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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 10.02.2003
Aktenzeichen: 8 U 140/02
Rechtsgebiete: InsO


Vorschriften:

InsO § 112
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 8 U 140/02

Verkündet am: 10. Februar 2003

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts, Elßholzstraße 30 - 33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 10. Februar 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bieber, den Richter am Kammergericht Dr. Müther und die Richterin am Landgericht Dr. Henkel für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger einen Teilbetrag von 118.478,68 EUR nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 14.093,33 EUR seit dem 30. Januar 2001, aus 65.240,84 EUR seit dem 30. Juni 2001 sowie aus 39.144,51 E'UR seit dem 10. Januar 2002 zu zahlen Zug-um-Zug gegen Rückgabe der Originalbürgschaftsurkunde vom 6. Juli 1995 (KD 113846 Won/Rst-b11).

Von den Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszug haben der Kläger 1/7 und die Beklagte 6/7 zu tragen.

Von den Kosten des Rechtsstreits des zweiten Rechtszuges haben der Kläger 1/6 und die Beklagte 5/6 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 180.000,00 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Kläger darf die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 3.900,00 EUR abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Berufung der Beklagten richtet sich gegen das am 25. April 2002 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Die Berufung wendet sich gegen die Verurteilung zur Zahlung von Mietzinsen bzw. Nutzungsentschädigung nach dem 12. Januar 2001.

Die Beklagte trägt zur Begründung der Berufung vor:

Das Landgericht hätte nicht offenlassen dürfen, ob das Mietverhältnis durch die Kündigung des Klägers vom 12. Januar 2001 beendet worden ist. Denn die Bürgschaft sichere nur Mietzinsansprüche, nicht hingegen Ansprüche auf Nutzungsentschädigung. Die Bürgschaftserklärung sei nicht auslegungsfähig. Nach dem Wortlaut sei der Umfang der Bürgschaft eindeutig bestimmt, nämlich, dass sie als Bürgin nur für vertraglich geschuldete Mietzinsen einzustehen habe. So ergäbe sich auch aus der Formulierung, dass die Bürgschaft spätestens mit Beendigung des Mietvertrages erlösche, dass nur die primärrechtlichen Ansprüche bei Bestehen des Mietvertrages gesichert werden sollten. Die Nutzungsentschädigung sei - entgegen der Ansicht des Landgerichts - kein mietzinsähnlicher, sondern ein vertragsähnlicher Anspruch eigener Art, als Entschädigungsanspruch werde er dafür gewährt, dass der Mieter die Nutzungsmöglichkeit der Mieträume ohne Rechtsgrund für sich in Anspruch nehme. Eine Erweiterung des Sicherungszweckes auf Nutzungsentschädigungsansprüche ergäbe sich auch nicht aus den Umständen des Zustandekommens des Bürgschaftsvertrages. Erklärungen der ....... GmbH - also eines Dritten - seien in diesem Zusammenhang ohnehin unerheblich.

Der Mietvertrag sei durch die Kündigung des Klägers gemäß Schreiben vom 12. Januar 2001 beendet worden. Das Schreiben enthalte keine unzulässige Bedingung. Denn sog. Potestativbedingungen, bei denen der Erklärungsempfänger den Eintritt der Bedingung - wie hier den Ausgleich der Mietrückstände - in der Hand habe, seien wirksam. Auch die Regelung in § 112 Insolvenzordnung (InsO) stehe der Wirksamkeit der Kündigung nicht entgegen. Denn die Hauptschuldnerin habe den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erst nach der Kündigung - nämlich am 15.Januar 2001 - gestellt. § 112 InsO könne nicht so ausgelegt werden, dass davon auch solche Kündigungen erfasst seien, die vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgesprochen worden seien, jedoch ihre Rechtswirkungen erst danach eintreten lassen. Da die Kündigung wirksam sei, habe der Kläger keinen Anspruch auf Mietzins nach dem 12. Januar 2001.

Aber selbst wenn der Kläger für die Nutzung des Grundstücks nach dem 12.Januar 2001 noch Mietzinsen oder Nutzungsentschädigung hätte verlangen können, so habe der Kläger der Hauptschuldnerin diese Ansprüche ab dem 01.März 2001 erlassen. Das erstinstanzliche Gericht hätte über diese Frage Beweis erheben müssen. So sei zwischen einem Mitarbeiter des Insolvenzverwalters, ..... , und .......von der Firma .....GmbH, der vom Kläger zur Verhandlungen über die Nutzung des Grundstücks bevollmächtigt gewesen sei, vereinbart worden, dass die Tankstelle auf dem Grundstück fortgeführt werde und, dass der Insolvenzverwalter für die Zeit ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens kein Entgelt für die Nutzung des Grundstücks entrichten müsse. Herr ....sei berechtigt gewesen, den Kläger zu vertreten. Auf ausdrückliche Nachfrage des Verhandlungsführers des Beklagten hin, habe Herr ....erklärt, dass er berechtigt sei, den Kläger zu vertreten und eine schriftliche Vollmacht nachreichen könne. Hintergrund sei gewesen, dass der Insolvenzverwalter festgestellt habe, dass man die Tankstelle kostendeckend weiterführen und Arbeitsplätze sichern könnte und damit gleichfalls dem Interesse des Klägers entsprochen werde, das abgelegene Tankstellengrundstück vor Vandalismus und Zerstörung zu sichern. Diese Vereinbarung habe für den Kläger auch insoweit einen Sinn gemacht, weil der Kläger zu diesem Zeitpunkt noch keinen Nachmieter gefunden habe und für die Zeit bis zur Weitervermietung das Grundstück genutzt werde, wobei eine betriebene Gewerbeimmobilie sich leichter vermieten ließe. Der Insolvenzverwalter habe zugesagt, dass er das Grundstück sofort für einen Nachmieter räumen werde. Das Landgericht habe die Anforderungen an die Substantiierung des Vortrages zum Erlass der Mietforderung überspannt. Im übrigen sei zu berücksichtigen, dass sie, die Beklagte, bei diesem Gespräch nicht anwesend gewesen sei. Die Verhandlungen seien daher dem Wahrnehmungsbereich des Klägers zuzuordnen.

Im übrigen stünde dem Kläger Nutzungsentschädigung gegen den Hauptschuldner bzw. den Insolvenzverwalter nicht zu, weil die Mietsache dem Klägerin nicht vorenthalten worden sei.

Vielmehr habe die Unterlassung der Rückgabe dem Willen des Vermieters entsprochen, da der Kläger durch die Fortführung des Betriebes auf dem Grundstück vor Vandalismus und Zerstörung geschützt werden wollte. Schließlich sei die Mietsache spätestens zum 01.August 2001 an den Kläger zurückgegeben worden, der das Grundstück an die Autohaus .....GmbH vermietet habe.

Hilfsweise macht die Beklagte geltend, dass die zu zahlende Nutzungsentschädigung geringer sei. Denn der Insolvenzverwalter habe nur noch den Tankstellenbetrieb aufrechterhalten. Dieser Bereich mache nur eine Teilfläche von 6,4 % der Gesamtfläche des Mietobjektes aus.

Die Beklagte beantragt,

das am 25. April 2002 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 12 O 7/02 - abzuändern, soweit sie zu einer Zahlung von mehr als 38.099,34 DM nebst Zinsen verurteilt worden ist und die Klage insoweit abgewiesen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die zunächst in der Berufungsinstanz vorgenommen Klageerweiterung um 6.769,50 DM nebst Zinsen wegen Mietausfalls für den Monat Oktober 2001 hat der Kläger zurückgenommen.

Der Kläger trägt zur Sache vor:

Dem Landgericht sei dahin beizutreten, dass von der Bürgschaft nicht nur der Mietzins, sondern auch Nutzungsentschädigung erfasst werde. Die Bürgschaft hätte ihn, den Kläger, von einem Forderungsausfall für Mietzinsen in Höhe von 500.000,- DM schützen sollen und zwar während der gesamten Dauer des Mietvertrages, nämlich mindestens 15 Jahre.

Hintergrund sei gewesen, dass das Mietobjekt vom Kläger zunächst bei der Beklagten fremdfinanziert worden sei, wobei ein Tilgungszeitraum von knapp 20 Jahren vorgesehen sei. Er, der Kläger, habe in jedem Falle die Inanspruchnahme von Fremdkapital für den Zeitraum vom 15 bis 20 Jahren absichern wollen. Auch die Entstehungsgeschichte der Bürgschaft belege dies. So sei zunächst von Seiten des Veräußerers, der .....GmbH, eine Patronatserklärung vom 19.12.1994 abgegeben worden. Am 23.12.1994 sei zwischen dem Kläger und der..... GmbH ein Mietgarantievertrag von 15 Jahren abgeschlossen werden, mit welchem eine jährliche Nettomiete von 285.000,- DM für 15 Jahre garantiert worden sei. In dem Schreiben der Beklagten vom 23.05.1995 sei dementsprechend eine Befristung der Bürgschaft bis zum 30.06.2005 vorgesehen gewesen. Diese datumsmäßige Festlegung sei dann in die Bürgschaftsurkunde nicht mehr aufgenommen worden, sondern die zeitliche Dauer an den Mietvertrag - nämlich bis Ende Dezember 2009 - geknüpft worden. Da die Beklagte selbst die finanzierende Bank gewesen sei, sei der Beklagten auch das auf Jahre angelegte Sicherungsinteresse des Klägers bekannt gewesen. Im übrigen habe sich die Beklagte zur Sicherung ihrer Ansprüche im Falle der Inanspruchnahme aus der Bürgschaft bei der .....GmbH grundbuchrechtlich absichern lassen. Wenn die Ausfallbürgschaft greifen würde, könnte sich die Beklagte an ihrer grundbuchmäßigen Sicherheit schadlos halten.

Der Mitarbeiter der Firma ....habe nicht auf die Miete nach dem 12. Januar 2001 verzichtet.

Hierzu sei dieser auch nicht bevollmächtigt gewesen. Vielmehr sei Herr .....von ihm nur beauftragt worden, einen Nachmieter zu finden und mit diesem die Einzelheiten eines Mietvertrages auszuhandeln und mit dem Insolvenzverwalter abzuklären, wann der Nachmieter die Immobilie beziehen könne.

Eine Kürzung der Nutzungsentschädigung wegen der angeblich eingeschränkten Nutzung komme nicht in Betracht, weil eine getrennte Vermietung von Autohaus und Tankstelle praktisch unmöglich sei.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.

Der Kläger kann von der Beklagten aufgrund des zwischen den Parteien bestehenden Bürgschaftsvertrages vom 06. Juli 1995 Zahlung des Mietzinses für den Zeitraum vom 13. Januar bis September 2001 in Höhe von monatlich 25.520,- DM verlangen (§§ 765, 535 BGB)

a)

Das Mietverhältnis zwischen der Autohaus ....GmbH ......und dem Kläger ist durch die Kündigung des Klägers vom 12. Januar 2001 nicht wirksam beendet worden. Zwar ist die Kündigung nicht bereits deswegen unwirksam, weil sie eine Bedingung enthält, der Wirksamkeit der Kündigung steht jedoch § 112 InsO entgegen.

Aus der Natur der Kündigung als Gestaltungserklärung folgt, dass sie grundsätzlich nicht unter einer Bedingung ausgesprochen werden kann. Die Kündigung ist aber nicht schlechthin bedingungsfeindlich. Es kommt vielmehr darauf an, ob die Kündigung genügend bestimmt und klar ist, so dass der Empfänger der Kündigung nicht in eine ungewisse Lage versetzt wird (BGH WM 1973,694 = ZMR 1973,378). Eine bedingte Kündigung ist daher wirksam, wenn der Eintritt der Bedingung allein vom Willen des Kündigungsempfängers abhängt (sog. Potestativbedingung) oder der Kündigungsempfänger der Bedingung zustimmt (BGH NJW 1986,2245,2246; BAG NJW 1968,2078; vgl. Bub/Treier/Grapentin, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Auflage, IV, Rdnr.10; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 8. Auflage, Rdnr. 866; Staudinger/Sonnenschein, BGB, 1997, § 564 BGB, Rdnr. 74; a.A. Sternel, Mietrecht , 3. Auflage, IV, Rdnr. 25/26). Dies kann der Fall sein, wenn die Kündigung von der Begleichung eines Mietrückstandes abhängig gemacht wird (Wolf/Eckert/Ball, a.a.O., Rndr. 866; Soergel/Heintzmann, BGB, 12. Auflage , § 564 BGB, Rdnr. 19). Vorliegend hat der Kläger mit Schreiben vom 12.01.2001 gegenüber der Autohaus GmbH erklärt, dass er das Mietverhältnis wegen der Rückstände mit 4 Monatsmieten kündigt, " wenn nicht bis zum 20.01.2001 alle vier Monatsmieten eingegangen sind". Diese Erklärung ist als Kündigungserklärung aufzufassen und - entgegen der Ansicht des Klägers - nicht nur eine Androhung einer Kündigung. Die Kündigung ist aber unter der aufschiebenden Bedingung, nämlich des Begleichens der Mietrückstände bis zum 20. Januar 2001, erklärt worden. Der Eintritt dieser Bedingung war allein vom Willen des Mieters, hier der Hauptschuldnerin, nämlich von der Begleichung der Mietrückstände abhängig. Demnach hatte es allein die Hauptschuldnerin in der Hand, die Bedingung eintreten zu lassen, so dass sie als Kündigungsempfängerin nicht schutzwürdig ist .

Der Wirksamkeit der Kündigung steht jedoch §112 InsO entgegen. Nach dieser Vorschrift kann der Vermieter ein Mietverhältnis mit dem Schuldner als Mieter nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht kündigen wegen eines Verzuges mit der Entrichtung des Mietzinses, der in der Zeit vor dem Eröffnungsantrag eingetreten ist. Diese Vorschrift verbietet die Kündigung nach Antragstellung. Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt es nicht nur auf den Ausspruch der Kündigung, sondern auf deren Wirksamkeit vor Antragstellung an. So ist davon auszugehen, dass die (unbedingte) Kündigung als Willenserklärung erst mit ihrem Zugang beim Empfänger wirksam wird (§ 130 BGB ; vgl. auch Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, 2002, Bd. II, § 112 InsO, Rdnr. 18).

Bereits ausgesprochene und wirksame Kündigungen, die vor dem Eingang des Insolvenzantrages beim Amtsgericht zugegangen sind, behalten daher grundsätzlich ihre Wirksamkeit (Thomas Franken, Mietverhältnisse in der Insolvenz, 2002, Rdnr. 175).

Andererseits wird dem Vermieter das schon entstandene Kündigungsrecht genommen, wenn zwar sämtliche Kündigungsvoraussetzungen bei Antragstellung vorlagen, er aber noch nicht gekündigt hatte (Kübler/Prütting, Kommentar zur InsO, Loseblattsammlung, Stand November 2002, § 112 InsO, Rdnr. 8). Eine nur bedingt erklärte Kündigung erlangt ihre Wirksamkeit erst mit Eintritt der Bedingung, bis zum Eintritt der Bedingung ist also ungewiß, ob die Kündigung wirksam werden wird. Wenn dann in diesem Zeitraum ein Antrag auf Insolvenzeröffnung gestellt wird, kann die Kündigung nicht mehr Wirksamkeit erlangen. Die vom Kläger unter der aufschiebenden Bedingung am 12. Januar 2001 ausgesprochene und unstreitig vor Insolvenzantragstellung bei der Hauptschuldnerin als Mieterin zugegangene Kündigung hätte erst am 20. Januar 2001 wirksam werden können. Dieser Zeitpunkt liegt nach der Antragstellung am 15. Januar 2001, so dass die bis zum 20. Januar 2001 schwebend unwirksame Kündigung dann nicht mehr wirksam werden konnte.

Auf die Wirksamkeit , nicht nur den Ausspruch der Kündigung vor Stellung des Konkursantrages abzustellen, entspricht nach Ansicht des Senats auch dem Sinn und Zweck der Norm. Die Vorschrift beruht auf dem Gedanken, dass die wirtschaftliche Einheit im Besitz des Schuldners nicht zur Unzeit auseinandergerissen werden darf. Ebenso wie Gegenstände, die unter Eigentumsvorbehalt geliefert werden nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zunächst im Verfügungsbereich des Insolvenzverwalters bleiben sollen, damit dieser die Möglichkeit für eine Sanierung des Unternehmens prüfen kann, sollen auch gemietete Grundstücke dem Verwalter nicht entzogen werden, da diese für die Fortführung des Unternehmens bedeutsam sein können (Gesetzesbegründung zur Insolvenzordnung, BT- Drucksache 12/2443 , Seite 148). Der Kündigungsschutz des § 112 InsO soll bisherige Sanierungs-chancen erhalten, indem die wirtschaftliche Einheit im Besitz des Schuldners nicht vorzeitig auseinandergerissen wird (Kübler/Prütting, a.a.O., § 112 InsO, Rdnr. 1).

Wenn dann aber vor Antragstellung eine wirksame Kündigung noch nicht vorliegt, entspricht es diesem Zweck dem Schuldners die Mieträume weiterhin zu erhalten. Soweit die Beklagte darauf verweist, dass nach der Gesetzesbegründung eine Kündigung wegen Verzuges mit der Entrichtung des Mietzinses insoweit unzulässig sei, als dieser Verzug vor dem Eröffnungsantrag eingetreten ist, die Kündigung jedoch zur Zeit der Eröffnung noch nicht "ausgesprochen" war (BT-Drucksache 12/2443 a.a.O.), ergibt sich daraus für den vorliegenden Fall nichts anderes. Denn grundsätzlich werden Kündigung mit ihrem Ausspruch wirksam, dass der doch eher ausnahmsweise Fall des Ausspruches der bedingten Kündigung damit auch gemeint war, ist nicht anzunehmen. Vielmehr hatte der Gesetzgeber offensichtlich diese besondere Problematik nicht im Blick. Soweit Eckert in der Kommentierung zu § 112 InsO (Münchener Kommentar, a.a.O, § 112, Rdnr. 21 und ebenso Wimmer (Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung, 3. Auflage, § 112 InsO, Rdnr. 8) ausführen, dass eine Kündigung, die statt fristlos zu wirken, dem Mieter eine Schonfrist bewilligt, zur Beendigung des Mietverhältnisses führt, auch wenn diese Frist nach Antragstellung abläuft, steht dem nicht entgegen. Denn dies betrifft offensichtlich den Fall, dass jedenfalls die Kündigung unbedingt mit Kündigungsfrist erklärt worden ist, also die Kündigung bereits wirksam geworden ist. Die für den Fall der Wohnraummiete eingeräumte Schonfrist gemäß § 554 Abs. 1 Satz 2 BGB ist mit dem hier vorliegenden Fall ebenso nicht vergleichbar, denn die fristlose Kündigung ist erst wirksam und wird nachträglich unwirksam, wenn der Vermieter innerhalb der Schonfrist befriedigt wird.

Da die Kündigung vom 12. Januar 2001 nicht zur Beendigung des Mietverhältnisses geführt hat und daher die Hauptschuldnerin weiterhin Mietzins schuldete, kommt es für die Entscheidung nicht darauf an, ob auch Ansprüche auf Nutzungsentschädigung gemäß § 557 BGB von der Bürgschaft erfasst wären. Nur am Rande sei darauf hingewiesen, dass ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung vorliegend daran hätte scheitern können, dass der Insolvenzverwalter die Mietsache im Einverständnis mit dem Kläger zunächst weiter genutzt hat. Dies könnte dem "Vorenthalten" i.S. von § 557 BGB entgegenstehen.

b)

Der Anspruch des Klägers auf Mietzins, für die die Beklagte aufgrund der Bürgschaft haftet, besteht in Höhe von monatlich 25.520,- DM (22.000 DM zuzüglich Mehrwertsteuer) für die Zeit nach dem 12. Januar 2001 (dem Datum des Kündigungsschreibens) bis einschließlich September 2001.

Entgegen der Ansicht der Beklagten haftet sie für den Bruttomietzins. Die in der Bürgschaftsurkunde genannte ursprüngliche Miethöhe von 21.500,- DM netto enthält keine Beschränkung der Bürgschaftsverpflichtung. Zutreffend führt das Landgericht hierzu aus, dass damit nur die verbürgte Hauptschuld möglichst präzise bezeichnet werden sollte. Es ist davon auszugehen, dass in die Bürgschaftserklärung genau die Regelung im Mietvertrag, wonach der Mietzins mit 21.500,- DM netto angegeben worden ist, übernommen worden ist.

Dass die Hauptschuldnerin Mehrwertsteuer zu entrichten hat, steht außer Frage. Der Beklagten war der Mietvertrag unstreitig bekannt. Zum Zwecke der Beschränkung der Bürgschaftsverpflichtung enthält die Erklärung ausdrücklich einen Höchstbetrag vom 500.000,-DM. Dass eine weitere Beschränkung- nämlich nur auf den Nettomietzins - erfolgen sollte, wird nicht deutlich. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen, die die Beklagte mit der Berufung auch nicht angegriffen hat.

Nach dem Vortrag des Klägers erfolgte eine Weitervermietung zum 01. Oktober 2001, so dass das Mietverhältnis jedenfalls zu diesem Zeitpunkt einvernehmlich aufgehoben worden ist. Soweit die Beklagte geltend macht, dass der Kläger das Objekt bereits zum 01. August 2001 weitervermietet habe, ist dies unerheblich. Für eine frühere Beendigung des Mietverhältnisses ist sie darlegungs- und beweispflichtig. Zwar hat der Mitarbeiter der Unternehmensberatung ....dem Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 10. Juli 2001 mitgeteilt, dass das Objekt zum 01. August 2001 an das Renault Autohaus .....GmbH vermietet worden sei. Der Kläger hat indes zuletzt unbestritten vorgetragen, dass Herr ....nach mündlichen Absprachen mit dem künftigen Mieter von einem Mietbeginn ab 01. August 2001 ausgegangen sei, jedoch der Mietvertrag erst zum 01. Oktober 2001 begonnen habe und der Insolvenzverwalter bis dahin den Tankstellenbetrieb fortgesetzt habe. Daher reicht der Vortrag der Beklagten zu einer früheren Beendigung des Mietverhältnisses nicht aus.

Soweit die Beklagte sich darauf beruft, dass der Insolvenzverwalter nicht die gesamte Fläche genutzt habe, kommt es darauf nicht an. Da das Mietverhältnis weiterhin bestand, war auch der Mietzins in voller Höhe geschuldet. Die Mietzinspflicht entfällt nicht dadurch, dass der Mieter sein Gebrauchsrecht nicht oder teilweise nicht ausübt (§ 552 BGB).

c)

Es kann für die Entscheidung dahingestellt bleiben, ob zwischen dem Mitarbeiter der Firma ....- für den Kläger - und dem Insolvenzverwalter vereinbart worden ist, dass der Insolvenzverwalter für die Zeit ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens (01. März 2001) kein Entgelt für die Nutzung des Grundstücks entrichten müsse. Selbst wenn eine solche von der Beklagten behauptete Vereinbarung getroffen worden sein sollte, wäre sie mangels Einhaltung der Schriftform gemäß § 125 BGB unwirksam. In Ziff. 17 des Mietvertrages ist geregelt, dass Nebenabreden und Änderungen der Schriftform bedürfen, wobei dies auch für die Aufhebung dieser Klausel gelten soll. Damit haben die Mietvertragsparteien eine sogenannte doppelte Schriftformklausel vereinbart. Zwar können die Parteien den vereinbarten Formzwang jederzeit aufheben (Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Auflage, § 125 BGB, Rdnr. 14). Dies setzt aber voraus, dass die Parteien das Formerfordernis im Wege der Vertragsänderung übereinstimmend abbedungen haben oder - sei es auch stillschweigend die zunächst getroffene und schriftlich fixierte Formabrede aufgehoben haben, anderenfalls ist die vom schriftlichen Vertrag abweichende Vereinbarung nach § 125 BGB nichtig (OLG Düsseldorf, EwiR 1991,1055). Wenn die Vertragsparteien - wie vorliegend - auch die Aufhebung der Formklausel ausdrücklich dem Formzwang unterstellen, kann ein Formverzicht ohne (ausdrückliche) Vereinbarung nicht angenommen werden. Von der Formnichtigkeit ist dann auszugehen, wenn die Vertragsschließenden betont und entschieden die Beachtlichkeit mündlicher Erklärungen ausschließen wollen und sich damit ausdrücklich zu äußerster Formenstrenge für ihre rechtsgeschäftlichen Erklärungen bekennen, indem sie auch die Aufhebung der Formklausel ausdrücklich dem Formzwang unterstellen (Förschler in Münchener Kommentar, a.a.O., § 126 BGB, Rdnr. 77 ; vgl. BGHZ 66,378). Die Beklagte hat nicht behauptet, dass die an der behaupteten Vereinbarung Beteiligten in Ansehung der vertraglich vereinbarten doppelten Schriftform einen Formverzicht erklärt hätten. Hierzu fehlt jeder Vortrag der Beklagten. Im Hinblick auf die doppelte Schriftformklausel ist daher davon auszugehen, dass etwaige mündliche Vereinbarungen unwirksam sind.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 284,286 BGB.

d)

Der Beklagten steht ein Zurückbehaltungsrecht - welches sie in erster Instanz ausdrücklich geltend gemacht hat - gemäß § 273 BGB wegen der Rückgabe der Bürgschaftsurkunde zu.

Ein solcher Gegenanspruch ist aus § 371 BGB begründet, wonach nach Erlöschen der Bürgschaftsschuld die Bürgschaftsurkunde zurückzugeben ist (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 317 BGB, Rdnr. 1 , § 765 BGB, Rdnr. 33 ; vgl. auch OLG München NJW-RR 1998,992).

Nach dem Wortlaut der Bürgschaftserklärung erlischt die Bürgschaftsschuld spätestens mit Beendigung des Mietvertrages und ist die Bürgschaftsurkunde an den Bürgen zurückzugeben. Die Beklagte war daher zur Zahlung Zug - um - Zug gegen Rückgabe der Bürgschaft zu verurteilen (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 273 BGB, Rdnr. 7). Soweit das Landgericht darauf abstellt, dass der Kläger ausdrücklich nur eine Teilklage erhoben habe, kommt es nach Ansicht des Senats darauf nicht an. Denn maßgeblich ist allein, dass nach der Bürgschaftserklärung die Bürgschaft spätestens mit Beendigung des Mietvertrages erlischt. Der Mietvertrag ist- davon geht auch der Kläger aus - spätestens mit Weitervermietung des Grundstückes an einen Dritten zum 01. Oktober 2001 beendet.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 97, 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Revisionszulassungsgründe sind nicht ersichtlich (§ 543 Abs. 1 Ziff.1 und 2 ZPO).



Ende der Entscheidung

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