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Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 12.05.2000
Aktenzeichen: 5 U 9058/98
Rechtsgebiete: MarkenG, UWG


Vorschriften:

MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2
MarkenG § 14 Abs. 5
MarkenG § 15 Abs. 4
MarkenG § 5 Abs. 2
UWG § 1
Leitsatz:

MarkenG §§ 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 15 Abs. 4, 5 Abs. 2; UWG § 1

Es besteht keine Verwechselungsgefahr zwischen "Telekom" und "telco".

Der Buchstabe "T" wird nicht in jedweder Form als Zeichen der Deutschen Telekom AG angesehen, vielmehr bestimmt die besondere graphische Gestaltung des "T" in der Klagemarke den Schutzumfang.


KAMMERGERICHT Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 5 U 9058/98 15 O 292/98 LG Berlin

Verkündet am: 12. Mai 2000

Lohey, Justizsekretärin

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bornemann, die Richterin am Kammergericht Prietzel-Funk und den Richter am Kammergericht Grass auf die mündliche Verhandlung vom 12. Mai 2000 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 29. September 1998 verkündete Urteil der Zivilkammer 15 des Landgerichts Berlin wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe des festzusetzenden Betrages zuzüglich 10 % abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Klägerin darf die Sicherheit durch unwiderrufliche, unbefristete, unbedingte, ohne Hinterlegungsvorbehalt erteilte selbstschuldnerische Bürgschaft einer in Deutschland zugelassenen Bank oder Sparkasse leisten.

Die Beschwer der Klägerin beträgt 450.000,00 DM.

Tatbestand:

Die Beklagte bietet als Tochtergesellschaft eines amerikanischen Unternehmens Dienstleistungen der Telekommunikation in Form eines sogenannten Umweg-Telefondienstes für aus und inländische Gespräche und Gespräche über die inländischen Mobilfunknetze an und ist Inhaberin der ihrer früheren Firmierung entsprechend eingetragenen deutschen Wortmarke "telco GmbH" und der nachfolgend wiedergegebenen - nicht farbig eingetragenen deutschen Wort-/Bildmarke:

Diese Wort-/Bildmarke benutzt die Klägerin auch in der aus Bd. I/Bl. 10 d. A. ersichtlichen farbigen Form, wobei das "T" und der Schriftzug "telco" violett und die die das "T" umgebenden Rechtecke hellblau gestaltet sind:

Die Klägerin ist Inhaberin der nachfolgend wiedergegebenen Wort-/Bildmarken zu a) bis c) und der Bildmarke zu d), die beim Deutschen Patentamt u. a. für Dienstleistungen der Telekommunikation eingetragen sind:

Die Marken zu vorstehend b) und c) sind in den Farben grau und magenta eingetragen, die Bildmarke zu d), die aus sogenannten Digits besteht, in der Farbe grau. Die Klägerin benutzt die vorbezeichneten Marken in erheblichem Umfang.

Nach den Ergebnissen von drei im Auftrag der Klägerin von dem Unternehmen Infratest Burke im April 1997 erstellten Gutachten ordnen 92 % der Bevölkerung die zu b) wiedergegebene Marke spontan in irgendeiner Form der Deutschen Telekom zu, 85 % der Bevölkerung verstehen sie als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen der Telekommunikation.

Für das magenta-farbene "T" (ohne Digits) - also a) - liegen die Werte bei 91 % und 83 %, für das graue "T" bei 89 % und 82 %.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Unterlassung, Auskunft und - in Form einer Feststellungsklage - auf Schadensersatz in Anspruch.

Sie hat gemeint, zwischen den Streitzeichen bestehe Verwechselungsgefahr. Da die Parteien identische Waren und Dienstleistungen anbieten, genüge eine geringe Markenähnlichkeit, um Verwechselungsgefahr anzunehmen. Hier bestehe sogar eine hohe Markenähnlichkeit.

Bei einer mehrgliederigen Wort-/Bildmarke sei die Verwechselungsgefahr grundsätzlich am Gesamteindruck der Marke zu messen. Allerdings gewinne ein Markenbestandteil eine selbständig kollisionsbegründende Bedeutung, wenn er den Gesamteindruck mit präge, indem er eine eigenständig kennzeichnende Funktion aufweise. So verhalte es sich beim Bildelement der Marke der Beklagten, die als weiteren Bestandteil lediglich die Sachfirma enthalte, der kaum Kennzeichnungskraft zukomme. Dies gelte um so mehr deshalb, weil das Wort "telco"- nach der Behauptung der Klägerin - allgemein zur Beschreibung von "carriern" diene.

Im Bildbestandteil ihrer Marke lasse die Beklagte den Buchstaben "T" aus einem Feld von Digits hervortreten, wobei die unterschiedliche Anzahl und Form der Vierecke in den Streitzeichen den Betrachter nicht auffalle. Die Kombination "T" mit "Digits" verbinde die ganz überwiegende Mehrheit der Bevölkerung jedoch mit ihren Marken. Danach komme ihren Zeichen nicht nur in der Kombination des Buchstabens "T" mit Digits der Rang einer berühmten Marke zu, sondern auch jedem Element für sich. Auf besondere graphisch-gestaltender Merkmale komme es in diesem Zusammenhang nicht an.

Die Klägerin hat beantragt,

I. die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis DM 500.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Telekommunikations-Dienstleistungen unter einem Zeichen anzubieten und/oder zu erbringen, das aus einem Feld aus 3 x 4 "Digits" besteht, wobei die "Digits" in Form von Rechtecken dargestellt sind, bei dem die waagerecht oberen 3 "Digits" und die senkrecht stehenden mittleren vier "Digits" derartig andersfarbig hervorgehoben sind, daß sich ein "T" ergibt, insbesondere wenn dieses in Form der nachstehend wiedergegebenen Abbildungen erfolgt.

2. der Klägerin Auskunft über den Umfang der Handlungen gemäß Ziff. 1 zu erteilen, insbesondere unter Angabe des bisher erziehen Umsatzes sowie unter Angabe der Werbeaufwendungen, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungsgebiet und Verbreitungszeit;

II. festzustellen,

daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu erstatten, der ihr aus den vorstehend unter Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und/oder künftig entstehen wird.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet:

Das Bildzeichen isoliert habe sie niemals verwendet, insoweit fehle es an einer Begehungs- oder gar Wiederholungsgefahr. Im Übrigen sei, wie sie gemeint hat, der Schutzbereich der klägerischen Marken von vornherein eingeschränkt, weil der Buchstabe "T" im Bereich der Telekommunikation rein beschreibend sei und die Digits als reine geometrische Form allenfalls schwache Kennzeichnungskraft besäßen. Der durch die Meinungsumfragen ermittelte Bekanntheitsgrad erweitere den Schutzumfang der klägerischen Marke nicht, weil es insoweit um das besonders graphisch gestaltete "T" der Klägerin gehe, das sich deutlich von ihrem aus Telefontasten gebildeten "T" unterscheide. Die Klägerin dürfe diesen Buchstaben nicht monopolisieren, insoweit bestehe ein Freihaltebedürfnis.

Gemäß dem angefochtenen Urteil, auf das Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil, das ihr am 3. November 1998 zugestellt worden ist, hat die Klägerin am 2. Dezember 1998 Berufung eingelegt. Auf ihren am 17. Dezember 1998 eingegangenen Antrag auf Verlängerung der Frist zur Berufungsbegründung ist diese Frist bis zum 4. Februar 1999 verlängert worden. Am 4. Februar 1999 ist dann ihre Berufungsbegründung bei dem Kammergericht eingegangen.

Die Klägerin rügt:

Das Landgericht gehe zwar zutreffend von einem weiten Schutzbereich ihres "T" aus, verneine aber zu Unrecht dennoch die Verwechselungsgefahr. Entgegen der Auffassung des Landgerichts präge der Bildbestandteil den Gesamteindruck des angegriffenen Zeichens, da der Wortbestandteil rein beschreibend sei. Das gelte auch für das Wort "telco" - ein Synonym für "carrier", das freihaltebedürftig sei. So werde in der Lebensmittelzeitung vom 4. September 1998 sie, die Klägerin, als "Platzhirsch der deutschen telcos" bezeichnet. Diese Zeitschrift wende sich nicht an Telekommunikationsexperten. Der Begriff sei bereits in den allgemeinen deutschen Sprachschatz eingegangen, und zwar im Sinne von Telekommunikationsunternehmen, jedenfalls sei insoweit einerhebliche Durchsetzungstendenz festzustellen. "Telco" sei somit nicht schutzfähig und könne den Gesamteindruck nicht prägen, zumal sich der gesamte Wortbestandteil des Zeichens als {vormaliger) Firma der Beklagten darstelle.

Der Bildbestandteil der angegriffene Marke hingegen verfüge über Unterscheidungskraft, er wirke als Block. Sein eigentümlicher Charakter ergebe sich aus dem "T" und den farblich abgesetzten anderen "Digits". Die Originalität sei deshalb besonders hoch, weil die "Digits" wie das Piktogramm einer Tastatur wirkten.

Die Zeichenübereinstimmung mit Klagemarke a) folge daraus, dass in beiden Fällen ein "T" eingerahmt von "Digits" im Mittelpunkt stehe. Das "T" der Beklagten sei zwar anders gestaltet als ihr "T"; es werde jedoch derselbe Gesamteindruck erzielt.

Dasselbe gelte bezüglich des Zeichens b), wobei die Ähnlichkeit wegen der beiden zusätzlichen "Digits" gesteigert sei.

Hinsichtlich des Zeichens c) verstärke das "Digit"-Feld die Übereinstimmung.

Bezüglich der Marke d) bestehe die Übereinstimmung darin, dass es sich in beiden Fällen um ein Feld von gleichmäßig angeordneten (fast) quadratischen "Digits" handele.

In der Berufungsinstanz bezieht sie sich zusätzlich auf ihre berühmte Kennzeichnung "Telekom" sowie auf die eingetragene Marke "Telekom" mit Digits. Die Kennzeichnung und die eingetragene Marke seien mit dem angegriffenen Kombinationszeichen verwechselbar, wenn es zutreffe, dass dem Wortbestand "telco" Prägekraft zukomme. Unter diesen Umständen sei die Klage jedenfalls in der Weise begründet, dass der zweite mit "insbesondere" eingeleitete Antrag Erfolg haben müsse.

Ferner stützt sie ihre Berufung auf die aus der Berufungsbegründung ersichtlichen weiteren Marken. Hinsichtlich dieser und hinsichtlich der Marke "Telekom" wird auf Bd. II/Bl. 143 ff. d. A. Bezug genommen.

Im Übrigen habe das Landgericht übersehen" dass sie sich auch auf § 1 UWG stütze. Diese Vorschrift sei unter den Gesichtspunkten "Rufausbeutung" und "Verwässerung" verletzt.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte gemäß den erstinstanzlichen gestellten Anträgen zu verurteilen.

Ferner beantragt sie,

das Urteil gegebenenfalls gegen Sicherheitsleistung (Bank- oder Sparkassenbürgschaft) für vorläufig vollstreckbar zu Erklären, hilfsweise, ihr nachzulassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung (Bank- oder Sparkassenbürgschaft) abzuwenden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert:

Soweit sich die Klägerin nunmehr auf das Wortzeichen "Telekom" stütze, liege eine Klageänderung vor, der sie widerspreche. Dies gelte auch hinsichtlich der weiteren neu eingeführten Marken. Es gehe jeweils um neue Lebenssachverhalte. Deren Einführung sei auch nicht sachdienlich, da ein demoskopisches Gutachten über die Bekanntheit von "Telekom" eingeholt werden müsse. Sie bestreite den extrem hohen Bekanntheitsgrad von "Telekom". Für diesen Begriff, der freihaltebedürftig sei, könne die Klägerin auch keinen Kennzeichenschutz beanspruchen.

Die (ursprünglichen) Klagemarken verfügten allenfalls hinsichtlich ihrer konkreten Ausgestaltung über einen erweiterten Schutzbereich. Im Übrigen gelte, dass der Buchstabe "T" beschreibender Natur und freihaltebedürftig sei; die Kombination von "T" und "Digits" sei in der Branche gebräuchlich. Es treffe nicht zu, dass die Klägerin als erste diese Kombination aufgebracht habe. Keinesfalls stehe ihr ein Exklusivrecht an dieser Kombination zu. Dies habe das Deutsche Patent- und Markenamt in seinem Beschluss vom 26. Mai 1999, mit dem es den Widerspruch der Klägerin gegen die hier angegriffene Marke zurückgewiesen habe, ausdrücklich ausgesprochen. Die von ihr gewählte Kombination von "T" und "Digits" in Form einer Tastatur werde vom Schutzbereich des Klagezeichens nicht erfasst.

Zutreffend habe das Landgericht den Wortbestandteil "telco" als prägend angesehen. Das Patent- und Markenamt habe "Telco G C GmbH" inzwischen rechtsbeständig als Wortmarke Eingetragen und halte damit ersichtlich "telco" für kennzeichnungsfähig. Das Wort "telco" sei nicht rein beschreibend, es sei nicht Bestandteil des allgemeinen Wortschatzes und in keinem deutschen Wörterbuch verzeichnet. Auch die wenigen von der Klägerin vorgelegten Belege verwendeten das Wort nur marginal und nicht einheitlich. Die Artikel wendeten sich auch nur an besonders interessierte Personenkreise. Es handele sich um ein Kunstwort, bei dem noch nicht einmal klar sei, ob der Bestandteil "...co" für "Communication" oder "Company" stehe. Selbst wenn man das Element für prägend halte, bestehe keine Verwechselungsgefahr mit den (ursprünglichen) Klagemarken. Kennzeichenschutz bestehe nur für die jeweilige konkrete Gestaltung der Verbindung des charakteristischen "T" mit den "Digits", nicht für jede x-beliebige Kombination dieser Elemente.

Hinsichtlich a) bestehe der Unterschied darin, dass bei ihrer Marke das "T" durch farbliche Gestaltung von sechs Formen entstehe und räumlich von den "Digits" nicht getrennt sei. Entsprechendes gelte für b).

Der Gesamteindruck von c) sei ein ganz anderer, denn dort würden Quadrate im Format 4 x 4 um ein ganz kleines "T" gruppiert. Hinsichtlich d) bestehe eine entfernte Ähnlichkeit allenfalls in der reihenförmigen Anordnung von geometrischen Formen. Ganz unterschiedlich seien jedoch Farbgestaltungen und Ausgestaltung des "T". Die neu eingeführten Marken seien noch weiter entfernt.

Im Übrigen sei eine isolierte Verwendung ihres Bildelements noch nie vorgekommen und auch nicht beabsichtigt. Es bestehe insoweit weder Begehungs- noch Wiederholungsgefahr.

Bezüglich § 1 UWG verkenne die Klägerin, dass das Markengesetz hinsichtlich der Verwechselungsgefahr abschließend sei. § 1 UWG setze - wenn überhaupt einschlägig - zusätzliche wettbewerbswidrige Elemente voraus.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten vorbereitenden Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin kann keinen Erfolg haben. Der Klägerin steht weder aus § 14 Abs. 5 i.V. mit Abs. 2 Nr. 2 MarkenG noch aus § 15 Abs. 4 i. V. mit § 5 Abs. 2 MarkenG noch aus § 1 UWG der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu.

Der Senat geht davon aus, dass die Klägerin in erster Linie ein Verbot im Sinne des abstrakten Obersatzes begehrt, wobei die mit "insbesondere" angebundenen konkreten Begehungsformen nicht nur als austauschbare Beispielsfälle anzusehen sind, sondern die durch "insbesondere" konkretisierte engere Formen sich als "Quasi-Hilfsanträge" darstellen, die verdeutlichen, was jedenfalls auch gefordert und notfalls allein zugesprochen werden kann (vgl. BGH GRUR 1996, 793/795 - "Fertiglesebrillen"; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Aufl., Kap. 51 Rdn. 36). Auf den "Hauptantrag" wird im Rahmen der Erörterungen eines Anspruchs im Hinblick auf das Wort-/Bildzeichen der Beklagten eingegangen. Soweit die Klägerin in der Berufungsinstanz die Klage erweitert hat, indem sie ihr Unternehmenskennzeichen "Telekom" und verschiedene weitere Marken in den Rechtsstreit eingeführt hat, ist dies wie eine Klageänderung zu behandeln, die sich als sachdienlich erweist. Dem kann die Beklagte nicht mit Erfolg mit dem Argument begegnen, dass gegebenenfalls eine Beweisaufnahme erforderlich sein könnte. Dies stünde der Annahme, dass sich die Klageerweiterung als prozessökonomisch darstellt, nicht entgegen.

Soweit sich die Klägerin gemäß der ersten Alternative ihrer Konkretisierungen gegen die Verwendung eines durch farbliche Hervorhebung eines "T" gekennzeichneten "Digit"-Feldes mit insgesamt 12 "Digits" wendet, kann die Klage schon deshalb keinen Erfolg haben, weil die Beklagte dieses Zeichen überhaupt nicht verwendet hat. Es fehlt mithin die erforderliche Wiederholungsgefahr. Es besteht auch keine Erstbegehungsgefahr, da die Klägerin keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorgetragen hat, dass die Beklagte ernsthaft daran denkt, das Bildzeichen in Alleinstellung zu verwenden.

Abzustellen ist nunmehr auf das Wort (Bildzeichen der Beklagten, welches neben dem aus der Digit-Tastatur entwickelten "T" auch die frühere Firma der Beklagten enthält. Bei der Abwägung der Umstände des Einzelfalles, die bei der Frage der Verwechselungsgefahr zu berücksichtigen sind, geht der Senat gemäß der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. zuletzt GRUR 2000, 1225 f. - "comtes/ComTel") davon aus, dass die Beurteilung der Verwechselungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen ist. Von Bedeutung ist zunächst die Ähnlichkeit der Waren oder - hier - der Dienstleistungen, die vorliegend nahezu identisch sind. Mindestens überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft kommt den Klagezeichen a) bis c) der Klägerin zu. Das in der Klageschrift zu d) aufgeführte Kennzeichen bleibt in seiner Kennzeichnungskraft dahinter deutlich zurück.

Trotz der überdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft jedenfalls der Zeichen a) bis c) hat das Landgericht zutreffend die Verwechselungsgefahr verneint. Die Ähnlichkeiten zwischen den Klagemarken und der angegriffenen Marke der Beklagten sind zu gering. Insoweit ist auf den Gesamteindruck der Zeichen abzustellen, da der Verkehr nach der Lebenserfahrung ein Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen aufnimmt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. BGH GRUR 2000, 529/531 -"ARD-1"). Vorliegend besteht Übereinstimmung zwischen den Klagemarken a) bis c) und der Marke der Beklagten in der Verwendung des "T" und der "Digits", hinsichtlich des Klagezeichens d) besteht die Übereinstimmung nur in der Verwendung dieser "Digits". Mit dem Landgericht geht der Senat davon aus, dass die Marke der Beklagten ihr Gepräge durch den Wortbestandteil "telco" erhält. Der Verkehr neigt zu Verkürzungen auf ein Schlagwort, wobei bei Wort-/Bildzeichen wie den der Beklagten für den Gesamteindruck meist der Wortbestandteil maßgebend ist (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenR, § 14 Rdn. 365). Das ist hier "telco", denn dieser Begriff eignet sich als Schlagwort für das Unternehmen der Beklagten natürlich besser als irgendeine Beschreibung der wie eine Tastatur wirkenden Digits mit dem farblich abgesetzten "T". Außer Betracht bleibt auch die Prioritätslage (vgl. lngerl/Rohnke, a.a.O., § 14 Rdn. 332), so dass die Klägerin nichts daraus herleiten kann, dass sie zuerst den Buchstaben T verwendet hat. Entgegen dem Vorbringen der Beklagten vermag der Senat nicht festzustellen, dass der Verkehr in Deutschland - abgesehen vielleicht von einer zu vernachlässigenden Minderheit - den Begriff "telco" für beschreibend hält. Die Klägerin hat allerdings einige Beispiele - nunmehr auch aus jüngerer Zeit - beigebracht, in denen das Wort "telco" als Gattungsbegriff für auf dem Telekommunikationssektor tätige Unternehmen verwendet worden ist. Nach Auffassung des Senats, dessen Mitgliedern das Wort "telco" als Sachbegriff bislang nicht bekannt gewesen ist, reichen diese vereinzelten Beispiele jedoch nicht aus, um schlüssig darzulegen, dass eine Vielzahl von Personen in Deutschland "telco" für rein beschreibend hält. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass in den Tageszeitungen immer wieder Tabellen über Telefontarife abgedruckt sind, ohne dass bisher aufgefallen wäre, dass solche Rubriken unter der Überschrift "Tarife der Telcos" veröffentlicht würden.

An dem Ergebnis ändert sich letztlich jedoch nichts, wenn man mit der Klägerin in "telco" einen schutzunfähigen Bestandteil sehen würde. Zwar kommt beschreibenden Angaben grundsätzlich kein bestimmender Einfluß auf den Gesamteindruck zu (vgl. Ingen/Rohnke, a.a.O., § 14 Rdn. 400), doch kann auch ein Zeichenbestandteil, der einer beschreibenden Angabe entnommen oder an einen Gattungsbegriff angelehnt ist, zur Prägung des Gesamteindrucks des Zeichens beitragen. Es bestehen berechtigte Interesse der Wirtschaft, das Warenzeichen aus Begriffselementen zu bilden, welche zugleich einen beschreibenden Hinweis auf die so bezeichnete Ware - oder her Dienstleistung - geben, deren Beachtung es verwehrt, dessen Bestandteil bei der Beurteilung der zeichenrechtlichen Verwechselungsgefahr auszugliedern und als von vornherein rechtlich unbeachtlich zu behandeln (vgl. zuletzt BGH GRUR 1996, 200/201 - "Innova Diclophlont"). Sieht man also "telco" als beschreibend an, so wird der Gesamteindruck des Zeichens der Beklagten durch gleichgewichtige Elemente bestimmt, nämlich den Wortbestandteil "telco" und der "Digit"-Tastatur (Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14 Rdn. 390), so dass auch unter diesen Aspekt ein hinreichender Abstand zwischen dem Zeichen der Beklagten und den Klagemarken besteht.

Doch selbst wenn man mit der Klägerin allein den Bildbestandteil des Zeichens der Beklagten für prägend hielte, fehlte es an der erforderlichen Verwechselungsgefahr. Es reicht insoweit keinesfalls aus, dass in beiden Zeichen das "T" Verwendung findet. Denn diejenigen Merkmale, die notwendig zur Darstellung des Buchstabens "T" erforderlich sind, können der Beurteilung nicht zugrunde gelegt werden, weil dafür der Klägerin ein Schutz infolge der Eintragung der Klagemarken zu a) bis c) nicht zugewachsen ist. Dabei ist von der eingetragenen Form der Marken und von deren Schutzfähigkeit auszugehen. Es ist jedoch bei der Beurteilung der Rechtsverletzung denjenigen Bestandteilen, die als für sich nicht unterscheidungskräftig oder als freihaltebedürftig im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG Ausschließlichkeitsrechte nicht zu begründen vermögen, auch im Gesamtzeichen kein eigenständiger) Schutz zuzubilligen. Der Buchstabe "T" wird vom angesprochenen Verkehr in der Regel als beschreibend und nicht als kennzeichnend verstanden. Anhaltspunkte dafür, dass die genannten Eintragungshindernisse für den Buchstaben "T" als solchen durch eine - angesichts des hohen Maßes des Freihaltsbedürfnisses erforderliche - annähernd allgemeine Verkehrsdurchsetzung für die Klägerin ausgeräumt worden sind (§ 8 Abs. 3 MarkenG), lassen sich dem Klagevorbringen nicht entnehmen. Dies gilt auch wenn man davon ausgeht, dass annähernd die gesamte Bevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland das "T" der Klagemarken zu a) bis c) kennt und mit der Klägerin in Verbindung bringt. Dies bedeutet noch nicht, dass der Buchstabe "T" in jedweder Form als Zeichen für die Klägerin angesehen wird. Demnach kann allein die besondere graphische Gestaltung des "T" als Schutzgegenstand der Klagemarke deren Schutzumfang bestimmen, ohne dass auf die Grundgestaltung des Buchstabens als solchem zurückgegriffen werden darf. Es fehlt unter diesen Umständen an einer unmittelbaren Verwechselungsgefahr im weiteren Sinne trotz der bestehenden großen Ähnlichkeit oder sogar Identität der einander gegenüberstehenden Dienstleistungen. Denn angesichts des unterschiedlichen Gesamteindrucks und der deshalb allenfalls am äußersten Rand liegenden Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken ist einer Verwechselungsgefahr vorgebeugt (vgl. zu alledem BGH GRUR 2000,5291532 - "ARD-1"). In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass sich der Senat der Auffassung des Markenamtes anschließt, dass die gravierenden Unterschiede förmlich ins Auge springen. Das "T" in den Klagemarken ist plastisch gehalten, der graphische Gesamteindruck wird nicht zuletzt von dem "Fuß" und den "Flügeln" bestimmt, die aufeinander bezogen sind. Dadurch gewinnt der Buchstabe graphisch eine gewisse Geschlossenheit, die vor allem in der Klagemarke a) durch die quadratischen "Digits" unterstrichen wird. Der Eindruck des "T" in der Marke der Beklagten ist viel weniger prägnant, da der Buchstabe seine Existenz nur der farblichen Heraushebung aus dem wie eine Tastatur wirkenden "Digit-Feld" verdankt. Gerade in Anbetracht der Bedeutung des "T" für die allseits bekannte Klägerin wird wohl niemand auf den Gedanken kommen, das zurückhaltende "T" der Beklagten stehe mit ihr in irgendeiner Verbindung. Wie dargelegt, kann die Klägerin den Buchstaben "T" nicht für sich monopolisieren und andere von seiner markenmäßigen Verwendung ausschließen. Eine Ähnlichkeit des Bildbestandteils der Marke der Beklagten mit dem "Digit-Feld" der Klagemarke d) ist nicht zu erkennen.

Auch die - wie dargelegt in zulässiger Weise - im Wege der Klageerweiterung in den Rechtsstreit einbezogenen weiteren Zeichen der Klägerin vermögen den von ihr geltend gemachten Anspruch nicht zu stützen. Denn auch insoweit beschränkt sich die Ähnlichkeit darauf, dass Klägerin wie Beklagte das "T" benutzen, jedoch in der dargestellten graphisch voneinander abweichenden Form. Nichts anderes gilt bezüglich der Wort-/Bildmarke "Telekom", von der sich die Marke der Beklagten entschieden abhebt.

Zu Unrecht nimmt die Klägerin eine Verwechselungsgefahr zwischen ihrem Firmenschlagwort "Telekom" und dem Markenbestand "telco" der Beklagten an. Ihr steht ein Anspruch aus § 15 Abs. 4 MarkenG nicht zu. Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass eine Verwechselungsgefahr überhaupt nur dann in Betracht kommt, wenn man - was die Klägerin gerade nicht tut - "telco" als prägend für die Marke der Beklagten ansieht. Denn, geht man von einer gleichgewichtigen Prägewirkung des Wortbestandteils "telco" und des Bildbestandteils aus, kommt eine Verwechselung mit dem Unternehmensschlagwort "Telekom" ohnehin nicht in Betracht. Sieht man "telco" als prägend an, so verbleibt es jedoch dabei, dass aufgrund des Gesamteindrucks eine Verwechselungsgefahr zu verneinen ist. In der graphischen Darstellung unterscheidet sich "telco" erheblich von "Telekom". Auch das Klangbild ist zu unterschiedlich, da im Verkehr das Wort "Telekom" grundsätzlich korrekt ausgesprochen wird. Dies gilt nicht nur in direkten Unternehmensberichten über die Klägerin, sondern auch, wenn der Begriff etwa in der Sportberichterstattung (Team Deutsche Telekom, Telekom Baskets Bonn) oder in den Börsennachrichten verwendet wird. Es spricht nichts dafür, dass das zweite "e" aus dem Firmenkennzeichen "Telekom" in der Aussprache verschleift oder gar gänzlich übersprungen wird. Niemand bezeichnet die Klägerin als "telcom", was Voraussetzung für eine klangliche Ähnlichkeit mit dem Markenbestandteil "telco" wäre. Hinzu kommt noch, dass die Bestandteile "tel" oder "Tele" und "Co" oder "kom" häufig verwendet werden, da sie praktisch die Telekommunikationsbranche bezeichnen. Der Verkehr ist daher gezwungen, bei der Begegnung mit einer Kennzeichnung, die diese Bestandteile enthält besonders auf die sonstigen Unterschiede zu achten (BGH GRUR 2000, 525/527- "comtes"/"CoMTel").

Schließlich steht der Klägerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch auch nicht aus § 1 UWG zu. Es kann hier offen bleiben, ob diese Anspruchsnorm überhaupt anwendbar ist, da die Klägerin aus Zeichen vorgeht, die als berühmte Marken eingeschätzt werden könnten. Unabhängig davon trägt die Klägerin nicht vor, dass die Beklagte in lauterer Weise ohne rechtfertigenden Grund den guten Ruf der Klägerin ausnutzt oder schädigt (vgl. BGH GRUR 2000, 529/532 - "ARD-1"). Denn - wie dargelegt - halten die Bestandteile des Zeichens der Beklagten einen hinreichenden Abstand zu den Marken und der Unternehmenskennzeichnung der Klägerin.

Aus denselben Gründen, die dem Unterlassungsanspruch entgegenstehen, entfallen auch Schadensersatzansprüche der Klägerin aus den §§ 14 Abs. 6, 15 Abs. 5 MarkenG, 1 UWG. Ihr kann daher auch kein vorbereitender Auskunftsanspruch zugebilligt werden.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 und 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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