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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 26.01.2004
Aktenzeichen: 8 U 117/03
Rechtsgebiete: BGB, VerbrKrG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 305
BGB § 421 a.F.
BGB §§ 491 ff n.F.
BGB § 554 a.F.
BGB § 607 Abs. 1
BGB § 609 a.F.
BGB § 626
VerbrKrG § 1
VerbrKrG § 1 Abs. 1
VerbrKrG § 12
ZPO § 531 Abs. 2 Ziffer 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 8 U 117/03

verkündet am: 26. Januar 2004

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 26. Januar 2004 durch die Richterin am Kammergericht Spiegel als Einzelrichterin für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten zu 2) gegen das am 10. März 2003 verkündete Schlussurteil der Zivilkammer 10 des Landgerichts Berlin wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte zu 2) darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Die Berufung des Beklagten zu 2) richtet sich gegen das am 10. März 2003 verkündete Schluss-urteil der Zivilkammer 10 des Landgerichts Berlin, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Der Beklagte zu 2) trägt unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags zur Begründung der Berufung u. a. vor:

Das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, dass die Klägerin den Beklagten nicht konkludent aus der Mithaftung entlassen habe, nachdem dieser aus der GbR ausgeschieden sei und dies der Klägerin mitgeteilt habe bzw. die Klageforderung zumindest auf Grund dieser Tatsache verwirkt sei.

Ferner habe das Landgericht in der Zustellung des Mahnbescheids an den Beklagten zu Unrecht eine konkludente Kündigung des Darlehensvertrages gesehen.

Das Landgericht sei auch zu Unrecht davon ausgegangen, dass die bestrittene Zahlung des Betrages von 13.700,00 DM durch die Klägerin an die Vorgängerin Gnnnn erwiesen sei.

Unzutreffenderweise habe das Landgericht angenommen, dass das der Klägerin sicherungsübereignete Inventar von der Darlehensforderung wertmäßig nicht in Abzug zu bringen sei, obwohl die Klägerin durch die Überlassung der Inventarstücke an den jetzigen Gaststättenbetreiber sich diese zugeeignet und diese dadurch verwertet habe.

Der Beklagte zu 2) beantragt,

die Klage unter Abänderung des am 10. März 2003 verkündeten Schlussurteils der Zivilkammer 10 des Landgerichts Berlin abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung, die sie für zutreffend erachtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in beiden Rechtszügen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen.

II.

Die Berufung des Beklagten zu 2) ist unbegründet.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten zu 2) als Gesamtschuldner neben dem Beklagten zu 1) einen Anspruch auf Zahlung von 18.765,02 EUR gemäß § 607 Abs.1, 305, 421 BGB a.F..

Zur Begründung wird auf die im Wesentlichen zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Die Ausführungen des Beklagten zu 2) in der Berufungsbegründung rechtfertigen im Ergebnis keine andere rechtliche Beurteilung des Sachverhalts.

Für das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 2) ist völlig unerheblich, dass sich der Beklagte zu 1) gegenüber dem Beklagten zu 2) mit der Vereinbarung vom 30. Mai 1999 zur vollen Rückzahlung des Darlehens und aller weiteren finanziellen Forderungen der Klägerin übernommen hat. Diese Vereinbarung entfaltet keine Außenwirkung. Die Klägerin ihrerseits hat den Beklagten zu 2) weder ausdrücklich noch konkludent aus seiner Mithaft entlassen. Insbesondere hat sie dadurch, dass sie auf das Schreiben des Beklagten zu 2) nicht reagiert hat, dessen Bitte, ihn aus dem Vertrag vom 15. Juni 1998 zu entlassen, nicht entsprochen. Bloßes Schweigen ist in der Regel keine Willenserklärung, sondern das Gegenteil einer Erklärung. Wer schweigt, setzt im allgemeinen keinen Erklärungstatbestand, er bringt weder Zustimmung noch Ablehnung zum Ausdruck (Palandt-Heinrichs, BGB, 63. Auflage, Einf. v. § 116, Rdnr. 9). Schweigen auf ein Angebot zur Änderung oder Aufhebung eines Vertrages gilt grundsätzlich nicht als Zustimmung (Palandt-Heinrichs, a.a.O., Einf. v. § 116, Rdnr. 11). Dem Umstand, dass die Klägerin dem Beklagten zu 2) nach dessen Schreiben vom 23. September 1999 keine Kontoauszüge zugesandt hat, kommt schon deshalb keine Bedeutung zu, weil der Beklagte zu 2) nach seinen eigenen Angaben während des gesamten Vertragsverhältnisses, also auch vor seinem Schreiben vom 23. September 1999 keine Kontoauszüge erhalten hat. Das Verhalten der Klägerin kann vor diesem Hintergrund nicht als stillschweigende Willenserklärung ausgelegt werden (vgl. Palandt-Heinrichs, a.a.O. Einf. v. § 116, Rdnr. 6).

Der Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten zu 2) ist auch nicht verwirkt. Der Beklagte durfte sich nach dem gesamten Verhalten der Klägerin nicht darauf einrichten, dass diese ihre Rechte aus den Verträgen vom 21. Juli 1998 nicht mehr geltend machen werde.

Der Umstand, dass die Klägerin dem Beklagten zu 2) nach dessen Schreiben vom 23. September 1999 keine Kontoauszüge geschickt hat, war schon deshalb nicht geeignet, einen Vertrauenstatbestand zu schaffen, weil der Beklagte zu 2), wie er selbst vorträgt, während des gesamten Vertragsverhältnisses, also auch vor dem Schreiben vom 23. September 1999 keine Kontoauszüge erhalten hat. Ebenso war der Umstand, dass die Klägerin auf das Schreiben vom 23. September 1999 nicht reagiert hat, nicht geeignet, einen Vertrauenstatbestand zu schaffen. Der Beklagte zu 2) musste damit rechnen, dass die Klägerin seiner Bitte nicht entsprechen wollte. Darüber hinaus hat der Beklagte zu 2) aber auch nicht vorgetragen, dass er sich darauf eingerichtet hat, dass die Klägerin ihr Recht nicht mehr geltend machen würde. Die Geltendmachung des klägerischen Anspruchs erscheint vor diesem Hintergrund auch nicht im Ansatz als eine mit Treu und Glauben unvereinbare Härte (Palandt-Heinrichs, a.a.O., § 242, Rdnr. 95).

Die geltend gemachte Forderung ist auch gemäß § 609 BGB a.F. fällig, da die Klägerin die Darlehensverträge vom 21. Juli 1998 wirksam gekündigt hat. Ist der Schuldner, wie hier mit den Tilgungsraten in Verzug, ist der Darlehensgeber in entsprechender Anwendung von §§ 626, 554 BGB a.F. zur außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigt (Palandt-Putzo, BGB, 61. Auflage, § 609, Rdnr. 15 ff). Es kann dahin gestellt bleiben, ob die Beklagten die Kündigungsschreiben der Klägerin erhalten haben. Die Kündigung eines Darlehensvertrages kann auch konkludent durch Zustellung der Klage auf Rückerstattung oder eines entsprechenden Mahnbescheides erklärt werden (Palandt-Putzo, BGB, 63. Auflage, § 488, Rdnr. 33; BGH in WM 1965, 767), denn eine Kündigung ist die einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, ein Schuldverhältnis für die Zukunft beenden zu wollen, also beim Darlehen die Erklärung, dass das hingegebene Geld nunmehr zurückgezahlt werden solle.

Die besonderen Regelungen des § 12 VerbrKrG finden im vorliegenden Fall keine Anwendung, denn bei dem Beklagten handelt es sich nicht um einen Verbraucher im Sinne von § 1 VerbrKrG. §§ 491 ff BGB n.F. finden keine Anwendung, weil die Darlehensverträge vor dem 1. Januar 2002 abgeschlossen worden sind (Palandt-Putzo, BGB, 63. Aufl., Vorb. v. §§ 491 - 498, Rdnr. 2). Ein Darlehensnehmer ist dann Verbraucher i.S. des § 1 Abs. 1 VerbrKrG wenn er den ihm gewährten Kredit für den Aufbau einer neuen gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit (sog. Existenzgründung) verwenden will, weil § 1 Abs. 1 VerbrKrG eine Ausnahme von der Verbrauchereigenschaft nur für den Fall vorsieht, dass der Kredit für eine "bereits ausgeübte" gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit bestimmt ist (BGH in NJW-RR 2000, 1221). Im vorliegenden Fall haben die Beklagten die Gaststätte bereits mit Vertrag vom 21. Januar 1998 gekauft. Da die Darlehensverträge erst am 21. Juli 1998 abgeschlossen worden sind, muss davon ausgegangen werden, dass die darin vereinbarten Darlehen nicht dem Aufbau einer neuen gewerblichen Tätigkeit, sondern vielmehr der Weiterführung einer gewerblichen Tätigkeit dienten. Das Verbraucherkreditgesetz findet auch nicht etwa deshalb Anwendung, weil die Klägerin die Beklagten über ein Widerrufsrecht belehrt hat. Es ist weder vorgetragen , noch sonst ersichtlich, dass die Parteien auf diese Weise die Geltung des Verbraucherkreditgesetzes vereinbaren wollten. Näher liegt vielmehr, dass die Belehrung rein vorsorglich erfolgt ist (so auch BGH a.a.O.).

Das Landgericht ist in der angefochtenen Entscheidung im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die von dem Beklagten zu 2) zu zahlende Forderung 18.765,02 EUR beträgt.

Die Klägerin hat mit Frau Gnnnn in dem am 19. Juli 1995 geschlossenen Darlehensvertrag unter § 4 Abs. 4 vereinbart, dass die Darlehensgeberin im Laufe der Geschäftsverbindung die Konten der Darlehensnehmerin in bestimmten Zeitabständen abschließt und ihr die Kontoauszüge zur Prüfung übersendet und dass diese als richtig anerkannt gelten, wenn die Darlehensnehmerin nicht innerhalb von zwei Wochen schriftlich Widerspruch erhebt. Diese Regelung haben die Parteien gemäß 6 Ziffer 5 des Vertrages vom 21. Juli 1998 übernommen. In dem weiteren am 21. Juli 1998 unterzeichneten Vertrag haben die Parteien unter § 4 Ziffer 4 eine gleichlautende Regelung getroffen. Die Klägerin hat entsprechend dieser vertraglichen Regelung Kontoauszüge an den Beklagten zu 1) gesandt. Es kann dahin gestellt bleiben, ob der Beklagte zu 1) den letzten Kontoauszug vom 16. November 2000 erhalten hat - der Beklagte zu 2) bestreitet dies -. Jedenfalls hat der Beklagte zu 1) aber den Kontoauszug vom 11. Oktober 2000 erhalten, denn der Beklagte zu 2) hat diesen Kontoauszug, den er zu diesem Zeitpunkt nur von dem Beklagten zu 1) erhalten haben kann, bereits mit seinem Widerspruch gegen den Mahnbescheid mit Schreiben vom 18. April 2001 zu den Gerichtsakten gereicht (Bl. 25 ff). Dieser Kontoauszug weist aber den identischen Darlehensbestand wie der Kontoauszug vom 16. November 2000 in Höhe von 36.602,53 DM sowie 1.221,16 DM Zinsen aus. Der Beklagte zu 2) hat nicht vorgetragen, dass der Beklagte zu 1) oder er selbst entsprechend der vertraglichen Vereinbarung der Richtigkeit des in diesem Kontoauszug ausgewiesenen Darlehensbestandes widersprochen habe. Er trägt daher die Darlegungs- und Beweislast für die Behauptung, dass der in dem Kontoauszug ausgewiesene und von der Klägerin in diesem Verfahren geltend gemachte Betrag nicht richtig sei. Der Beklagte zu 2) kann sich nicht darauf beschränken, die Richtigkeit der in den Kontoauszügen ausgewiesenen Zahlen zu bestreiten. Unerheblich ist, dass der Beklagte zu 2) die Kontoauszüge nicht erhalten hat. Aufgrund der in § 6 Ziffer 3 und § 10 Ziffer 3 der am 21. Juli 1998 zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen haben sich die Beklagten gegenseitig bevollmächtigt, unwiderruflich allein rechtsverbindliche Erklärungen gegenüber der Brauerei mit Wirkung für alle Vertragspartner entgegenzunehmen oder abzugeben. Diese Klausel ist in jedem Fall insoweit wirksam, als sich die Beklagten gegenseitig zur Entgegennahme rechtsverbindlicher Erklärungen bevollmächtigt haben (Palandt-Heinrichs, BGB, 61. Auflage, § 9 AGBG, Rdnr. 143). Dahin gestellt bleiben kann, ob auch die Bevollmächtigung zur Abgabe von rechtsverbindlichen Erklärungen wirksam ist, denn es handelt sich um eine teilbare Klausel (Palandt-Heinrichs, a.a.O., vorb. v. AGBG § 8 Rdnr. 12) mit der Folge, dass die gegenseitige Bevollmächtigung zur Entgegennahme rechtsverbindlicher Erklärungen auch bei einer eventuellen Unwirksamkeit der übrigen Klausel wirksam ist und bleibt. Die Klägerin war daher berechtigt, auch mit Wirkung für und gegen den Beklagten zu 2) Kontoauszüge lediglich an den Beklagten zu 1) zu senden.

Der Beklagte dringt mit seinem hilfsweise geltend gemachten Schadensersatzanspruch nicht durch.

Soweit der Beklagte zu 2) behauptet, die Klägerin habe sich die sicherungsübereigneten Gegenstände dadurch angeeignet und diese verwertet, dass sie diese, ohne eine Entgelt dafür zu fordern, dem jetzigen Betreiber der Gaststätte überlassen und übereignet habe, ist sein Vortrag unsubstantiiert. Der Beklagte hat weder nachvollziehbar vorgetragen, dass die Klägerin die Räume, in denen sich das Inventar befindet, weitervermietet hat, noch hat er nachvollziehbar vorgetragen, dass die Klägerin die Gaststätte weiterveräußert hat, noch hat er nachvollziehbar vorgetragen, dass die Klägerin das Inventar veräußert oder verschenkt hat. Es muss vielmehr davon ausgegangen werden, dass die Klägerin das ihr zur Sicherung übereignete Inventar niemandem überlassen und auch nicht verwertet hat. Hierzu war sie aber auch nicht verpflichtet (Palandt-Bassenge, BGB, 63. Auflage, § 930, Rdnr. 29). Der Beklagte könnte daher gegen die Klägerin allenfalls einen Rückgewähranspruch für den Fall des endgültigen Wegfalls des Sicherungszwecks haben (Palandt-Bassenge, a.a.O., § 930, Rdnr. 28).

Im Übrigen hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung auch zutreffend ausgeführt, dass der Beklagte den Wert des Sicherungsgutes nicht substantiiert dargelegt hat. Soweit er in der Berufungsinstanz detailliertere Angaben macht, ist er mit diesem Vortrag gemäß § 531 Abs. 2 Ziffer 3 ZPO ausgeschlossen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Absatz 1 ZPO. Die weiteren prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision zum Bundesgerichtshof wird nicht zugelassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Absatz 2 Satz 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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