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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 28.11.2003
Aktenzeichen: 7 U 245/02
Rechtsgebiete: InsO


Vorschriften:

InsO § 130
InsO § 142 Abs. 1
1. Soweit der Schuldner durch Zahlungen, die in ein Kontokorrent eingestellt werden, einen von der das Kontokorrent führenden Bank gewährten Kredit bedient, handelt es sich um eine kongruente Deckung, die kein Bargeschäft im Sinne des § 142 InsO ist.

2. Verrechnungen im Kontokorrent, die zur Verringerung einer nicht von der Bank genehmigten Überziehung führen, sind zwar bei "unmittelbarer" Verrechnung kongruent, sie sind aber keine Bargeschäfte.

3. Verrechnungen im Kontokorrent, die darauf beruhen, dass die Bank die laufenden Kosten und Zinsen für dieses Konto einstellt, können ein Bargeschäft darstellen.


Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 7 U 245/02

verkündet am: 28. November 2003

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Stummeyer und die Richter am Kammergericht Sellin und Steinecke auf die mündliche Verhandlung vom 28. November 2003

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 27. August 2002 verkündet Urteil der Zivilkammer 9 des Landgerichtes Berlin - 9 O 597/01 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 25.523,68 Euro (49.919,98 DM) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. August 2001 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung, soweit sie nicht hinsichtlich der Zinsen teilweise zurückgenommen worden ist, wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreites haben die Beklagte 82 % und der Kläger 18% zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei zuvor Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.

Tatbestand:

Für den Sachvortrag und die Anträge der Parteien in erster Instanz und die Entscheidung des Landgerichte wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.

Gegen das am 16. Oktober 2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18. Oktober 2002 Berufung eingelegt und diese am 7. November 2002 begründet.

Die Parteien setzen ihren Streit im Wesentlichen mit den gleichen und teilweise vertieften Argumenten fort. Der Kläger ist weiterhin der Auffassung, dass die Leistungen an die Beklagte inkongruente Deckungen darstellen und als solche erfolgreich angefochten seien. Der Kläger hat hinsichtlich der Zahlungen an die I B nun ausdrücklich seinen Anspruch auch auf Bereicherungsrecht gestützt. Die Beklagte hat inzwischen hierzu die Einziehungsvollmacht des Schuldners vorgelegt. Der Kläger hält diesen neuen Vortrag für unzulässig.

Der Kläger beantragt, nachdem er hinsichtlich des weitergehenden Zinsanspruchs die Berufung teilweise zurückgenommen hat,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 31.128,20 Euro (60.881,47 DM) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. August 2001 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt unter Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens das angefochten Urteil. Sie ist der Auffassung, dass die Leistungen Bargeschäfte im Sinne von § 142 InsO und daher nur eingeschränkt anfechtbar seien.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, denn der Kläger hat sein Rechtsmittel form- und fristgerecht eingelegt und begründet. In der Sache hat das Rechtsmittel auch überwiegend Erfolg, denn dem Kläger steht der mit der Klage verfolgte Zahlungsanspruch in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zu.

Auf das Berufungsverfahren waren grundsätzlich die Vorschriften der Zivilprozessordnung in der nach dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung anzuwenden, denn die mündliche Verhandlung, auf die das angefochtene Urteil ergangen ist, wurde nach diesem Zeitpunkt geschlossen (§ 26 Nr. 5 EGZPO). Materiell waren der Entscheidung die Vorschriften der am 1. Januar 1999 in Kraft getretenen Insolvenzordnung zugrunde zu legen, denn die zu beurteilenden Rechtsverhältnisse sind nach diesem Zeitpunkt entstanden (vgl. Art. Art. 104 EGInsO).

Der Kläger hat auch im Berufungsrechtszug folgende Forderungen geltend gemacht:

1. Zahlung an die I B 9.900,00 DM

2. Tilgungsraten zur Ablösung des Kontokorrentes 43.375,64 DM

3. Zinsen und Kosten des Kontokorrentes 1.061,49 DM

4. Darlehenskonto 297,89 DM

5. Rest 6.246,45 DM

Dem Kläger stehen hiervon die Forderungen zu 2., 4., und 5. in Höhe von insgesamt (49.919,98 DM) 25.523,68 Euro zu. Im Übrigen ist die Klage unbegründet und war die Berufung zurückzuweisen.

Im einzelnen gilt Folgendes:

Zu 2. Tilgungsraten zur Ablösung des Kontokorrentes, 43.375,64 DM

Der Anspruch ist aus §§ 143 Abs. 1, 129 Abs. 1, 130 Abs. 1 InsO begründet.

Nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO sind Rechtshandlungen anfechtbar, die einem Insolvenzgläubiger eine Befriedigung gewähren, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind, der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte, und die Rechtshandlungen die Insolvenzgläubiger benachteiligen (§ 129 Abs. 1 InsO).

Die objektive Gläubigerbenachteiligung im Sinne von § 129 Abs. 1 InsO ist unproblematisch gegeben. Hinsichtlich der Leistungen zur Ablösung des Kontokorrentkredites ist zu beachten, dass die Beklagte anders als bei den Zahlungen zu Pos 1. (vgl. unten) nicht nur Zahlstelle, sondern selbst auch Zahlungsempfängerin ist, so dass diese Leistungen grundsätzlich den Anfechtungstatbeständen unterliegen.

Dabei kann dahinstehen, ob die anfechtbar erworbene Leistung in dem Aufwendungsersatzanspruch der Beklagten gegen den Schuldner zu sehen ist und die Aufrechnung mit einer anfechtbar erworbenen Forderung nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO unzulässig wäre, oder ob darauf abzustellen ist, dass die Beklagte aus dem Vermögen des Schuldners - zu Lasten seines Kontos - etwas in anfechtbarer Weise erlangt hat.

Soweit der Schuldner hier den zur Ablösung des früheren Kontokorrentkredites gewährten Kredit bedient hat, handelt es sich um eine kongruente Deckung, denn die Teilforderungen waren zu ihrem jeweiligen Leistungszeitpunkt fällig.

Es liegt auch kein Bargeschäft im Sinne des § 142 InsO vor, denn den Zins- und Tilgungsleistungen standen keine unmittelbaren Gegenleistungen der Beklagten gegenüber. Stellt eine Bank Zahlungseingänge ins Kontokorrent ein, kann in dem Umfang ein nur unter den Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO, die hier unstreitig nicht vorliegen, anfechtbares Bargeschäft vorliegen, in dem sie ihren Kunden (Schuldner) wieder über den Gegenwert verfügen lässt (BGH, Urteil vom 7. März 2002, IX ZR 223/01, Leitsatz). Voraussetzung für die Annahme eines Bargeschäftes ist die Gleichwertigkeit der Gegenleistung der Bank und die Unmittelbarkeit der Verrechnung, d. h., die Verrechnung muss in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit den jeweiligen Überweisungen des Schuldners erfolgt sein (BGH Urteil vom 7. März 2002, IX ZR 223/01, Seite 13 d. UA.). Die Gegenleistung - Zurverfügungstellung von Kapital - hatte der Schuldner hier aber bereits wesentlich früher im Januar 1998 erhalten. Damit fehlt der erforderliche zeitliche Zusammenhang zwischen der Kreditgewährung im Jahre 1998 und den Zins- und Tilgungsleistungen im Jahre 2000.

Die Anfechtung ist auch nicht wegen des Pfandrechtes der Beklagten nach Nr. 14 Nr. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken ausgeschlossen, denn das Pfandrecht konkretisiert sich erst dann, wenn die Forderung entsteht. Daher kann sich das Pfandrecht nicht auf Forderungen erstrecken, die innerhalb des nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO maßgeblichen Zeitraumes entstanden sind. Auch dieses Pfandrecht wäre ohne weiteres nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO als inkongruente Deckung anfechtbar (BGH NJW 2002, 1722).

Der Schuldner war auch spätestens Mitte Januar 2000 zahlungsunfähig. Die hier fraglichen Leistungen sind teilweise (7.886,48 DM) in der Zeit zwischen dem 25. Januar 2000 und dem 25. April 2000 (Eingang des Insolvenzantrages) erfolgt, ansonsten sogar nach dem Eingang, so dass insoweit § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO eingreift (Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit). Nach § 17 Abs. 2 InsO ist der Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners folgt hier bereits aus den zahllosen Forderungen, die der Kläger in der Berufungsbegründung nochmals aufgelistet hatte (Schriftsatz vom 1. November 2002, Seite 7; Bl. 124 d. A.) und die der Schuldner, wie der Klägervertreter im Berufungstermin unwidersprochen vorgetragen hat, nach Herbst 1999 zum weit überwiegenden Teil nicht mehr bedienen konnte und auch nicht bedient hat. Dies führte dazu, dass im Insolvenzverfahren insgesamt 132 Forderungen mit einem Gesamtvolumen von 2.212.137,19 DM (Zeitpunkt der Klageerhebung; Seite 10 der Klageschrift, Bl. 10 d. A.) zur Tabelle angemeldet worden sind.

Der Senat ist davon überzeugt, dass die Beklagte hiervon auch spätestens Mitte Januar 2000 Kenntnis hatte, wobei nach § 130 Abs. 2 InsO der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit die Kenntnis von Umständen gleichsteht, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit schließen lassen.

Der Schuldner hatte sich seit Ende 1992 finanziell in einer Art Dauerkrise befunden. Im Januar 1998 entschlossen sich der Schuldner und die Beklagte dazu, den bis dahin von der Beklagten gewährten Kontokorrentkredit von 300.000,00 DM durch ein Darlehen mit festen Tilgungsraten abzulösen. Auch wenn die Beklagte im Berufungstermin keine Erklärung zu den Umständen abgeben konnte, warum diese Umwandlung erfolgte, ist allein diese Tatsache nach Auffassung des Senats ein deutliches Anzeichen dafür, dass die Beklagte ihr Engagement bei dem Schuldner schrittweise zurückführen wollte. In der Folgezeit kam es aber erneut zu einer Vielzahl von Pfändungen des Kontos des Schuldners bei der Beklagten, die zeigten, dass der Schuldner finanziell nicht in der Lage war, neben den in beträchtlicher Höhe vereinbarten Tilgungsleistungen von monatlich 3.943,24 DM seinen laufenden sonstigen Verpflichtungen in vollem Umfang nachzukommen. Aus der Liste Bl. 124 d. A., in der der Kläger nochmals die das Konto des Schuldners bei der Beklagten betreffenden Pfändungs- und Einziehungsverfügungen, die der Beklagten zugestellt worden sind, zusammengestellt hat, folgt, dass die finanzielle Krise des Schuldners sich seit Sommer 1999 erneut deutlich verschärfte. Am 10. August 1999 wurde der Beklagten ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Rechtsanwaltes S als Gesamtvollstreckungsverwalter der D K GmbH über eine Teilhauptforderung von 25.000,00 DM zugestellt. Spätestens nachdem der Beklagten mit der Verfügung vom 11. November 1999 eine weitere Pfändung der I B und B über 5.001,15 DM zugestellt worden war, lagen ihr ausreichend Informationen vor, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners schließen lassen. Gerade die Nichtbedienung letzterer Forderungen gilt als deutliches Indiz für eine Zahlungsunfähigkeit (vgl. hierzu: Frankfurter Komm. - Dauernheim, Insolvenzordnung, 3. Aufl., § 130 Rn. 42). Hinzu tritt, dass die Beklagte die Hausbank des Schuldners war und dieser - wie im Berufungstermin erörtert - über keine anderweitigen Bankverbindungen verfügte. Am 2. März 2000 folgte sodann die Zustellung eines weiteren Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses der R AG über die beträchtliche Hauptforderung von 69.783,53 DM.

Nach Ansicht des Senates kann sich die Beklagte auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass es dem Schuldner im Ergebnis immer wieder gelungen sei, sein Konto bei der Beklagten auszugleichen. Aus der für die Zeit nach dem 25. Januar 2000 vorgelegten Übersicht über die Forderungsverrechnungen ist ersichtlich, dass die Beklagte die Überziehung des Kontos nur bis zu der bereits erwähnten Höhe von etwas über 20.000,00 DM zuließ und dann solange keine Verfügungen mehr ermöglichte, bis der Saldo wieder deutlich unter diesem Betrag lag. Dabei arbeitete die Beklagte auch wiederholt mit "Rücklastschrift/Rückscheck", was andererseits belegt, dass der Beklagten durchaus bewusst war, dass der Schuldner weit mehr Forderungen zu bedienen hatte, als sie es zuließ. Der Senat geht davon aus, dass diese für die Zeit vom 25. Januar 2000 bis zur Eröffnung - des Insolvenzverfahrens am 8. Januar 2001 in den Anlagen K 5 und K 6 umfangreich dokumentierte Praxis auch schon zuvor währte. Nach der bereits erwähnten Erklärung des Klägervertreters wurden die dargelegten Pfändungen in der Folgezeit auch im Wesentlichen nicht bedient, was der Beklagten ebenfalls nicht verborgen bleiben konnte. Dass es dem Schuldner dann gelang hinsichtlich der nach dem 25. Januar 2000 erfolgten Pfändungen Ratenzahlungsvereinbarungen mit den jeweiligen Gläubigern zu erreichen (vgl. K 21, Bl. 74), vermag daran nichts zu ändern, auch wenn Stundungsvereinbarungen zunächst in der Regel die Fälligkeit der Gesamtforderungen beseitigen. Dies kann Auswirkungen auf die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit haben (Frankfurter Komm. - Dauernheim, a.a.O. 3. Aufl., § 130 Rn. 39), die aber bereits objektiv vorlag. Hier geht es um die (subjektive) Kenntnis der Beklagten, die auch deshalb anzunehmen ist, weil der Schuldner es hinsichtlich dieser Forderungen erst zur Ausbringung einer Pfändung kommen liess, bevor er eine Abzahlungsregelung herbeiführte, was deutlich machte, dass er nicht mehr über ausreichende finanzielle Mittel verfügte, um die Forderungen rechtzeitig zu bedienen.

Der Senat verkennt nicht, dass die Beklagte offenbar bemüht war, dem Schuldner die Fortführung seines Betriebes zu ermöglichen. Andererseits handelte sie ebenso offensichtlich nicht im Rahmen eines ernsthaften und erfolgversprechenden Sanierungskonzeptes, sondern verlängerte nur die bereits eingetretene Krise mit den damit verbundenen Risiken für die anderen (insbesondere neuen) Gläubiger. Dabei ist zu beachten, dass es im vorliegenden Rechtsstreit nicht darum geht, der Beklagten ihre begründeten Ansprüche vollständig abzuerkennen. Denn Ziel des Anfechtungsprozesses ist es im Ergebnis nur, den Anfechtungsgegner mit den anderen Gläubigern im Insolvenzverfahren gleichzustellen. Dies erscheint dem Senat auch hier als gerechtfertigt.

Zu 4. Darlehenskonto 297,89 DM

Der Anspruch ist ebenfalls aus §§ 143 Abs. 1, 129 Abs. 1, 130 Abs. 1 InsO begründet. Insoweit gilt das zu Pos. 2. dargelegte entsprechend.

Zu 5. Rest 6.246,45 DM

Der Anspruch ist ebenfalls aus §§ 143 Abs. 1, 129 Abs. 1, 130 Abs. 1 InsO begründet, denn es handelte sich um eine kongruente Deckung, weil zwischen der Beklagten und dem Schuldner keine konkludente Vereinbarung über einen neuen Dispositionskredit zustande gekommen war. Die Deckung ist aber kein Bargeschäft im Sinne von § 142 InsO.

Der Betrag ergibt sich rechnerisch aus der Differenz zwischen dem Kontoanfangsstand vom 25. Januar 2000 aus K6 (- 6.652, 62 DM) und dem Kontoendstand am 4. Januar 2001 aus K 5 (- 406, 17 DM). Im Ergebnis hatte der Schuldner in diesem Zeitraum den Saldo um 6.246,45 DM zurückgeführt.

Hinsichtlich der zwischen den Parteien streitigen Frage, ob durch die Zulassung weiterer Verfügungen konkludent ein neuer Dispositionskredit dem Schuldner eingeräumt worden ist, dessen Rückführung erst nach (erneuter) Kündigung fällig wäre, folgt der Senat dem Landgericht. Zwar hatten die Überziehungen, die die Beklagte zeitweise zuließ, eine beträchtliche Höhe erreicht (21.394,14 DM am 4. Juli 2000). Mit dem Landgericht sieht der Senat aber den Umstand als entscheidend an, dass der ursprüngliche Kontokorrentkredit mit Vertrag vom 26. Januar 1998 ausdrücklich aufgehoben worden ist, so dass hier an eine konkludente Vereinbarung eines - dem widersprechenden - erneuten Kontokorrentkredites besonders hohe Anforderungen zu stellen sind. Hierfür reicht die kurzfristige Hinnähme von Überziehungen im Rahmen einer langjährigen Zusammenarbeit nicht aus, so dass die Beklagte einen sofort fälligen Anspruch auf Rückzahlung des überzogenen Betrages hatte. Die durch die Verrechnung erfolgte Deckung ist daher kongruent.

Des weiteren stellt sich das besondere Problem, dass im Ergebnis der von der Beklagten durchgeführten zeitnahen Kontokorrentverrechnung der Saldo um diesen Betrag zugunsten der Beklagten zurückgeführt worden ist. Insoweit hat die Beklagte etwas aus dem Vermögen des Schuldners erlangt. Der Senat sieht zwar in der normalen Verrechnung der Zahlungen ein Bargeschäft. Entgegen der von den Parteien diskutierten Entscheidung des 8. Zivilsenates vom 29. November 2001, Seite 7 UA. - 8 U 5537/00 - gilt dies jedoch nicht hinsichtlich der objektiven Verringerung des Saldos. Insoweit erhält die Bank zwar eine kongruente Leistung, wobei das Geschäft aber kein Bargeschäft ist, denn es fehlt an der zeitnah gewährten gleichwertigen Gegenleistung, die - wie dargetan - Voraussetzung für die Annahme eines Bargeschäftes ist. Der überschießende Betrag unterliegt daher den normalen Regeln der Anfechtung und ist damit nach den zu 2. entwickelten Grundsätzen herauszugeben.

Im Übrigen ist die Klage unbegründet und war die Berufung daher zurückzuweisen. Im Einzelnen gilt folgendes:

Zu 1. Zahlung an die I 9.900,00 DM

Hier besteht zunächst die Vorfrage, ob der Senat den neuen Vortrag der Beklagten, der Schuldner habe der I bereits am 4. August 1998 für die jeweils fälligen Raten eine Einzugsermächtigung erteilt, zulassen kann und muss. Diese Frage hat der Bundesgerichtshof jüngst dahin entschieden, dass Vortrag zu einer in erster Instanz nicht ausdrücklich erwähnten, von Amts wegen zu prüfenden Anspruchsgrundlage ... kein neues Angriffsmittel in der Berufung [ist], wenn sich deren Voraussetzungen bereits aus dem erstinstanzlichen Vortrag ergeben (BGH, Urteil vom 26. Juni 2003, VII ZR 281/02, Leitsatz).

Hier hatte das Landgericht ausdrücklich einen Anspruch aus Bereicherungsrecht offen gelassen, weil es diesen - wohl zu Unrecht - als einen anderen Streitgegenstand betrachtet hat. Der Kläger hat deshalb in der Berufungsinstanz ausdrücklich einen solchen Anspruch geltend gemacht. Dementsprechend muss die Beklagte nun aber auch die Möglichkeit haben, ihren Vortrag hinsichtlich der Einziehungsvollmacht, auf die es nach der Auffassung des Landgerichtes bisher nicht ankam, zu ergänzen.

In der Sache folgt der Senat im Ergebnis der zutreffenden Lösung des Landgerichts, wobei klarstellend hinzuzufügen ist, dass es sich hier um ein Bargeschäft im Sinne von § 142 InsO handelt. Hinsichtlich dieser Zahlungen ist die Beklagte nur Zahlstelle und nicht Zahlungsempfängerin. Diese Leistungen sind daher grundsätzlich wie alle Leistungen im Rahmen eines Kontokorrentverhältnisses zu behandeln, das die Parteien nach Eintritt der Krise fortsetzen. Wie diese Verrechnung im Kontokorrent im Einzelfall erfolgt, hat der Senat bereits in seinem von den Parteien ebenfalls diskutierten Urteil vom 3. September 2002, Seite 4 f UA. - 7 U 217/01 - dargelegt. Voraussetzung für die Annahme eines Bargeschäftes ist - wie bereits dargetan - die Gleichwertigkeit der Gegenleistung der Bank und die Unmittelbarkeit der Verrechnung, d. h., die Verrechnung muss in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit den jeweiligen Überweisungen des Schuldners erfolgenden (BGH a. a. O. Seite 13 d. UA.). Diese Voraussetzungen sind hier für die zu Pos. 1 erfolgten Zahlungen unstreitig gegeben.

Der Kläger ist hier daher gehalten, die unter Ausnutzung des Kredites getätigten Zahlungen gegenüber deren Empfänger, der I, anzufechten. Eine solche Anfechtung gegenüber dem Leistungsempfänger hat sogar Vorrang im Verhältnis zur Anfechtung gegenüber der Zahlstelle, soweit diese nur ihre Leistung erbringt (BGH, Urteil vom 7. März 2002, IX ZR 223/01, Seite 15 UA.).

Der Anspruch aus § 812 BGB ist ebenfalls unbegründet, denn die Beklagte hat inzwischen die Einzugsermächtigung des Schuldners für die Abbuchungen zugunsten der IBB vorgelegt. Die Zahlungen sind daher mit Rechtsgrund erfolgt.

Zu 3. Zinsen und Kosten des Kontokorrentes 1.061,49 DM

Grundsätzlich gilt hier zwar das zu Pos. 2. ausgeführte entsprechend. Zu beachten ist aber, dass diese Kosten dafür entstanden sind, dass die Beklagte dem Schuldner die Fortsetzung des Kontokorrentverhältnisses ermöglichte, so dass in diesen Leistungen ebenfalls ein Bargeschäft im Sinne von § 142 InsO zu sehen ist. Der Leistung des Schuldners steht die Leistung der Beklagten als kontoführende Bank zeitnah und gleichwertig gegenüber.

Der Zinsausspruch folgt aus §§ 284, 286, 288 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechtes noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichtes erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO n. F.).

Ende der Entscheidung

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