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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 04.07.2005
Aktenzeichen: 8 U 13/05
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 535 Abs. 2
BGB § 536 Abs. 1
BGB § 812 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 531 Abs. 2 Ziff. 3

Entscheidung wurde am 07.11.2005 korrigiert: ein amtlicher Leitsatz wurde hinzugefügt
1. Ein Mieter hat sich an den Kosten eines Müllschluckers zu beteiligen, sofern ihm die Nutzung des Müllschluckers aufgrund der vertraglichen Vereinbarung zur Verfügung steht. Die Kostenbeteiligungspflicht entfällt nicht, wenn er den Müllschlucker tatsächlich nicht nutzt.

2. Beanstandet ein Mieter die Isoliereigenschaft einer Fensterfront erstmals nach Umstellung auf eine verbrauchsabhängige Heizkostenabrechnung, weil ihm die verbrauchsabhängig ermittelten Heizkosten zu hoch erscheinen, liegt ein Sachmangel, der die Gebrauchstauglichkeit der vermieteten Sache einschränkt, nicht vor. Der Kostenaspekt ist für den Begriff des Sachmangels irrelevant.


Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 8 U 13/05

verkündet am : 04.07.2005

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 4. Juli 2005 durch die Richterin am Kammergericht Spiegel als Einzelrichterin für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 16. Dezember 2004 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenorwie folgt lautet:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.387,27 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatzaus 270,81 € seit dem 7. Januar 2003 und aus 1.545,48 € seit dem 6. März 2003 zu zahlen.

2. Die Widerklage wird abgewiesen.

Die Kosten der ersten Instanz tragen die Klägerin zu 20 % und der Beklagte zu 80 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 5 % und der Beklagte zu 95 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Die Berufung des Beklagten ist unbegründet.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten gemäß § 535 Abs.2 BGB einen Anspruch auf Zahlung des nach teilweiser Klagerücknahme geltend gemachten Restmietzinses für den Monat Januar 2003 in Höhe von 270,81 € und auf Zahlung des für den Monat März 2003 geltend gemachten Grundmietzinses in Höhe von 1.116,46 €. In Höhe eines weiteren Teilbetrages von 429,02 € (Betriebskostenvorschuss März 03) haben die Parteien den Rechtsstreit in der Berufungsinstanz übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Der Beklagtehatgegen die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung des im Wege der Widerklage geltend gemachten Betrages in Höhe von 5.839,07 € gemäß § 812 Abs.1 Satz 1 BGB.

Klage Die Klägerin hat schlüssig vorgetragen, dass sie gegen den Beklagten unter Berücksichtigung eines von ihr im Detail mit Schriftsatz vom 21. Oktober 2003 (Bl.10ff) und vom 1. Juli 2004 (Bl.97ff) vorgetragenen Mietzinsrückstandes in Höhe von 4.503,23 € für den Zeitraum von März 2001 bis März 2003, einer Heizkostennachzahlungsforderung für das Jahr 1999 in Höhe von 1.377,65 € , einer Heizkostennachzahlungsforderung für das Jahr 2000 in Höhe von 343,67 € und unter Verrechnung vonGuthaben des Beklagten aus der Betriebskostenabrechnung 1999 in Höhe von (184,48 € + 444,43 € =) 628,91 €, der Kaltwasserabrechnung 1999 in Höhe von 653,06 €, der Betriebskostenabrechnung 2000 in Höhe von 763,94 €, der Kaltwasserabrechnung 2000 in Höhe von 623,37 €, der Betriebskostenabrechnung 2001 in Höhe von 756,63 €,der Heizkostenabrechnung 2001 in Höhe von 354,07 € und derKaltwasserabrechnung 2001in Höhe von 628,28 € einen restlichen Mietzinsanspruch für die Monate Januar und März 2003 in Höhe von insgesamt 1.387,27 € hat.

Widerklage

Der Beklagtehatgegen die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung des im Wege der Widerklage geltend gemachten Betrages in Höhe von 5.839,07 € gemäß § 812 Abs.1 Satz 1 BGB.

Betriebskosten

Soweit der Beklagte im Berufungsrechtszug erstmals beanstandet, die Klägerin habe keinen Beweis dafür angetreten, dass die Parteien die Zahlung von Betriebskosten wirksam vereinbart hätten, ist er mit diesem Vortrag gemäß § 531 Abs.2 Ziffer 3 ZPO ausgeschlossen. In erster Instanz war zwischen den Parteien völlig unstreitig, dass der Beklagte aufgrund der mietvertraglichen Vereinbarung grundsätzlich zur Zahlung von Betriebskosten verpflichtet war.

Betriebskostenabrechnung 1999

Der Beklagte hat schlüssig dargelegt, dass die Klägerin in der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 1999 die Position "Grundsteuer" zwei mal, nämlich einmal mit 869,23 DM (444,43 €) und einmal mit 771,80 DM (394,61 €) berechnet hat, ohne darzulegen, dass ihr tatsächlich Kosten in dieser Höhe entstanden sind. In den darauf folgenden Betriebskostenabrechnungen wurde die Grundsteuer jeweils nur einmal, nämlich im Jahr 2001 mit 335.98 € und im Jahr 2002 mit 369,58 € berechnet. Der Beklagte durfte daher berechtigt Zweifel an der Richtigkeit der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 1999 in diesem Punkt haben.Die Klägerin hat diesem Einwand Rechnung getragen, indem sie die Klage in der Berufungsinstanz in Höhe von 444,43 € zurückgenommen hat.

Der Beklagte hat nicht schlüssig dargelegt, dass die Klägerin nicht berechtigt war, in der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 1999 Kosten für Müllschlucker, Hausservice und Hausstrom in Rechnung zu stellen. Der Beklagte bestreitet nicht, dass die Kosten tatsächlich angefallen sind, sondern meint, sich nicht daran beteiligen zu müssen, weil seine Gewerbeeinheit einen eigenen Eingang habe. Unstreitig befindet sich in dem Treppenhaus, das der Beklagte nach seinem Vortrag nicht benutzt, ein Müllschlucker, der sämtlichen Mietern, so auch dem Beklagten, zur Verfügung steht. Der Beklagte hat sich, daer die Möglichkeit der Nutzung hat, an den Kosten des Müllschluckers und den für das Treppenhaus, in dem sich der Müllschlucker befindet anfallenden Kosten zu beteiligen. Unerheblich ist, ob er die ihm vertraglich zustehende Leistung auch tatsächlich nutzt. Anders stellte sich die Rechtslage dar, wenn die Mietvertragsparteien vereinbart hätten, dass der Beklagte als Mieter nicht zur Nutzung des Müllschluckers berechtigt sein soll und vielmehr eine auf dem Hof bereitgestellt Tonne zu benutzen hat. Eine derartige Vereinbarung wird vom Beklagten nicht vorgetragen.

Betriebskostenabrechnung 2000

Der Beklagte hat nicht schlüssig dargelegt, dass die Klägerin nicht berechtigt war, in der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2000 Kosten für Schnee- und Eisbeseitigung und Straßenreinigung in Rechnung zu stellen. Er trägt hierzu vor, die ausgewiesenen Kosten seien unzulässig, da der Hauswart die Arbeiten vorgenommen habe. Da der Beklagte die entsprechenden Abrechnungsunterlagen nicht eingesehen hat, ist sein Vortrag, die Kosten seien "unzulässig" unschlüssig. Soweit der Beklagte in der Berufungsinstanz erstmals vorträgt, im sei die Einsichtnahme in die Unterlagen verwehrt worden, ist er mit diesem - im Übrigen auch unsubstantiierten - Vortrag gemäß § 531 Abs.2 Ziffer 3 ZPO ausgeschlossen.

Die Klägerin hat in erster Instanz hierzu unwidersprochen vorgetragen, dass der Beklagte die Möglichkeit gehabt habe, sämtliche Rechnungen und Straßenreinigungsgebührenbescheide einzusehen, er habe aber von dieser Einsichtsmöglichkeit keinen Gebrauch gemacht (Bl.75).

Was die von dem Beklagten beanstandeten Positionen Hausreinigung und Müllschlucker betrifft, wird auf die obigen Ausführungen zu der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 1999 Bezug genommen.

Der Beklagte hat nicht schlüssig vorgetragen, dass die Klägerin nicht berechtigt war, in der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2000Kosten für Außenbeleuchtung in Höhe von 134,14 € in Rechnung zu stellen. Er hat zwar in der mündlichen Verhandlung am 18. November 2004 unwidersprochen vorgetragen, dass es eine Außenbeleuchtung erst seit dem Jahr 2002 gebe. Bei unterstellter Richtigkeit der Behauptung können die in Rechnung gestellten Ausgaben gleichwohl entstanden sein. Aufgrund des Umstandes, dass bis zur Abrechnung für das Jahr 1999 eine - vom Beklagten nicht beanstandete - Position "Strom allgemein" in der Abrechnung aufgeführt wurde und in den darauf folgenden Jahren diese Position nicht mehr auftauchte, sondern statt dessen die Position "Außenbeleuchtung", ist davon auszugehen, dassdiese Positionen identisch sind und die Position "Außenbeleuchtung" auch die Kosten für das Treppenhaus, Keller etc. umfasst, deren Anfall vom Beklagten nicht bestritten wird. Der Beklagte hat vor diesem Hintergrund und dem Umstand, dass er keine Einsicht in die Betriebskostenunterlagen genommen hat nicht schlüssig dargelegt, dass die in Rechnung gestellte Position Außenbeleuchtung gar nicht angefallen sei.

Betriebskostenabrechnung 2001

Soweit der Beklagte in der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2001 die Positionen Hausreinigung, Außenbeleuchtung, Müllschlucker, Schnee- und Eisbeseitigung und Straßenreinigung beanstandet, kann auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden. Soweit der Beklagte die Position Gartenpflege beanstandet, kann auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen werden.

Wasserschaden

Der Vortrag des Beklagten, er habe im Februar 2001 an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 286,14 € zuviel gezahlt, weil er berechtigt gewesen sei, den Mietzins wegen eines Wasserschadens zu mindern, greift nicht. Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt, dass der Beklagte nicht schlüssig vorgetragen habe, dass der Gebrauch der Mietsache durch den Wasserschaden wesentlich beeinträchtigt worden ist. Der Beklagte hat sich in der Berufungsinstanz zunächst darauf beschränkt, den Vortrag erster Instanz zu wiederholen. Soweit der Beklagte erstmals im Termin am 4. Juli 2005 erklärt hat, die Räume seien überschwemmt gewesen, ist sein Vortrag verspätet.

Fensterfront

Der Beklagte hat auch nicht schlüssig vorgetragen, dass der Mietzins in der Zeit von Dezember 2000 bis Dezember 2001 um insgesamt einen Betrag in Höhe von 2.902,77 € (13 x 223,29 €) wegen der von ihm beanstandeten Fensterfront gemindert gewesen sei.

Der Beklagte trägt hierzu vor, er habe den eigentlichen Mangel, nämlich überproportional hohe Heizkosten infolge der schlecht isolierten Fensterfront, erst erkennen können, nachdem im Monat Dezember 2000 die verbrauchabhängige Heizkostenabrechnung eingeführt worden sei. Dem Vortrag des Beklagten kann nicht entnommen werden, dass die Gebrauchstauglichkeit der Gewerberäume aufgrund der Isoliereigenschaft der Fensterfront im Sinne von § 536 Abs. 1 BGB beeinträchtigt war. Der Beklagte hat weder vorgetragen, dass die Räume im Sommer aufgrund der Isoliereigenschaft der Fensterfront zu heiß geworden seien, noch hat er vorgetragen, dass die Räume im Winter aufgrund der Isoliereigenschaft der Fenster nicht ausreichend beheizt werden konnten. Er beanstandet lediglich die Höhe der Heizkosten. Die Tauglichkeit zum vertragsmäßigen Gebrauch ist in Fällen wie diesem nicht eingeschränkt. Der Kostenaspekt ist für den Begriff des Sachmangels irrelevant (LG Hamburg, NJW-RR 1988, 907).

Der Beklagte hat entgegen seiner in der Berufungsinstanz erstmals vertretenen Rechtsauffassung gegen die Klägerin keinen aufrechenbaren Schadensersatzanspruch, weil die vereinbartenBetriebskostenvorauszahlungen jedenfalls für das Jahr 2001 nicht kostendeckend gewesen waren. Eine Pflichtverletzung des Vermieters im Zusammenhang mit der Vereinbarung von Vorauszahlungen bei Vertragsabschluss ist nur dann zu bejahen, wenn besondere Umstände gegeben sind. Solche besonderen Umstände können etwa zu bejahen sein, wenn der Vermieter dem Mieter bei Vertragsschluss die Angemessenheit der Nebenkosten ausdrücklich zugesichert oder diese bewusst zu niedrig bemessen hat, um den Mieter über den Umfang der tatsächlichen Mietbelastung zu täuschen und ihn auf diese Weise zur Begründung eines Mietverhältnisses zu veranlassen (BGH, NJW 2004, 1102). Derartige Umstände sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Absatz 1, 91 a, 269 Abs.3 ZPO. Soweit die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, waren dem Beklagten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen die Kosten aufzuerlegen. Soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat, waren ihr die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Die weiteren prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, daweder die Rechtssachegrundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543Absatz 2 Satz 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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