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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 24.11.2006
Aktenzeichen: 6 U 122/06
Rechtsgebiete: VVG, BNotO


Vorschriften:

VVG § 152
BNotO § 19
BNotO § 19 a
Der vor Inkrafttreten des § 19 a Abs. 2 S. 2 BNotO durch eine vorsätzliche Pflichtverletzung des Notars Geschädigte kann die Notarkammer darauf in Anspruch nehmen, seinen Anspruch als Versicherten des Versicherungsverhältnisses zwischen der Notarkammer und dem Vertrauensschadenversicherer treuhänderisch geltend zu machen, diese Forderung einzuziehen und die Leistung an ihn auszukehren; diesem Anspruch steht nicht entgegen, dass im vorangegangenen Haftpflichtprozess lediglich eine fahrlässige Pflichtverletzung behauptet und im Urteilsausspruch festgestellt wurde, wenn sich aus den im Deckungsprozess vorgetragenen Umständen der Pflichtverletzung eine vorsätzliche Begehungsweise ergibt.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 6 U 122/06

verkündet am: 24.11.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Elßholzstr. 30-33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 24. November 2006 durch die Vorsitzende Richterin am Kammergericht Reinhard, die Richterin am Landgericht Muratori und den Richter am Kammergericht Ninnemann

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil der Zivilkammer 7 des Landgerichts Berlin vom 25. April 2006 geändert:

Die Beklagte wird verurteilt, als Versicherungsnehmerin den Versicherungsanspruch wegen des Anspruchs der Kläger gemäß dem Versäumnisurteil des Landgerichts Berlin - Geschäftszeichen 84 O 58/03 - vom 24. März 2004 in Höhe von 62.316,16 EUR nebst Zinsen in Höhe von 4% p.a. für den Zeitraum vom 7. September 1998 bis zum 30. April 2000 sowie Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Mai 2000 treuhänderisch gegenüber der Ennn Hnnn Knnnnnnnnn AG, Fnnnnnnnn , 212.12.2007 Hnnn , als Vertrauensschadenversicherer der Beklagten geltend zu machen, diese Forderung einzuziehen und die Leistung an die Kläger durch Überweisung auf deren Konto bei der Volksbank Wnnnn , BLZ 2nnnnn , Kto-Nr.: nnnnnn , auszukehren.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 75.000,- EUR und hinsichtlich der Kosten in Höhe des beizutreibenden Betrages zuzüglich 10% abzuwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Wert der Beschwer beträgt für die Beklagte 62.316,16 EUR.

Gründe:

I. Die Kläger nehmen die beklagte Notarkammer als Versicherungsnehmerin einer Vertrauensschadenversicherung auf treuhänderische Geltendmachung der Ansprüche aus der Versicherung geltend. Die Versicherungsleistung soll die Schäden abdecken, die den Klägern durch eine - streitige - vorsätzliche Amtspflichtverletzung des ehemaligen Notars Snn entstanden sind. Ein Schadensersatzanspruch der Kläger gegen den ehemaligen Notar ist durch das rechtskräftige Versäumnisurteil des Landgerichts Berlin vom 24. März 2004 - 84 O 58/03 tituliert worden. Der ehemalige Notar Snn ist verurteilt worden, an die Kläger als Gesamtgläubiger 62.316,16 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Ferner ist festgestellt worden, dass der ehemalige Notar den Schaden, der den Klägern gemäß Ziffer 1 entstanden ist, fahrlässig verursacht hat.

Die Kläger hatten dem ehemaligen Notar vorgeworfen, dass der von ihm am 16. Juli 1998 beurkundete Vertrag über den Erwerb einer bereits abgenommenen aber noch fertig zu stellenden Eigentumswohnung fehlerhaft sei, weil zwar die Abwicklung der von den Klägern zu leistenden Zahlung über ein Notaranderkonto vereinbart worden sei, die Auszahlung aber nicht davon abhängig gemacht worden war, dass eine Pfandhaftentlassungserklärung der Grundschuldgläubigerin vorlag. Ein lastenfreier Eigentumserwerb der Kläger sei nicht sichergestellt gewesen.

Da der Betrag auf dem Notaranderkonto auch nicht zur Ablösung der Grundschulden verwendet worden ist, ist es zur Zwangsversteigerung gekommen. Die Kläger mussten bei der Versteigerung noch einmal 61.866,37 EUR (121.000,10 DM = 110.335,61 DM + 10.664,49 DM) zahlen, um das Eigentum lastenfrei zu erwerben. Ferner seien die Gebühr für die Erteilung des Zuschlages in Höhe von 519,80 DM sowie die Reisekosten in Höhe von 360,- DM zu ersetzen. Die Kläger haben nach teilweiser Klagerücknahme einen Betrag in Höhe von 62.316,16 EUR geltend gemacht. Sie haben ferner vorgetragen, dass wegen der Vermögenslosigkeit der Vertragspartnerin (Dnnn ) eine anderweitige Ersatzmöglichkeit nicht bestehe.

Zu den Einzelheiten des Vortrags wird auf die Akte des Landgerichts Berlin 84 O 58/03 verwiesen.

Die Kläger haben in der Folgezeit den Anspruch auf Versicherungsleistung gegen den Berufshaftpflichtversicherer des ehemaligen Notars gepfändet und sich zur Einziehung überweisen lassen. Die von ihnen in Anspruch genommene Berufshaftpflichtversicherung hat eine Regulierung abgelehnt und sich damit verteidigt, dass nach § 4 Ziffer 5 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen die Haftpflichtversicherung leistungsfrei sei, wenn - wie im hiesigen Sachverhalt - eine Schadensverursachung durch wissentliches Abweichen von Gesetz, Vorschrift, Anweisung oder Bedingung des Auftraggebers oder durch sonstige wissentliche Pflichtverletzung vorliege.

Der ehemalige Notar Snn habe die Pflichtverletzung wissentlich begangen. Aus einem anderen Haftpflichtfall sei bekannt, dass er wusste, wie man eine ungesicherte Vorleistung vermeidet. So sei dort die Auszahlung von der Vorlage der Löschungserklärungen für eingetragene Grundschulden abhängig gemacht worden (BA LG Berlin 7 O 341/04, Bl. 33). Hier sei das Geld nach der Gutschrift auf dem Konto am 10. September 1998 durch Zahlungen an die Veräußerin Dnnn , deren Geschäftsführerin und an sich selbst in Höhe von 30.000,- DM für "Gebühren Dnnn " bis zum 22. September 1998 vollständig verbraucht worden. Er habe in offensichtlicher Abrede mit der Dnnn unreell gehandelt (BA, a. a. O., Bl. 30)

Die Haftpflichtversicherung habe erst mit Schreiben vom 19. März 2004 von dem Amtshaftungsprozess gegen den Versicherungsnehmer erfahren (BA LG Berlin 7 O 341/04, Bl. 25 d. A.). Eine Bindungswirkung sei nicht eingetreten, was die Schuldform betreffe.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 18. Januar 2005 die Klage der Kläger gegen die Berufshaftpflichtversicherung abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass ein wissentlicher Verstoß des ehemaligen Notars gegen die Belehrungspflicht über die Risiken einer ungesicherten Vorleistung und über Abhilfemöglichkeiten vorliege. Eine Bindungswirkung im Hinblick auf den Feststellungstenor im Vorprozess sei nicht eingetreten.

Die Kläger haben gegen dieses Urteil keine Berufung eingelegt, sie haben auch der hiesigen Beklagten nicht den Streit verkündet.

Mit der vorliegenden Klage nehmen die Kläger nunmehr die Beklagte in Anspruch und begehren von ihr die Inanspruchnahme des Versicherers aus der Vertrauensschadenversicherung.

Die Beklagte lehnt eine Inanspruchnahme der Vertrauensschadenversicherung ab und verweist darauf, dass das Versäumnisurteil im Amtshaftungsprozess Bindungswirkung hinsichtlich der Schuldform - zumindest durch den ausdrücklichen Feststellungstenor - entfalte. Die Kläger könnten sich auch nicht auf die Ausführungen des Landgerichts im Rechtsstreit mit der Berufshaftpflichtversicherung berufen, wonach der ehemalige Notar wissentlich gegen die doppelte Belehrungspflicht bei ungesicherten Vorleistungen verstoßen habe. Denn darauf sei der Anspruch im Amtshaftungsprozess nicht gestützt worden. Zudem habe Salm davon ausgehen können, er dürfe einen Vertrag mit einer ungesicherten Vorleistung beurkunden, zumal er im Beurkundungstermin darauf hingewiesen habe, dass eine Lastenfreistellung davon abhänge, dass die Dnnn aus eigenen Mitteln die bestehenden Grundschulden ablöse (Bl. 30 d. A.). Eine Belehrungspflicht habe ohnehin nur gegenüber der vollmachtlosen Vertreterin bestanden. Snn habe auch die Rechtsprechung zur doppelten Belehrungspflicht nicht erahnen können. Diese sei erst Jahre später ergangen. Er habe davon ausgehen können, dass die Erwerber nur wissen mussten, dass sie eine ungesicherte Vorleistung erbringen. Salm habe sich gegenüber der Beklagten dahin eingelassen, die Vertragsparteien hätten vereinbart - und zwar ohne ihn -, dass der Kaufpreis an die Dnnn ausgekehrt werden könnte, weil die Dnnn den Klägern Glauben machen konnte, dass sie die Wohnung lastenfrei stellen könne (Bl. 32 d. A.). Nur deswegen habe Snn davon abgesehen, die Lastenfreistellung als Auszahlungsvoraussetzung in den Vertrag aufzunehmen (Bl. 33 d. A.).

Das Landgericht hat die Klage mit der Erwägung abgewiesen, dass eine vorsätzliche Pflichtverletzung des ehemaligen Notars Snn nicht vorliege. Wegen des Feststellungstenors im Haftpflichtprozess gegen den ehemaligen Notar liege auch hinsichtlich der Verschuldensform Voraussetzungsidentität vor. Damit stehe für diesen Rechtsstreit bindend fest, dass der Beklagte nur fahrlässig die Schäden verursacht habe. Die von der Kammer im Vorprozess gegen die Berufshaftpflichtversicherung des ehemaligen Beklagten vertretene Rechtsauffassung werde nicht mehr aufrechterhalten. Zu den Einzelheiten der Erwägungen wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen.

Dagegen wenden sich die Kläger mit ihrer Berufung, mit der sie ihr Klagebegehren in vollem Umfang weiter verfolgen. Sie meinen, dass das Landgericht im Vorprozess mit dem Berufshaftpflichtversicherer zutreffend die Auffassung vertreten habe, dass der Feststellungstenor im Haftpflichtprozess gegen den ehemaligen Notar keine Bindungswirkung im Sinne eines Vorsatzausschlusses bewirke. Ein Vortrag der Kläger, der eine Abgrenzung zwischen fahrlässigem Handeln und wissentlichem Pflichtenverstoß ermöglicht hätte, habe nicht vorgelegen.

Die Beklagte sei auch nach Treu und Glauben an das Urteil im Deckungsprozess gegen die Berufshaftpflichtversicherung gebunden, weil sowohl die Kläger, die Berufshaftpflichtversicherung und auch die Beklagte dreiseitig über die Regulierung verhandelt hätten. Die Beklagte habe nach dem Urteil des Landgerichts im Deckungsprozess auf die Anfrage der Kläger, wie die Regulierung nun erfolgen solle, nicht innerhalb der Berufungsfrist reagiert, so dass sie davon ausgehen konnten, die Beklagte wolle dieses Urteil gegen sich gelten lassen (Bl. 102 d. A.). Die Beklagte verhalte sich nunmehr widersprüchlich.

Die Kläger beantragen,

was ihnen mit dem Tenor zugesprochen worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend und meint, ein widersprüchliches Verhalten liege nicht vor. Denn der Klägervertreter habe mit Übersendung des landgerichtlichen Urteils im Deckungsprozess eine Stellungnahme zur Rechtslage angekündigt. Auf diese habe die Beklagte gewartet. Es sei jedoch dann nur die Mitteilung erfolgt, das Urteil sei nunmehr rechtskräftig (Bl. 138 d. A.).

Zu den Einzelheiten des Parteivortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlage verwiesen.

Die Akten des Landgerichts Berlin 84 O 58/03 und 7 O 341/04 haben zur Information vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

II. Die Berufung der Kläger ist zulässig und begründet.

Den Klägern steht der geltend gemachte Anspruch gegen die Beklagte zu.

1) Zutreffend ist der rechtliche Ansatz des Landgerichts. Danach haben die Kläger als Versicherte des Versicherungsverhältnisses zwischen der Beklagten und dem Vertrauensschadenversicherer einen Anspruch gegen die Beklagte darauf, dass diese ihre Ansprüche aus dem Versicherungsverhältnis treuhänderisch für die Kläger geltend macht. Zwar wären die Kläger wegen der Weigerung der Beklagten, entsprechende Ansprüche geltend zu machen, auch berechtigt, nunmehr direkt gegen den Versicherer vorzugehen (vgl. BGH NJW 1998, 2537, 2538). Diese Möglichkeit steht jedoch einer Klage gegen die Beklagte nicht entgegen, sondern erweitert nur die Rechte der Kläger.

2) Zutreffend geht das Landgericht auch davon aus, dass die neue Fassung des § 19 a BNotO auf den vorliegenden Sachverhalt keine Anwendung findet, weil der Versicherungsfall sich vor dem 1. März 1999 ereignet hat (vgl. BGH NJW-RR 2003, 1572).

3) Die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme der Beklagten liegen vor, denn der Versicherungsfall ist eingetreten.

A) Gemäß § 1 der Bedingungen über die Vertrauensschadenversicherung liegt der Versicherungsfall u. a. vor, wenn eine Vertrauensperson in Ausübung ihrer Berufstätigkeit einem Dritten durch vorsätzliche Handlungen einen Vermögensschaden zufügt, zu dessen Ersatz sie nach den gesetzlichen Bestimmungen über unerlaubte Handlungen verpflichtet ist (vgl. BGH NJW 1997, 2537). .

B) Die Vertrauensschadenversicherung soll zusammen mit der Einzelhaftpflichtversicherung (§ 19a BNotO), der Gruppenanschlussversicherung (§ 67 Abs. 2 Nr. 3 BNotO) und dem Vertrauensschadenfonds der Notarkammern für geschädigte Rechtsuchende den Vermögensschutz sicherstellen, den die Staatshaftung (Art. 34 GG) bei Amtspflichtverletzungen anderer Amtsträger schafft (BGH DNotZ 1999, 352, 354 m. w. Nachw.). Soll also die Vertrauensschadenversicherung nach dem Willen des Gesetzgebers die Haftpflichtversicherung des Notars wirksam ergänzen, dann muss sie in ihrer Handhabung auch den Regeln der Haftpflichtversicherung folgen (BGH, a. a. O.). In Fällen der vorliegenden Art hat sie deshalb die Funktion einer Haftpflichtversicherung, die das Risiko vorsätzlicher Pflichtverletzungen des Notars in den Versicherungsschutz einschließt.

C) Bei der Vertrauensschadenversicherung gilt ebenfalls der Grundsatz, dass der vorangegangene Haftpflichtprozess zwischen dem Geschädigten und dem Schädiger Bindungswirkung im nachfolgenden Deckungsprozess zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer entfaltet (vgl. BGH NJW 1998, 2537 m. w. Nachw.). Die Bindungswirkung folgt nicht aus der Rechtskraft des Haftpflichturteils, da der Versicherer am Haftpflichtprozess nicht beteiligt ist. Vielmehr ist sie dem Leistungsversprechen, das der Haftpflichtversicherer dem Versicherungsnehmer im Versicherungsvertrag gegeben hat, zu entnehmen (BGH NJW 2006, 289, 291; NJW-RR 2001, 1311; NJW 1993, 68). Sie bedeutet, dass das Ergebnis des vorangegangenen Haftpflichtprozesses für die Deckungsfrage verbindlich ist. Damit wird verhindert, dass die im Haftpflichtprozess getroffene Entscheidung und die ihr zu Grunde liegenden Feststellungen im Deckungsprozess erneut überprüft werden können und müssen (BGH NJW 2006, 291; NJW-RR 2001,1311; NJW 1993, 68). Das Haftpflichturteil entfaltet also im nachfolgenden Deckungsprozess Bindungswirkung jedenfalls insoweit, als es um den Haftungstatbestand geht (BGH NJW 2006, 291). Dieser umfasst die tatsächlichen Elemente, die der Tatrichter des Haftpflichtprozesses der Haftung des Versicherungsnehmers zu Grunde gelegt hat, ferner den dem Versicherungsnehmer anzulastenden Pflichtverstoß. Es ist deshalb im Deckungsprozess nicht mehr möglich, eine andere schadensverursachende Pflichtverletzung des Versicherungsnehmers zu Grunde zu legen als dies im Haftpflichtprozess geschehen ist (BGH NJW 2006, 291; NJW-RR 2001, 1311; NJW-RR 2002, 1539).

Aus den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur so genannten Voraussetzungsidentität (vgl. dazu BGH NJW-RR 2004, 676) folgt nichts Anderes. Denn die Frage nach dem Haftungsgrund erweist sich im Haftpflichtprozess immer als entscheidungserheblich in dem Sinne, dass sie nach dem im Haftpflichtversicherungsvertrag gegebenen Leistungsversprechen für den nachfolgenden Deckungsprozess verbindlich geklärt werden soll.

D) Eine vorsätzliche Pflichtverletzung des ehemaligen Notars Snn bei der Ausübung seiner Tätigkeit liegt vor.

aa) Die Pflichtverletzung besteht hier darin, dass er den notariellen Vertrag beurkundet hat, der eine ungesicherte Vorleistung der Kläger vorsah, ohne über dieses Risiko hinreichend zu belehren und ohne Abhilfemöglichkeiten aufzuzeigen.

(1) Dies steht mit Bindungswirkung auf Grund des Versäumnisurteils im Haftpflichtprozess gegen den ehemaligen Notar Salm fest. Auch ein rechtskräftiges Versäumnisurteil entfaltet Bindungswirkung (vgl. BGH NJW-RR 2003, 1572, 1573 m. w. Nachw.) Die Kläger haben dem Beklagten zum Vorwurf gemacht, dass Salm den notariellen Vertrag fehlerhaft gestaltet habe. Er habe eine Auszahlung des Kaufpreises vom Notaranderkonto zugelassen, ohne dass ein lastenfreier Übergang des Eigentums auf die Kläger sichergestellt gewesen sei. Die Vorlage der Pfandhaftentlassungserklärung hätte als Auszahlungsvoraussetzung vereinbart werden müssen (Bl. 4 der BA LG Berlin 84 O 58/03). Damit haben die Kläger geltend gemacht, dass der Beklagte sie nicht auf die Risiken einer ungesicherten Vorleistung hingewiesen und keine Abhilfemöglichkeiten aufgezeigt habe.

Der Klagevortrag ist entsprechend auszulegen und ist auch vom Landgericht so ausgelegt worden, denn andernfalls wäre die Klage unschlüssig gewesen. Einem Notar ist nicht in jedem Fall ein Vorwurf zu machen, wenn die Parteien eines Vertrages trotz ausreichender Belehrung über die Risiken einer ungesicherten Vorleistung gleichwohl eine solche Beurkundung wollen (vgl. BGH NJW 1996, 3009). Dies kommt beispielsweise in Betracht, wenn die benachteiligte Vertragspartei sich wesentlich auch von verwandtschaftlichen Beziehungen hat leiten lassen (vgl. BGH, a. a. O.). Eine Grenze bildet auch hier die Mitwirkung des Notars an Handlungen, die unerlaubten oder unredlichen Zwecken einer Vertragspartei, § 14 Abs. 2 BNotO, dienen.

Das Versäumnisurteil entfaltet auch insoweit Bindungswirkung, als verbindlich festgestellt ist, dass die Amtspflichtverletzung den geltend gemachten Schaden in adäquater Weise verursacht hat.

Salm hätte die Kläger darüber beraten müssen, dass eine Auszahlung des auf dem Notaranderkonto zu hinterlegenden Betrages erst erfolgen solle, wenn ein lastenfreier Erwerb sichergestellt sei oder wenn durch die Auszahlung des Betrages an den Grundpfandrechtsgläubiger ein solcher Erwerb herbeigeführt wird.

Bei einer Vornahme der gebotenen Belehrung spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass sich die Kläger beratungsgerecht verhalten hätten (vgl. BGH NJW 1995, 330, 332 m. w. Nachw.). Dieser Beweis des ersten Anscheins ist nicht entkräftet. Die Kläger hätten den Betrag, den sie auf das Notaranderkonto einzahlten, nicht verloren. Entweder hätte sich die Dnnn mit einer entsprechenden Auszahlungsvereinbarung einverstanden erklärt, wonach die Auszahlung nur bei Sicherstellung eines lastenfreien Eigentumserwerbs erfolgen dürfe. Oder sie hätten von einem Vertragsschluss insgesamt Abstand genommen, wenn sich die Dnnn mit einer solchen Regelung nicht einverstanden erklärt hätte. Dass mit dem beurkundeten Vertrag zugleich der Vertrag vom 16. Januar 1997 zur UR-Nr. 30/1997 des ehemaligen Notars Snn aufgehoben wurde, ist für die Verursachung eines Schadens durch einen Beratungsfehler bei der Beurkundung des späteren Vertrages ohne Belang. Nach den Vereinbarungen im Vertrag vom 16. Januar 1997 war auch ein Verlust des von den Klägern zu zahlenden Erwerbspreises ausgeschlossen, da zur Sicherheit eine Bürgschaft, die den Bestimmungen der §§ 2 und 7 MaBV entsprechen musste, zu hinterlegen war. Selbst wenn es bei dem alten Vertrag geblieben wäre, hätten die Kläger den auf Grund des späteren Vertrages hinterlegten Betrag nicht verloren und auch die weiteren Kosten nicht aufgewendet.

Eine anderweitige Ersatzmöglichkeit bestand unstreitig nicht. Auch insoweit entfaltet das Versäumnisurteil des Landgerichts jedenfalls Bindungswirkung.

(2) Auch ohne entsprechende Bindungswirkung wäre der Vortrag der Beklagten zu einer angeblichen Belehrung durch Snn unbeachtlich.

Die Beklagte hat im ersten Rechtszug vorgetragen, dass Snn in der Beurkundungsverhandlung die vollmachtlose Vertreterin darauf hingewiesen habe, die Lastenfreistellung hänge davon ab, dass die Dnnn aus eigenen Mitteln die bestehenden Lasten ablöse (Bl. 30 d. A.). Abgesehen davon, dass die vollmachtlose Vertreterin seine eigene Notariatsangestellte war, wäre schon dieser Hinweis nicht ausreichend, um die Belehrungspflicht zu erfüllen. Der Bundesgerichtshof hat bereits am 27. Oktober 1994 (vgl. BGH NJW 1995, 330 ff.) einen Rechtsstreit entschieden, dem ein vergleichbarer Sachverhalt zu Grunde lag. Salm soll nach dem hiesigen Vortrag der Beklagten sich ihr gegenüber dahin eingelassen haben, dass die Vertragsparteien sich ohne seine Mitwirkung geeinigt hatten, dass der Kaufpreis an die Dnnn ausgekehrt werden könne, weil die Dnnn den Klägern Glauben machen konnte, dass sie - die Dnnn - die Wohnung lastenfrei stellen könne (Bl. 32 d. A.). Diesen Vortrag als wahr unterstellt, hätte Snn überhaupt nicht belehrt, sondern durch falsche Angaben gegenüber seiner eigenen Notariatsangestellten sogar den Eindruck verstärkt, durch die Vertragsgestaltung sei das Risiko, dass die Dnnn die Gelder der Kläger erhält, aber gleichwohl keine Lastenfreistellung des Wohnungseigentums bewirke, nicht abzuwenden.

Dies war eklatant falsch, denn Snn hätte darauf hinweisen müssen, dass die Lastenfreistellung unter Umständen auch mit dem von den Klägern zu zahlenden Erwerbspreis sichergestellt werden kann. Der Bundesgerichtshof hat in der zitierten Entscheidung (BGH a. a. O., S. 331) ausgeführt, das ein juristischer Laie von sich aus nicht ohne weiteres die juristischen Überlegungen anstellt, die regelmäßig erforderlich sind, um das Risiko einer ungesicherten Vorleistung zu erkennen und zutreffend zu bewerten. Der Bundesgerichtshof hat weiter ausgeführt, dass der Notar verpflichtet ist in Fällen, in denen den Erwerbern jegliches Risikobewusstsein fehlt, weil sie offenbar keine Zweifel daran haben, dass es dem Verkäufer gelingen werde, auf dem Grundstück ruhende Gesamtschulden abzulösen, die Erwerber von diesem Irrtum zu befreien. Genau so liegt der Sachverhalt nach dem eigenen Vortrag der Beklagten hier. Erschwerend kommt hier nach dem eigenen Vortrag der Beklagten allerdings hinzu, dass der ehemalige Notar einerseits die Kläger - vollmachtlos vertreten durch die eigene Notarangestellte des ehemaligen Notars - noch in ihrem Irrtum bestärkte, dass die Lastenfreistellung des Wohnungseigentums vom "guten" Willen der Dnnn und deren Finanzkraft abhänge.

Hinzu kommt, dass er den Klägern eine Sicherheit durch die Abwicklung der Zahlung über ein Notaranderkonto vorgegaukelt hat. Denn die Abwicklung der Zahlung über dieses Notaranderkonto bot gerade keine Gewähr dafür, dass die Kläger den Erwerbspreis nicht ohne Gegenleistung verloren, wenn die Auszahlung des Preises nicht von der Sicherstellung lastenfreien Eigentumserwerbs abhängig gemacht war. Auf diese Möglichkeit hat der ehemalige Notar Snn unstreitig nicht hingewiesen. Er hat auch eine sichere Abwicklung vorgetäuscht, indem er die Auszahlung von der Fertigstellung der Arbeiten abhängig gemacht hat, die durch den bauaufsichtsführenden Architekten zu bestätigen war. Damit hat er bei den Klägern den Eindruck erweckt, dass alles seine Ordnung habe und er als Notar darüber wachen werde, dass der Vertrag ordnungsgemäß durchgeführt werde.

bb) Snn hat auch vorsätzlich gegen die ihm obliegenden Amtspflichten verstoßen.

(1) Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass Snn die Rechtsprechung zur doppelten Belehrungspflicht über die Risiken ungesicherter Vorleistungen und über Abhilfemöglichkeiten nicht erahnen konnte, weil die maßgeblichen BGH-Urteile nach ihrem Vortrag erst Jahre später ergangen seien (Bl. 30 d. A.). Denn bereits in den zwei zitierten Entscheidungen (NJW 1995, 330 und 1996, 3009) hatte der Bundesgerichtshof es als ständige Rechtsprechung bezeichnet, dass der Notar bei einer ungesicherten Vorleistung, die nicht ohne weiteres erkennbar ist, nicht nur über die Folgen, die bei Leistungsunfähigkeit des durch die Vorleistung Begünstigten eintreten werden, belehren muss, sondern dass er auch Wege aufzeigen muss, wie dieses Risiko vermieden werden kann.

Die Beklagte behauptet nicht, dass Snn die konkreten Pflichten nicht gekannt habe. Der unzutreffende Einwand, Salm habe die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht erahnen können, ersetzt einen konkreten Tatsachenvortrag nicht.

Die Beklagte beruft sich selbst darauf, Snn habe wegen des Willens der Kläger zu einer ungesicherten Vorleistung darauf verzichtet, eine Lastenfreistellung des Wohnungseigentums als Auszahlungsvoraussetzung aufzunehmen. Es ist damit nach dem eigenen Vortrag der Beklagten auch unstreitig, dass Salm die erforderlichen Abhilfemöglichkeiten kannte.

Das Verhalten Salms nach der Beurkundung des Vertrages indiziert sogar ein unredliches Zusammenwirken mit der Dnnn . Snn hat gegenüber der Grundschuldgläubigerin mit Schreiben vom 8. Oktober 1998 (Anlage K 4 im Haftpflichtprozess) vorgetäuscht, dass der Kaufpreis noch auf dem Notaranderkonto hinterlegt sei, obwohl zu diesem Zeitpunkt der Erwerbspreis bereits ausgekehrt war. Er hat auch auf eine schriftliche Anfrage der Grundpfandrechtsgläubigerin vom 25. April 2000, welche Hindernisse der Abwicklung entgegenstehen, nicht mitgeteilt, dass der Betrag längst ausgekehrt war. Er wusste, dass die Bank Kopien der Schreiben an die Kläger schickte, weil sie dies im Schreiben erwähnte, und teilte auch den Klägern nicht mit, dass der Betrag längst ausgekehrt war. Selbst auf die Ankündigung der Zwangsvollstreckung aus den Grundschulden durch die Bank mit Schreiben vom 10. August 2000 legte er die Situation nicht offen. Vielmehr bewegte er die Bank mit einem Schreiben vom 29. November 2000 dazu, am 13. Dezember 2000 die Pfandhaftentlassungserklärung zu übersenden. Die Bank machte die Verwendung der Erklärung von der Zahlung des Kaufpreises und der auf dem Notaranderkonto angefallenen Zinsen an sie abhängig und erteilte an Salm einen entsprechenden Treuhandauftrag. Selbst zu diesem Zeitpunkt hatte er die wahre Sachlage noch nicht mitgeteilt.

Gleichzeitig stand er in vertraglichen Beziehungen zur Dnnn . Er hat mit dem Schreiben vom 6. Dezember 2000 (Anlage K 6 im Haftpflichtprozess) gegenüber den Klägern eingeräumt, dass er die Finanzierungsbemühungen der Dnnn begleite. Er wusste, dass diese Finanzierung nicht sichergestellt war, als er die Gelder vom Konto überwies. Selbst am 6. Dezember 2000 soll lediglich eine "grundsätzliche" Zusage für die angestrebte Großfinanzierung vorgelegen haben. Dies bedeutet jedoch nichts Anderes, als dass eben keine verbindliche Finanzierungszusage vorlag. Diese Finanzierung sollte dazu dienen, die Grundschuld abzulösen und den Ankaufspreis zu finanzieren.

Snn hatte nicht nur die Gelder in der Kenntnis ausgekehrt, dass die Zusage der Dnnn , auf die die Kläger vertrauten, sie könne die Eigentumswohnung lastenfrei stellen, nicht zutraf, er verheimlichte auch die Auszahlung des Kaufpreises und nahm den Klägern so auch jede Möglichkeit, die Beträge zurück zu fordern. Schließlich täuschte er auch noch im März 2001 vor, dass die Dnnn die Grundschuld ablösen könne. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sich Snn aus dem hinterlegten Kaufpreis 30.000,- DM auf sein eigenes Konto für Gebührenansprüche gegen die Dnnn überwies, ist der Schluss zu ziehen, dass die unausgewogene Vertragsgestaltung darauf beruhte, dass er der Dnnn und sich selbst finanzielle Vorteile sichern wollte.

(2) Die Beklagte kann sich auch nicht auf die Bindungswirkung des Versäumnisurteils im Haftpflichtprozess berufen, wenn sie geltend macht, Snn habe nur fahrlässig gehandelt. Weder der Vortrag der Kläger im Haftpflichtprozess zum Grad des Verschuldens noch der Feststellungstenor zu 2. des Versäumnisurteils entfalten eine derartige Bindungswirkung, weil es an der sogenannten Voraussetzungsidentität fehlt.

Die Bindungswirkung geht nicht weiter, als sie nach dem Zweck geboten ist, dass gegen den Versicherten aus den im Haftpflichtprozess festgestellten Gründen ein Haftpflichtanspruch besteht (BGH NJW-RR 2004, 676; VersR 1969, 928). Geboten ist die Bindungswirkung nur insoweit, als eine für die Entscheidung im Deckungsprozess maßgebliche Frage sich auch im Haftpflichtprozess nach dem vom Haftpflichtgericht gewählten rechtlichen Begründungsansatz bei objektiv zutreffender rechtlicher Würdigung als entscheidungserheblich erweist, also Voraussetzungsidentität vorliegt (BGH NJW-RR 2004, 676).

Danach kann dem Feststellungstenor schon deshalb keine Bindungswirkung zukommen, weil er bei objektiv zutreffender rechtlicher Würdigung nicht hätte ergehen dürfen.

Denn nach § 256 ZPO kann zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage - abgesehen von der hier nicht in Betracht kommenden Feststellung der Echtheit oder Unechtheit einer Urkunde - nur die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses sein (vgl. BGH NJW 2000, 2663, 2664 m. w. Nachw.). Unter Rechtsverhältnis ist eine bestimmte, rechtlich geregelte Beziehung einer Person zu anderen Personen oder einer Person zu einer Sache zu verstehen (vgl. BGH, a. a. O.). Zwar können auch einzelne, sich aus einem Rechtsverhältnis ergebende Rechte und Pflichten Gegenstand einer Feststellungsklage sein, nicht aber bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses, reine Tatsachen oder etwa die Wirksamkeit von Willenserklärungen oder die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens (vgl. BGH NJW 2000, 2280, 2281; NJW 2000, 2663, 2664, jeweils m. w. Nachw.). Zu den Vorfragen gehören insbesondere gesetzlich definierte Voraussetzungen unterschiedlicher Rechtsfolgen. Die Verschuldensform stellt eine solche Anspruchsvoraussetzung, mithin eine solche Vorfrage, dar und kann nicht selbst Gegenstand einer Feststellungsklage sein.

Auch der Vortrag im Amtshaftungsprozess gegen Salm, dieser habe fahrlässig gehandelt, ist zwar Grundlage der Entscheidung des Landgerichts gewesen, entfaltet aber keine Bindungswirkung zugunsten der Beklagten. Allerdings kann die Bindungswirkung des Haftpflichturteils auch hinsichtlich eines Risikoausschlusses Bindungswirkung zu Gunsten des Versicherers bewirken (vgl. BGH NJW 1993, 68, 69; VersR 1970, 1097). Dies muss auch im Rahmen der Vertrauensschadensversicherung gelten, wenn es um die Frage geht, ob der Notar vorsätzlich gehandelt hat und deshalb nach den gesetzlichen Vorschriften schadensersatzpflichtig ist.

Der Vortrag der Kläger zur Verschuldensform der Fahrlässigkeit entfaltet jedoch keine Bindungswirkung im Sinne eines Vorsatzausschlusses, sondern er wirkt für den Deckungsprozess gegen die Beklagte nur in der Weise bindend, dass zumindest fahrlässiges Handeln des Notars feststeht. Denn gemäß § 19 BNotO haftet der Notar sowohl für eine fahrlässige als auch eine vorsätzliche Amtspflichtverletzung. Gemäß § 19 Abs. 1 S. 2 BNotO ist die Abgrenzung zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit nur dann erforderlich, wenn eine anderweitige Ersatzmöglichkeit besteht und kein Amtsgeschäft der in §§ 23, 24 bezeichneten Art (Treuhandtätigkeit) betroffen ist. Beides ist hier jedoch ausgeschlossen, weil die Kläger im Haftpflichtprozess vorgetragen haben, dass eine anderweitige Ersatzmöglichkeit nicht besteht. Der einzig in Betracht kommende Anspruch gegen die Dnnn sei wegen deren Vermögenslosigkeit keine Ersatzmöglichkeit. Weil es um Belehrungs- und Beurkundungsfehler des ehemaligen Notars geht, ist auch kein Treuhandauftrag betroffen. Das Landgericht konnte sich damit begnügen, ein zumindest fahrlässiges Verhalten Salms zu bejahen, um den geltend gemachten Anspruch für begründet zu erachten. Weitere Feststellungen waren nicht erforderlich und wären überschießende Rechtsausführungen gewesen, die nicht entscheidungserheblich gewesen wären. Sie können grundsätzlich keine Bindungswirkung herbeiführen (vgl. zur Verschuldensform: BGH NJW-RR 2004, 676, 677). Selbst wenn die Kläger zu einem vorsätzlichen Handeln des Notars vorgetragen hätten, hätte das Landgericht diese Frage offen lassen und sich mit der Argumentation begnügen können, dass jedenfalls ein sorgfaltswidriges Verhalten vorliege.

Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 27. Mai 1998 (vgl. NJW 1998, 2537) eine Bindungswirkung des Haftpflichturteils angenommen hat, in dem eine vorsätzliche Amtspflichtverletzung des Notars bei einem Treuhandauftrag angenommen wurde, obwohl nur ein fahrlässiges Verhalten zur Begründung der Haftung des Notars hätte festgestellt werden müssen.

Denn der Bundesgerichtshof hat in der genannten Entscheidung lediglich zur Bindungswirkung des Haftpflichturteils ausgeführt, dass die Schuldform des Vorsatzes bei der Frage der Haftung des Schädigers identisch ist mit der Definition des Versicherungsfalls, wie ihn § 1 der Bedingungen über die Vertrauensschadenversicherung regelt (vgl. BGH NJW 1998, 2537). Dabei war in der Revision nicht streitig, dass eine vorsätzliche Schadenszufügung durch einen Rechtsanwalt und Notar vorlag, sondern umstritten war die Frage, ob der Schädiger als Notar in Ausübung seiner Berufstätigkeit gehandelt hatte. Die Ausführungen des Bundesgerichtshofs zur Bindungswirkung des Haftpflichturteils betrafen diesen Schwerpunkt.

Aus der zitierten Entscheidung lässt sich deswegen nicht ableiten, dass die Ausführungen in einem Haftpflichturteil, es liege die Verschuldensform der Fahrlässigkeit bei der Begehung einer Amtspflichtverletzung durch einen Notar vor, eine Bindungswirkung im Sinne eines Vorsatzausschlusses für den Prozess gegen den Vertrauensschadenversicherer zur Folge hat. Kann sich das Landgericht im Haftpflichtprozess gegen einen Notar mit der Feststellung einer fahrlässigen Amtspflichtverletzung zur Bejahung der Haftung begnügen, weil bereits ein fahrlässiges Handeln den Anspruch begründet, bedeutet dies im Regelfall, dass eine weitergehende Vorsatzprüfung nicht erfolgt ist.

Zwar stehen Vorsatz und Fahrlässigkeit als zwei unterschiedliche Verschuldensformen nebeneinander, so dass sich ein erkennendes Gericht nicht in jedem Fall mit der Feststellung von Fahrlässigkeit begnügen muss, wenn sich aus dem Parteivortrag oder als Ergebnis einer Beweisaufnahme das Vorliegen einer vorsätzlichen Amtspflichtverletzung eines Notars ergibt.

Fahrlässigkeit ist jedoch bereits dann gegeben, wenn ein Verstoß gegen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt vorliegt, § 276 BGB. Es gilt ein auf die allgemeinen Verkehrsbedürfnisse ausgerichteter objektiv-abstrakter Sorgfaltsmaßstab. Dies ist aus Gründen des Vertrauensschutzes geboten, denn im Rechtsverkehr müssen sich die Beteiligten darauf verlassen können, dass der andere Teil die für die Erfüllung seiner Pflichten erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse besitzt. Vorsätzliches Handeln hängt dagegen von weiteren subjektiven Umständen ab. Eine vorsätzlich begangene Pflichtverletzung stellt immer auch einen Verstoß gegen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt dar. Die Feststellung von Vorsatz ist vom Vorliegen weiterer subjektiver Komponenten abhängig, die von billigender Inkaufnahme eines negativen Erfolges bis zur Absicht der Herbeiführung dieses Erfolges reichen. Die Feststellung von Fahrlässigkeit besagt deswegen bei Ansprüchen, die allein Verschulden aber nicht eine bestimmte Verschuldensform voraussetzen, im Regelfall lediglich, dass die Prüfung der weiteren subjektiven Komponenten des Vorsatzes nicht erfolgt ist.

Zwischen der oben genannten und von der Beklagten angeführten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH NJW 1998, 2537) und dessen Entscheidung vom 18. Februar 2004 (NJW-RR 2004, 676) besteht deshalb auch kein Widerspruch, denn die Entscheidungen betreffen andere Sachverhaltskonstellationen. In der zuletzt genannten Entscheidung begehrte der Versicherungsnehmer die Gewährung von Deckungsschutz von der beklagten Haftpflichtversicherung. Im Haftpflichtprozess hatte das Landgericht festgestellt, dass der mitversicherte Stiefsohn des Versicherungsnehmers Heu auf einem Fahrzeug in einer Scheune vorsätzlich angesteckt und die vollständige Zerstörung der Scheune grob fahrlässig herbeigeführt habe. Der Versicherungsnehmer wollte sich darauf berufen, mit Bindungswirkung stehe fest, dass sein Stiefsohn den Gebäudeschaden nicht vorsätzlich verursacht habe. Diese Auffassung hat der Bundesgerichtshof mit dem Argument verneint, dass allein die Feststellung eines fahrlässigen Verhaltens im Haftpflichtprozess zur Bejahung des Anspruchs ausgereicht hätte. Die weiteren Ausführungen zur Verschuldensform seien überschießend.

Ein Widerspruch zwischen den Entscheidungen besteht nicht. Wird im Haftpflichtprozess gegen einen Notar Vorsatz als Verschuldensform bei einer Amtspflichtverletzung positiv festgestellt, kann diese Feststellung Bindungswirkung entfalten, weil die Schuldform des Vorsatzes bei der Frage der Haftung des Schädigers identisch ist mit der Definition des Versicherungsfalls in § 1 der Bedingungen über die Vertrauensschadenversicherung.

Wird dagegen keine vorsätzliche Amtspflichtverletzung festgestellt, sondern begnügt sich das Gericht im Haftpflichtprozess mit der für die Haftung ausreichenden Feststellung eines fahrlässigen Handelns des Notars, so bedeutet dies, dass weitere, sogenannte "überschießende" Feststellungen nicht erfolgt sind.

4) Die Kläger können auch verlangen, dass die Beklagte den Anspruch in der geltend gemachten Höhe gegen die Vertrauensschadenversicherung geltend macht. Die den Klägern entstandenen Schäden sind, dies steht mit Bindungswirkung fest, durch die Amtspflichtverletzung des ehemaligen Notars in adäquat kausaler Weise verursacht worden.

5) Darauf, ob die Beklagte aus Treu und Glauben hier an das Ergebnis des Prozesses gegen den Berufshaftpflichtversicherer auch ohne Streitverkündung wegen der Einbindung in die dreiseitigen Verhandlungen gebunden ist, kommt es nicht an.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ein Schriftsatznachlass auf den Schriftsatz der Kläger vom 16. November 2006 war der Beklagten nicht zu gewähren, denn der Schriftsatz enthält kein neues Vorbringen. Die Frist des § 132 Abs. 2 ZPO ist gewahrt.

Die Revision ist nicht zugelassen worden. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung, auch die Fortentwicklung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht.

Ende der Entscheidung

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