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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 22.08.2003
Aktenzeichen: 7 U 181/02
Rechtsgebiete: BRAGO, ZPO, EGZPO, EGBGB


Vorschriften:

BRAGO § 52
ZPO § 540 Abs. 2
ZPO § 313 a
EGZPO § 26 Nr. 8
EGBGB Art. 229 § 5
Es besteht keine allgemeine Pflicht des Rechtsanwalts, seinen Mandanten über die Höhe der mit der Rechtsverfolgung verbundenen Kosten und Gebühren zu informieren.
Öffentliche Sitzung des Kammergerichts 7. Zivilsenat

Geschäftszeichen: 7 U 181/02

Berlin, den 22.08.2003

In dem Rechtsstreit

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 5. Juli 2002 verkündete Urteil der Zivilkammer 26 des Landgerichts Berlin - 26 O 546/01 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die beklagte Rechtsanwältin den Kläger - ihren früheren Mandanten - darüber aufzuklären hatte, dass sie bei Durchführung eines Berufungsverfahrens die Gebühren nach § 52 BRAGO zu beanspruchen hat. Der Kläger, der die entsprechende Kostennote der Beklagten bezahlt hat, verlangt die Rückzahlung unter dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung und rügt, dass ihn die Beklagte über den Anfall dieser Gebühr nicht informiert hatte. Das Landgericht hat der Klage statt gegeben. Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.

Gründe:

Von der Darstellung des Sachverhaltes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

I.

Auf das streitige Schuldverhältnis sind gemäß Art. 229 § 5 EGBGB die vor dem 1. Januar 2002 geltenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) anzuwenden. Die zitierten Vorschriften des BGB beziehen sich daher auf das bis zum 31. Dezember 2001 geltende Recht.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist begründet. Das Landgericht hat der Klage auf Erstattung der Gebühren für den Verkehrsanwalt zu Unrecht stattgegeben; denn die Beklagte hat sich insoweit keiner zum Schadenersatz verpflichtenden Verletzung des Mandatsvertrages schuldig gemacht.

1. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Rechtsanwalt zu einer umfassenden und möglichst erschöpfenden Belehrung seines Auftraggebers verpflichtet. Er hat dem Mandanten diejenigen Schritte zu empfehlen, die seinen Interessen dienen. Dazu hat er dem Auftraggeber den relativ sichersten und gefahrlosesten Weg vorzuschlagen und ihn über mögliche Risiken aufzuklären, damit der Mandant zu einer sachgerechten Entscheidung in der Lage ist (BGH NJW 1991, 2079).

Diese Rechtsgrundsatze, die auch der ständigen Rechtsprechung des Senats entsprechen, gelten im vorliegenden Fall entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht uneingeschränkt. Sie beziehen sich vorrangig auf die Pflicht des Anwalts zur Beratung in der Sache, nicht jedoch auf die Verpflichtung zu Hinweisen auf die mit der Rechtsverfolgung verbundenen Kosten und Gebühren. Es besteht keine allgemeine Pflicht des Anwalts, seinen Mandanten über die Höhe der Kosten zu belehren. Nur wenn sich der Mandant darüber für den Anwalt erkennbar falsche Vorstellungen macht oder deutlich wird, dass er wegen einer bestehenden Rechtsschutzversicherung von der Kostentragungspflicht befreit werden möchte, hat der Anwalt auch darüber zu belehren, ob und in welchem Umfang der Mandant möglicherweise mit den Kosten der Rechtsverfolgung belastet werden könnte (vgl. OLG Düsseldorf NJW 2000, 1650; Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 276 Rdnr. 45).

2. Anhaltspunkte dafür, dass ein solcher Ausnahmetatbestand hier vorliegt, sind nicht ersichtlich. Der Kläger hat weder in erster Instanz noch mit der Berufungserwiderung konkrete Anhaltspunkte dafür vorgetragen, warum er ein besonderes Interesse an der Aufklärung über den Anfall der Gebühren nach § 52 BRAGO gehabt haben könnte. Unstreitig hat die Beklagte ihn darüber aufgeklärt, dass sie nicht beim OLG Brandenburg zugelassen ist und deshalb ein weiterer Anwalt eingeschaltet werden müsse. Dass damit zusätzliche Gebühren verbunden sind, konnte den Kläger nicht überraschen. Er hat dies auch akzeptiert, indem er sowohl die Rechnung der Beklagten vom 9. August 1999 als auch die Kostenvorschussanforderung der beim OLG Brandenburg zugelassenen Anwälte bezahlt hat.

Wenn der Kläger entsprechend seinem Vortrag in der Berufungserwiderung kein besonderes Interesse an der Betreuung durch die Beklagte gehabt und deshalb die zugelassenen Anwälte direkt beauftragt hätte, hätte es nahe gelegen, dass er sich von der Beklagten zunächst über den Anfall der Gebühren informieren lässt, nachdem sie ihm mitgeteilt hatte, dass sie nicht beim OLG Brandenburg zugelassen ist. Ohne eine entsprechende Nachfrage konnte und musste die Beklagte den Kläger über den Umfang der Gebühren nicht informieren, weil für sie nicht ersichtlich war, dass der Kläger ein besonderes Interesse an der Aufklärung über die Gebühren gehabt hat.

III.

Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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