Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 22.10.2001
Aktenzeichen: 8 RE-Miet 5/01
Rechtsgebiete: BGB, EGBGB


Vorschriften:

BGB § 134
BGB § 139
BGB § 565 Abs. 2
BGB § 573 c Abs. 1
BGB § 573 c Abs. 2
BGB § 565 Abs. 2 Satz 3
EGBGB § 3 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 8 RE-Miet 5/01

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bieber, die Richterin am Kammergericht Eilinghoff-Saar und die Richterin am Kammergericht Spiegel am 22. Oktober 2001 beschlossen:

Tenor:

Der Erlass eines Rechtsentscheids wird abgelehnt.

Gründe:

1. Am 1. Oktober 1973 schlossen die Beklagte und ihr mittlerweile verstorbener Ehemann mit Frau E. M. einen Mietvertrag über die Wohnung Nr. 23 des Hauses B. D. in Berlin. Die Klägerin ist inzwischen durch Eigentumserwerb in den Mietvertrag eingetreten.

Die Vertragsparteien vereinbarten in § 1 des Mietvertrages eine Mietzeit vom 1. Oktober 1973 bis zum 30. September 1974. § 2 des Mietvertrages lautet wie folgt:

"Wird dieser Vertrag nicht spätestens 3 Monate und 8 Tage vor seinem Ablauf schriftlich gekündigt, so verlängert sich seine Gültigkeit jedes Mal um 12 Monate."

Mit Schreiben vom 27. Dezember 1999 teilte die Beklagte der für die Klägerin tätigen Hausverwaltung folgendes mit:

"ich kündige hiermit den Mietvertrag mit der Vertrags-Nr. 23 fristgemäß zum 30. September 2000. Da ich 70 % Schwerbeschädigt (gehbehindert) bin und mir das Treppen steigen unendlich schwer fällt, würde es mir auch sehr zu gute kommen, wenn ich schon früher aus den Mietvertrag entbunden würde. Besten Dank für das angenehme Mietverhältnis."

Mit Schreiben vom 4. Januar 2000 wies die Klägerin die Kündigung unter Berufung auf § 565 Abs. 2 BGB zurück und erkannte eine Kündigung zum 31. Dezember 2000 an. Die Klägerin verlangt von der Beklagten Zahlung des Mietzinses für die Monate Oktober bis Dezember 2000 in Höhe von insgesamt 1.999,71 DM sowie von Mahnkosten in Höhe von 5,00 DM abzüglich eines Guthabens in Höhe von 79,47 DM.

Das Amtsgericht hat, ohne sich mit dem Inhalt des Kündigungsschreibens auseinander zu setzen und ohne zu prüfen, ob Treu und Glauben es hier geboten hätten, auf den Wunsch der Beklagten einzugehen, der Klage stattgegeben und zur Begründung lediglich ausgeführt, die Klausel des § 2 des Mietvertrages sei insgesamt wegen Verstoßes gegen § 565 Abs. 2 Satz 3 BGB gemäß § 134 BGB unwirksam. Sie könne auch nicht gemäß § 139 BGB zugunsten des Mieters aufrecht erhalten werden, denn es fehlten jegliche Anhaltspunkte dafür, dass die Vertragsparteien die vorliegende Klausel in Kenntnis der Unzulässigkeit einer kürzeren Kündigungsfrist für den Vermieter abgeschlossen hätte. Das Landgericht sieht sich auf Grund des Umstandes, dass die Rechtsfrage, ob die Verkürzung der Kündigungsfrist bei Verstoß gegen § 565 Abs. 2 Satz 3 BGB zugunsten des Mieters erhalten bleibt, in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet wird, an einer eigenen Entscheidung gehindert und hat dem Kammergericht folgende Frage zum Erlass eines Rechtsentscheids vorgelegt:

Führt die im Mietvertrag vereinbarte Kürzung der gesetzlichen Kündigungsfrist des § 565 Abs. 2 BGB zur Gesamtunwirksamkeit der entsprechenden Klausel oder bleibt die Kürzung der Kündigungsfrist zugunsten des Mieters erhalten, den die Klausel lediglich begünstigt?

2. Die Vorlage ist unzulässig.

Die von dem Landgericht vorgelegte Frage betrifft auslaufendes Recht,

§ 565 Abs. 2 BGB in der vom Landgericht zur Entscheidung vorgelegten Fassung hat folgenden Wortlaut:

"Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist die Kündigung spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats für den Ablauf des übernächsten Monats zulässig. Nach fünf, acht und zehn Jahren seit der Überlassung des Wohnraums verlängert sich die Kündigungsfrist um jeweils drei Monate.

Eine Vereinbarung, nach welcher der Vermieter zur Kündigung unter Einhaltung einer kürzeren Frist berechtigt sein soll, ist nur wirksam, wenn der Wohnraum zu nur vorübergehendem Gebrauch vermietet ist"

Seit 1. September 2001 ist § 573 c Abs. 1 und Abs. 2 BGB an die Stelle des § 565 Abs. 2 BGB getreten. § 573 c Abs. 1 und Abs. 2 BGB hat folgenden Wortlaut:

"1) Die Kündigung ist spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats zulässig. Die Kündigungsfrist für den Vermieter verlängert sich nach fünf und acht Jahren seit der Überlassung des Wohnraums um jeweils drei Monate.

2) Bei Wohnraum, der nur zum vorübergehenden Gebrauch vermietet worden ist, kann eine kürzere Kündigungsfrist vereinbart werden."

Einer Rechtsfrage, die ausgelaufenes oder auslaufendes Recht betrifft, kommt in aller Regel keine grundsätzliche Bedeutung mehr zu, weil dieser Begriff in die Zukunft weist, ihm nämlich die Vorstellung zugrunde liegt, dass die Frage noch für eine unbestimmte Vielzahl späterer Rechtsstreitigkeiten entscheidungserheblich werden kann (OLG Karlsruhe in WuM 1984; Beschluss vom 24.10.1983 - 3 RE-Miet 2/83 -; KG in WuM 1983, 283; Beschluss vom 24.6.1983 - 8 WRE Miet 3712/82 -).

Etwas anderes kann daher nur dann gelten, wenn die Rechtsfrage trotz der inzwischen eingetretenen Gesetzesänderung voraussichtlich noch in einer nicht unerheblichen Zahl von Fällen eine Rolle spielen wird. Diese Voraussetzungen sind hier nicht ersichtlich. Gemäß Artikel 229 § 3 Abs. 1 Satz 1 EGBGB ist § 565 BGB nur noch dann anzuwenden, wenn die Kündigung eines Mietverhältnisses vor dem 1. September 2001 zugegangen ist.

Ende der Entscheidung

Zurück