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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 17.03.2006
Aktenzeichen: 7 U 221/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 634
Die Lieferung und die Montage einer auf die besonderen räumlichen Verhältnisse angepassten Einbauküche in ein Einfamilienhaus unterliegen ausschließlich werkvertraglichen Bestimmungen. Maßnahmen der Selbsthilfe sind nur nach Maßgabe des § 634 BGB ersatzfähig.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 7 U 221/05

verkündet am : 17.03.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Elßholzstr. 30-33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 17. März 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Stummeyer als Einzelrichter

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 22. September 2005 verkündete Urteil der Zivilkammer 23 des Landgerichts Berlin - 23.O.471/04 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger zu 32% und die Beklagte zu 68% zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger zu 37% und die Beklagte zu 63 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Kläger hat die Beklagte zunächst auf Montage einer maßgeschneiderten Einbauküche in sein Haus in Anspruch genommen. Insoweit ist der Rechtsstreit übereinstimmend zwischen den Parteien für erledigt erklärt worden. Im Anschluss daran verlangt der Kläger von der Beklagten Erstattung der Kosten für Schubladeneinsätze. Die Beklagte hatte diese Einsätze zunächst geliefert, später aber - vor der Abnahme - wieder in ihre Geschäftsräume mitgenommen. Der Kläger hat sich die Einsätze anderweit besorgt, ohne die Beklagte zur Nacherfüllung aufzufordern. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.

Gründe:

A.

Von der Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen

B.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist nur zum Teil begründet.

I.

Auf das Vertragsverhältnis der Parteien findet das Schuldrecht in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung Anwendung.

Soweit das Landgericht dem Kläger einen Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs.1 S.1 BGB in Höhe der geltend gemachten 2.480,- Euro zugesprochen hat, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Die Anspruchsvoraussetzungen liegen nicht vor. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Ersatzbeschaffung der Einsätze zu.

1. Es geht vorliegend um einen Vertrag über die Lieferung und den maßgeschneiderten Einbau einer hochwertigen Einbauküche in das Haus des Klägers. Auch nach neuem Schuldrecht handelt es sich daher trotz der §§ 434 Abs.2, 651 BGB nicht um einen Kaufvertrag, sondern um einen Werkvertrag. Es geht nicht nur um die Lieferung und den Aufbau einer Küche, sondern als Schwerpunkt gerade um die genaue Einpassung der Küche in ein Gesamtwerk, nämlich in das Gebäude des Klägers, für das die Küche eine wesentliche Bedeutung hat (BGH NJW- RR 1990, 787; Palandt/Sprau, BGB, 65. Aufl., § 634 a Rdnr. 15).

2. Die fehlenden Schubladeneinsätze stellen einen Mangel der Küche im Sinne des § 633 Abs. 2 S. 1 BGB dar.

Die Küche war unstreitig mit den Schubladeneinsätzen bestellt worden und diese sind auch ebenso unstreitig zunächst bei der Anlieferung und Montage der Küche im Laufe des Prozesses mit an den Kläger ausgeliefert worden, dann aber wieder seitens der Beklagten entfernt und in ihre Betriebsräume verbracht worden. Es kommt nicht entscheidend darauf an, ob die Beklagte die Einsätze unberechtigt oder berechtigt wieder an sich genommen hat. Das Fehlen der Schubladeneinsätze stellt jedenfalls eine Abweichung von der Beschaffenheitsvereinbarung des geschuldeten Werkes dar. Dass diese nachträglich durch eine entsprechende Änderungsvereinbarung der Parteien aus dem Vertrag herausgenommen worden sein könnten, behauptet die Beklagte nicht. Selbst wenn der Kläger am 22. November 2002 um eine Stornierung gebeten hätte, hat die Beklagte dem nicht zugestimmt. Ihr Geschäftsführer hat anlässlich der Anhörung vor dem Landgericht erklärt, dass dies nicht ginge.

3. Die aus der mangelbehafteten Leistung folgenden Rechte des Klägers ergeben sich aus § 634 Nr. 2 BGB. Die Voraussetzungen für den vom Kläger geltend gemachten Ersatzanspruch sind jedoch nicht gewahrt.

a) Die Kosten der Selbstvornahme für die Beseitigung eines Mangels kann der Besteller gemäß grundsätzlich nur dann verlangen, wenn er dem Unternehmer gemäß § 637 Abs. 1 BGB eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat. Das ist unstreitig nicht geschehen. Der Kläger hat bei seiner Anhörung vor dem Landgericht selbst erklärt, es sei ihm "zu blöd" gewesen, bei der Beklagten neue Einsätze zu bestellen.

b) Die Fristsetzung zur Nacherfüllung war auch nicht gemäß § 637 Abs.2 BGB entbehrlich.

Weder liegen die Voraussetzungen des § 323 Abs.2 BGB vor noch war eine Nacherfüllung fehlgeschlagen oder dem Kläger als Besteller sonst unzumutbar.

Der Kläger kann sich insbesondere nicht darauf berufen, dass er gedacht habe, andere auf der Baustelle tätige Personen hätten die Einsätze gestohlen. Das Leistungsrisiko für Diebstahl oder Beschädigung von Teilen des herzustellenden Werks trägt gemäß § 644 Abs. 1 BGB bis zur Abnahme die Beklagte als Werkunternehmer. Es ist zwar nicht klar, ob überhaupt, wann und wie die Abnahme erfolgt sein könnte und wann konkret die gelieferten Einsätze wieder entfernt und in die Betriebsräume der Beklagten verbracht wurden. Die Beklagte trägt hierzu lediglich vor, sie habe ordnungsgemäß und mangelfrei endmontiert. Aus dem weiteren - unstreitigen - Vortrag ergibt sich jedoch, dass die Beklagte letzte Nacharbeiten erst am 30. Mai 2005 erledigt und den Kläger danach mit Schreiben vom 8. Juni 2005 (Anl. B 19) zur Zahlung des Restbetrages von 1.312,70 Euro aufgefordert hat. Daraus lässt sich schließen, dass offensichtlich jedenfalls vor dem 30.Mai 2005 noch keine abnahmefähige Leistung vorlag. Die neuen Schubläden hat der Kläger jedoch ausweislich der Anlage K11 bereits am 26. November 2004 bestellt, mehr als ein halbes Jahr vor der Fertigstellung des Werkes. Insoweit war es ihm weder unzumutbar noch war es sonst entbehrlich, sich vor der Ersatzbeschaffung an die Beklagte zu wenden und diese auf den für ihn unklaren Umstand hinzuweisen und vor der Abnahme unter Fristsetzung Nacherfüllung zu verlangen. Hinzu kommt, dass auch aus Sicht des Klägers die Möglichkeit nicht fernliegend sein konnte, dass die Beklagte die gelieferten Einsätze im Hinblick auf die unstreitige Diskussion nach dem Vertragsschluss über die eventuell mögliche Lieferung von Einsätzen in Samtausführung wieder mitgenommen haben könnte.

4. Der Kläger kann daher auch nicht gemäß § 634 Nr.4 BGB Schadensersatz nach den §§ 636, 280, 281 BGB verlangen.

Grundvoraussetzung ist hier ebenfalls, dass der Besteller dem Unternehmer zunächst eine Frist zur Leistungserbringung oder Nacherfüllung setzt, die aus obigen Gründen weder nach § 281 Abs.2 BGB noch nach § 636 BGB entbehrlich war.

5. Die Klage ist daher nicht begründet, mithin die Berufung der Beklagten insoweit erfolgreich.

II.

Zu Unrecht greift die Berufung aber die Kostenentscheidung hinsichtlich des erledigten Teils (Einbau der Küche) an.

1. Die Berufung ist gemäß § 91 a Abs. 2 ZPO zulässig, weil das Landgericht die Kostenentscheidung nach § 91 a Abs. 1 ZPO verfahrensrechtlich einwandfrei mit dem Urteil in der Hauptsache verbunden hat. Der Partei steht in diesem Fall dasjenige Rechtsmittel zu, dass nach der Art der Entscheidung statthaft ist (BGHZ 98, 362, 364).

2. Die Kostenentscheidung des Landgerichts nach § 91a Abs. 1 ZPO begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

Nach übereinstimmender Erledigungserklärung ist über die Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu entscheiden.

a) Unabhängig davon, dass nach der übereinstimmenden Teilerledigungserklärung die von der Beklagten für erforderlich gehaltene Beweisaufnahme über die behauptete Vorleistungspflicht des Klägers grundsätzlich nicht mehr zulässig ist, weil auf den bisherigen Sach- und Streitstand abzustellen ist (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl. § 91 a Rdnr. 26), war eine solche aus den zutreffenden Gründen des Landgerichts aber ohnehin entbehrlich. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass jedenfalls nach der telefonischen Absprache zwischen dem Prozessbevollmächtigten des Klägers und der Beklagten im August 2004 von einer Vorleistungspflicht nicht mehr ausgegangen werden konnte. Die Beklagte hat im Schreiben vom 1. September 2004 (Anl. K 7) ausdrücklich bestätigt, dass sie zur Lieferung gegen Zahlung des noch offenen Rechnungsbetrages bereit ist. Die dagegen von der Beklagten in der Berufungsbegründung vorgebrachten Einwände sind unverständlich. Die Argumentation des Landgerichts ist keineswegs sinnwidrig. Die Klage war teilweise unbegründet, weil sie auf eine Zug um Zug Leistung hätte gerichtet sein müssen. Aus diesem Grund hat der Kläger auch insoweit ermessensfehlerfrei 1/4 der Kosten auferlegt bekommen, weil von dem vereinbarten Werklohn schon mehr als die Hälfte bezahlt war.

b) Abgesehen davon ist auch nicht von einer schlüssig dargelegten Vorleistungspflicht des Klägers auszugehen.

Der gesetzliche Normalfall ist die Vorleistung des Werkunternehmers (§ 641 Abs. 1 BGB). Aus dem vom Kläger angenommenen Angebot der Beklagten vom 29. Oktober 2002 (Anl. K1) ergibt sich gerade keine davon abweichende Vereinbarung. Wenn die Vorauszahlung tatsächlich eine so wichtige und grundlegende Bedeutung gehabt hätte, wäre die Aufnahme dieses Umstandes in das Angebot zu erwarten gewesen. Die Beklagte hatte die Küche zudem bereits Ende 2002 ohne Vorkasse geliefert und provisorisch montiert. Soweit ersichtlich, ist erstmals im Schreiben vom 15. Oktober 2003 (Anl. B 5) ausdrücklich die Lieferung von der Vorkasse abhängig gemacht worden. Der dort enthaltene Satz: "Ich bitte um ihr Verständnis", ist aber überhaupt nicht verständlich, wenn die Vorkasse bereits bei Vertragsschluss einverständlich vereinbart worden wäre. Auch im nachfolgenden Schreiben vom 19. Oktober 2003 (Anl. B 6) ist von einer solchen Vereinbarung keine Rede, was, so sie erfolgt wäre, zu erwarten gewesen ist.

III

Die Kostenentscheidung beruht nunmehr unter Berücksichtigung des Unterliegens des Klägers mit der Zahlungsklage auf den §§ 91a, 92 Abs.1, 97 Abs. 1 ZPO. Bei der Quote für die Berufungsinstanz ist nicht nur von der restlichen Hauptsache auszugehen, sondern auch das Unterliegen der Beklagten hinsichtlich der gesondert anfechtbaren Kostenentscheidung nach § 91a ZPO zu berücksichtigen, wobei sich der Streitwert nach den in erster Instanz angefallenen Kosten richtet, soweit sie der Beklagten auferlegt worden sind.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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