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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 16.03.2004
Aktenzeichen: 5 Ws 113/04 Vollz
Rechtsgebiete: StVollzG, GVG


Vorschriften:

StVollzG § 70 Abs. 2
StVollzG § 118 Abs. 2 Satz 2
StVollzG § 131 Satz 2
GVG § 121 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
5 Ws 113/04 Vollz

In der Strafvollzugssache

wegen Genehmigung der Spielkonsole "Sony Playstation 2"

hat der 5. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 16. März 2004 beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde des Sicherungsverwahrten gegen den Beschluß des Landgerichts Berlin - Strafvollstreckungskammer - vom 26. Januar 2004 wird als unzulässig verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

Der Beschwerdeführer, gegen den in der Justizvollzugsanstalt Tegel die Sicherungsverwahrung vollzogen wird, hat bei dem Anstaltsleiter beantragt, ihm die Genehmigung für die Einbringung einer Spielkonsole "Sony Playstation 2" zu erteilen. Der Anstaltsleiter hat den Antrag mit der Begründung abgelehnt, die Überlassung der Spielkonsole würde die Sicherheit und Ordnung der Anstalt gefährden (§ 70 Abs. 2 Nr. 2 StVollzG). Den hiergegen gerichteten Antrag des Gefangenen auf gerichtliche Entscheidung hat die Strafvollstreckungskammer mit dem Beschluß vom 26. Januar 2004 zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerde des Gefangenen beanstandet das Verfahren und rügt die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel ist unzulässig, weil es nicht geboten ist, die Nachprüfung des Beschlusses der Strafvollstreckungskammer zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen (§ 116 Abs. 1 StVollzG).

1. Die Verfahrensrüge ist entgegen § 118 Abs. 2 Satz 2 StVollzG nicht ausgeführt und daher unzulässig.

2. Die Sachrüge kann die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde ebenfalls nicht begründen. Der angefochtene Beschluß und das Vorbringen der Rechtsbeschwerde werfen keine Rechtsfrage auf, die einer eingehenderen Erörterung durch den Senat bedürfte. Der Beschluß der Kammer gefährdet auch nicht die Einheitlichkeit der Rechtsprechung im Bezirk des Kammergerichts.

a) Der Senat hat in seinem Beschluß vom 8. Januar 2004 - 5 Ws 641/03 Vollz -(zur Veröffentlichung in NStZ-RR vorgesehen) im einzelnen dargelegt, daß die Spielkonsole "Sony Playstation 2" im Besitz von Strafgefangenen eine generell-abstrakte Gefahr für die Sicherheit und Ordnung der Vollzugsanstalt darstellt. Ob dieser Gefahr durch der Anstalt zuzumutende Kontrollen ausreichend begegnet werden kann, hängt weitgehend von den tatsächlichen Verhältnissen in der jeweiligen Anstalt ab. Vermag die Anstalt derartige Kontrollen nicht zu leisten, so verstößt die Versagung der Erlaubnis zur Einbringung der Konsole weder gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot noch gegen allgemeine Vollzugsgrundsätze.

Das Vorbringen der Rechtsbeschwerde gibt dem Senat keinen Anlaß, diese Rechtsprechung zu überprüfen oder fortzuentwickeln. Die Strafvollstreckungskammer hat die Rechtsgrundsätze des Beschlusses vom 8. Januar 2004, der einen in der Justizvollzugsanstalt Moabit untergebrachten Gefangenen betraf, auch zutreffend auf die Justizvollzugsanstalt Tegel übertragen. Denn in dieser Vollzugsanstalt sind, wie sie dargelegt hat und im übrigen bekannt ist, erhöhte Sicherheitsmaßnahmen ebenfalls unabdingbar.

Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde demgegenüber geltend, daß auch die Kontrolle von Computern sehr zeitaufwendig ist, ohne daß die Justizvollzugsanstalt Tegel die Überlassung von Computern deswegen allgemein verweigert. Die Rechtsbeschwerde verkennt, daß die Vollzugsanstalt gehalten sein kann, in größerem Ausmaß Kontrollen auf sich zu nehmen und auch ein gewisses Sicherheitsrisiko zu akzeptieren, wenn der Besitz eines Gegenstandes für die Persönlichkeitsentwicklung und Resozialisierung eines Gefangenen wichtig ist, etwa weil der Gefangene ihn für eine Aus- oder Weiterbildung benötigt (vgl. BVerfG NStZ 1994, 453 und NJW 2003, 2447). Mit Blick hierauf werden in der Justizvollzugsanstalt Tegel nach sorgfältiger Prüfung des Einzelfalls Genehmigungen zum Besitz von Personalcomputern erteilt. Telespielgeräte gehören demgegenüber, wie die Strafvollstreckungskammer mit Recht festgestellt hat, nicht zu den Gegenständen, die die Wiedereingliederung von Straftätern vorzubereiten geeignet sind.

Daß die Behauptung der Rechtsbeschwerde, die Kontrollen könnten durch die Wegnahme der Fernbedienung ersetzt werden, nicht richtig ist, hat das OLG Jena in NStZ-RR 2003, 221 dargelegt. Überdies dürfte das illegale Einbringen einer Fernbedienung nicht zu unterbinden sein.

b) Dem Beschwerdeführer steht auch nicht deshalb ein Anspruch auf Genehmigung der Spielkonsole zu, weil gegen ihn nicht Freiheitsstrafe, sondern Sicherungsverwahrung vollzogen wird.

Der Gesetzgeber hat in § 131 Satz 2 StVollzG bestimmt, daß den persönlichen Bedürfnissen des Sicherungsverwahrten "nach Möglichkeit" Rechnung zu tragen ist. Hierzu hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 5. Februar 2004 - 2 BvR 2029/01 - ausgeführt, im Vollzug der Sicherungsverwahrung müßten die Möglichkeiten der Besserstellung der Untergebrachten so weit ausgeschöpft werden, wie sich dies mit den Belangen der Anstalt vertrage. Um dem Sicherungsverwahrten die lange Dauer der Freiheitsentziehung erträglicher zu machen, seien ihm im Rahmen des Möglichen gegenüber dem regulären Strafvollzug größere Freiheiten zu gewähren. Zwischen dem allgemeinen Strafvollzug und dem Vollzug der Sicherungsverwahrung müsse der Abstand gewahrt bleiben (Leitsatz 2 d sowie Absätze 90 und 126 des Urteils). Im Schrifttum wird hierzu angeregt, über Anträge von Sicherungsverwahrten zum Besitz von Computerspielen selbst dann großzügig zu entscheiden, wenn dies einen größeren Kontrollaufwand verursacht (vgl. Rotthaus in Schwind/Böhm, StVollzG 3. Aufl., § 131 Rdn. 4).

Der Anstaltsleiter und die Strafvollstreckungskammer haben das Gebot, der besonderen Situation im Vollzug der Sicherungsverwahrung Rechnung zu tragen, aber auch nicht verkannt. Nur Sicherungsverwahrten, nicht Strafgefangenen wird in der Justizvollzugsanstalt Tegel der Besitz der "Sony Playstation 1" genehmigt. Dagegen ist nach der Auffassung des Anstaltsleiters der Aufwand für eine Kontrolle der Playstation 2 auch bei Sicherungsverwahrten trotz deren geringer Zahl mit den Belangen der Anstalt nicht mehr zu vereinbaren. Die Strafvollstreckungskammer hatte nicht darüber zu befinden, ob die Entscheidung des Anstaltsleiters auch anders hätte ausfallen können. Ihr oblag nur die Prüfung, ob die Abwägung, die der Anstaltsleiter zwischen den Interessen des Beschwerdeführers und den Belangen der Anstalt vorgenommen hat, rechtsfehlerhaft ist, weil sie gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstößt. Daß sie diese Frage verneint hat, kann der Senat im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht beanstanden.

3. Die Voraussetzungen für eine Vorlage der Sache an den Bundesgerichtshof gemäß § 121 Abs. 2 GVG sind nicht erfüllt. Eine Vorlage käme nur in Betracht, wenn ein anderes Oberlandesgericht angenommen hätte, daß der Besitz einer "Sony Playstation 2" in jedem Fall und ohne Ansehung der konkreten Verhältnisse in der Justizvollzugsanstalt und des konkreten Antragstellers mit § 70 Abs. 2 StVollzG im Einklang steht (vgl. BGH NStZ 2000, 222). Eine solche Entscheidung gibt es nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 121 Abs. 4 StVollzG, § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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