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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 28.09.2004
Aktenzeichen: 7 U 91/04
Rechtsgebiete: AnfG, HinterlO, InsO


Vorschriften:

AnfG § 3 Abs. 1
HinterlO § 8
InsO § 89 Abs. 1
Ein Antrag auf Feststellung in einem Insolvenzanfechtungsverfahren, dass eine Abtretung unwirksam ist, enthält als "minus" den Antrag auf Feststellung, dass die Abtretung wirksam angefochten worden ist.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 7 U 91/04

verkündet am: 28.09.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Kammergerichts Elßholzstraße 30 - 33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 28.09.2004 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Stummeyer und die Richter am Kammergericht Steinecke und Sellin

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 12. März 2004 verkündete Urteil der Zivilkammer 35 des Landgerichts Berlin - 35 O 219/03 - teilweise abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, die Freigabe eines von der "GbR Bnnnnn Snnn nn " beim Amtsgericht Bad Saulgau (Az.: HL nn ) hinterlegten Betrags in Höhe von 5.639,55 EUR zuzüglich 1 % Zinsen aus 1.404,13 EUR seit dem 1. Februar 2003, 1 % Zinsen aus 2.117,70 EUR seit dem 1. März 2003 sowie 1 % Zinsen aus 2.117,70 EUR seit dem 1. Mai 2003 an den Kläger zu bewilligen.

Es wird festgestellt, dass die von der Hnnnn Gesellschaft für Grundbesitz und Vermögensverwaltung mbH mit Datum vom 28. Februar 2001 gegenüber dem Beklagten erklärte Anspruchsabtretung vom Kläger nach § 3 Abs. 1 AnfG wirksam angefochten worden ist.

Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 21% und der Beklagte 79% zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO i. V. m. § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

II. Die Berufung des Klägers ist zulässig und teilweise begründet.

Auf das Berufungsverfahren waren die Vorschriften der Zivilprozessordnung in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung anzuwenden, denn die mündliche Verhandlung, auf die das angefochtene Urteil erging, ist nach dem 1. Januar 2002 geschlossen worden (§ 26 Nr. 5 EGZPO).

III. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Freigabe von 66,18 % der von der "GbR Bnnnn Snnnn " beim Amtsgericht Bad Saulgau hinterlegten Teilbeträge von 2.121,69 EUR, 3.199,93 EUR und 3.199,93 EUR. Die weitergehende Klage auf Freigabe ist unzulässig.

1. Soweit der Kläger Freigabe des hinterlegten Betrages begehrt, der auf die Schuldner Pnnnn und Znnn entfällt, ist die Klage gemäß § 16 Abs. 1 AnfG unzulässig; denn vor Zustellung der Klage an den Beklagten am 20 Juni 2003 (Bl. 18 d.A.) ist am 6. März 2003 bzw. am 21. Mai 2003 das Insolvenzverfahren über die Schuldner Pnnnn und Znnn eröffnet worden (vgl. Huber, AnfG, 9. Aufl., § 16 Rdnr. 11). Es ist weder dargetan, noch sonst ersichtlich, dass die streitbefangene Forderung nicht vom Insolvenzbeschlag erfasst (§ 35 InsO) oder inzwischen vom Insolvenzverwalter freigegeben worden ist. Nach § 3 der Vereinbarungen über einen Teilverzicht in der Urkunde des Notars Prof. Dr. Knnnnn vom 22. Februar 2001 (Anl. K 4) entfallen auf die Schuldner Pnnnn und Znnn zusammen 13,39% des hinterlegten Betrages. Die Freigabe dieses Anteils kann gemäß §§ 16, 17 AnfG nur der zuständige Insolvenzverwalter gerichtlich geltend machen.

2. Der Anspruch auf Freigabe des auf die Hnnnn Gesellschaft für Grundbesitz und Vermögensverwaltung mbH (Im Folgenden: Hnnnn ) entfallenden Anteils von 66,18 % steht dem Kläger aus §§ 11, 3 Abs. 1 AnfG zu.

a) Allerdings hat das Landgericht zu Recht festgestellt, dass die Abtretungsvereinbarung vom 28. Februar 2001 nicht wegen mangelnder Bestimmtheit unwirksam ist, da die Ansprüche gegen die GbR "in vollem Umfang" abgetreten worden sind. Dies ist entgegen der Ansicht des Klägers keine "Unterstellung" des Landgerichts, sondern ergibt sich eindeutig aus dem Wortlaut der Vereinbarung. Wenn die Ansprüche gegen einen Schuldner "in vollem Umfang" abgetreten worden sind, dann sind damit alle Ansprüche gegen diesen Schuldner abgetreten. Eine solche Vollabtretung der Ansprüche gegen einen (oder mehrere) bestimmten Schuldner reicht ohne Zweifel aus, um den Umfang dieser Abtretung zu bestimmen (vergl. BGH MDR 1990, 996).

b) Der Beklagte kann sich auf die Abtretung aber nicht berufen, weil der gemäß § 2 AnfG zur Anfechtung berechtigte Kläger sie wirksam gemäß § 3 Abs. 1 AnfG angefochten hat. Das angefochtene Urteil erweist sich insoweit als grob rechtsfehlerhaft.

Dass die Abtretungsvereinbarung vom 28. Februar 2001 eine objektive Gläubigerbenachteiligung zur Folge hat, die Voraussetzung eines jeden anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruchs ist (BGHZ 104, 355,357; BGHZ 90,207,211 f.), ist unstreitig. Auch der Beklagte behauptet nicht, dass weitere Vollstreckungsmöglichkeiten, die zu einer Befriedigung des titulierten Anspruchs des Klägers führen könnten, vorhanden wären oder zum Zeitpunkt der Abtretung vorhanden gewesen wären.

Der Benachteiligungsvorsatz der Hnnnn beim Abschluss der Abtretungsvereinbarung vom 28. Februar 2001 ergibt sich bereits daraus, dass über ihr gesamtes Vermögen durch Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 6. August 1999 der dingliche Arrest angeordnet worden war. Wenn sie dann am 28. Februar 2001 ihren Darlehensrückzahlungsanspruch gegen die "GbR Bnnnn Snnnn ", bei dem es sich offensichtlich um den einzigen noch vorhandenen Vermögenswert handelte, an den Beklagten abtrat, so kann an ihrem Vorsatz, andere Gläubiger, insbesondere auch den Kläger, zu benachteiligen, kein ernsthafter Zweifel bestehen. Die Gläubigerbenachteiligung muss nicht das Ziel des Schuldnerhandelns sein. Es genügt, wenn bei einem auf einen anderen Zweck gerichteten Handeln der Schuldner die Benachteiligung als mögliche Folge seines Handelns erkennt und billigend in Kauf nimmt (BGHZ 130, 314, 319 m.w.N.). Das war hier ganz offensichtlich der Fall.

Es ist auch davon auszugehen, dass der Beklagte von dem Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin Kenntnis hatte, weil er wusste, dass deren Zahlungsunfähigkeit drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Bei der Abtretung vom 28. Februar 2001 handelt es sich um ein inkongruentes Deckungsgeschäft; denn der Beklagte hat damit eine Sicherung oder Befriedigung erhalten, die er nach den ursprünglichen Mandatsverträgen mit der Hnnnn zur Abgeltung seiner Honoraransprüche nicht zu beanspruchen hatte. Gegenteiliges trägt der Beklagte nicht vor. Er wusste daher, dass er eine inkongruente Deckung erhält. Darin liegt ein erhebliches Beweisanzeichen nicht nur für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Hnnnn sondern auch für die Kenntnis des Beklagten (vgl. Huber, a.a.O., § 3 Rdnr. 34 m.w.N.); denn die vom Beklagten behaupteten Honorarforderungen stammen aus zahlreichen Prozessen, die er u.a. für die Hnnnn geführt hat. Dem Beklagten war daher bekannt, dass die Hnnnn nicht in der Lage war, ihre fälligen Honorarforderungen aus diesen Prozessen zu bezahlen, sonst hätte er sich die Ansprüche gegen die "GbR Bnnnn Snnnn " nicht abtreten lassen müssen. Die Kenntnis des Beklagten von dem Gläubigerbenachteiligungsvorsatz wird daher durch die inkongruente Deckung indiziert. Erhebliche Tatsachen, die dieses Indiz entkräften könnten, hat der Beklagte weder vorgetragen noch unter Beweis gestellt.

Da die Abtretungsvereinbarung vom 28. Februar 2001 eine anfechtbare Rechtshandlung nach § 3 Abs. 1 AnfG darstellt, ist der Klageantrag zu 1) begründet.

3. Der Zinsanspruch ist gemäß § 8 HinterlO begründet, aber nur in Höhe des auf die Hnnnn entfallenden Anteils von 66,18%.

IV. Der Klageantrag zu 2), mit dem der Kläger die Feststellung begehrt, dass die Abtretung vom 28. Februar 2001 unwirksam ist, hat nur teilweise Erfolg.

1. Der Klageantrag zu 2) ist unzulässig, soweit er sich auf die Schuldner Pnnnn und Znnn bezieht, da der Kläger ein Rechtsschutzinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO für diesen Feststellungsantrag nicht dargetan hat. Angesichts des eröffneten Insolvenzverfahrens gegen diese Schuldner steht ihm ein Anspruch auf Auskehrung weiterer hinterlegter Beträge nicht zu; denn die gegen diese Schuldner gerichteten Vollstreckungsmaßnahmen sind gemäß § 89 Abs. 1 InsO während der Dauer des Insolvenzverfahrens unzulässig.

2. Soweit sich der Klageantrag zu 2) auf die Hnnnn bezieht, hat er nur teilweise Erfolg.

Die Feststellung, dass die Abtretung unwirksam ist, kann der Senat aus den zu II. 2. a) genannten Gründen nicht treffen.

Erfolg hat der Antrag nur insoweit, als der Kläger damit auch die Feststellung begehrt, dass er die Abtretung wirksam angefochten hat. Das Feststellungsinteresse dafür folgt aus der drohenden Verjährung nach § 3 Abs. 2 S. 2 AnfG. Im Übrigen verweist der Senat auf die unter II. 2. b) gemachten Ausführungen. Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse daran, eventuelle weitere Zahlungen der "GbR Bnnnn nnnnn " an den Beklagten durch die begehrte Feststellung zu verhindern

V. Die Berufung des Klägers musste deshalb teilweise Erfolg haben.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10 und 713 ZPO.

Ein Grund, die Revision zuzulassen, war nicht gegeben, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO).



Ende der Entscheidung

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