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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 13.05.2003
Aktenzeichen: 7 U 215/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 270 III
Eine Partei, die eine Klage zulässiger Weise am letzten Tag vor Ablauf der Verjährungsfrist einreicht, muss wissen, dass sie unverzüglich die Voraussetzungen für die demnächst erfolgende Klagezustellung zu schaffen hat, um die Wirkung des § 270 Abs. 3 ZPO sicherzustellen. Sie genügt dieser Pflicht nur dann, wenn der Gerichtskostenvorschuss innerhalb von 14 Tagen nach Eingang der Anforderung des Gerichts eingezahlt wird.
Öffentliche Sitzung des Kammergerichts 7. Zivilsenat

Geschäftsnummer: 7 U 215/02

Berlin, den 13.05.2003

In dem Rechtsstreit

Am Schluss der Sitzung erkannt und verkündet:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 29. Mai 2002 verkündete Urteil der Zivilkammer 2 des Landgerichts Berlin - 2 O 617/98 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

A.

Wegen der Einzelheiten des Vertrags der Parteien in der ersten Instanz, der dort gestellten Anträge, des Urteilstenors und der Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil der Zivilkammer 2 des Landgerichts Berlin Bezug genommen, das den Beklagten am 13. Juni 2002 zugestellt worden ist. Der Beklagte zu 1) hat dagegen am 21. Juni 2002 Berufung eingelegt. Der Beklagte zu 2) hat am 15. Juni 2002 (Montag) Berufung eingelegt. Die Beklagten haben ihre Rechtsmittel am 13. August 2002 begründet.

Die Beklagten wiederholen die Einrede der Verjährung, berufen die auf ein Notwehrrecht und greifen die Beweiswürdigung des Landgerichts an.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil. Er trägt zur Einrede der Verjährung vor: Die Gerichtskostenanforderung sei bei seinem Prozessbevollmächtigten am 15. Dezember 1998 eingegangen. Am 17. Dezember 1998 sei die Rechtsschutzversicherung zur schnellstmöglichen Erstattung des Gerichtskostenvorschusses aufgefordert worden. Der Vorschuss sei am 30. Dezember 1998 auf dem Konto des Prozessbevollmächtigten eingegangen, dem der Kontoauszug wegen der Jahreswende am 4. Januar 1999 zugesandt worden sei. Am 6. Januar 1999 sei die Weiterleitung des Vorschusses an das Gericht angewiesen worden.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und wegen der Anträge auf das vorstehende Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

B.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist begründet.

I.

Auf das streitige Schuldverhältnis sind gemäß Art. 229 § 5 EGBGB die vor dem 1. Januar 2002 geltenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) anzuwenden. Die zitierten Vorschriften des BGB beziehen sich daher auf das bis zum 31. Dezember 2001 geltende Recht.

II.

Die von den Beklagten erhobene Einrede der Verjährung greift durch.

Gemäß § 852 Abs. 1 BGB verjährt der vom Kläger geltend gemachte Schadenersatzanspruch innerhalb von drei Jahren nach Kenntnis des Klägers vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen. Die Verjährungsfrist lief mithin drei Jahre nach der Schlägerei vom 19. November 1995 am 19. November 1998 ab.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist die Verjährung nicht durch die am 18. November 1998 bei Gericht eingegangene und am 26. Januar 1999 zugestellte Klage gemäß § 209 Abs. 1 BGB unterbrochen worden; denn die Zustellung ist nicht demnächst im Sinne des § 270 Abs. 3 ZPO erfolgt. Nach gefestigter Rechtsprechung des Kammergerichts (vgl. Urteile des 26. Zivilsenats vom 6. September 2000, KGR 2001, 67, und des 6. Zivilsenats vom 18. April 2000, NVersZ 2001, 358, 359) ist die klagende Partei verpflichtet ohne schuldhaftes Zögern alles Erforderliche zu tun, damit die Klage innerhalb einer kurzen Zeitspanne nach Ablauf der Verjährungsfrist zugestellt werden kann. Das ist nur dann der Fall, wenn der Gerichtskostenvorschuss innerhalb von 14 Tagen nach Eingang der Anforderung des Gerichts eingezahlt wird. Im Interesse der Rechtsklarheit und -sicherheit schließt sich der erkennende Senat dieser Rechtsprechung an. Eine Partei, die zulässiger Weise am letzen Tag vor Ablauf der Verjährungsfrist eine Klage einreicht, muss wissen, dass sie sich unverzüglich um die Zustellung der Klage bemühen muss. Nur solche Verzögerungen, die außerhalb ihres Machtbereichs liegen, können ihr dabei nicht zur Last gelegt werden. Dies bedeutet, dass die klagende Partei die Einzahlung des Vorschusses sofort nach Eingang der Gerichtskostenanforderung veranlassen muss. Dazu reicht es nicht aus, den Rechtschutzversicherer zur Zahlung aufzufordern und sodann untätig zu warten (Zöller/Greger, ZPO, 22. Aufl., § 270 Rdnr. 8; BGH VersR 1968, 1062).

Nach diesen Rechtsgrundsätzen hat der Kläger nicht alles Erforderliche getan, damit der Kostenvorschuss unverzüglich bei Gericht eingehen konnte. Tatsächlich liegen zwischen dem Eingang der Vorschussanforderung am 15. Dezember 1998 und der Einzahlung bei Gericht am 12. Januar 1999 vier Wochen. Das beruht darauf, dass der Kläger zunächst den Eingang der Zahlung durch den Rechtsschutzversicherer abgewartet hat, anstatt den Vorschuss sofort zur Zahlung anzuweisen. Es ist auch nicht ersichtlich, warum der Kläger, der die Klage erst am letzten Tag vor Ablauf der Verjährungsfrist eingereicht hat, den Rechtsschutzversicherer nicht veranlasst hat, den Kostenvorschuss direkt bei Gericht einzuzahlen. Auf die Weihnachtsfeiertage und den Jahreswechsel kann sich der Kläger entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht berufen; denn diese Tage kamen für ihn nicht überraschend. Zudem wäre es ihm nach Eingang der Vorschussanforderung am 15. Dezember 1998 ohne weiteres möglich gewesen, den Zahlung noch vor den Feiertagen zu veranlassen. Sollte dies auf dem Verschulden seines Prozessbevollmächtigten beruhen, muss sich der Kläger dies gemäß § 85 ZPO zurechnen lassen.

III.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 911 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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