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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 28.05.2004
Aktenzeichen: 7 U 250/03
Rechtsgebiete: HOAI


Vorschriften:

HOAI § 52 Abs. 7 Nr. 6
HOAI § 1
Isoliert vergebene Planleistungen betreffend die wegweisende sowie verkehrsführende Beschilderung und Markierung einer Autobahn nach StVO, die Schutz- und Leiteinrichtungen sowie die Langzeitzählstellen unterliegen nicht dem Preisrecht der HOAI.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 7 U 250/03

verkündet am: 28.05.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Kammergerichts, Elßholzstraße 30 - 33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 28. Mai 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Stummeyer und die Richter am Kammergericht Sellin und Steinecke

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 5. Juni 2003 verkündete Urteil der Zivilkammer 21 des Landgerichtes Berlin - 21 O 257/02 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 26.201,96 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. Oktober 2001 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten der ersten Instanz haben die Klägerin 83 % und die Beklagten 17 % zu tragen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 90 % und die Beklagte zu 10 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien dürfen die Zwangsvollstreckung durch Sicherheit in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, sofern nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

A.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz einschließlich der dort von den Parteien gestellten Anträge und der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird auf das am 5. Juni 2003 verkündete Urteil der Zivilkammer 21 des Landgerichts Berlin - 21 O 257/02 - Bezug genommen.

Gegen das der Klägerin am 11. Juli 2003 zugestellte Urteil hat sie am 5. August 2004 Berufung eingelegt und diese am 11. September 2004 begründet.

Die Klägerin stützt ihre Forderung in zweiter Instanz auf eine mit der Berufungsbegründung auf der Grundlage der HOAI erstellte Schlussrechnung, die mit einer offenen Restforderung von 224.912,57 EUR abschließt. Hiervon macht sie einen erststelligen Teilbetrag von 139.856,28 EUR geltend. Hilfsweise stützt sie ihre Forderung auf den vom Landgericht nicht berücksichtigten Honoraranspruch in Höhe von 6.202,62 EUR aus der Rechnung vom 28. Februar 2002 (Anl. K 18) und auf den vom Landgericht in Abzug gebrachten Einbehalt von 5 % in Höhe von 7.056,43 EUR netto (13.801,17 DM). Die Klägerin ist weiterhin der Ansicht, die Abrechnung des Honoraranspruchs habe nach den Bestimmungen der HOAI zu erfolgen. Dies ergebe sich insbesondere aus der Anrechnungsregelung in § 52 Abs. 7 Nr. 6 HOAI. Ihre Planungen seien für die Funktionsfähigkeit der Autobahn unerlässlich.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Sie meint, die HOAI sei nicht anwendbar. Für die isolierte Planung der Ausstattung und des Zubehörs einer Verkehrsanlage enthalte die HOAI kein eigenes Leistungsbild. Die HOAI sei daher nur dann anwendbar, wenn die Planung den Straßenkörper umfasse.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und wegen der gestellten Anträge auf das Sitzungsprotokoll vom 28. Mai 2004 Bezug genommen.

B.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nur zu einem geringen Teil begründet.

I.

Auf das streitige Schuldverhältnis sind gemäß Art. 229 § 5 EGBGB die vor dem 1. Januar 2002 geltenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) anzuwenden.

II.

1. Die Klägerin kann ihren Honoraranspruch nicht auf die mit der Berufungsbegründung erstellte Schlussrechnung stützen; denn das zwischen den Parteien im Vertrag vom 1./9. Oktober 1996 vereinbarte Pauschalhonorar ist nicht wegen Verstoßes gegen das Mindestpreisgebot des § 4 Abs. 4 HOAI unwirksam. Der Senat folgt der Ansicht des Landgerichts, dass auf den Vertrag das Preisrecht der HOAI keine Anwendung findet. Ausgangspunkt für die Beurteilung dieser Rechtsfrage ist § 1 HOAI. Maßgeblich ist danach, ob die von der Klägerin geschuldete Leistung in den Leistungsbildern der HOAI beschrieben ist (BGH BauR 2000, 1512). Dafür bestehen hier keine konkreten Anhaltspunkte.

a) Zu unterscheiden ist zwischen Grundleistungen und Besonderen Leistungen. Besondere Leistungen unterteilen sich in solche Leistungen, die zu den Grundleistungen hinzutreten und den isoliert Besonderen Leistungen, die ohne Grundleistungen vergeben werden. Aus § 5 Abs. 4 HOAI folgt dabei nach ganz herrschender Auffassung, dass Besondere Leistungen, wenn sie nicht im Zusammenhang mit Grundleistungen vergeben werden, nicht der HOAI unterliegen, das Honorar also frei vereinbart werden kann (vgl. BGHZ 136, 33, 36, Locher/Koeble/Frik HOAI 8. Aufl. § 2 Rdnr. 17). Im vorliegenden Fall gilt nichts anderes.

b) Ausgangspunkt für die Frage, ob die von der Klägerin erbrachten Leistungen den Regelungen der HOAI unterliegen ist § 51 Abs. 1 Nr. 6 HOAI, der einen Honoraranspruch dem Preisrecht dann unterstellt, wenn es um "konstruktive Ingenieurbauwerke für Verkehrsanlagen" geht. Dass dies für Planungsleistungen, die wie hier ausschließlich das "Zubehör" (Beschilderung, Fahrbahnmarkierungen, Wegweisung, Schutzeinrichtungen und Langzeitzählstellen) für die Autobahn betreffen, nicht gilt, hat auch die Klägerin in der mündlichen Verhandlung eingeräumt.

c) Es gibt auch keine weiteren Anhaltspunkte, die für die Anwendung des Preisrechts sprechen könnten. Die hier fraglichen Anlagen des Zubehörs sind weder als Grundleistung noch als Besondere Leistungen in § 55 HOAI erwähnt. Es lassen sich auch keine Hinweise hierauf in den Definitionen und Katalogen der Honorarzonen (§ 53 HOAI) oder der Objektlisten für Verkehrsanlagen (§ 54 HOAI) finden. Lediglich in § 52 Abs. 7 Nr. 6 HOAI sind Ausstattungen und Nebenanlagen von Straßen erwähnt, dort aber nur als negative Anrechnungsbestimmung für die anzurechnenden Baukosten ("soweit der Auftragnehmer die Anlagen oder Maßnahmen weder plant noch ihre Ausführung überwacht"). Dies spricht für die Nichteinbeziehung dieser Leistungen in die HOAI, denn der Sondercharakter wird dadurch betont, dass die Planung des Zubehörs nicht notwendig zu den Aufgaben des Verkehrsplaners gehört und damit nur dann durch die Anrechnung auf die Baukosten bei der Höhe des Honorars eine Rolle spielen soll, wenn der Verkehrsplaner zusätzlich mit dieser Aufgabe betraut ist. Wird diese Aufgabe wie hier isoliert vergeben, muss sie mithin nicht zwingend nach dem Preisrecht der HOAI abgerechnet werden. Außerdem handelt es sich bei § 52 HOAI um eine Vorschrift für die Honorarberechnung, die voraussetzt, dass nach der HOAI abzurechnen ist; die Bestimmung gibt daher keinen Aufschluss darüber, ob das Honorar frei vereinbart werden kann oder nicht.

d) An dieser Rechtslage ändert auch nichts die von Locher/Koeble/Frik (HOAI 8. Aufl. § 51 Rdnr. 18) vertretene Ansicht, dass das Zubehör von Bundesfernstraßen der Definition in § 1 BFernStrG folgend zu den Verkehrsanlagen gehört. Allein die Planung von einzelnen Teilen für eine Verkehrsanlage begründet auch nach § 51 Abs. 2 HOAI noch keine Anwendung des Preisrechts; denn bei dieser Vorschrift handelt es sich nur um eine Legaldefinition. Nur dann, wenn der Planungsauftrag sich auch auf konstruktive Ingenieurbauwerke erstreckt, kommt die HOAI zur Anwendung. Das ist hier nicht der Fall. Davon sind die Parteien bei Abschluss des Vertrages offenbar selbst ausgegangen; denn in Ziff. II der "Leistungsbeschreibung für Planung der Verkehrstechnischen Ausrüstung" wird klargestellt, dass die Klägerin keine Leistungen zu erbringen hat, die zu den Grundleistungen der HOAI gehören. Nur dann ist aber, wie dargelegt, dass Preisrecht anzuwenden.

2. Die somit im Rahmen eines den Regeln des BGB unterliegenden Werkvertrages vereinbarten Pauschalen wären also nur dann anzupassen, wenn die Klägerin gemäß den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht mehr an den vereinbarten Honorarsätzen festgehalten werden könnte. Dies hat sie in erster Instanz nicht dargetan, wobei hier nicht auf die mögliche Steigerung der Baukosten, sondern auf den tatsächlichen Aufwand abzustellen ist. Darauf hat das Landgericht mit zutreffender Begründung im angefochtenen Urteil hingewiesen. Das hat die Klägerin mit ihrem Vortrag in der Berufungsbegründung nicht angegriffen.

3. Erfolg hat die Berufung nach alledem nur hinsichtlich des Einbehalts von 5 %, den das Landgericht ohne nachvollziehbare Begründung in Abzug gebracht hat. Außerdem ist der Klägerin das dem Grunde und der Höhe nach unstreitige Honorar aus dem Zusatzauftrag zuzusprechen. Dagegen hat die Beklagte auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat keine Einwände erhoben.

4. Nach alledem ergibt sich folgende Abrechnung des Honoraranspruchs:

 Zwischensumme aus Festhonorar und Berechnungshonorar 276.023,53 DM
abzgl. Einbehalt von 5% - DM
abzgl. Zahlungen 238.345,70 DM
noch offen netto 37.677,83 DM
zzgl. 16% MwSt 6.028,45 DM
Restforderung aus dem Vertrag vom 1./9. 10. 1996 43.706,28 DM
zzgl. Rechnung v. 28.02.02 12.131,28 DM
  55.837,56 DM
Zugestandener Abzug für Bauwerksentwürfe der Schilderbrücken 4.590,98 DM
begründete Klageforderung 51.246,58 DM
entspricht 26.201,96 EUR

II.

Hinsichtlich des Zinsanspruchs verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs.1, 708 Nr.10, 711 ZPO.

Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).



Ende der Entscheidung

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