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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 26.01.2006
Aktenzeichen: 8 U 128/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 543 Abs. 3
BGB § 307 Abs. 1
BGB § 307 Abs. 2 Nr. 1
1. Zur Auslegung einer formularmäßig getroffenen Regelung in einem Geschäftsraummietvertrag, wonach der Mieter bei Nichtzahlung die "Rechte" aus dem Vertragsverhältnis "verliert" und der Vermieter "berechtigt" ist, über das Mietobjekt "anderweitig zu verfügen".

2. Zur Frage, ob das für eine fristlose Kündigung geltende Erfordernis einer Abhilfefrist (§ 543 Abs. 3 BGB) dadurch umgangen wird mit der Folge einer unangemessenen Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB, dass mit der Vereinbarung einer auflösenden Bedingung für den Fall der Nichtzahlung der Kaution das Mietverhältnis beendet sein soll.


Kammergericht

Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 8 U 128/05

verkündet am : 26.01.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Elßholzstr. 30-33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 26.01.2006 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bieber, die Richterin am Kammergericht Dr. Henkel und den Richter am Landgericht Dittrich

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 20.06.2005 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin -12 O 760/04- wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

A.

Die Berufung der Klägerin richtet sich gegen das am 20.06.2005 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin, mit dem die auf Räumung und Herausgabe der Mietobjekte gemäß Mietverträgen vom 12./13.05.2004 gerichtete Klage abgewiesen worden ist. Das Landgericht hat ausgeführt, dass § 4 Nr. 2 der Verträge eine auflösende Bedingung enthalte, die Klausel jedoch die Mieterin nach § 307 Abs. 1 BGB unangemessen benachteilige, da die Nichtzahlung der Kaution ohne weiteres zur Vertragsbeendigung führen solle, während eine darauf gestützte fristlose Kündigung nach § 543 BGB eine Abmahnung voraussetzen würde. Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Die Klägerin trägt zur Begründung der Berufung vor:

Die Verträge seien durch Eintritt einer in § 4 Nr. 2 zu sehenden auflösenden Bedingung der Nichtzahlung der Kautionsbeträge bis zum 30.05.2004 beendet. Das Landgericht setzte zu Unrecht die Bedeutung und Wirkung einer Bedingung mit denen einer Kündigung gleich.

Eine Bedingung könne in AGB eines Gewerbemietverhältnisses ohne weiteres vereinbart werden. Im Übrigen handele es sich bei den drei gleichlautenden Verträgen nicht um Allgemeine Geschäftsbedingungen, da die Regelungen privatautonom und gleichberechtigt ausgehandelt worden seien. Eine vielfache Verwendung des Vertragsmusters durch die Klägerin scheitere schon an der "Besonderheit des jeweiligen Mietobjekts". Jedenfalls sei die fristlose Kündigung berechtigt, da eine Abmahnung in § 4 der Verträge enthalten sei.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des am 20. Juni 2005 verkündeten Urteils des Landgerichts Berlin - 12 O 760/04 - die Beklagte zu verurteilen,

1. die in nnn Berlin auf dem Grundstück des Sommerbades nnnnnnnnnnnnn im Wirtschaftsgebäude gelegenen Räumlichkeiten mit einer Größe von ca. 236,05 m² sowie den Freiflächen mit ca. 80,50 m² - gemäß dem Mietvertrag Nr. nnnnnnn beigefügtem Lageplan - zu räumen und geräumt an die Klägerin herauszugeben,

2. die in nnn Berlin auf dem Grundstück des nnnnnnnnnnnnnnnnnnnn , im ehemaligen Umkleide-/Garderobenraum gelegenen Räumlichkeiten mit einer Größe von 60 m², Lagerräume mit ca. 50 m², Verkaufsräume unterhalb der Treppe mit ca. 25 m², im Keller mit ca. 26 m² sowie den Freiflächen mit ca. 66 m² - gemäß dem Mietvertrag Nr. nnnnnnn beigefügtem Lageplan - zu räumen und geräumt an die Klägerin herauszugeben,

3. die in nnn Berlin auf dem Grundstück des Sommerbades nnnnnnnnnnnnnnnn n , gelegenen Räumlichkeiten mit einer Größe von ca. 101,30 m², Küche mit ca. 37,07 m², Nebenraum mit ca. 8,90 m², Nebenraum mit ca. 7,07 m², Toiletten mit insgesamt ca. 22,00 m², Terrasse mit ca. 58,00 m², Kellerräume mit ca. 59,20 m² sowie den Freiflächen vor dem Restaurant mit ca. 100,00 m² - gemäß dem Mietvertrag Nr. nnnnnnn beigefügtem Lageplan - zu räumen und geräumt an die Klägerin herauszugeben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte teilt die Auffassung des Landgerichts und meint, dass jedenfalls durch Fortsetzung der Mietverträge über den 30.05.2004 hinaus die Klausel des § 4 Nr. 2 schlüssig aufgehoben worden sei. Für den Willen der Klägerin zur Vertragsfortsetzung spreche auch, dass sie mit Schreiben jeweils vom 15.09.2004 Mietrückstände für den Monat September 2004 angemahnt habe, ohne die Kaution zu erwähnen.

B.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Ihr steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Rückgabe der drei Mietobjekte gemäß § 546 Abs. 1 BGB zu, da die Mietverträge vom 12./13.05.2004 nicht beendet sind.

1) Die Mietverhältnisse endeten nicht von selbst auf Grund dessen, dass die Beklagte die Kautionen entgegen § 4 Nr. 2 der Verträge nicht bis zum 30.05.2004 leistete.

a) Zweifelhaft ist bereits, ob § 4 Nr. 2 der Verträge nach Wortlaut und Gesamtzusammenhang der Klausel eine auflösende Bedingung im Sinne von § 158 Abs. 2 BGB enthält, also den Willen der Parteien zum Ausdruck bringt, dass die Verträge bei nicht fristgerechter Kautionsleistung von selbst enden sollten. Denn dies hätte auf einfache und naheliegende Weise durch die Anordnung erfolgen können, dass der Vertrag "endet", "die Wirkung verliert" oder Ähnliches, wenn die Kaution nicht bis zum 30.05.2004 geleistet wird. § 4 Nr. 2 Satz 2 und 3 hingegen sehen vor, dass der Mieter bei Nichtzahlung die "Rechte" aus dem Vertragsverhältnis "verliert" und der Vermieter "berechtigt" ist, über das Mietobjekt "anderweitig zu verfügen". Diese Formulierung deutet darauf hin, dass eine Vertragsbeendigung nicht automatisch eintreten, sondern vom Willen der Klägerin abhängen sollte, was rechtstechnisch -wenn auch nicht notwendig wirksam- als Recht zur fristlosen Kündigung oder "anderweitigen Verfügungsberechtigung" der Klägerin unter Fortbestand einer subsidiären vertraglichen Zahlungspflicht der Beklagten, also unter Begründung einer Art Garantiehaftung für einen künftigen Mietausfall, zu begreifen sein könnte.

Auch die sich anschließende Bestimmung in § 4 Nr. 2 Satz 4, dass der Mieter für den "tatsächlich ausgefallenen Mietzins...einzustehen" habe, lässt eine auflösende Bedingung eher fernliegend erscheinen. Denn diese Klausel sieht bei zutreffender Auslegung eine Einstandspflicht für einen Mietausfall nach Beendigung des Mietgebrauchs der Beklagten vor (s. dazu unten zur AGB-rechtlichen Prüfung), und diese Rechtsfolge ist mit einer auflösenden Bedingung weniger zu vereinbaren als mit einer Vertragsbeendigung durch fristlose Kündigung -die zu einem Schadensersatzanspruch wegen Auflösungsverschuldens führen kann-, oder mit einem Fortbestand der Mietzinsforderung unter Anrechnung anderweitiger Mieteinnahmen. Eine auflösende Bedingung führt nämlich zur Unwirksamkeit des Vertrags, ohne dass es eine Grundlage für den Ersatz des Erfüllungsinteresses gäbe. Eine solche Schadensersatzpflicht folgt nicht etwa aus § 160 BGB. Diese Vorschrift sieht nicht etwa einen Schadensersatzanspruch wegen vorzeitiger Vertragsbeendigung infolge Bedingungseintritts gegen diejenige Vertragspartei vor, die den Eintritt einer auflösenden Bedingung (oder Nichteintritt einer aufschiebenden Bedingung) zu vertreten hat, sondern begründet eine Schadensersatzpflicht nur hinsichtlich einer etwaigen Beeinträchtigung der an den Bedingungseintritt knüpfenden Leistungspflicht (hier: auf Rückgewähr), dient also dem Schutz vor Verletzung von Erhaltungspflichten während der Schwebezeit des Vertrags (vgl. Staudinger/Bork, BGB, Neubearbeitung 2003, § 160 Rn 3, 6).

Auch begründet das Verhalten der Klägerin, die trotz Nichtleistung der Kautionen bis zum 30.05.2004 die Verträge bis zum 15.11.2004 widerspruchslos fortsetzte sowie Mieten für September 2004 und betreffend das Objekt "nnnnnn " unter dem 17. und 30.06.2004 sogar die Kaution anmahnte, auslegungsrelevante Zweifel daran, dass sie selbst die Klausel als auflösende Bedingung verstanden hat.

b) Jedenfalls hat das Landgericht im Ergebnis zutreffend angenommen, dass die Klausel in § 4 Nr. 2 der Verträge, sofern darin eine auflösende Bedingung zu sehen sein sollte, einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht standhält.

aa) Bei der Regelung in § 4 Nr. 2 der drei Mietverträge handelt es sich um von der Klägerin gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB. Wie schon den Urkunden zu entnehmen und auch nicht streitig ist, wurden die gleichlautenden Verträge aus dem Textverarbeitungssystem der "Abt. Recht/Verträge" der Klägerin ausgedruckt. Es handelt sich bei § 4 Nr. 2 um eine für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingung. Das folgt bereits daraus, dass die gleiche Klausel in drei Mietverträgen verwendet wurde; die dreimalige Verwendung, sei es auch am gleichen Tag gegenüber dem gleichen Vertragspartner, führt zum Vorliegen einer für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Klausel (BGH NJW 2004, 1454 f.).

Die Klausel ist nicht zwischen den Parteien im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB ausgehandelt worden, wofür die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast trägt. Ein "Aushandeln" bedeutet mehr als Verhandeln und liegt nur vor, wenn der Verwender die Regelung inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Verhandlungspartner die reale Möglichkeit einräumt, die inhaltliche Ausgestaltung zu beeinflussen. In aller Regel schlägt sich eine solche Bereitschaft auch in erkennbaren Änderungen des vorformulierten Textes nieder. Allenfalls unter besonderen Umständen kann ein Vertrag auch dann als Ergebnis eines "Aushandelns" gewertet werden, wenn es schließlich nach gründlicher Erörterung bei dem gestellten Entwurf verbleibt (BGH NJW 2000, 1110, 1111 f.). Vorliegend hat die Klägerin nicht einmal behauptet, dass überhaupt über die Regelung in § 4 Nr. 2 der Verträge gesprochen worden sei. Dass das Datum für die Kautionszahlung noch eingesetzt werden musste, um die Klausel auf die Verträge anzupassen, begründet selbstverständlich noch kein "Aushandeln".

Im Übrigen wäre die Klägerin mit etwaigem Vortrag zu einem Aushandeln der Klausel in zweiter Instanz ausgeschlossen (§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO), nachdem das Landgericht die Parteien mit Verfügung vom 25.04.2005 darauf hingewiesen hatte, dass es das Vorliegen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen als unstreitig ansehe und die Klägerin dem nicht widersprach.

bb) Allerdings ergibt sich eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht bereits daraus, dass mit der Vereinbarung einer auflösenden Bedingung für den Fall der Nichtzahlung der Kaution das für eine fristlose Kündigung geltende Erfordernis einer Abhilfefrist (§ 543 Abs. 3 BGB) umgangen würde. Zwar kann formularvertraglich auf das Erfordernis einer Abhilfefrist nach § 543 Abs. 3 BGB nicht verzichtet werden (vgl. Bub/Treier/Grapentin, a.a.O., Rn IV 172; Schmidt-Futterer/Blank, a.a.O., § 543 Rn 169, 201; allgemein für die Unzulässigkeit formularvertraglicher Lockerung der Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung BGH NJW 1987, 2506, 2507). Von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung wird insoweit jedoch nicht abgewichen, weil die Kündigung nach § 543 BGB und die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung nach § 158 Abs. 2 BGB unterschiedliche Institute sind, die sich nach Voraussetzungen und Wirkung unterscheiden und daher im Rahmen der Angemessenheitsprüfung nach § 307 BGB nicht verglichen werden können. Die auflösende Bedingung führt dazu, dass der Vertrag automatisch endet, Ansprüche beider Parteien für die Zukunft nicht mehr in Betracht kommen und auch kein Schadensersatz wegen Nichtdurchführung des Vertrags geschuldet wird (siehe oben). Eine fristlose Kündigung wegen Nichtleistung der Kaution nach § 543 Abs. 1 BGB hingegen stellt ein einseitiges Recht zur Vertragsbeendigung dar und setzt voraus, dass das Sicherungsbedürfnis des Vermieters durch die Nichtzahlung erheblich tangiert wird und ferner grundsätzlich, dass eine Abhilfefrist nach § 543 Abs. 3 BGB gesetzt wurde (vgl. OLG Celle NJW-RR 1998, 585 und NZM 2003, 64, 65; OLG München NJW-RR 2000, 1251; OLG Düsseldorf NJW-RR 1995, 1100; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 8. Aufl., § 543 Rn 169). Folge einer solchen berechtigten Kündigung ist sodann, dass der Mieter, sofern er den Kündigungsgrund zu vertreten hatte, also in Verzug war, wegen so genannten "Auflösungsverschuldens" den Kündigungsschaden zu ersetzen hat, der dem Vermieter in Gestalt der bis zum Ablauf der fest vereinbarten Vertragsdauer entgehenden Mieten entsteht (vgl. BGH NZM 2005, 340 f.; NJW 1984, 2687; NJW 1998, 372, 374).

Eine auflösende Bedingung dürfte in Gewerbemietverträgen auch nicht grundsätzlich wegen ihrer Wirkungen als unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners anzusehen sein, da die Vertragsbeendigung sich gleichermaßen zum Nachteil beider Vertragsparteien auswirken kann und mit einer solchen Regelung keine Risiken verbunden sind, die unternehmerisch handelnde Parteien nicht überschauen könnten (für Unangemessenheit jedoch beiläufig Bub/Treier/Grapentin, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., Rn IV 285 und Bub, a.a.O., Rn II 545). So hat auch der BGH in der Entscheidung ZMR 1993, 320, 321 f. nicht etwa grundsätzliche Bedenken gegen eine formularvertragliche auflösende Bedingung eines Pachtvertrags erhoben, sondern eine unangemessene Benachteiligung des Pächters nur darin gesehen, dass die Vertragsbeendigung bei Eintritt der Bedingung (Versagung einer Konzession des Pächters) zu einer Risikoabwälzung auf den Pächter führte, da die Bedingung auch den Fall einer objektbedingten Konzessionsversagung umfasste. Derartige Wirksamkeitsbedenken kommen vorliegend nicht in Betracht, da die Bedingung in einem vertragswidrigen Verhalten der Beklagten liegen sollte.

cc) Auf die generelle Zulässigkeit einer auflösenden Bedingung in AGB eines Geschäftsraummietverhältnisses kommt es jedoch vorliegend nicht an, weil § 4 Nr. 2 der Verträge jedenfalls über die Vereinbarung einer bloßen Bedingung hinausgeht. Denn § 4 Nr. 2 Satz 4 ordnet an, dass der Mieter -trotz Eintritts der auflösenden Bedingung- für ausgefallenen Mietzins einzustehen habe. Entgegen der von der Klägerin im Verhandlungstermin vor dem Senat geäußerten Ansicht kann darin nicht lediglich ein überflüssiger Hinweis auf einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung (§ 546 a BGB) gesehen werden, der der Klägerin bei Nichtrückgabe der Mietobjekte nach Vertragsbeendigung zustehen würde. Nach allgemeinem (juristischem) Sprachgebrauch - auf den bei der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen abzustellen ist, vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 305 c Rn 16- weist die Einstandspflicht für "ausgefallenen" Mietzins auf einen Schadensersatzanspruch des Vermieters gegen den Mieter in Höhe der Differenz zwischen dem vereinbarten und dem von einem Folgemieter erzielten (niedrigeren) Mietzins hin; der Begriff des "Mietausfalls" hat einen dahin gehenden juristischen Bedeutungsgehalt (vgl. etwa Palandt/Weidenkaff, a.a.O., § 543 Rn 62; Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., Rn I 388 und II 451; Kinne/Schach/Bieber, Miet- und Mietprozessrecht, 4. Aufl., § 543 Rn 117), während das Gesetz für den Fall der Fortzahlungspflicht des Mieters bei Nichtherausgabe nach Vertragsende von "Entschädigung" spricht (§ 546 a Abs. 1 BGB). Nicht nur der Wortlaut des § 4 Nr. 2 Satz 4 der Verträge weist demnach auf eine Regelung der Ansprüche der Klägerin für den Fall einer ungünstigeren oder nicht möglichen Neuvermietung hin, sondern auch die systematische Stellung der Bestimmung, die an das in § 4 Nr. 2 Satz 3 postulierte Recht der Klägerin zur "anderweitigen Verfügung über das Mietobjekt" anschließt. Hinzu kommt, dass kein Anlass bestand, die Selbstverständlichkeit einer Zahlungspflicht für die Zeit der Nutzung (§ 546 a Abs. 1 BGB) im Vertrag aufzugreifen; insofern bestand kein Regelungsbedarf.

Die Anordnung in § 4 Nr. 2 Satz 4, dass der Mieter -trotz Eintritts der auflösenden Bedingung- für ausgefallenen Mietzins "einzustehen" hat, ist mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren (§ 307 Abs. 2 Nr.1 BGB), da kraft Gesetzes ein solcher Schadensersatzanspruch nur als Kündigungsschaden (siehe oben) in Betracht kommt, während eine auflösende Bedingung zu einer ersatzlosen Beendigung des Vertrags führt (vgl. auch Senat, NZM 2005, 946, 947 zum Nichtbestehen einer Mietausfallhaftung bei einvernehmlicher Vertragsaufhebung). Die Schadensersatzfolge an den bloßen Bedingungseintritt zu knüpfen, verändert die gesetzliche Lage einseitig zu Gunsten der Klägerin, da der Anspruch auch ohne die Kündigungsvoraussetzungen der Unzumutbarkeit (§ 543 Abs. 1 BGB), die wiederum häufig nur bei schuldhafter Nichtleistung der Kaution vorliegen wird, und ohne Abhilfefrist (§ 543 Abs. 3 BGB) bestehen soll, und stellt eine unangemessene Benachteiligung der Beklagten dar. Darüber hinaus weicht § 4 Nr. 2 Satz 4 der Verträge auch für sich genommen insoweit von Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ab, als die Pflicht zur Tragung des Mietausfalls nicht als verschuldensabhängiger Schadensersatzanspruch ausgestaltet ist, sondern ohne weiteres Folge der Vertragsbeendigung sein soll ("..hat... einzustehen"); die Verschuldensabhängigkeit der Haftung ist jedoch ein allgemeiner Grundsatz des Zivilrechts, von dem in AGB nicht abgewichen werden kann (vgl. BGH NJW 1992, 3158, 3161; NJW 1991, 2414, 2415; Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 9. Aufl., Anh. §§ 9-11 Rn 981).

Die Unangemessenheit (jedenfalls) der in § 4 Nr. 2 Satz 4 enthaltenen Bestimmung führt zur Unwirksamkeit der gesamten Regelung des § 4 Nr. 2 Sätze 2 bis 4. Denn es handelt sich um eine inhaltlich einheitliche Regelung der Folgen nicht fristgemäßer Kautionszahlung. Die Unwirksamkeit eines Klauselteils führt grundsätzlich zur Gesamtunwirksamkeit, insbesondere wenn sie zwar sprachlich teilbar ist, jedoch ein innerer Zusammenhang zwischen den Regelungsteilen besteht (vgl. BGH NJW 2004, 3775, 3776; Palandt/Heinrichs, BGB, a.a.O., Vorb. § 307 Rn 8, 11). Ein solcher folgt hier daraus, dass eine bloße Vertragsbeendigung durch § 4 Nr. 2 Sätze 2 und 3 gerade nicht erfolgen sollte, wie sich aus der in Satz 4 vorgesehenen Folge des Einstehens für Mietausfall ergibt.

c) Im Übrigen hätten die Parteien § 4 Nr. 2 Satz 2-4 der Verträge, sofern darin eine wirksame Regelung zu sehen wäre, stillschweigend dadurch aufgehoben, dass sie die Mietverhältnisse nach Ablauf der Kautionszahlungsfrist fast ein halbes Jahr lang einverständlich fortgesetzt haben, ohne dass eine Seite aus der Nichtwahrung der Frist Rechte hergeleitet hat. Für die Annahme eines Aufhebungswillens in Bezug auf eine auflösende Bedingung genügt die monatelange Nutzung der Räume zu dem vereinbarten Zweck unter Zahlung der Miete und ohne dass sich der Vermieter auf den Bedingungseintritt beruft, wie der BGH im Urteil vom 29.06.1983 (WM 1983, 991, 992), das einen in maßgeblicher Hinsicht gleich gelagerten Fall betraf, ausgesprochen hat. Der darin liegenden Vertragsänderung steht die (einfache) Schriftformklausel in § 15 Nr. 2 der Verträge -die nach ihrer Stellung im Vertrag unter der Überschrift "Salvatorische Klausel" bereits überraschend im Sinne von § 305 c Abs. 1 BGB und damit unwirksam sein dürfte- nicht entgegen. Denn der auch konkludent zum Ausdruck gebrachte Wille der Parteien, vom Inhalt des schriftlichen Vertrags abzuweichen, geht der Schriftformklausel vor, ohne dass es darauf ankommt, ob sich die Parteien der Kollision mit der Klausel bewusst sind (vgl. BGH GE 2005, 1546 = NJW 2006, 138; Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 125 Rn 14).

2) Die Mietverhältnisse sind nicht durch die von der Klägerin in den Schreiben vom 15.11.2004 und in der Klageschrift vorsorglich ausgesprochenen fristlosen Kündigungen wegen nicht fristgerechter Kautionszahlungen beendet worden. Zwar war die Beklagte nach § 4 Nr. 2 Satz 1 der Verträge in Verbindung mit § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB mit der Kautionszahlung ab dem 31.05.2004 in Verzug, und wegen Beeinträchtigung des Sicherungsinteresses der Klägerin kam eine fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB in Betracht. Diese setzte jedoch nach § 543 Abs. 3 Satz 1 BGB das Setzen einer Abhilfefrist voraus, also eine mit Fristsetzung verbundene Leistungsaufforderung. Gründe, die ein solches der Warnung des Mieters dienendes Vorgehen vorliegend entbehrlich erscheinen lassen (§ 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2 BGB), sind nicht ersichtlich und werden auch von der Klägerin nicht vorgebracht. Eine Abhilfefrist bzw. Abmahnung lag nicht in der Regelung des § 4 Nr. 2 der Verträge. Eine Abhilfefrist kann begrifflich nicht im Vertrag selbst enthalten sein, da sie die Beanstandung einer konkreten Pflichtverletzung voraussetzt (vgl. Palandt/Weidenkaff, a.a.O., § 543 Rn 47). Auch kann in § 4 Nr. 2 keine Abbedingung dieses Kündigungserfordernisses gesehen werden, da eine solche nicht formularvertraglich, sondern nur durch klare Individualvereinbarung möglich wäre.

Darüber hinaus stünde der wirksamen Ausübung eines ohne Abhilfefristsetzung seit dem 31.05.2004 begründeten Kündigungsrechts entgegen, dass die Klägerin dieses erstmals unter dem 15.11.2004 geltend gemacht hat. Dahin stehen kann, ob § 314 Abs. 3 BGB, wonach die Kündigung innerhalb angemessener Frist ab Kenntnis vom Kündigungsgrund ausgesprochen werden muss, unmittelbar auch im Rahmen von § 543 BGB anzuwenden ist, obwohl der Gesetzgeber mit der mit Wirkung ab dem 01.01.2002 eingefügten Regelung des § 314 BGB für einzelne Dauerschuldverhältnisses bestehende spezielle Kündigungstatbestände unberührt lassen wollte (vgl. BT-DrS 14/6040, S. 177). Denn zur Kündigung des Mietverhältnisses aus wichtigem Grund ist anerkannt, dass diese verwirkt sein kann (§ 242 BGB), wenn sie nicht in angemessener Frist nach Kenntnis vom Kündigungsgrund erklärt wird (vgl. Sternel, a.a.O., Rn IV 78, 370; OLG Karlsruhe ZMR 2001, 799, 800). Vorliegend ist Treuwidrigkeit anzunehmen, weil die Klägerin nicht nur fast sechs Monate lang die Kündigung unterlassen hat, sondern die Beklagte gerade wegen der Formulierung in § 4 Nr. 2 der Verträge dem Schweigen der Klägerin entnehmen durfte, dass diese offenbar der Kautionsfrage nunmehr doch keine erhebliche Bedeutung mehr beimaß. Hinzu kommt, dass die Klägerin die Kautionszahlung (betreffend das Objekt "nnnnnn ") sogar im Juni 2004 anmahnte und damit gerade zum Ausdruck brachte, dass ihr an einer Vertragsfortsetzung gelegen sei.

Die Kündigung in der Klageschrift vom 13.12.2004 war sodann nicht wirksam, weil die Beklagte die Kautionen mit Übersendung der Verpfändungsunterlagen am 22.11.2004 in Annahmeverzug begründender Weise (§§ 293, 294 BGB) angeboten hatte und sich seither nicht in Verzug befindet.

3) Die in den Schreiben vom 15.11.2004 hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigungen sind ebenfalls nicht wirksam. Allerdings wäre eine Kündbarkeit der Mietverhältnisses wegen Nichtwahrung der gesetzlichen Schriftform nach §§ 550, 578 BGB gegeben, wenn § 4 Nr. 2 der Verträge eine wirksame auflösende Bedingung enthalten würde und die Vertragsverhältnisse lediglich unter stillschweigender Aufhebung dieser Bedingung fortgesetzt worden wären. Trotz des im Vordergrund stehenden Zwecks des § 550 BGB n.F./§ 566 BGB a.F., einen nach § 566 BGB n.F./§ 571 BGB a.F. in den Mietvertrag eintretenden Grundstückserwerber über den Vertragsinhalt zuverlässig zu unterrichten, gilt die Formvorschrift auch für einen (hier vorliegenden) Untermietvertrag (BGHZ 81, 46 ff = NJW 1981, 2246, 2247). Formbedürftig ist auch eine Verlängerung des ursprünglichen Vertrags. Vorliegend würde es sich sogar um eine Neubegründung handeln, wenn die Mietverhältnisse mit Eintritt der Bedingung beendet waren und sodann die Nutzung zu den Bedingungen des alten Vertrags stillschweigend fortgesetzt wurde. Denn ein aufgelöster Vertrag kann nicht mehr aufleben (vgl. BGHZ 139, 123 ff = NJW 1998, 2664, 2666 für den Fall der formbedürftigen Neubegründung nach Wirksamwerden einer fristlosen Kündigung).

Die ordentliche Kündigung scheitert jedoch daran, dass -wie oben dargelegt- § 4 Nr. 2 der Verträge eine auflösende Bedingung nicht, jedenfalls nicht in wirksamer Weise vorsieht und eine Neubegründung der Mietverhältnisse daher nicht stattfand.

4) Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 2 ZPO).



Ende der Entscheidung

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