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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 07.03.2005
Aktenzeichen: 8 U 166/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 31
BGB § 288
BGB § 291
BGB § 812 Abs. 1
BGB § 818 Abs. 2
BGB § 818 Abs. 3
BGB § 823
BGB § 831
Liegt kein wirksamer Mietvertrag vor, kann der Eigentümer vom Nutzer nach § 812 Abs. 1 BGB eine dem ortsüblichen Mietzins entsprechende Nutzungsentschädigung verlangen. Zusätzlich zur Nutzungsentschädigung können Nebenkosten in ortsüblicher Höhe verlangt werden, über die nicht abzurechnen ist.
Kammergericht Im Namen des Volkes

verkündet am: 07.03.2005

Geschäftsnummer: 8 U 166/03

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bieber als Einzelrichter auf die mündliche Verhandlung vom 7. 3. 2005 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin zu 2) wird das am 30. 4. 2003 verkündete Urteil der Zivilkammer 25 des Landgerichts Berlin - 25 O 755/01 - teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 2) weitere 5.989,62 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. 3. 2002 zu zahlen.

Die weitergehende Berufung der Klägerin zu 2) wird zurückgewiesen.

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des ersten Rechtszuges hat die Klägerin zu 2) 11 % ihrer außergerichtlichen Kosten zu tragen; im Übrigen verbleibt es bei der Kostenentscheidung erster Instanz.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 2) 10,2 % und die Beklagte 89,8 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung der Klägerin zu 2) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 8.000,- EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin zu 2) zuvor Sicherheit in der gleichen Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

1. Die rechtzeitig eingelegten Berufungen der Parteien richten sich gegen das am 30. 4. 2003 verkündete Urteil des Landgerichts, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe verwiesen wird. Die Klägerin hält das Urteil insoweit für unzutreffend, als das Landgericht die Klage wegen der geltend gemachten Nachforderungen aus den Nebenkostenabrechnungen für 1999 bis 2001 abgewiesen hat. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin zu 2) in der Berufungsinstanz hierzu wird auf ihre Schriftsätze vom 8. 8., 31. 10. und 17. 12 2003 sowie 16. 2. 2004 Bezug genommen.

Die Klägerin zu 2) beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 12.033,10 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. 3. 2002 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

Die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das landgerichtliche Urteil im Umfang der Klageabweisung für zutreffend. Soweit sie jedoch zur Zahlung verurteilt und die Widerklage abgewiesen worden ist, hält die Beklagte das Urteil für unzutreffend. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten hierzu wird auf ihre Schriftsätze vom 6. 8. 2003, 19. 1. und 9. 3. 2004 verwiesen. Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils vom 30. 4. 2003 vollständig abzuweisen und die Klägerin zu 2) zu verurteilen, an sie 18.946,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 9.672,09 EUR seit dem 15. 1. 2003 und auf 9.274,11 EUR seit dem 3. 2. 2003 zu zahlen,

hilfsweise,

die Klägerin zu 2) zu verurteilen, an sie 31.235,16 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. 1. 2003 zu zahlen.

Die Klägerin zu 2) beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Das Gericht hat gemäß dem Beschluss vom 17. 5. 2004 Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen zur Frage der Höhe des ortsüblichen Mietzinses für die von der Beklagten in der Zeit von Juni 1999 bis September 2001 genutzten Räumlichkeiten. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen vom 27. 10. 2004 verwiesen.

2. Die Berufung der Klägerin zu 2), deren Eintritt in den Rechtsstreit jedenfalls sachdienlich war, ist teilweise begründet. Auszugehen ist von Folgendem: Zwischen den Parteien ist ein Mietvertrag zu den Bedingungen des ursprünglichen Mietvertrages GmbH von November/Dezember 1994 nicht zustande gekommen. Nachdem die anstelle der GmbH durch dreiseitige Vereinbarung im Mai/Juni 1996 in den Mietvertrag eingetreten war, konnte ein Eintritt der Beklagten in dieses Mietverhältnis ebenfalls nur durch dreiseitige Vereinbarung erfolgen. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist ein solcher Eintritt zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Der 3. Nachtrag zum Mietvertrag sah zwar eine entsprechende Vertragsgestaltung vor; allerdings sollte die Auswechslung der Vertragsparteien nur dann "wirksam" werden, wenn die Unterzeichnung des Nachtrags durch beide Vertragsparteien erfolgte, wobei hiermit ausweislich der Darstellung der entsprechenden Unterschriftsleisten nicht nur die Unterzeichnung durch die Beklagte, sondern auch die durch die erforderlich war. Diese erfolgte jedoch zu keinem Zeitpunkt, so dass die Voraussetzungen für einen Übergang des Mietverhältnisses auf die Beklagte nicht vorliegen. Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte an die Klägerin den mit der vereinbarten Mietzins für einen gewissen Zeitraum gezahlt hat. Hiermit erfüllte die Beklagte lediglich ihre angenommene Verpflichtung aus dem Vertragsübergang. Eine auch nur konkludent hierin liegende Willenserklärung der lässt sich daraus aber nicht herleiten. Da auch sonst nichts dafür vorgetragen ist, dass die die nach der Vereinbarung notwendige Unterzeichnung durch andere Erklärungen ersetzt hat und die übrigen Beteiligten damit einverstanden waren, ist es zum Abschluss eines Mietvertrages mit der Beklagten nicht gekommen. Damit steht der Klägerin zu 2) gegen die Beklagte für die Dauer der Nutzung nur ein Anspruch nach § 812 Abs. 1 BGB zu, dessen Wert sich nach § 818 Abs. 2 BGB nach dem ortsüblichen Mietzins richtet (Senat, Urt. v. 4. 11. 2002 - 8 U 254/01, GE 2003, 185; OLG Düsseldorf, Urt. v. 14. 1. 1988 - 10 U 89/87, ZMR 1988, 221). Dieser Gebrauchswert beinhaltet auch die - ortsüblichen - Nebenkosten, die weder im Einzelnen nachgewiesen werden müssen noch, über die abzurechnen wäre, so dass insoweit weder Nachforderungen geltend gemacht werden können noch Rückforderungen wegen nicht verbrauchter Vorschüsse in Betracht kommen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist von einem Gebrauchswert in der fraglichen Zeit von monatlich 3.750,- DM und einem Nebenkostenwert von 1.424,- DM auszugehen, so dass sich ein monatlicher Gesamtwert von 5.174,- DM = 2.645,42 EUR ohne Mehrwertsteuer ergibt. Das Gericht hat an der Richtigkeit der Ermittlungen des Sachverständigen keinen Zweifel. Soweit die Beklagte geltend macht, dass der Sachverständige die von ihr behaupteten Mängel bei der Ermittlung des Gebrauchswertes nicht berücksichtigt habe, hat dies auf die Verwertbarkeit des Gutachtens deshalb keinen Einfluss, weil der Auftrag an den Sachverständigen auf Feststellung des ortsüblichen Wertes lautete. Nur dieser ist maßgeblich für den von der Beklagten zu leistenden Wertersatz. Die von der Beklagten behaupteten Mängel sind zwar im Rahmen des § 818 Abs. 3 BGB insoweit berücksichtigungsfähig, als eine Minderung der Bereicherung grundsätzlich zu berücksichtigen wäre. Allerdings hätte die Beklagte insoweit darlegen müssen, inwieweit tatsächlich durch Wassereinbrüche bzw. Vogel- oder Mäusekot ein Gebrauchswert nicht entstanden bzw. gemindert worden ist. Deshalb kann die von ihr für den Zeitraum von Mai 1999 bis September 2001 durchgängig angesetzte "Mietminderung" von 70 % nicht zugrunde gelegt werden.

Die Klägerin kann daher für den streitigen Zeitraum von der Klägerin (13 x 2.645,42 EUR=) 34.390,46 EUR verlangen, so dass ihr über den vom Landgericht zuerkannten Betrag von 28.400,84 EUR weitere 5.989,62 EUR nebst Zinsen nach §§ 288, 291 BGB zustehen, allerdings ohne Mehrwertsteuer, weil insoweit kein steuerbarer Umsatz i. S. d. § Abs. 1 Nr. 1 U UStG vorliegt.

3) Die Berufung der Beklagten ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.

a) Soweit die Beklagte nach wie vor die Rückzahlung der Kaution (6.723,49 EUR) geltend macht, fehlt es an einer Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Landgerichts, wonach in keiner Weise ersichtlich ist, wann, wie und von wem die in Ziff. 6 des Mietvertrages von 1994 mit der GmbH erwähnte Kaution gezahlt worden ist. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, wie ein etwaiger Kautionsrückzahlungsanspruch auf die Beklagte übergegangen sein soll.

b) Hinsichtlich des Anspruchs auf Auszahlung von Guthaben aus Nebenkostenabrechnungen gelten die Ausführungen oben unter 2): Da ein Mietvertrag zwischen den Parteien nicht besteht, kann ein Vorschuss für Nebenkosten nicht verlangt werden, so dass auch keine Abrechnung vorzunehmen ist und auch keine Rückforderungsansprüche entstehen können.

c) Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen der angeblich beschädigten Möbel nach § 823 BGB besteht deshalb nicht, weil nicht ersichtlich ist, welcher Mitarbeiter der Klägerin zu 2) verantwortlich für die Beschädigungen ist, so dass deren Haftung über §§ 31, 831 BGB nicht nachvollzogen werden kann.

Die Kostenentscheidung folgt §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO; die über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Ziff. 10, 711 ZPO. Revisionszulassungsgründe nach § 543 ZPO waren nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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