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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 30.03.2000
Aktenzeichen: 5 Ws 146/00 Vollz
Rechtsgebiete: StVollzG


Vorschriften:

StVollzG § 24
Es besteht kein Rechtsanspruch des Gefangenen, zum Langzeitbesuch zugelassen zu werden. Bei der Zulassung weiterer Besuche steht dem Anstaltsleiter eine weitgehende Gestaltungsfreiheit zu. Das gilt erst recht bei der Ausgestaltung der Langzeitsprechstunden, weil schon deren Einrichtung dem Ermessen der Anstalt vorbehalten ist.
KAMMERGERICHT Beschluß

Geschäftsnummer: 5 Ws 146/00 Vollz

In der Strafvollzugssache

wegen Langzeitsprechstunde

hat der 5. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 30. März 2000 beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde des Gefangenen gegen den Beschluß des Landgerichts Berlin - Strafvollstreckungskammer - vom 8. Dezember 1999 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

I.

Der Beschwerdeführer verbüßt in der Teilanstalt III der Justizvollzugsanstalt Tegel aus dem Urteil des Landgerichts Berlin - Schwurgericht - vom 8. September 1997 seit dem 6. Mai 1998 eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen heimtückisch und aus Habgier begangenen Mordes. Er hat die Möglichkeit, monatlich zwei Regel- und zwei Sondersprechstunden von jeweils 40 Minuten und darüber hinaus eine weitere Sprechstunde im Bereich des evangelischen Pfarramts in Anspruch zu nehmen. Unter dem 18. März 1999 hat er bei dem Anstaltsleiter beantragt, ihm regelmäßig, mindestens einmal im Monat, sogenannte Langzeitsprechstunden mit seiner damaligen Verlobten, die er inzwischen am 1. September 1999 geheiratet hat, und deren beiden Kindern sowie mit seinen auswärts wohnenden Eltern, die im Abstand von sechs Monaten nach Berlin kommen, zu gewähren.

Die Voraussetzungen für die Gewährung und die Art der Durchführung der "Familienfreundlichen Langzeitbesuche in der Teilanstalt V" sind durch Dienstanweisungen geregelt. Bis zum 4. August 1999 galt die Dienstanweisung Nr. 21/1998 vom 18. August 1998. Seither ist die Dienstanweisung Nr. 35/1999 vom 4. August 1999 maßgebend, die an die Stelle der Dienstanweisung Nr. 34/1999 vom selben Tage getreten ist. Die im Zeitpunkt der Antragstellung geltende Dienstanweisung Nr. 21/1998 sah die Teilnahme an den Langzeitsprechstunden für Gefangene vor, die nach den "Aufnahmekriterien und den entsprechenden konzeptionellen Vorgaben" in der Teilanstalt V untergebracht sind, deren voraussichtliche Inhaftierung noch mindestens drei Jahre dauert und die keine Vollzugslockerungen erhalten. Über die Zulassung von Gefangenen in den Teilanstalten III und VI entschieden im Rahmen der Kriterien der Dienstanweisung die beiden Teilanstaltsleiter. Die Dienstanweisungen Nrn. 34 und 35/1999 machen die Zulassung ferner davon abhängig ist, daß der Gefangene von der Einweisungsabteilung in den Bereich des Wohngruppenvollzuges eingewiesen wurde oder als sogenannter Quereinsteiger eine verbindliche Aufnahmezusage eines der genannten Bereiche hat und seit mindestens sechs Monaten mit einer verbindlichen Zusage auf der entsprechenden Warteliste notiert ist. Teilnahmeberechtigt sind außer dem Gefangenen der Ehepartner oder solche weiblichen Personen, die mit dem Gefangenen in einer der Ehe vergleichbaren Lebensgemeinschaft leben, die bereits vor der Inhaftierung bestand, sowie die Kinder und Eltern des Gefangenen. Die zwischen dem Gefangenen und der Beziehungsperson bestehende Beziehung muß förderungswürdig sein.

Der Teilanstaltsleiter lehnte den Antrag des Gefangenen ab. Im gerichtlichen Verfahren machte der Anstaltsleiter unter Hinweis auf das Ergebnis der Behandlungsuntersuchung der Einweisungsabteilung Zweifel geltend, ob die Bewilligung von Langzeitsprechstunden der Erreichung des Vollzugszieles förderlich sei. Der Beschwerdeführer sei noch sehr damit beschäftigt sei, das positiv-harmlose Bild von sich selbst aufrechtzuerhalten, worin er von seiner jetzigen Ehefrau bestärkt werde, und habe bisher eine straftatnegierende Haltung zum Ausdruck gebracht. Bei einer Verbüßungsdauer von drei Jahren befinde er sich noch im vollzuglichen Anfangsstadium.

Die Strafvollstreckungskammer hat den Antrag des Gefangenen auf gerichtliche Entscheidung vom 18. März 1999 zurückgewiesen. Sie hat nicht auf die Dienstanweisungen Nrn. 34 und 35/1999 abgestellt, weil diese erst nach der Antragstellung erlassen wurden. Sie hat der Vollzugsanstalt einen Ermessensspielraum bei der Zulassung des Beschwerdeführers zu den Langzeitsprechstunden zuerkannt und die ablehnende Entscheidung der Anstalt an den Grundsätzen des § 2 StVollzG gemessen. Die Rechtsbeschwerde des Gefangenen, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt, hat keinen Erfolg.

II.

Die Rechtsbeschwerde erfüllt die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 116 Abs. 1 StVollzG. Der Senat hält es für geboten, die Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung zur Fortbildung des Rechts zu ermöglichen und zur rechtlichen Bedeutung sogenannter Langzeitsprechstunden für Gefangene Stellung zu nehmen, die zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt sind.

1. Die Strafvollstreckungskammer ordnet die Langzeitsprechstunde ihrem sachlichen Inhalt nach zutreffend dem Besuchsrecht zu und berücksichtigt, daß das Besuchsrecht mehrere Abstufungen enthält.

a) § 24 Abs. 1 Satz 2 StVollzG schreibt die Mindestbesuchsdauer von monatlich einer Stunde vor. Darüber hinaus sollen nach § 24 Abs. 2 StVollzG Besuche zugelassen werden, die die dem Gefangenen förderlich oder für ihn zur Erledigung näher bestimmter Angelegenheiten unerläßlich sind. Dabei ist auch der Gesichtspunkt zu beachten, daß Ehe und Familie durch Art. 6 Abs. 1 GG besonderen verfassungsrechtlichen Schutz genießen (vgl. OLG Dresden ZfStrVo 1998, 116, 117). Die Frage, ob sich die Bedeutung des § 24 Abs. 2 StVollzG in einer Empfehlung an den Anstaltsleiter erschöpft (vgl. Schwind in Schwind/Böhm, StVollzG 3. Aufl., § 24 Rdn. 13) oder dem Gefangenen bei Vorliegen der Voraussetzungen einen Rechtsanspruch auf weitere Besuche über das gesetzliche Mindestmaß hinaus gibt (vgl. OLG München NStZ 1994, 560 = ZfStrVo 1994, 371; Calliess/Müller-Dietz, StVollzG 7. Aufl., § 24 Rdn. 4), bedarf keiner Entscheidung; denn um eine nach § 24 Abs. 2 StVollzG erweiterte Besuchsmöglichkeit geht es dem Beschwerdeführer nicht.

b) Mit der im Strafvollzugsgesetz nicht ausdrücklich vorgesehene Langzeitsprechstunde geht die Anstalt über die Regelungen des § 24 Abs. 2 StVollzG hinaus. Mit ihr dehnt sie nicht nur die Dauer des Besuchs aus; sie hebt die Langzeitsprechstunde auch in der Durchführung von den sonstigen Sprechstunden ab. Die Langzeitsprechstunde findet nicht im Sprechzentrum mit zumindest optischer Überwachung statt, sondern gestattet dem Gefangenen, sich mit seinem Besucher in einen besonders bereitgestellten Raum zurückzuziehen. Da diese Besuche nicht überwacht werden, ermöglichen sie intime Kontakte. Das ist als der eigentliche Zweck der Langzeitsprechstunden anzusehen.

Der Gesetzgeber hat sich nicht dazu verstanden, die Justizvollzugsanstalten zu verpflichten, sexuelle Kontakte zwischen Eheleuten oder Lebenspartnern in der Anstalt zu ermöglichen. Er hat solche Kontakte aber auch nicht untersagt. Es ist vielmehr den Anstalten überlassen, nach Maßgabe ihrer räumlichen und personellen Möglichkeiten derartige Besuchsmöglichkeiten zu eröffnen (vgl. Schwind in Schwind/Böhm, § 24 StVollzG Rdn. 12; Joester in AK-StVollzG, 2. Aufl., § 24 Rdn. 21). Das hat zur Folge, daß ein Gefangener keinen Rechtsanspruch auf die Einrichtung von Langzeitsprechstunden hat (vgl. OLG Hamm ZfStrVo 1999, 308, 309; OLG Koblenz NStZ 1998, 398). Die angeführte Entscheidung des OLG Hamm besagt entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde nicht deshalb etwas anderes, weil sie die Langzeitsprechstunde als Sonderfall des § 24 Abs. 2 StVollzG behandelt. Damit ist nur der Sitz der Rechtmaterie für die Zulässigkeit der Einrichtung von Langzeitsprechstunden zum Ausdruck gebracht.

c) Bei der Zulassung weiterer Besuche nach § 24 Abs. 2 StVollzG steht der Anstalt eine weitgehende Gestaltungsfreiheit zu (vgl. KG, Beschluß vom 23. Dezember 1985 - 5 Ws 437/85 Vollz -). Das gilt erst recht bei der Ausgestaltung der Langzeitsprechstunden, weil schon deren Einrichtung dem Ermessen der Anstalt vorbehalten ist. Dieses Ermessen ist gemäß § 115 Abs. 5 StVollzG gerichtlich nur auf Ermessensfehler überprüfbar (vgl. OLG Hamm ZfStrVo 1999, 308, 309).

Der Ermessensspielraum für die Ausgestaltung der Langzeitsprechstunden ist allerdings dadurch begrenzt, daß sich die Langzeitsprechstunde an den Grundsätzen des Strafvollzugsgesetzes ausrichten muß. Ebenso wie erweiterten Besuchsmöglichkeiten nach § 24 Abs. 2 StVollzG die Behandlung und Eingliederung des Gefangenen fördern sollen, dürfen Langzeitsprechstunden nicht etwa als Belohnung für Wohlverhalten des Gefangenen im Vollzug eingesetzt werden. Sie müssen, wie die Strafvollstreckungskammer zutreffend ausführt, eine Behandlungsmaßnahme bleiben und die Ziele des Strafvollzuges (§§ 2 bis 4 StVollzG) im Auge behalten. An diesen Zielen ist auch die Ermessensentscheidung der Vollzugsanstalt über die Zulassung eines Gefangenen zur Langzeitsprechstunde zu messen.

2. Die Dienstanweisung Nr. 21/1998 entsprach den genannten Grundsätzen. Sie kennzeichnete es ausdrücklich als Zweck der Langzeitsprechstunde, im Rahmen der Behandlung die Beziehungen innerhalb der Familie oder einer bestehenden Langzeitpartnerschaft zu erhalten und zu fördern. Für die in der Teilanstalt V nach Maßgabe der entsprechenden Voraussetzungen untergebrachten Gefangenen war die Anstalt eine Selbstbindung eingegangen, weil eine weitere Zulassung zur Teilnahme an den Langzeitsprechstunden nicht mehr stattfand. Dagegen unterlagen die Gefangenen der Teilanstalten III und VI einem besonderen Prüfungsverfahren, das dazu diente, die Eignung für die Zulassung zu den Langzeitsprechstunden festzustellen. Das war sachgerecht; denn hierdurch wurden diese Gefangenen den gleichen Anforderungen unterworfen wie die Gefangenen in der Teilanstalt V, bei denen entsprechende Prüfungen bereits stattgefunden hatten.

Die Maßgabe, daß die voraussichtliche Inhaftierung noch mindestens drei Jahre dauert, traf sowohl für die zu zeitiger Freiheitsstrafe als auch für die zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilten Gefangenen zu und eröffnete somit geeigneten Langstrafern ohne Rücksicht auf die Höhe des Strafrestes die Möglichkeit der Teilnahme an den Langzeitsprechstunden.

3. Der Beschwerdeführer gehört nicht zu den Gefangenen der Teilanstalt V. Er hat daher unter dem Gesichtspunkt der Selbstbindung der Vollzugsanstalt keinen Anspruch auf die Teilnahme an den Langzeitsprechstunden. Als Gefangener der Teilanstalt III war er der besonderen Prüfung unterworfen, die der Zulassung von Gefangenen aus anderen Teilanstalten vorausging. Die Erwägungen der Strafvollstreckungskammer zu den Ablehnungsgründen der Vollzugsanstalt decken keinen grundsätzlichen Rechtsfehler auf.

a) Es ist nicht zu beanstanden, daß sich die Anstalt zur Klärung der Frage, wie sich die Zulassung des Beschwerdeführers zur Langzeitsprechstunde auf die Behandlung auswirken werde, das Ergebnis der Behandlungsuntersuchung der Einweisungsabteilung herangezogen hat. Die Behandlungsuntersuchung bietet eine breite Beurteilungsgrundlage; denn sie erfaßt die Persönlichkeit und die Lebensverhältnisse des Gefangenen (§ 6 Abs. 1 Satz 1 StVollzG) und die für eine planvolle Behandlung erforderlichen Umstände (§ 6 Abs. 2 Satz 1 StVollzG). Aus der Stellungnahme der Einweisungsabteilung, daß der Beschwerdeführer noch keinen Zugang zur Tat gefunden habe und den Weg der problemlosen Anpassung an Vollzugsstrukturen wähle, durfte die Anstalt Zweifel daran ableiten, daß die Zulassung des Beschwerdeführers zu Langzeitsprechstunden der Behandlung förderlich sei. Der Auffassung der Anstalt läßt sich die Besorgnis entnehmen, daß der Beschwerdeführer desto weniger bereit sein werde, seine Tat aufzuarbeiten, also sich mit ihr auch unabhängig von dem Eingestehen persönlicher Schuld auseinanderzusetzen, ihre Sozialschädlichkeit zu erkennen und die eigene Verantwortung gegenüber der Allgemeinheit zu stärken (vgl. KG ZfStrVo 1996, 245), je mehr er sein Augenmerk auf die Anpassung an die Anstaltsverhältnisse richtet. Die Rechtsbeschwerde tritt solchen Erwägungen entgegen und meint unter Hinweis auf den Bericht Preuskers über Erfahrungen mit der "ehe- und familienfreundlichen Besuchsregelung in der Justizvollzugsanstalt Bruchsal" (ZfStrVo 1989, 147), daß Langzeitbesuche die Bereitschaft von Gefangenen, sich am Vollzugsgeschehen und an der Vollzugsplanung zu beteiligen, gefördert hätten. Sie läßt dabei aber außer Betracht, daß es sich bei den zu den Langzeitsprechstunden zugelassenen Gefangenen um solche handelte, bei denen davon auszugehen war, daß sich grundsätzlich zu einer Mitarbeit am Vollzugsziel bereit waren; Gefangene, die die Mitarbeit verweigerten, wurden zu den Langzeitsprechstunden nicht zugelassen (vgl. Preusker aaO S. 149).

b) Es bestehen auch keine Bedenken dagegen, daß die Strafvollstreckungskammer die eine "straftatnegierende Haltung" des Beschwerdeführers unterstützenden Einflüsse der Ehefrau in ihre Bewertung einbezogen hat. Diese Betrachtungsweise richtet sich nicht gegen die Ehefrau, sondern stellt darauf ab, daß der Beschwerdeführer noch nicht die Kraft gefunden hat, äußeren Beeinflussungen zu widerstehen, die mit der Erreichung des Vollzugsziels nicht in Einklang zu bringen sind. Eine Förderung der Behandlung des Beschwerdeführers durch die Zulassung an der Langzeitsprechstunde ist daher nicht zu erwarten.

c) Dagegen ist die Berücksichtigung der Vollzugsdauer nicht frei von Ermessensfehlern.

Der Senat erachtet es zwar für unbedenklich, bei der Zulassung von Gefangenen zu den Langzeitsprechstunden auf die bereits abgelaufene Vollzugsdauer abzustellen. Das war offensichtlich auch der Ausgangspunkt der Dienstanweisung Nr. 21/1998, soweit sie die Teilnahme an Langzeitsprechstunden von der weiteren Mindestverbüßungsdauer von drei Jahren abhängig machte. Nach der Regelung der Anstalt setzt die Zulassung zu den Langzeitsprechstunden eine Vollzugsdauer voraus, unterhalb deren Schwelle eine solche Besuchsmöglichkeit nicht in Betracht kommt. Dagegen ist unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung der Gefangenen nichts einzuwenden; denn bei der Größe der Justizvollzugsanstalt Tegel können nur solche Gefangenen zu den Langzeitsprechstunden zugelassen werden, die bestimmte Kriterien erfüllen. Die Dauer des Vollzuges, der hingenommen werden muß, ohne daß eine Besuchsmöglichkeit im Wege von Langzeitsprechstunden ermöglicht wird, ist ein solches Abgrenzungsmerkmal.

Mit dieser Betrachtungsweise steht die von der Strafvollstreckungskammer gebilligte Begründung der Anstalt, der Beschwerdeführer befinde sich noch im vollzuglichen Anfangsstadium, weil er erst gut drei Jahre seiner lebenslangen Freiheitsstrafe verbüßt habe, aber nicht in Einklang. Bezugspunkt für die Zulassung zu den Langzeitsprechstunden ist hiernach nicht die Dauer des bisherigen Vollzuges, sondern die gesamte Dauer des Vollzuges. Das führt zu dem Ergebnis, daß die zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilten Gefangenen grundsätzlich später zu Langzeitsprechstunden zugelassen werden können als Gefangene, die eine zeitige Freiheitsstrafe zu verbüßen haben. Hierin liegt eine Benachteiligung der zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilten Gefangenen, die im Hinblick auf den durch Art. 6 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich verbürgten Schutz der Ehe, dem die Langzeitsprechstunden Rechnung tragen sollen, nicht gerechtfertigt ist. Denn die Ehe eines lebenslänglich verurteilten Gefangenen ist nicht weniger schützenswert als die eines zu zeitiger Freiheitsstrafe verurteilten Gefangenen.

Die insoweit fehlerhafte Begründung der Strafvollstreckungskammer gefährdet den Bestand des angefochtenen Beschlusses nicht; die übrigen Begründungen tragen ihn.

d) Die mit der Rechtsbeschwerde überreichte Fortschreibung des Vollzugsplans vom 18. August 1999 kann der Senat als nachträglichen Tatsachenvortrag nicht berücksichtigen. Im übrigen käme es auf ihn nicht an. Bei einem Verpflichtungsantrag ist zwar im allgemeinen der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgebend. Hat die Behörde ein Ermessen auszuüben, so ist aber für die gerichtliche Überprüfung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde maßgebend (vgl. BVerwGE 61, 176, 191; OLG Celle NStZ 1989, 198; KG ZfStrVo 1989, 374; KG, Beschlüsse vom 13. Dezember 1996 - 5 Ws 664/96 Vollz - und 25. Oktober 1993 - 5 Ws 318/93 Vollz -). Bei Erlaß des ablehnenden Bescheides der Anstalt lag die Vollzugsplanung vom 18. August 1999 noch nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 121 Abs. 4 StVollzG, 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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