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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 03.03.2006
Aktenzeichen: 7 U 122/05
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 156
Der Beklagte darf aus strafrechtlicher Sicht (vgl. § 156 StGB) nur das an Eides statt versichern, was er mit seinem Gewissen vereinbaren kann. Mehr kann der Kläger nicht von ihm verlangen. Ob die eidesstattliche Versicherung richtig und vollständig ist, ist im Erkenntnisverfahren in der zweiten Stufe nicht zu überprüfen.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 7 U 122/05

verkündet am : 03.03.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Elßholzstr. 30-33, 10781 Berlin auf die mündliche Verhandlung vom 03. März 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Stummeyer und die Richter am Kammergericht Sellin und Steinecke

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 12. April 2005 verkündete "Zweite Anerkenntnisteilurteil" der Zivilkammer 14 des Landgerichtes Berlin - 14 O 141/04 - wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

A.

Die Parteien sind Geschwister. Ihr Vater, nnnnnnnnnnnn , starb am 5. Mai 2001 bei einem Flugzeugabsturz. Der Beklagte ist testamentarischer Alleinerbe. Der Kläger verlangt von dem Beklagten den Pflichtteil und geht gegen ihn im Wege der Stufenklage vor.

Die erste Stufe (Auskunft) hat das Landgericht durch am 1. Juni 2004 verkündetes Teilurteil erledigt, das inzwischen rechtskräftig geworden ist.

Mit Schriftsatz vom 11. November 2004 hat der Kläger beantragt in die zweite Stufe einzutreten und den Beklagten zu verurteilen, zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass der Beklagte nach bestem Wissen den Bestand des Nachlasses so vollständig angegeben hat, als er dazu im Stande ist.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 12. April 2005 hat der Beklagte diesen Antrag anerkannt. Dem Antrag des Klägers auf Erlass des Anerkenntnisurteils hat das Landgericht mit dem dem Kläger am 3. Mai 2005 zugestellten "Zweiten Anerkenntnisurteil" entsprochen.

Dagegen hat der Kläger am 1. Juni 2005 Berufung eingelegt.

Der Beklagte hat auf Grund des Anerkenntnisurteils am 24. Juni 2005 die eidesstattliche Versicherung vor dem Amtsgericht Charlottenburg abgegeben, wobei er sich auf das (inzwischen aktualisierte) Bestandsverzeichnis vom 29. April 2005 bezog.

Nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 3. August 2005 hat der Kläger die Berufung am 1. August 2005 mit dem angekündigten Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben und das Verfahren zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen, begründet.

Der Kläger hält das Anerkenntnisurteil für rechtswidrig und meint er sei dadurch beschwert. Das Urteil habe keinen vollstreckbaren Inhalt und benenne nicht konkret, auf welches Bestandsverzeichnis es sich beziehe. Dem Beklagten sei überlassen, seine eidesstattliche Versicherung so zu gestalten, wie er wolle. Der Beklagte habe daher die Richtigkeit und Vollständigkeit eines Bestandsverzeichnisses versichert, das erst nach der Verkündung des Anerkenntnisurteils erstellt worden sei. Das Landgericht hätte auf eine präzisere Antragstellung hinwirken müssen. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten sei wegen eines Verstoßes gegen § 356 StGB von der Prozessvertretung ausgeschlossen, so dass auch das Anerkenntnis unwirksam sei.

Der Beklagte hält die Berufung des Klägers für unzulässig, weil er keinen Sachantrag angekündigt habe und durch das Anerkenntnisurteil nicht beschwert sei.

Mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2005 hat der Kläger seinen Antrag im Berufungsverfahren dahin ergänzt, dass er von dem Beklagten die eidesstattliche Versicherung über ein Nachlassverzeichnis vom 18. November 2004 verlangt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und wegen der im Berufungsrechtszug gestellten Anträge auf die Sitzungsniederschrift vom 3. März 2006 Bezug genommen.

B.

I. Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist unzulässig.

1. Der Wert des Beschwerdegegenstandes liegt unter 600,00 € (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

Der Beschwerdewert richtet sich nach dem Interesse des Klägers an der eidesstattlichen Versicherung. Der Aufwand für die eidesstattliche Versicherung ist nur dann maßgeblich, wenn es auf das Abwehrinteresse des Beklagten ankommt (vgl. BGH NJW 2000, 3073). Das ist hier nicht der Fall. Es ist nicht ersichtlich, welches wirtschaftliche Interesse der Kläger an der Beseitigung des Anerkenntnisurteils haben könnte. Soweit er die eidesstattliche Versicherung über ein Nachlassverzeichnis vom 18. November 2004 begehrt, ist das wirtschaftliche Interesse kaum messbar. Maßgeblich ist, inwieweit die Durchsetzbarkeit des geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs von der begehrten eidesstattlichen Versicherung abhängt. Dabei kommt es stets auf das aktuelle Verzeichnis an, das ausweislich der eidesstattlichen Versicherung des Beklagten am 29. April 2004 erstellt und bei der eidesstattlichen Versicherung ergänzt worden ist. Warum der Kläger ein rechtschutzwürdiges und wirtschaftlich relevantes Interesse an der Versicherung der Richtigkeit eines offensichtlich überholten Verzeichnisses haben könnte, erschließt sich dem Senat nicht, zumal er mit Schriftsatz vom 27. Januar 2006 in der dritten Stufe den Zahlungsanspruch geltend gemacht hat. Da der Kläger trotz eines Hinweises des Senats keine konkreten Angaben gemacht hat, die für die Festsetzung des Streitwerts erheblich sein könnten, ist der Beschwerdewert daher nicht höher als der Mindeststreitwert von 300,00 € zu schätzen (§ 3 ZPO).

2. Die Berufung ist auch deshalb unzulässig, weil der Kläger durch das angefochtene Urteil nicht beschwert ist.

Die klagende Partei ist nur dann beschwert, wenn das Urteil hinter ihrem Antrag zurückbleibt oder keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat (Zöller/Gummer/Heßler ZPO, 25. Aufl. Vor § 511 Rdnr. 13 m.w.N.). Beides ist hier nicht der Fall.

a) Das Anerkenntnisurteil ist antragsgemäß erlassen worden. Es hat auch einen vollstreckungsfähigen Tenor. Der Inhalt des Tenors eines Urteils ist erforderlichenfalls im Wege der Auslegung zu ermittelt. Dem Beklagten war klar, dass er die Richtigkeit und Vollständigkeit der von ihm erteilten Auskunft über den Bestand des Nachlasses nach seinem verstorbenen Vater zu versichern hat. Dies hat er inzwischen getan. Der Kläger hat das erhalten, was er begehrt, so dass sein Anspruch durch Erfüllung erloschen ist. Dass der Beklagte zuvor eine aktualisierte Fassung des Bestandsverzeichnisses vom 29. April 2005 vorgelegt hat, ist nicht nur unschädlich. Hierzu war er auch verpflichtet (vgl. § 2006 Abs. 2 BGB); denn der Beklagte darf aus strafrechtlicher Sicht (vgl. § 156 StGB) nur das an Eides statt versichern, was er mit seinem Gewissen vereinbaren kann. Mehr kann der Kläger nicht von ihm verlangen. Ob die eidesstattliche Versicherung richtig und vollständig ist, ist im Erkenntnisverfahren in der zweiten Stufe nicht zu überprüfen.

b) Eine Beschwer kann der Kläger auch nicht an dem von ihm geltend gemachten Parteiverrat des Prozessbevollmächtigten des Beklagten (§ 356 StGB) festmachen. Der Senat muss diese soweit ersichtlich unzutreffende Auffassung nicht abschließend auf ihre Richtigkeit überprüfen; denn das auf ein Anerkenntnis einer nicht postulationsfähigen Partei ergangene Anerkenntnisurteil kann allenfalls die beklagte Partei nicht jedoch die klagende Partei beschweren, zu deren Gunsten das Anerkenntnisurteil ergangen ist. Verfahrensfehler, die zum Erlass eines Urteils geführt haben, hindern nicht den Eintritt der Rechtskraft. Der in diesem Verfahren geschaffene Titel ist vollstreckungsfähig (vgl. BGH NJW 1994, 2697), sofern nicht ausnahmsweise ein Schein- oder Nichturteil vorliegt (vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., vor § 300 Rdnr. 13 ff.), was hier offensichtlich nicht der Fall ist. Abgesehen davon ist auch in diesem Fall nur die Partei beschwert, gegen die es ergangen ist.

3. Zudem fehlt dem Kläger das für das Rechtsmittelverfahren erforderliche Rechtsschutzbedürfnis.

Der Kläger hat mit dem Anerkenntnisurteil das erhalten, was er erstinstanzlich beantragt hat. Seine in der Berufungsinstanz geltend gemachte Forderung, den Beklagten zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung über ein bereits überholtes Nachlassverzeichnis vom 18. November 2004 zu verurteilen, ist unzulässig. Der Beklagte kann - wie bereits dargelegt - nur das an Eides statt versichern, was er mit seinem Gewissen vereinbaren kann. Die vom Kläger angestrebte Verurteilung des Beklagten liefe daher auf eine unmögliche Leistung hinaus, die vom Beklagten nicht erbracht werden kann und darf. Die auf eine solche Leistung gerichtete Klage ist unzulässig (BGHZ 62, 288, 393).

4. Schließlich ist die Berufung auch deshalb unzulässig, weil der Kläger mit der Berufungsbegründung keinen konkreten Sachantrag angekündigt hat (§ 520 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Grundsätzlich ist die Formulierung eines solchen Antrags zwar entbehrlich, wenn sich aus der Berufungsbegründung ergibt, welches Rechtsschutzziel der Berufungskläger verfolgt. Das ist hier entgegen der Ansicht des Klägers jedoch nicht der Fall. In der Berufungsbegründung ist nicht ansatzweise erkennbar, dass der Kläger den Beklagten zu einer eidesstattlichen Versicherung über die Richtigkeit eines Nachlassverzeichnisses veranlassen möchte, das nach der am 24. Juni 2005 abgegebenen Versicherung überholt und damit gegenstandslos ist.

II. Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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