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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 19.07.2001
Aktenzeichen: 8 RE-Miet 2/01
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 293
BGB § 300
BGB § 301
BGB § 302
BGB § 303
BGB § 304
BGB § 557 Abs. 1
BGB § 556 Abs. 1
ZPO § 541 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 541 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
KAMMERGERICHT Beschluss

Geschäftsnummer: 8 RE-Miet 2/01

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts am 19. Juli 2001 beschlossen:

Tenor:

Der Erlass eines Rechtsentscheids wird abgelehnt.

Gründe:

1. Die Klägerin begehrt vom Beklagten unter anderem für die Monate Juni und Juli 1998 Nutzungsentschädigung nach § 557 Abs. 1 BGB. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde.

Nachdem der Beklagte das zwischen ihm und der Klägerin bestehende Mietverhältnis fristgemäß zum 31. Mai 1998 gekündigt hatte, vereinbarte die Hausverwaltung der Klägerin mit ihm einen Übergabetermin zum 5. Juni 1998. Zu diesem Termin erschien von Seiten der Hausverwaltung niemand, woraufhin ein neuer Übergabetermin zum 11. Juni 1998 vereinbart wurde. Im Verlauf dieses Termins beanstandete ein Vertreter der Hausverwaltung die Nichtdurchführung verschiedener Schönheitsreparaturen durch den vertraglich hierzu verpflichteten Beklagten sowie den Zustand des in der Wohnung verlegten reinigungsbedürftigen Teppichbodens. Der Beklagte übergab dem Vertreter der Hausverwaltung "zwecks Weitervermietung und Besichtigungen" an diesem Tag einen Wohnungsschlüssel und sagte mit Schreiben vom 12. Juni 1998 die Durchführung einiger Schönheitsreparaturen zu, wobei er darauf hinwies, dass der Teppichboden denselben Zustand wie zu Beginn des Mietverhältnisses im Oktober 1996 aufwies. Nachdem am 18. Juni 1998 eine weitere Besichtigung stattgefunden hatte, in deren Verlauf ein Mitarbeiter der Hausverwaltung vom Beklagten weitere Schlüssel erhielt, erfolgte in der Zeit bis zum 6. Juli 1998 eine Erneuerung des Teppichbodens in der Wohnung durch die Hausverwaltung.

Mit Schreiben vom 6. Juli 1998 teilte der Beklagte mit, dass restliche Schönheitsreparaturen durch den von ihm beauftragten Maler am 11./12. Juli 1998 ausgeführt werden würden, was dann auch geschah.

Der Beklagte wendet sich gegen die Inanspruchnahme in Höhe des Mietzinses für die Monate Juni und Juli 1998 mit der Begründung, dass der Klägerin die Wohnung in diesem Zeitraum uneingeschränkt zur Verfügung gestanden habe. Das Amtsgericht hat die Klage insoweit abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass eine "Vorenthaltung" im Sinne des § 557 Abs. 1 BGB nicht vorliege. Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihren Anspruch weiter und meint, dass bereits eine Rückgabe der Wohnräume im Sinne des § 556 Abs. 1 BGB durch den Beklagten nicht erfolgt sei.

Das Landgericht meint unter Hinweis auf die Entscheidung des hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 6. Dezember 1989 (MDR 1990, 247), dass "Vorenthaltung" nach § 557 Abs. 1 BGB nicht vorliege, wenn der Mieter nach Aufforderung durch den Vermieter Schönheitsreparaturen in den Mieträumen vornehme. An einer entsprechenden Entscheidung sieht es sich jedoch durch das Urteil des OLG Düsseldorf vom 16. Januar 1997 - 10 U 6/96 - (MDR 1997, 342) gehindert und hat deshalb dem Kammergericht folgende Frage zum Erlass eines Rechtsentscheids vorgelegt:

"Enthält der Mieter dem Vermieter die Mietsache im Sinne des § 557 Abs. 1 BGB vor, wenn er nach Beendigung des Mietverhältnisses auf Rüge des Wohnungszustandes durch den Vermieter Schlüssel behält, um von diesem beanstandete Mängel zu beseitigen und verlangte Schönheitsreparaturen durchzuführen?"

2. Die Voraussetzungen des § 541 Abs. 1 Satz 1 ZPO liegen nicht vor, da der Rechtsstreit auch ohne Erlass eines Rechtsentscheids im Sinne des Landgerichts entschieden werden kann. Auszugehen ist von folgendem:

a) Soweit es die Zeit von der Beendigung des Mietverhältnisses bis zur ersten gemeinsamen Besichtigung am 11. Juni 1998 angeht, hat zwar der Beklagte die Mieträume nicht an die Klägerin zurückgegeben. Gleichwohl steht der Klägerin für diesen Zeitraum ein Anspruch nach § 557 Abs. 1 BGB nicht zu, weil "Vorenthaltung" im Sinne dieser Bestimmung nicht vorliegt. Hinsichtlich des Zeitraums bis zum 5. Juni 1998 folgt dies daraus, dass es sich hierbei um den zwischen den Parteien vereinbarten (möglichen) Rückgabetermin handelte, so dass die bis dahin nicht erfolgte Rückgabe dem Willen der Klägerin bzw. der Hausverwaltung gerade nicht widersprechen konnte. Die Nichteinhaltung des vereinbarten Termins hatte sodann zur Folge, dass sich die Klägerin mit der Rücknahme der Wohnräume im Annahmeverzug nach § 293 BGB befand. Dies bedeutet, dass ein für die Annahme der "Vorenthaltung" notwendiger Wiedererlangungswille der Klägerin gerade nicht festgestellt werden kann (vgl. hierzu OLG Köln, ZMR 93, 71; Bub/Treier/Scheuer, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Auflage, V. A Rdnr. 71, Staudinger/Sonnenschein, BGB, 13. Bearbeitung, Rdnr. 26 zu § 557 m. w. N.). Insoweit geht der Hinweis von Weidenkaff (in Palandt, BGB, 60. Auflage, Rdnr. 8 zu § 557) fehl, da es nicht um die Auswirkungen der §§ 300 bis 304 BGB geht, sondern (nur) darum, ob begriffsnotwendig ein Wiedererlangungswille im Falle des Verzugs mit der Entgegennahme der entsprechenden Leistung ausgeschlossen ist.

b) Soweit es die Zeit nach dem 11. Juni 1998 angeht, ist bereits fraglich, ob ein Anspruch der Klägerin nicht deshalb ausgeschlossen ist, weil der Beklagte der ihm obliegenden Rückgabeverpflichtung nachgekommen ist. § 556 Abs. 1 BGB verlangt vom Mieter, dem Vermieter unmittelbaren Besitz einzuräumen. Dies hat so zu geschehen, dass der Vermieter die Mieträume zur freien Verfügung (so Bub/Treier/Scheuer, a. a. O., V. A Rdnr. 6) erhält, so dass er sie selbst oder durch Weitervermietung nutzen kann (Staudinger/Sonnenschein, a. a. O., Rdnr. 13 zu § 557). Rückgabe in diesem Sinne ist somit nicht bereits grundsätzlich ausgeschlossen, wenn - wie im vorliegenden Sachverhalt - durch Aushändigung eines Schlüssels lediglich unmittelbarer Mitbesitz des Vermieters begründet wird. Dieser versetzte die Klägerin wegen der zugrunde liegenden Abrede (Besichtigung und Weitervermietung) in die Lage, frei über die Mieträume zu verfügen, was sich insbesondere auch daraus ergibt, dass die Klägerin den Teppichboden in der Wohnung offensichtlich ohne Absprache mit dem Beklagten erneuern ließ. Insoweit liegt der Fall anders als der der Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf zugrunde liegende Sachverhalt: Dort waren ausweislich der vom Senat beigezogenen vollständigen Entscheidungsgründe zum fraglichen Termin überhaupt keine Schlüssel übergeben worden, weil die Vermieterin deren Annahme verweigert hatte. Aus diesem Grund liegt eine Abweichung im Sinne des § 541 Abs. 1 ZPO nicht vor, wobei im übrigen darauf hinzuweisen ist, dass die veröffentlichten Leitsätze der Entscheidung des OLG Düsseldorf unterschiedlich sind: Einerseits MDR 1997, 342, andererseits DWW 1997, 123. Jedenfalls lässt sich bei der vorliegenden Fallgestaltung aber nichts dafür entnehmen, dass der Mitbesitz des Beklagten dem Willen der Klägerin widersprochen hätte. Die Klägerin war ersichtlich daran interessiert, dass in der Wohnung die nach ihrer Meinung erforderlichen Schönheitsreparaturen ausgeführt wurden. Dem hat der Beklagte entsprochen, so dass der von ihm weiterhin ausgeübte (Mit)Besitz gerade dem Willen der Klägerin entsprach mit der Folge, dass ihr ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach § 557 Abs. 1 BGB nicht zusteht.

Ende der Entscheidung

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