Dies könnte man bejahen, da auch die Verwertung als Taschenbuch eine neue Nutzungsart im Verhältnis zum Hardcoverbuch darstellt. Es ist ferner darauf hinzuweisen, dass die CD andere Abspielgeräte benötigt als LP oder MC. Insoweit ist daran zu erinnern, dass für die Abspielung eines Videofilms andere Abspielgeräte erforderlich sind als für die Vorführung eines Schmalfilms. Der Senat übersieht nicht, dass die Frage, ob die Verwertung von Schallaufnahmen auf CDs als neue Nutzungsart anzusehen ist, in der Rechtsprechung und der Literatur umstritten ist. Für die Anerkennung einer neuen Nutzungsart hat sich ohne nähere Begründung das Oberlandesgericht Düsseldorf (NJW-RR 1996, 420) ausgesprochen. Dieselbe Auffassung vertritt Hertin in Fromm/Nordemann, a.a.O. §§ 31, 32 Rdn. 18. Gegen die Annahme einer neuen Nutzungsart haben sich das Landgericht Hamburg (MMR 1998, 44) und das Landgericht Köln im Urteil vom 20. Dezember 1995 - 23.0.461/94 - (Bl. 118 ff. d. A.) ausgesprochen. Auch diese Auffassung hat in der Literatur Anhänger gefunden (vgl. von Gamm, Urheber- und urhebervertragsrechtliche Probleme des digitalen Fernsehens, ZUM 1994, 591 (593); Reber, Digitale Verwertungstechniken - neue Nutzungsarten ..., GRUR 1998, 792 (796); Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rdn. 551).

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (ZUM 1997, 128 (130) - "Klimbim") ist eine Nutzungsart im Sinne des § 31 Abs. 4 UrhG eine konkrete technisch und wirtschaftlich eigenständige Verwendungsform des Werkes (vgl. BGHZ 95, 274 (283) - "GEMA-Vermutung I"). Die Vorschrift des § 31 Abs. 4 hat den Zweck zu verhindern, dass dem Urheber Mehrerträgnisse vorenthalten werden, die sich aus neuen technischen Entwicklungen ergeben. Sie soll jedoch nicht mit ihrer strengen Rechtsfolgeanordnung der Unwirksamkeit die wirtschaftlich-technische Fortentwicklung der Werksnutzungen behindern. Der besondere Schutz des Urhebers nach § 31 Abs. 4 UrhG setzt voraus, dass es um eine neu geschaffene Nutzungsart geht, die sich von den bisherigen so sehr unterscheidet, dass eine Werkverwertung in dieser Form nur aufgrund einer neuen Entscheidung des Urhebers in Kenntnis der neuen Nutzungsmöglichkeiten zugelassen werden kann. Dies ist nicht der Fall, wenn eine schon bisher übliche Nutzungsmöglichkeit durch den technischen Fortschritt erweitert und verstärkt wird, ohne sich dadurch aus der Sicht des Endverbrauchers, deren Werknutzung durch das System der Verwertungsrechte letztlich erfaßt werden soll, in ihrem Wesen entscheidend zu verändern (BGH a.a.O. - "Klimbim" -). Nach Auffassung des Senats liegt hier eine neue Nutzungsart vor. Die CD ist nicht nur ein technisch überlegenes Substitutionsprodukt im Verhältnis zu LP/MC. Bereits oben ist darauf hingewiesen worden, dass die CD kleiner im Format ist und nicht mittels eines Plattenspielers abgespielt werden kann, vielmehr ist der Erwerb eines CD-Players bzw. eines PC erforderlich. Die CD ist auch weniger empfindlich als herkömmliche Vinylschallplatten und ermöglicht längere Laufzeiten. Die CD weist eine bessere Klangqualität auf und bietet insbesondere bei ihrer Nutzung im PC Zugriffsmöglichkeiten an, die letztlich zu einer neuen Dimension des Hörens vor allem von Musikwerken führen. Durch die Spurlegung ist die Suche nach einzelnen Sätzen, Liedern, ja sogar Takten auf der CD im Vergleich zur Vinylplatte wesentlich erleichtert. Durch das Zählwerk kann nämlich sogar taktgenau auf das Musikstück zugegriffen werden. Dies ermöglicht z. Bsp., Themen gezielt herauszusuchen und so Musikwerke bewußter anhören zu können. Insoweit weist auch die Musik-CD ebenso wie die CD-ROM verbesserte Recherchemöglichkeiten auf (vgl. dazu OLG Hamburg, ZUM 1999, 78). Dabei übersieht der Senat nicht, dass sich dieser Vorteil nicht von der CD als solcher ableitet, sondern von dem ihr innewohnenden Programmierplus. Die besonderen Funktionalitäten einer Musik- oder Literatur-CD geben ihr besonderes Gepräge und rechtfertigen die Annahme einer neuen Nutzungsart (vgl. Hoeren, Anm. zum Urteil des OLG Hamburg MMR 1999, 229 f.). Dies wird besonders deutlich, wenn man berücksichtigt, dass die auf einer CD gespeicherten digitalen Daten mit Hilfe des Computers und entsprechender Software direktem Zugriff zugänglich sind. Dies bedeutet, dass eine Musik-CD mit Hilfe von MIDI und Notensatzprogrammen die Möglichkeit bietet, die erklingende Musik graphisch, d. h. als Oszillogramm, als Farben oder sogar in herkömmlicher Notation darzustellen. Zwar ist mit der heutigen Technik dies nur für einfache Musikstücke mit wenigen Stimmen und noch nicht für komplexe Partituren möglich, doch auf den Stand der Technik, der fraglos weiter verbessert werden wird, kann es für eine Abgrenzung einer Nutzungsart nicht ankommen. Schon jetzt ist es möglich, mit einem Computer auf CD gespeicherte Musik zu mischen, zu filtern oder zu verändern, also z. Bsp. Stimmen herauszufiltern oder zu ersetzen, das gesamte Musikstück zu transponieren, bei der Wiedergabe zu verzerren, Höhen oder Tiefen herauszunehmen, Passagen hervorzuheben oder auch andere Musikstücke hinzuzufügen. Durch die digitale Speicherung eines immensen Datensatzes ist es möglich, die Daten jederzeit zu verändern.

Damit ist eine interaktive Kommunikation möglich und ein multimediales System geschaffen, das nicht mehr als bloßes Nachfolgeprodukt der Vinylschallplatte oder MC, die im Übrigen immer noch ihren Markt haben, angesehen werden kann. Im Hinblick auf § 31 Abs. 4 erweist sich somit die Nutzung des Werks "E. III" durch die Antragsgegnerin als von der ihr eingeräumten Lizenz nicht gedeckt.

Da die Auslieferung der bereits gepreßten CDs jederzeit möglich ist, kann an dem Vorliegen eines Verfügungsgrundes (§ 940 ZPO) kein Zweifel bestehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Gemäß seiner ständigen Rechtsprechung hat der Senat eine Vollziehungssicherheit angeordnet, da durch das Vertriebsverbot für die bereits hergestellten CDs erhebliche Schäden entstehen können, für die der Antragsteller aufzukommen hätte, wenn sich eines Tages herausstellen sollte, dass die einstweilige Verfügung zu Unrecht ergangen ist. Gemäß seiner ständigen Rechtsprechung hat der Senat die Vollziehungssicherheit in der Höhe angeordnet, die dem Streitwert des zu erwartenden Hauptsacheverfahren entspricht.



Ende der Entscheidung

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