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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 02.07.2001
Aktenzeichen: 8 U 1044/99
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 276
BGB § 278
BGB § 557
BGB § 556 Abs. 1
BGB § 854 Abs. 2
ZPO § 92
ZPO § 97
ZPO § 767
ZPO § 794
ZPO § 795
ZPO § 711
ZPO § 713
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 546 Abs. 2 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
KAMMERGERICHT Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 8 U 1044/99

Verkündet am: 2. Juli 2001

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 2. Juli 2001 durch den Richter am Kammergericht Markgraf als Einzelrichter für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers gegen das am 30. November 1998 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger 39,4 % und die Beklagten 60,6 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer beider Parteien übersteigt nicht 60.000,00 DM.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat zutreffend der Klage gemäß den §§ 767, 794, 795 ZPO auch insoweit stattgegeben, als die Beklagten im Berufungsverfahren weiterhin eine wirksame Aufrechnung mit Gegenansprüchen des Klägers in Abrede stellen. Im Einzelnen ergibt sich hierzu Folgendes:

a) Aufrechnung mit Anspruch auf Nutzungsentschädigung:

Das Landgericht hat zutreffend angenommen, dass dem Kläger nach § 557 BGB ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung für den Zeitraum vom 1. Dezember 1997 bis zum 11. März 1998 zusteht. Die Beklagten haben nach wie vor nicht hinreichend dargetan, dass sie die Mietsache bereits am 11.11.1997 zurückgegeben haben. Dabei kann zu Gunsten der Beklagten unterstellt werden, dass der von ihnen benannte Zeuge dem Hauswart alle Schlüssel am 11.11.1997 ausgehändigt hat. Die Aushändigung der Schlüssel an den Hauswart stellt jedoch keine ordnungsgemäße Rückgabe an den Vermieter im Sinne von § 556 Abs. 1 BGB dar. Der Senat vermag der hiervon offensichtlich abweichenden Rechtsmeinung von W (Grundeigentum 1979 S. 607 ff.) nicht zu folgen. Das von insoweit zitierte Urteil des Kammergerichts vom 14. Mai 1979 - 8 U 97/79 - lässt sich in diesem Sinne nicht verallgemeinern. In dem dort entschiedenen Rechtsstreit hatte der Mieter nach durchgeführtem Umzug den Mietbesitz vollständig aufgegeben, was der Hausverwaltung des Vermieters bekannt war. Anschließend hatte der Mieter die Schlüssel dem "zuständigen" Hauswart übergeben. In diesem Zusammenhang ist vom Kammergericht in dem genannten Urteil ausgeführt worden, der Mieter könne nach Treu und Glauben erwarten, dass der Vermieter bzw. dessen Hausverwaltung von der Aushändigung der Schlüssel an den Hauswart (Hausmeister) alsbald Kenntnis erhalte; der Hauswart habe den Vermieter bzw. die Hausverwaltung von allen wesentlichen - Vorkommnissen, die sich in seinem Bereich zutrügen, unverzüglich zu unterrichten; letzteres gehöre zu den selbstverständlichen Pflichten des Hauswarts. Bereits diese Ausführungen legen nahe, dass es sich um eine Billigkeitsentscheidung handelt, die auf den Einzelfall bezogen war. Abgesehen davon kann grundsätzlich die Übergabe der Mietsache an den Hauswart auch nicht mit der Begründung als Erfüllung der Rückgabepflicht im Sinne von § 556 Abs. 1 BGB angesehen werden, weil der Hauswart Erfüllungsgehilfe oder Besitzdiener des Vermieters sei. Da die Rückgabe der Mietsache ein Realakt ist, kann die Frage, ob und inwieweit der Hauswart Erfüllungsgehilfe ist, keine Rolle spielen. Der Hauswart ist im Hinblick auf die zurückgegebene Sache auch nicht Besitzdiener, da zunächst der Mieter Alleinbesitz hat, so dass das Rechtsinstitut des Besitzdieners auch insoweit nicht weiter hilft. Dementsprechend kann die Erfüllung der Rückgabeverpflichtung seitens des Mieters durch Rückgabe an einen Dritten nur unter der Voraussetzung des § 854 Abs. 2 BGB angesehen werden. Insoweit kann davon ausgegangen werden, dass die Rückgabe an die Hausverwaltung in jedem Falle ausreicht, da dies durch einen entsprechenden Willen des Vermieters gedeckt ist. Letzteres ist auch der Fall, wenn die Hausverwaltung ihrerseits eine weitere Person für die Empfangnahme der Mietsache bestimmt und der Mieter damit einverstanden ist, die Mietsache an diese Person zurückzugeben. Insoweit reicht der Vortrag der Beklagten aber nicht aus, dass der Hauswart von der Hausverwaltung des Klägers zum Empfang der Mietsache bestimmt worden sei. Vielmehr ergibt sich aus dem Vorbringen der Beklagten, dass sie nur vermuten, der Hausmeister habe im Auftrag der Hausverwaltung die Mietsache entgegennehmen sollen. Es ist zwischen den Parteien bereits streitig, ob es zutrifft, dass der als Zeuge benannte Herr B. zuvor telefonisch einen Übergabetermin mit dem Hausverwalter vereinbart hatte. Der Kläger bestreitet dies. Insofern hätten die Beklagten substantiiert dartun müssen, wann, bei welcher Gelegenheit und mit welchen Worten die diesbezügliche telefonische Vereinbarung getroffen worden ist. Selbst wenn es zutreffen würde, dass ein derartiger Übergabetermin mit K vereinbart worden ist, statt jedoch der Hauswart erschien, ergibt sich daraus noch nicht zwingend, dass der Hausverwalter gegenüber den Beklagter zum "Empfangsbevollmächtigten" bestimmt hat. Hierbei handelt es sich lediglich um eine Schlussfolgerung der Beklagten; die Grundsätze für die Anscheins- und Duldungsvollmacht sind in diesem Zusammenhang nicht anzuwenden. Daher greift die Aufrechnung insoweit durch, als mit einem Anspruch auf Nutzungsentschädigung bezüglich der Gaststätte in Höhe von 9.396,27 DM aufgerechnet wird.

b) Soweit die Beklagten die ebenfalls zur Aufrechnung gestellte Forderung wegen der Rechtsanwaltsgebühren für die Zwangsvollstreckung bezüglich der Gewerberäume in Abrede stellen, ist ihr Vorbringen ebenfalls unbegründet. Die Erforderlichkeit, einen Auftrag zur Zwangsräumung zu stellen, ergab sich daraus, dass bis zum Tag der Auftragserteilung, die Zwangsvollstreckung durchzuführen (8.1.1998), die Mietsache nicht zurückgegeben war und auch keine vollständige Räumung vorlag, weil sich zu diesem Zeitpunkt der den Beklagten gehörende Tresen noch im Mietobjekt befand. Die Beklagten bestreiten zwar die Höhe und den Ausgleich der Kosten mit Nichtwissen. Insoweit ist der Anspruch jedoch durch die Rechnung der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 8.5.1998 und das Verrechnungsschreiben vom gleichen Tage hinreichend dargetan; das Bestreiten der Beklagten ist demgegenüber unsubstantiiert. Daher greift auch bezüglich dieser Forderung die Aufrechnung des Klägers durch.

c) Ebenfalls begründet ist die zur Aufrechnung gestellte Forderung wegen der Kosten zur Räumung des Hofs in Höhe von 886,08 DM.

Es reicht insoweit nicht aus, dass die Beklagten nach wie vor bestreiten, auf dem Hof Gegenstände gelagert zu haben. Insoweit hat das Landgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass es nicht darauf ankommt, ob die Beklagten selber die Gegenstände auf den Hof geschafft haben oder deren Untermieter bzw. Beauftragte, da die Beklagten selbst die Wohnung im 4. OG nicht bewohnt haben und demzufolge die Räumung durch andere Personen zu erfolgen hatte. Die Beklagten bestreiten jedenfalls nicht, dass die Gegenstände, wie im angefochtenen Urteil ausgeführt, von ihren Untermietern stammen bzw. auf deren Veranlassung dort verbracht worden sind. Ein Indiz dafür, dass dies offensichtlich geschehen ist, ergibt sich aus dem insoweit nicht bestrittenen Vortrag des Klägers, dass bei der Übergabe der Wohnung im 4. OG die für die Beklagten auftretenden Herrn und Rechtsanwalt dem Hausverwalter zugesagt hätten, die Kosten für die Entrümpelung des Hofs zu erstatten. Hierzu hätte kein Anlass bestanden, wenn und Rechtsanwalt B. keinen Grund gehabt hätten, anzunehmen, dass diese Gegenstände von den bisherigen Nutzern der Wohnung im 4. OG stammten. Um welche Gegenstände es sich handelte, ergibt sich aus der vom Kläger vorgelegten Rechnung vom 21. März 1998, die an die Hausverwaltung des Klägers gerichtet ist. Da die Beklagten als Zwischenvermieter für ihre Untermieter und sonstige Nutzer nach §§ 276, 278 BGB gegenüber dem Kläger zum Schadensersatz wegen positiver Forderungsverletzung verpflichtet sind, reicht es auch nicht aus, in Abrede zu stellen, dass die in der Rechnung aufgeführten Gegenstände abzutransportieren waren. Insoweit hätten die Beklagten substantiiert bestreiten müssen, welche Gegenstände die Untermieter bzw. Nutzer der Wohnung zurückgelassen haben, wenn es nicht die in der Rechnung aufgeführten waren. Soweit die Bezahlung der Rechnung bestritten wird, handelt es sich offensichtlich um eine ins Blaue aufgestellte Behauptung, da die Rechnung bereits am 21. März 1998 datiert und keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich sind, dass die Hausverwaltung es bisher versäumt hat, diese Rechnung zu begleichen.

Damit erweist sich die Berufung der Beklagten insgesamt als unbegründet.

Die Anschlussberufung des Klägers ist als unselbständige Anschlussberufung zulässig; sie ist jedoch in der Sache unbegründet.

Soweit der Kläger weitere Nutzungsentschädigung wegen unterbliebener Räumung der Gaststätte nach dem 11. März 1998 in Höhe von insgesamt 4.607,78 DM geltend macht, ist sein Anspruch nach § 557 BGB nicht begründet. Das Landgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass nach Zugang des Schreibens des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 9. März 1998 kein Vorenthalten der Mietsache im Sinne von § 557 BGB mehr vorlag, weil die Beklagten nicht mehr im Besitz der Schlüssel der Räume waren, nachdem die Räume zwischenzeitlich von der Polizei verschlossen und bei der Polizeidienststelle hinterlegt worden waren. Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass sich bei der Räumung vom 27. April 1998 noch Gegenstände in den Gaststättenräumen befunden hätten, reicht sein Vorbringen für einen Anspruch nach § 557 BGB nicht aus. Das Zurücklassen von Gegenständen im Mietobjekt ist nur dann als Vorenthaltung der Mietsache anzusehen, wenn es sich dabei um Gegenstände in erheblichem Umfang handelt, deren Fortschaffung einen größeren Kostenaufwand verursachen würde. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben, wie sich aus dem Räumungsprotokoll vom 27. April 1998 ergibt.

Die Räumungskosten für die Räumung der Wohnung im 1. OG in Höhe von 3.875,75 DM kann der Kläger ebenfalls nicht mehr ersetzt verlangen, nachdem durch den Vergleich der Parteien vom 4. Dezember 1997 in dem Berufungsverfahren vor dem Kammergericht 8 U 4813/97 zu Nr. 4 eine Ausgleichsklausel hinsichtlich aller gegenseitigen Ansprüche der Parteien aus den Mietverhältnissen vereinbart worden ist. Dazu gehörten auch Ansprüche aus dem Mietverhältnis über die Wohnung im 1. OG. Auch die Kosten wegen der Zwangsvollstreckung rühren aus diesem Mietverhältnis her und sind daher von der Klausel mit umfasst. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass sich die Beklagten in Nr. 1 des Vergleichs verpflichtet haben, die Gaststätte "unverzüglich" zu räumen und dem nicht nachgekommen sind. Damit ist die Ausgleichsklausel des Vergleichs nicht entfallen. Die Wirksamkeit des Vergleichs war nicht durch die "unverzügliche" Räumung der Gaststätte bedingt.

Auch der Anspruch des Klägers wegen Beschädigung der Holzschwellen im Betrage von 14.232,94 DM ist nicht begründet. Der Kläger behauptet selbst nicht, dass die Beklagten den diesbezüglichen Schaden erst nach Abschluss des Vergleichs vom 4. Dezember 1997 verschuldet hätten. Wenn und soweit der angebliche Anspruch des Klägers gegen die Beklagten diesbezüglich vor Abschluss des Vergleichs entstanden war, fällt er ebenfalls unter die Ausgleichsklausel nach Nr. 4 des Vergleichs, auch wenn der Kläger den Schaden bei Abschluss des Vergleichs noch nicht gekannt haben sollte. Im Übrigen wäre der Anspruch auch deshalb unbegründet, weil die Beklagten erst ab 1981 Mieter der Räume im 4. OG waren und nach dem eigenen Vorbringen des Klägers nicht auszuschließen ist, dass der Schaden bereits früher entstanden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92, 97 ZPO. Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10 ZPO und den §§ 711, 713 ZPO. Nach § 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO war die Beschwer der Parteien im Urteil festzusetzen.

Ende der Entscheidung

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