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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 09.01.2006
Aktenzeichen: 8 U 111/05
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 275 Abs. 1
BGB § 286
BGB § 291
BGB § 535 Abs. 2
BGB § 546 a
BGB § 556 Abs. 3
BGB § 564
BGB § 569 a.F.
BGB § 580
BGB § 1922
BGB § 1967
BGB § 1967 Abs. 2
BGB § 1976 Abs. 2
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 780 Abs. 1
ZPO § 780
Zu den Voraussetzungen der subjektiven Unmöglichkeit der Rückgabe einer Mietsache.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 8 U 111/05

verkündet am : 09.01.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Elßholzstr. 30-33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 09.01.2006 durch die Richterin am Kammergericht Dr. Henkel als Einzelrichterin

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten zu 1) gegen das am 24. Februar 2005 verkündete Versäumnisteil- und streitige Urteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagten zu 1) vorbehalten bleibt, ihre Haftung auf den Nachlass des am 22. Juni 2000 verstorbenen W-------- F----- K------ zu beschränken.

Die Beklagte zu 1) hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte zu 1) darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beklagte zu 1) trägt zur Begründung der Berufung vor:

a)

Das Landgericht habe in seinem Urteil rechtsfehlerhaft nicht nach den verschiedenen Anspruchsgrundlagen unterschieden. Die Kläger mache Mietzins bis zur Kündigung im Dezember 2002, danach Nutzungsentschädigung bis zum 27. Juli 2003 und darüber hinaus Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt des Auflösungsverschuldens geltend. Ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung setze voraus, dass die Mietsache dem Vermieter vorenthalten werde. Der Erblasser und die Beklagte zu 1) hätten aber die Mietsache zu keiner Zeit genutzt. Die Beklagte zu 1) habe auch keine Möglichkeit gehabt, die Beklagte zu 2), die in den Räumen ein Restaurant betrieben habe, zur Rückgabe zu bewegen. Der Anspruch auf Schadensersatz sei nicht ausreichend dargelegt. Ansprüche aus Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2002 seien nicht mehr durchsetzbar.

b)

Rechtsfehlerhaft gehe das Landgericht davon aus, dass es sich vorliegend um Eigenschulden der Beklagten zu 1) handele und zwar ab dem Zeitpunkt, zu dem die Beklagte zu 1) das vom Erblasser eingegangene Mietverhältnis gemäß § 580 BGB hätte kündigen können.

Die vom Landgericht zitierte Auffassung übersehe, dass die Verbindlichkeiten aus dem noch vom Erblasser begründeten Dauerschuldverhältnis herrühren und vernachlässige den Grundsatz der unbeschränkten, aber beschränkbaren Erbenhaftung. Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei auch eine Zuordnung zu den sogenannten Nachlasserbenschulden, bei denen sowohl der Nachlass als auch der Erbe persönlich hafte, nicht vorzunehmen. Hier sei streitig, ob für die Begründung einer reinen Erbenschuld das Unterlassen der Ausübung des Sonderkündigungsrecht durch den Erben ausreichen soll oder ein weiteres Handeln des Erben gefordert werde. Nach richtiger Auffassung sei allein das Unterlassen der Kündigung nicht ausreichend, um die Haftung des Erben als Eigenschuld oder Nachlasserbenschuld zu begründen. Denn dies setze voraus, dass der Erbe Kenntnis von seiner Erbenstellung und dem Mietverhältnis habe. Im vorliegenden Fall habe die Beklagte zu 1) vom Bestehen des Mietverhältnisses erst mit der Klage im Vorprozess Kenntnis erlangt. Die Klägerin sei zudem zunächst selbst davon ausgegangen, dass lediglich ein Mietverhältnis mit der H----- B------- AG bestanden habe. Erst nachdem das Gericht im Vorprozess darauf hingewiesen habe, dass der Erblasser und die Beklagte zu 2) die Option bezüglich des Mietverhältnisses ausgeübt hätten, habe die Klägerin die Klage auch auf diese erweitert.

Im Übrigen könne bei einer Mehrheit von Mietern - wie vorliegend - das Sonderkündigungsrecht nicht ausgeübt werden. Dies folge aus der Unteilbarkeit des Mietverhältnisses. Es sei deswegen ein weiteres Handeln erforderlich, um einen Anspruch gegen die Beklagte zu 1) als Erbin zu begründen. Sofern es an einem solchen Handeln fehle, könnten Verbindlichkeiten in der Person der Erbin nur insoweit entstehen als die Erbin Trägerin des Nachlasses sei.

Das Gericht hätte daher zumindest den Vorbehalt nach § 780 Abs. 1 ZPO aussprechen müssen.

Die Beklagte zu 1) beantragt,

unter Abänderung des am 24. Februar 2005 verkündeten Urteils des Landgerichts Berlin - 12 O 564/04 - die Klage gegen die Beklagte zu 1) abzuweisen;

hilfsweise den Vorbehalt der Beschränkung der Haftung auf den Nachlass des W----- K----- in das Urteil aufzunehmen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin trägt vor:

a)

Die Beklagte zu 1) habe der Klägerin nach Ausspruch der Kündigung die Mieträume vorenthalten. Die Beklagte hafte als Mietmieterin auf Nutzungsentschädigung bis zur Herausgabe der Mieträume. Die Beklagte zu 2) habe die Räume für den Betrieb des Restaurants genutzt. Die Beklagte zu 1) habe für den Fall der Weigerung der Beklagten zu 2) einen Rechtsanspruch auf Herausgabe des Mietobjektes. Der Schadensersatzanspruch sei aus dem Gesichtspunkt des Auflösungsverschuldens gegeben.

b)

Das Landgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte zu 1) sich auf die Unzulänglichkeit des Nachlasses nicht berufen könne, da es sich um Eigenverbindlichkeiten der Beklagten handele. Die Beklagte zu 1) habe mit dem Erbfall am 22. Juni 2000 sichere Kenntnis von ihren Erbenstellung erlangt. Das Sonderkündigungsrecht habe die Beklagte zu 1) nicht ausgeübt. Das Mietverhältnis mit der H----- B------ sei am 30. November 2001 beendet und mit den Beklagten am 01. Dezember 2001 fortgesetzt worden. Allein das Unterlassen der Ausübung des Sonderkündigungsrechts und die sichere Kenntnis von der Erbenstellung seien für die Begründung einer Erbeneigenhaftung ausreichend. Die Beklagte zu 1) habe Kenntnis von dem Mietverhältnis gehabt. Dies ergebe sich aus den Schreiben vom 20. März 1998 und 17. Juni 1998. Ferner enthalte das - auch an die Beklagte zu 1) adressierte - Schreiben der B----- Volksbank vom 16. Juni 1998 eine Bonitätsbestätigung der Bank und habe der Begründung des Mietverhältnisses ab dem Jahre 2001 gedient. Das Mietverhältnis mit der Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 2) sei mit Schreiben vom 04. Dezember 2002 fristlos gekündigt worden. Nach Zurückweisung der Kündigung mangels Vorlage einer Vollmacht sei die Kündigung mit Schreiben vom 18. Dezember 2002 wiederholt worden. Auch daraus ergebe sich, dass die Beklagte zu 1) Kenntnis vom Mietverhältnis gehabt habe. Das Sonderkündigungsrecht des Erben sei nicht davon abhängig, dass ein Mitmieter ebenfalls die Kündigung ausspreche. Nach Kündigung der BGB- Gesellschaft habe die Beklagte zu 1) einen Rechtsanspruch gegen die Beklagte zu 2) auf Kündigung des Mietvertrages gehabt. Die Beklagte zu 1) sei aber auch insoweit untätig geblieben.

Im Übrigen sei die Unzulänglichkeitseinrede durch die Beklagte zu 1) nicht ausreichend begründet worden.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten zu 1) ist ganz überwiegend unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung von 111.268,46 EUR aus dem Mietverhältnis über die Räume A-----straße --- in B----- (§§ 535 Abs. 2, 546 a, 280. ff. BGB). In das Urteil war - auf den in der Berufungsinstanz weiterverfolgten Antrag - der Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung gemäß § 780 ZPO aufzunehmen.

Zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2) sowie W----- K----- auf Mieterseite bestand ein Mietverhältnis über die Räume in der A------straße --- in B-----. Die Beklagte zu 1) ist Alleinerbin und damit als Gesamtrechtsnachfolgerin nach W----- K----- gemäß § 1922 BGB in das Mietverhältnis eingetreten. Die Beklagte zu1) haftet daher als Erbin gemäß § 1967 BGB für die Nachlassverbindlichkeiten, wozu gemäß § 1967 Abs. 2 BGB die vom Erblasser "herrührenden Schulden" gehören. Bei den Verbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis, welches durch den Erblasser begründet worden ist und das dessen Tod überdauert hat, handelt es sich um solche Nachlassverbindlichkeiten im Sinne von § 1976 Abs. 2 BGB.

a)

Die Klägerin kann von der Beklagten zu1) rückständigen Mietzins für die Monate August bis Dezember 2002 gemäß § 535 Abs. 2 BGB verlangen. Für die Zeit bis zur Herausgabe der Gewerbe- und Wohnräume am 27. Juli 2003 steht der Klägerin ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung gemäß § 546 a BGB zu. Ohne Erfolg macht die Beklagte zu 1) mit der Berufung geltend, dass ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung deswegen nicht bestehe, weil der Erblasser und sie die Räume nicht genutzt hätten und ihr die Rückgabe nicht möglich gewesen sei, weil die Beklagte zu 2) in den Mieträumen ein Restaurant betrieben habe. Mitmieter sind Gesamtschuldner, der (ausgezogene) Mitmieter schuldet daher Nutzungsentschädigung bis zur Rückgabe durch die anderen Mieter (Palandt/ Weidenkaff, BGB, 65. Auflage, § 546 a BGB, Rdnr. 14). Entgegen der Ansicht der Beklagten zu 1) hat sie der Klägerin die Mietsache auch "vorenthalten" im Sinne von § 546 a BGB. Voraussetzung für ein Vorenthalten ist, dass für den Mieter die Möglichkeit besteht, die Mietsache zurückzugeben. Ein Vorenthalten kommt zwar nicht in Betracht, wenn dies nach § 275 Abs. 1 BGB objektiv oder subjektiv unmöglich ist. Die Frage der subjektiven Unmöglichkeit stellt sich, wenn ein Mitmieter aus den Räumen ausgezogen ist und der andere in den Räumen verbleibt. Dann liegt aber dennoch ein Vorenthalten vor, weil der ausgezogene Mieter auf den in den Räumen verbliebenen Mieter mit rechtlichen und tatsächlichen Mitteln einwirken kann, damit der Rückgabeanspruch erfüllt wird (Schmidt/Futterer/Gather, Mietrecht, 8. Auflage, § 546 a BGB, Rdnr. 27, 28; BGH RE, DWW 1996, 250; OLG Düsseldorf NJW-RR 1987, 901). Insoweit macht es keinen Unterschied, dass die Beklagte zu 1) die Räume selbst nie genutzt hat.

Die Klägerin kann von der Beklagten zu 1) auch Schadensersatz aus dem Gesichtspunkt des sogenannten Auflösungsverschuldens verlangen. Wer die andere Vertragsseite durch eine Vertragsverletzung veranlasst, das Mietverhältnis unbefristet zu kündigen, kann dem Kündigenden zum Ersatz des durch die Kündigung entstandenen Schadens verpflichtet sein. Der Mieter ist zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er dem Mieter begründeten Anlass gibt, das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzuges zu kündigen (Bub/Treier/Grapentin, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Auflage, IV, Rdnr. 141). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Klägerin hat das Mietverhältnis gemäß Schreiben vom 18. Dezember 2002 wirksam wegen Zahlungsverzuges gekündigt. Die Klägerin kann deswegen als Schadensersatz den Mietzinsausfall verlangen. Hierbei ist der Vermieter so zu stellen, als wenn die Vertragsbeendigung nicht eingetreten und das Mietverhältnis fortgesetzt worden wäre (BGH WuM 1979, 236). Geschuldet wird der ausgefallene Mietzins bis zu dem Termin, an dem ein bis dahin unkündbares Mietverhältnis durch Fristablauf geendet hätte (BGHZ 82, 121; NJW 1984, 2687) oder ein kündbares Mietverhältnis erstmals durch ordentliche Kündigung hätte beenden werden können(BGHZ 95, 39; ZMR 1998, 20). Das Mietverhältnis war bis zum 30. November 2006 befristet abgeschlossen, so dass die Klägerin den Mietausfall bis März 2004 für die Gewerberäume und bis Oktober 2003 für die Wohnräume verlangen kann. Soweit die Beklagte zu 1) erstmals in der Berufungsinstanz den Schadensersatz dem Grunde und der Höhe nach bestreitet, ist sie mit diesem Vortrag gemäß § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen.

Ohne Erfolg macht die Beklagte zu1) geltend, dass die Klägerin Forderungen aus Nebenkostennachzahlungen für 2002 nicht mehr verlangen könne. Denn die einjährige Ausschlussfrist gemäß § 556 Abs. 3 BGB, welche ohnehin nur auf das Mietverhältnis über die Wohnung Anwendung findet (Palandt/Weidenkaff, a.a.O., § 556 BGB, Rdnr. 2), ist eingehalten. Die Abrechnung bezüglich des Abrechnungszeitraumes 2002 ist unter dem 07. Juli 2003 erfolgt.

b)

Bei den geltend gemachten Ansprüchen aus dem Mietverhältnis, welches durch den Erblasser begründet worden ist und das dessen Tod überdauert hat, handelt es sich um Nachlassverbindlichkeiten im Sinne von § 1976 Abs. 2 BGB mit der Folge, dass der Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung gemäß § 780 ZPO auszusprechen war.

aa)

Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist eine "reine" Eigenschulden der Beklagten zu 1) nicht begründet worden. Eigenschulden des Erben sind keine Nachlassverbindlichkeiten. Für sie haftet der Erbe nicht in dieser Eigenschaft; es handelt sich vielmehr um Verbindlichkeiten, die vor oder nach dem Erbfall in der Person des Erben entstanden sind und die ihn als Träger seines Eigenvermögens berühren (Münchener Kommentar/Siegmann, BGB, 4. Auflage, § 1967 BGB, Rdnr. 35). Auf die Eigenschulden des Erben finden die Vorschriften über Nachlassverbindlichkeiten keine Anwendung (Staudinger/Marotzke, BGB, 2002, § 1967 BGB, Rdnr. 4). Da der Erblasser und die Beklagte zu 2) bezogen auf das mit der H------ AG begründete Mietverhältnis die ihnen eingeräumte Option ausgeübt haben und damit das Schuldverhältnis für sich "begründet" haben, kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich um eine unabhängig vom Erblasser begründete Schuld handelt. Vielmehr ist der Zusammenhang mit dem Nachlass offenbar.

bb)

Es handelt sich bei den aus dem Mietverhältnis begründeten Verbindlichkeiten auch nicht um sogenannte Nachlasserbenschulden. Dies sind Verbindlichkeiten, die der Erbe bei der Verwaltung des Nachlasses eingeht. Es ist von größter praktischer Bedeutung, ob es sich hierbei um Nachlassverbindlichkeiten oder nur bzw. auch um Eigenverbindlichkeiten des Erben handelt. Im ersten Fall kann sich der Erbe durch Herbeiführung der Haftungsbeschränkung seiner Haftung mit seinem Eigenvermögen entziehen, im zweiten haftet er nur mit dem Eigenvermögen, während bei Annahme einer Nachlassverbindlichkeit, die auch Eigenverbindlichkeit ist, eine gleichzeitige Verpflichtung des Erben neben dem Nachlass besteht. In Rechtsprechung und Literatur wird ganz überwiegend die Auffassung vertreten, dass solche Schulden eine Doppelstellung als Nachlassverbindlichkeit und Eigenschuld zukommt (vgl. Münchener/Kommentar/Siegmann, a.a.O., § 1967 BGB, Rdnr. 15 ff.; vgl. Staudinger/Marotzke, a.a.O., § 1967 BGB, Rdnr. 5 ff.).

Ob und in welchem Umfang Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis, namentlich aus einem Mietverhältnis, welches vom Erblasser begründet wurde und dessen Tod überdauert hat, als reine Nachlassverbindlichkeiten im Sinne von § 1967 Abs. 2 BGB anzusehen sind oder als Nachlasserbenschuld (zugleich Nachlassverbindlichkeit und Eigenschuld) ist streitig. Es wird die Auffassung vertreten, dass der Erbe auch durch Eintritt in ein Mietverhältnis eines Erblassers Nachlasserbenschulden begründet, wenn er von der Möglichkeit der vorzeitigen Kündigung (§ 569 BGB a.F./§ 580 BGB n.F.) oder der frühestmöglichen Kündigung keinen Gebrauch macht, um das Vertragsverhältnis zum Zwecke der ungestörten Abwicklung des Nachlasses einstweilen fortzusetzen, wozu sichere Kenntnis von der Erbenstellung gehört (Münchener Kommentar/Marotzke, a.a.O., § 1967 BGB, Rdnr. 30; vgl. Soergel/Stein, BGB, 13. Auflage, § 1967 BGB, Rdnr. 2, 11; Erman/Schlüter, BGB, 3. Auflage, § 1967 BGB, Rdnr. 9; vgl. auch OLG Düsseldorf WuM 1994, 78). Abgesehen von dem Fall des Verstoßes gegen eine Handlungspflicht wird nach dieser Ansicht stets ein Handeln des Erben bei der Verwaltung des Nachlasses vorausgesetzt. Wenn es an einem solchen Verwaltungshandeln fehlt, können Verbindlichkeiten in der Person des Erben nur insoweit entstehen, als er Träger des Nachlasses ist (Münchener Kommentar/Marotzke, a.a.O., § 1967 BGB, Rdnr. 31). Nach einer anderen Ansicht sind auch die auf die Zeit nach dem frühestmöglichen Kündigungstermin entfallenden Mietzinsansprüche Nachlassverbindlichkeiten (Staudinger/Marotzke, a.a.O., § 1976 BGB, Rdnr. 24). Das reine Unterlassen der Kündigung durch den Erben soll hiernach nicht zur Begründung einer Eigenverbindlichkeit führen (so auch LG Wuppertal MDR 1997, 34, wonach die Kündigung bewusst unterblieben sein muss). Die streitige Frage, ob allein das Unterlassen der Kündigung nach § 580 BGB n.F. geeignet ist, eine Nachlasserbenschuld anzunehmen, ist vorliegend nicht zu entscheiden. Denn nach den mietvertraglichen Bestimmungen ist das Sonderkündigungsrecht gemäß § 569 BGB a.F. ausdrücklich ausgeschlossen. In § 2 Ziff. 7 und § 2 Ziff. 5 der Mietverträge ist geregelt, dass durch den Tod des Mieters der Vertrag nicht aufgehoben wird und der Mieter für seine Erben auf das vorzeitige Kündigungsrecht aus § 569 BGB a.F. verzichtet. Damit stand der Beklagten zu 1) das Sonderkündigungsrecht nach den §§ 564, 580 BGB n.F. nicht zu. Deshalb kann aus der Unterlassung der Kündigung nichts hergeleitet werden. Es kann für die Entscheidung daher auch dahingestellt bleiben, ob im Falle des Todes eines von mehreren Mietern den Erben des verstorbenen Mieters ein Sonderkündigungsrecht nach den §§ 564, 580 BGB zusteht. Dies ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Einigkeit besteht (nur) darüber, dass das Kündigungsrecht nur einheitlich - mit Wirkung für und gegen die Erben eines verstorbenen sowie für und gegen die verbleibenden Mieter - ausgeübt werden kann; denn das Mietverhältnis stellt ein einheitliches Rechtsverhältnis dar, das eine unteilbare Leistung - die Gebrauchsüberlassung - zum Gegenstand hat (grundlegend RGZ 90, 328; Bub/Treier/Grapentin, a.a.O., IV, Rdnr. 230; Palandt/Weidenkaff, a.a.O.,§ 564 BGB, Rdnr. 6; § 580 BGB, Rdnr. 6; Schmidt/Futterer/Gather, a.a.O., § 564 BGB, Rdnr. 12; Münchener Kommentar/Voelskow, a.a.O., § 569 BGB, Rdnr. 6).

Die Entstehung einer Nachlasserbenschuld setzt hier deswegen ein Handeln des Erben bei der Verwaltung des Nachlasses voraus, sei es ein rechtsgeschäftliches Handeln, sei es durch die Führung von Aktiv- oder Passivprozessen oder den in die Tat umgesetzten Entschluss vorübergehend an die Stelle des Erblassers zu treten. Fehlt es an einem solchen Verwaltungshandeln können Verbindlichkeiten in der Person des Erben nur insoweit entstehen, als er Träger des Nachlasses ist (Münchener Kommentar/Siegmann, a.a.O., § 1967 BGB, Rdnr. 31). Ein solches Verwaltungshandeln kann nicht festgestellt werden. Es lässt sich auch aus der Führung des Vorprozesses vor dem Landgericht Berlin und dem Berufungsrechtsstreit vor dem Senat (AZ: 12 O 466/02 / 8 U 193/03) nicht entnehmen. Denn in dem Vorprozess ging es gerade darum, dass die Beklagte zu 1) die Mieterstellung des Erblassers und ihre eigene in Abrede gestellt hat. So hat die Beklagte zu 1) mit den im Vorprozess eingereichten Schriftsätzen vom 05. März 2003 und 23. April 2003 ausdrücklich bestritten, dass der Erblasser die Option ausgeübt hat. Die Klägerin ging im Übrigen im Vorprozess zunächst selbst nicht davon aus, dass der Erblasser bzw. die Beklagte zu 1) Mietvertragspartei geworden sind. Erst nachdem die dortige Beklagte zu 1), die H----- B-----AG, die Ausübung der Option durch den Erblasser und die Beklagte zu 2) eingewandt hat, hat die Klägerin ihre Klage auch auf die hiesigen Beklagten zu 1) und 2) erweitert.

Andere Handlungen, aus denen sich ein solches "Verwalterhandeln" der Beklagten zu1) ergeben könnte, sind nicht festzustellen. Die Beklagte zu 1) hat weder Mietzahlungen vorgenommen noch die Mieträume selbst genutzt. Vielmehr sind die Gewerberäume durch die Beklagte zu 2) genutzt worden, die hierin eine Gaststätte betrieben hat.

cc)

Im Urteil war daher der Vorbehalt gemäß § 780 ZPO auszusprechen.

Das Gericht kann die Frage des Haftungsumfangs sachlich klären oder sich ohne sachliche Prüfung mit der Aufnahme des Vorbehalts nach § 780 Abs. 1 ZPO im Urteil begnügen und dann die Feststellung einer Unzulänglichkeit dem Zwangsvollstreckungsverfahren überlassen (Palandt/Weidenkaff, BGB, 64. Auflage, § 1990 BGB, Rdnr. 12; BGH NJW 1983, 2379; FamRZ 2000, 909; KG BJW. RR 2003, 941). Dies kommt dann in Betracht, wenn der Umfang des Nachlasses zwischen den Parteien streitig ist (Staudinger/Marotzke, a.a.O., § 1990, Rdnr. 21). Dies ist hier der Fall, der Umfang des Nachlasses ist zwischen den Parteien streitig. Der Senat hat den Vorbehalt daher ohne sachliche Prüfung in das Urteil aufgenommen.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 286, 291 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs.1, 92 Abs. 2 ZPO. Der Erbe hat auch dann die gesamten Prozesskosten zu tragen, wenn der Vorbehalt gemäß § 780 ZPO aufgenommen wird (Staudinger/Marotzke, a.a.O., § 1990 BGB, Rdnr. 21; § 1967 BGB, Rdnr. 47 mit Nachweisen; KG OLGE 35(1917/II)127; OLG Jena SeuffA 66 (1911) Nr. 139; OLG München JurBüro 1994, 112; OLG Koblenz ZEV 1997, 253). Zwar kann in diesem Fall ein Teilunterliegen vorliegen, jedoch ist in einem solchen Falle § 92 Abs. 2 ZPO anzuwenden (Anders/Gehle, Antrag und Entscheidung im Zivilprozess, 3. Auflage, Rdnr. 223).

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision wird nicht zugelassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 1und 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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