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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 30.01.2007
Aktenzeichen: 5 W 320/06
Rechtsgebiete: MarkenG, BGB


Vorschriften:

MarkenG § 14 Abs. 5
BGB § 1004 Abs. 1 Satz 2
1. Aus der bloßen Markenanmeldung folgt regelmäßig nur eine Erstbegehungsgefahr.

2. In der Regel genügt es zur Beseitigung dieser Erstbegehungsgefahr, wenn der Markenanmelder die Anmeldung sogleich nach Abmahnung zurücknimmt und er unzweideutig und vorbehaltlos erklärt, die Eintragungsabsicht aufgegeben zu haben.

3. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Markenanmelder selbst über keinen eigenen eingerichteten Gewerbebetrieb zur Nutzung der angemeldeten Marke verfügt (und greifbare Anhaltspunkte für eine Treuhandstellung oder eine unmittelbar beabsichtigte Übertragung der Rechte auf Dritte fehlen).


Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 5 W 320/06

In dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung

hat der 5. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Haase und die Richter am Kammergericht Dr. Hess und Dr. Pahl am 30. Januar 2007

beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der Zivilkammer 15 des Landgerichts Berlin vom 24. November 2006 - 15 O 931/06 - wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 250.000,00 Euro.

Gründe:

A.

Der Antragsteller ist Inhaber der am 10. Juli 1998 eingetragenen deutschen Marke "B-----------------".

Der Antragsgegner, ein Rechtsanwalt, der sich auch als "Markenspekulant" bezeichnet, beantragte die Registrierung der Marke "B nnnnnn." für Waren u.a. der Klassen 3, 5 und 32. Auf die Abmahnung vom 26. Oktober 2006 kündigte der Antragsgegner die sofortige Rücknahme der Markenanmeldung an. Auf eine Nachfristsetzung teilte er dem Antragsteller am 07. November 2006 mit, er habe - was der Antragsteller nicht in Abrede stellt - am 31. Oktober 2006 die Markenanmeldung zurückgenommen. Die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung lehnte der Antragsgegner unter Hinweis auf eine fehlende Wiederholungsgefahr ab.

Das Landgericht hat im angefochtenen Beschluss den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wegen fehlender Erstbegehungsgefahr und mangelnder Verwechslungsgefahr zurückgewiesen.

B.

Die gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 2, § 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers ist nicht begründet, § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG. Es fehlt an der analog § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB erforderlichen Begehungsgefahr.

I.

Die Anmeldung eines Zeichens zur Eintragung als Marke ist noch keine Markenverletzung (OLG Hamburg, GRUR-RR 2001, 231, juris Rdn. 34; OLG Köln, GRUR 2001, 424, juris Rdn. 16; OLG München, MarkenR 2002, 1999, 200; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., § 14 Rdn. 142 und Vor §§ 14-19 Rdn. 60 m. w. N.; Hacker in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 14 Rdn. 231). Die Wiedergabe des Kennzeichens in der Anmeldung gegenüber dem Markenamt erschöpft sich in einem reinen Aktenvorgang, der nicht zur Unterscheidung von Waren/Dienstleistungen im Sinne des § 14 Abs. 2 MarkenG dient und dienen soll (Ingerl/Rohnke, a.a.0., § 14 Rdn. 42).

1.

Der BGH hat zum Warenzeichengesetz die Schutzrechtserstreckung einer IR-Marke auf Deutschland ausdrücklich als eine "Erstbegehungsgefahr" begründend gewertet (GRUR 1990, 361 - Kronenthaler, juris Rdn. 21) und für die Anmeldung und Eintragung eines Zeichens allein einen "vorbeugenden Unterlassungsanspruch" geprüft (GRUR 1985, 550 - Dimple, juris Rdn. 42). In der Entscheidung "Triangle" (GRUR 1993, 556) hat er offengelassen, ob die Eintragung eines verwechslungsfähigen Markenzeichens einen "akuten" oder nur "latenten" Störungszustand begründe (a.a.0., juris Rdn. 35). In der bloßen Anmeldung eines Kennzeichens hat der BGH aber nur eine "bevorstehende" bzw. "drohende Beeinträchtigung" gesehen und nur einen "vorbeugenden" Unterlassungsanspruch bejaht (a.a.0., juris Rdn. 38).

2.

Zum Markengesetz geht der BGH in der Entscheidung "Big Bertha" (GRUR 2003, 428, juris Rdn. 54) bei der Eintragung einer IR-Marke - mehrdeutig - von einer "Begehungsgefahr" aus. Wenn er dabei zudem darauf abstellt, die Beklagte habe mit der Widerklage auf Unterlassung ihrerseits die Marke auch "für sich in Anspruch" genommen, so deutet dies eher auf die Annahme einer Erstbegehungsgefahr hin (zumal der BGH sich hier ausdrücklich auf seine Entscheidung "Kronenthaler" bezieht).

Soweit der BGH dann (GRUR 2004, 600 - d-c-fix, juris Rdn. 29) aus der Markenregistrierung eine Begehungsgefahr folgert und diese - ohne jede Begründung und allein unter Anführung seiner Entscheidung "Big Bertha" - ausdrücklich als "Wiederholungsgefahr" bezeichnet, wird dies allenfalls dann verständlich, wenn der BGH zwischen der Markeneintragung (Wiederholungsgefahr) und der bloßen Markenanmeldung (Erstbegehungsgefahr) unterscheiden wollte.

3.

Vorliegend geht es nur um die bloße Anmeldung der Marke. Der Antragsgegner selbst verfügt zudem - als Rechtsanwalt und bloßer Markenspekulant - über keinen eingerichteten Gewerbebetrieb, der einen alsbaldigen Gebrauch des streitgegenständlichen Kennzeichens befürchten lassen könnte. Ebensowenig sind konkrete Anhaltspunkte erkennbar, er wollte die Rechte aus der Markenanmeldung Dritten überlassen. Dann kann jedenfalls vorliegend nur eine Erstbegehungsgefahr angenommen werden, nicht aber bereits eine Wiederholungsgefahr, die eine bereits begangene Verletzungshandlung voraussetzen würde.

II.

Mit der Rücknahme der Markenanmeldung und der eindeutigen Erklärung, eine Anmeldungsabsicht endgültig aufgegeben zu haben, hat der Antragsgegner die Erstbegehungsgefahr aus der zwischenzeitlichen Markenanmeldung beseitigt.

1.

An die Beseitigung der Erstbegehungsgefahr sind grundsätzlich weniger strenge Anforderungen zu stellen als an den Fortfall der durch eine Verletzungshandlung begründeten Gefahr der Wiederholung des Verhaltens für die Zukunft (BGH, GRUR 2001, 797 - Berühmungsaufgabe, juris Rdn. 42; GRUR 1992, 116, 117 - Topfgucker-Scheck). Anders als für die durch einen begangenen Wettbewerbsverstoß begründete Wiederholungsgefahr besteht für den Fortbestand der Erstbegehungsgefahr keine Vermutung (BGH, a.a.0., Berühmungsaufgabe; GRUR 1989, 432, 434 - Kachelofenbauer I).

a)

Eine (nur) durch Berühmung geschaffene Erstbegehungsgefahr und mit ihr der Unterlassungsanspruch entfallen grundsätzlich mit der Aufgabe der Berühmung. Eine solche liegt jedenfalls in der uneingeschränkten und eindeutigen Erklärung, dass die beanstandete Handlung in der Zukunft nicht vorgenommen werde (BGH, a.a.0., Berühmungsaufgabe m. w. N.).

Die Ausräumung einer Wiederholungsgefahr (aus einer Verletzungshandlung) kommt hingegen in aller Regel nur in Betracht, wenn der Verletze eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt (BGH, GRUR 2000, 605, 608 - comtes).

b)

Die Markenanmeldung geht - mit dem Faktum der bei einer Behörde eingegangenen und schon Rechte begründenden Anmeldung - über eine bloße verbale Berühmung hinaus. Allein die verbale Aufgabe der Berühmung lässt die Anmeldung noch bestehen. Deshalb ist bei einer Markenanmeldung neben der uneingeschränkten und eindeutigen Erklärung einer Abstandnahme von der Absicht einer Markenanmeldung in der Regel auch die Rücknahme der Markenanmeldung erforderlich, um die Erstbegehungsgefahr zu beseitigen. Mehr kann vom Markenanmelder grundsätzlich nicht verlangt werden (im Ergebnis ebenso OLG Köln, GRUR 2001, 424, juris Rdn. 16; OLG Hamburg, GRUR-RR 2001, 231, juris Rdn. 34: Anerkenntnis des Löschungsantrages genüge).

aa)

Wenn Ingerl/Rohnke (a.a.0., Vor §§ 14-19 Rdn. 69) bei einer Markenanmeldung von einer "qualifizierten Erstbegehungsgefahr" ausgehen und deshalb die Regeln über die Ausräumung der Wiederholungsgefahr anwenden wollen (im Ergebnis ebenso Hacker, a.a.0., § 14 Rdn. 232), so überzeugt der dazu gegebene Hinweis auf das Bedürfnis des Kennzeicheninhabers nach einer endgültigen Sicherung durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung in dieser Allgemeinheit nicht. Denn ein solches Bedürfnis besteht auch bei einer bloßen verbalen Berühmung, noch dazu, wenn sie in Kenntnis der älteren Rechte erfolgt ist. Bei einer bloßen Markenanmeldung kann nicht einmal zwingend von einer solchen Kenntnis ausgegangen werden.

bb)

Soweit der BGH (a.a.0., d-c-fix, juris Rdn. 29) die bloße Löschung der Marke nicht genügen lassen will, um eine "Wiederholungsgefahr" zu beseitigen, mag dies - wie erörtert - für eine bereits eingetragene Marke des in Anspruchgenommenen in Betracht kommen und insoweit einer in der Rechtsprechung des BGH angelegten Differenzierung entsprechen. Weitergehendes kann - schon mangels einer näheren Begründung - dieser Entscheidung nachvollziehbar nicht entnommen werden.

2.

Bei der - vorstehend erörterten - Festlegung des zur Ausräumung einer Begehungsgefahr aus einer Markenanmeldung Gebotenen geht es ohnehin nur um eine Entscheidung des "Regelfalles".

Jedenfalls dann, wenn - wie vorliegend - der Markenanmelder nicht über einen eigenen eingerichteten Gewerbebetrieb für die in Aussicht stehende Benutzung der angemeldeten Marke verfügt (und greifbare Anhaltspunkte für eine Treuhandstellung oder eine unmittelbar beabsichtigte Übertragung der Rechte auf Dritte fehlen), kann von einer hinreichend konkreten Begehungsgefahr nicht mehr ausgegangen werden, so dass auf ein etwaiges Erfordernis der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung verzichtet werden kann, soweit nur die Markenanmeldung sogleich nach Abmahnung zurückgenommen und die Aufgabe einer Anmeldeabsicht unzweideutig und vorbehaltlos erklärt wird. Dies gilt vorliegend um so mehr, als der Antragsgegner sogleich mitgeteilt hatte, er habe den Markenbestand zuvor noch nicht geprüft und er nehme nunmehr - auf die Abmahnung hin und noch vor Einzahlung der Anmeldegebühren - den Eintragungsantrag zurück. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner die Marke des Antragstellers auch nur zuvor gekannt hätte, sind nicht ersichtlich.

C.

Die Nebenentscheidungen zu den Kosten und zur Wertfestsetzung beruhen auf § 97 Abs. 1, § 3 ZPO.

Ende der Entscheidung

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