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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 04.05.2009
Aktenzeichen: 8 U 183/08
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 526 Abs. 1
BGB § 254 Abs. 2 S. 1
1. Der entscheidende Einzelrichter (§ 526 Abs. 1 ZPO) ist befugt, die Berufung durch Urteil als unzulässig zu verwerfen.

2. Der außerordentlich fristlos kündigende Vermieter verstößt nicht gegen seine Pflicht zur Minderung des Kündigungsfolgeschadens (§ 254 Abs. 2 S. 1 BGB), wenn er die Räume nicht zur nach dem gekündigten Mietvertrag geschuldeten Miete, sondern zu einer marktgerechten höheren Miete anbietet.

3. Der Vermieter ist auch nicht gehalten, jede beliebige Person als Mieter zu akzeptieren. Der gekündigte Mieter, der dem Vermieter die Verletzung seiner Schadensminderungspflicht vorwirft, weil dieser nicht an einen bestimmten Interessenten vermietet habe, muss deshalb darlegen und beweisen, dass es sich um einen ernstzunehmenden Interessenten handelte, der die Mietzahlung ausreichend sicher gewährleistet hätte.


Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 8 U 183/08

verkündet am: 04.05.2009

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Elßholzstr. 30-33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 27. April 2009 durch den Richter am Landgericht Niebisch als Einzelrichter

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 14. August 2008 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin zu 12 O 96/08 wird als unzulässig verworfen, soweit die Beklagte die Verurteilung zur Zahlung von 36.393,71 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 792,85 € seit dem 6. Oktober 2006, aus 408,69 € seit dem 4. November 2006, aus 408,69 € seit dem 6. Dezember 2006, aus 1.692,30 € seit dem 5. Januar 2007, aus 1.692,30 € seit dem 6. Februar 2007, aus 4.236,40 € seit dem 6. März 2007, aus 4.236,40 € seit dem 5. April 2007, aus 4.236,40 € seit dem 5. Mai 2007, aus 4.236,40 € seit dem 6. Juni 2007, aus 4.236,40 € seit dem 5. Juli 2007, aus 273,42 € seit dem 4. August 2007 sowie aus 9.943,46 € seit dem 17. Juli 2008 angreift.

Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten gegen das am 14. August 2008 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin zu 12 O 96/08 zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nur zugelassen, soweit die Berufung als unzulässig verworfen worden ist.

Gründe:

I.

Die Berufung der Beklagten richtet sich gegen das am 14. August 2008 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin zu 12 O 96/08, auf dessen Tenor, Tatbestand und Entscheidungsgründe verwiesen wird.

Wegen des erstinstanzlichen Sachvortrags wird wie folgt ergänzt:

Gemäß Mietvertrag der Parteien sollte die Fläche im Erdgeschoss 178 m² und die Fläche im 3. Obergeschoss 213,79 m² groß sein.

Die Beklagte erklärte Ende Mai 2007 gegenüber der Klägerin, sie werde die Gewerbeeinheiten zum 1. Juli 2007 räumen und zurückgeben. Die Klägerin bot die Räume für der Marktlage entsprechende 8,50 €/m² netto zur Weitervermietung an, was 1,50 €/m² mehr war als die Beklagte gemäß Mietvertrag geschuldet hatte. Ihr gelang es, die Mietflächen im 3. Obergeschoss ab dem 1. Januar 2008 für 1.814,75 € netto monatlich zzgl. 629,83 € Betriebs- und Heizkostenvorauszahlungen weiterzuvermieten, wobei, der neue Mieter für Januar 2008 nur die Vorauszahlungen zu leisten hatte. Die Räume im Erdgeschoss stehen weiterhin leer.

Die Beklagte hat erstinstanzlich behauptet, die im 3. Obergeschoss angemietete Fläche müsse genauso groß sein wie die Fläche im Erdgeschoss. Deshalb seien für 2006 statt 4.544,76 € brutto monatlich nur 4.125,60 € und ab 2007 statt 4.662,30 € brutto monatlich nur 4.236,40 € geschuldet gewesen. Sie habe deshalb seit Mai 2006 Überzahlungen geleistet, die auf die offenen Forderungen der Klägerin anzurechnen seien.

Wegen der Schadensersatzforderungen habe die Klägerin gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen. Sie hätte die Räume nicht zu einer höheren Miete anbieten dürfen. J H habe ca. Ende Mai 2007 mit Frau K von der Hausverwaltung der Klägerin aufgenommen, um die Büroräume im Erdgeschoss anzumieten. Frau K habe Frau H gesagt, dass das Erdgeschoss rechts bereits weitervermietet sei (Beweis: Zeugnis H ). Auch M S habe im Mai 2007 versucht, die Büroräume im Erdgeschoss anzumieten. Frau K habe auch ihm gesagt, dass die Bürofläche bereits anderweitig vermietet sei (Beweis: Zeugnis S ). Deshalb sei es nicht zu einer Weitervermietung des Erdgeschosses gekommen. Frau H und Herr S wären beide bereit gewesen, die Bürofläche zu den gleichen Konditionen wie die Beklagte anzumieten.

Die Beklagte verweist auf ihren erstinstanzlichen Vortrag und trägt zur Begründung der Berufung vor:

Das Urteil des Landgerichts halte einer tatsächlichen und rechtlichen Überprüfung nicht Stand. Das Landgericht habe den Sachverhalt nicht vollständig erfasst und rechtlich fehlerhaft gewürdigt. Tatbestand und Entscheidungsgründe ließen eine hinreichende Auseinandersetzung mit dem Sach- und Streitstand nicht erkennen, die rechtlichen Erwägungen würden die Entscheidung nicht tragen, so dass ausdrücklich der Verstoß gegen das Verfahrensrecht sowie das materielle Recht gerügt werde. Die Beklagte habe in der Tat gewisse Liquiditätsschwierigkeiten gehabt und deshalb die anfallende Miete nicht vollständig entrichten können. Unabhängig davon seien die Einwände zur Forderungshöhe erstinstanzlich nicht ausreichend gewürdigt bzw. berücksichtigt worden.

Die Klägerin habe ihre Schadensminderungspflicht verletzt. Der Einwand des Landgerichts, die Personen H und S hätten die Räumlichkeiten zu einem Zeitpunkt anmieten wollen, als sie noch nicht frei gewesen seien, trage nicht, weil der Klägerin zum Zeitpunkt des avisierten Anmietens der benannten Zeugen bekannt gewesen sei, dass die Gewerbeeinheit zum 1. Juni 2007 geräumt werde. Unabhängig davon sei den Zeugen H und S seitens der Klägerin mitgeteilt worden, dass die entsprechenden Büroflächen bereits weitervermietet seien. Damit hätten die Zeugen selbstverständlich davon Abstand genommen, zu einem späteren Zeitpunkt erneut die Möglichkeit einer Anmietung zu erfragen. Hätte die Klägerin hier wahrheitsgemäß mitgeteilt, dass die Räumlichkeiten erst zum 1. Juni 2006 frei werden würden, dann hätten die Zeugen ihre Anmietungsbemühungen wiederholt bzw. bekräftigt. Zu den entsprechenden Gesprächen habe sie im Schriftsatz vom 9. Juni 2008 substantiiert und unter Beweisantritt vorgetragen. Die Klägerin habe konkrete Vertragsanbahnungen durch die Mitteilung ihrer damaligen Hausverwaltung, die Gewerbeeinheiten seien vermietet, verhindert. Die erstinstanzliche Entscheidung sei nicht nachvollziehbar, wenn ausgeführt werde, dass nicht nachvollzogen werden könne, dass es sich um ernstzunehmende Kandidaten handele, da jeder Vortrag zu Art und Umfang der wirtschaftlichen Betätigung in den Räumen fehle. Zu einer solchen Gesprächsgrundlage zwischen den potentiellen Mietern und der Klägerin habe es denklogisch gar nicht mehr kommen können, weil die Klägerin jegliche Anmietungsbemühungen mit der Aussage, die Räumlichkeiten seien anderweitig vermietet, beendet habe, obgleich der Klägerin bekannt gewesen sei, dass die Räume innerhalb kürzester Zeit beräumt würden. Es wäre auch möglich gewesen, den potentiellen Mietern anheimzustellen, zu einem späteren Zeitpunkt ihr Anliegen erneut vorzutragen bzw. ihr Anliegen zu konkretisieren, um Vertragsverhandlungen aufzunehmen. Die Klägerin habe die Zeugen mit ihrer Äußerung dagegen demotiviert und davon abgehalten, entsprechend darzulegen, in welchem Umfang und zu welchem Zweck eine Anmietung stattfinden könne. Sie habe jegliche Vertragsanbahnung scheitern lassen und müsse sich den Leerstand nach Auszug der Beklagten zurechnen lassen. Eine Weitervermietung an die Zeugen wäre ohne weiteres möglich gewesen. Dabei dürfe es keinen Unterschied machen, ob die Einheit am 1. Juni oder 1. Juli 2007 bezugsfrei gewesen sei. Es habe sich um nachhaltige Interessenten gehandelt. Das Landgericht hätte eine Beweisaufnahme durchführen müssen.

Wegen der Größe der Räumlichkeiten habe das Landgericht richtigerweise erkannt, dass die Beklagte diese bestritten habe. Die Klägerin hätte beweisen müssen, dass die vermeintlichen Flächenangaben der Richtigkeit entsprächen bzw. die eingereichten Grundrisse vollständig und richtig seien. Die Beklagte habe die Flächen nach ihrem Auszug nicht mehr nachmessen können. Deswegen dürfe es unzulässig sein, der Beklagten die Beweislast für die Größe der Räumlichkeiten aufzubürden. Gleichwohl habe sie Beweis durch Sachverständigengutachten angeboten.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des am 14. August 2008 verkündeten Urteils des Landgerichts Berlin zu 12 O 96/08 die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und trägt hierzu vor:

Der Vortrag der Beklagten zur Schadensminderungspflicht sei völlig unsubstantiiert. Eine Weitervermietung an die angeblichen Interessenten wäre nicht in Betracht gekommen, weil die Mietsache zum Zeitpunkt ihrer angeblichen Anfrage im Mai 2007 nicht zur Weitervermietung zur Verfügung gestanden habe. Die Beklagte habe die Weitervermietung selbst verhindert, weil sie ihrer Räumungspflicht nicht nachgekommen sei. Erst während des Räumungsverfahrens habe die Beklagte die Mietsache am 2. August 2007 vollständig geräumt an die Klägerin herausgegeben. Es sei zum Zeitpunkt der behaupteten Anfragen auch nicht bekannt gewesen, dass die Mietflächen zum 1. Juni 2007 geräumt würden. Die erstinstanzlich vorgetragene Ankündigung eines Dr. R B zur Räumung bis 1. Juli 2007 sei nur eine weitere Ankündigung der Beklagten gewesen, die für die Klägerin wertlos gewesen sei, was sich bereits daraus ergebe, dass die Beklagte tatsächlich erst am 2. August 2007 vollständig geräumt an die Klägerin herausgegeben habe. Im Mai 2007 habe die Klägerin jedenfalls keinerlei konkreten Angaben über das Freiwerden ihrer Mietflächen machen können. Eine Verletzung ihrer Schadensminderungspflicht scheide daher aus. Gespräche zwischen Frau H bzw. Herrn S mit Frau K über eine Vermietung der streitgegenständlichen Mietflächen hätten zudem nie stattgefunden.

Die Behauptungen der Beklagten zum Umfang der Mietfläche seien völlig unsubstantiiert und rechtlich unerheblich. Die Beklagte sei darlegungs- und beweispflichtig für die von ihr behauptete Abweichung der Mietfläche. Wegen des detaillierten Vortrags der Klägerin hätte die Beklagte hierzu ihre Behauptungen konkretisieren müssen, stattdessen habe sie lediglich erklärt, zu diesem Punkt nunmehr "völlig desorientiert" zu sein. Auch in der mündlichen Verhandlung habe die Beklagte trotz entsprechender Hinweise und Nachfragen des Gerichts ihren Vortrag nicht weiter erläutern können.

II.

Die Berufung ist zum Teil unzulässig und im Übrigen unbegründet.

1.

Die Berufung ist nur teilweise zulässig; insoweit war sie zu verwerfen, § 522 Abs. 1 S. 1 und 2 ZPO.

a)

Die Berufung ist allerdings nicht wegen Verstoßes gegen § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 ZPO insgesamt unzulässig. Zwar enthielt die Berufungsbegründung keinen förmlichen Berufungsantrag. Ein solcher ist aber nicht zwingend erforderlich, da es genügt, wenn sich aus der Berufungsbegründung ergibt, in welchem Umfang das erstinstanzliche Urteil angegriffen wird und welche Abänderungen erstrebt werden. Es reicht insoweit aus, dass die Beklagte, die erstinstanzlich insgesamt Klageabweisung beantragt hatte, ihren gesamten erstinstanzlichen Vortrag in Bezug genommen und damit deutlich gemacht hat, dass sie dieses Ziel auch in der Berufungsinstanz verfolgt (vgl. BGH NJW 1966, 933; Heßler in Zöller, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 520 Rn. 32).

b)

Die Berufung ist jedoch nur zulässig, soweit die Beklagte gerügt hat, dass das Landgericht den Einwand der Schadensminderungspflicht wegen des behaupteten Verhaltens gegenüber Frau H und Herrn S nicht hat durchgreifen lassen und soweit die Beklagte das erstinstanzliche Urteil wegen der nicht angenommenen Minderung wegen der behaupteten Flächenabweichung angreift. Im Übrigen ist die Berufung wegen Verstoßes gegen § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 und 3 ZPO unzulässig.

Die Vorschrift soll gewährleisten, dass der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz ausreichend vorbereitet wird, indem sie den Berufungsführer anhält, die Beurteilung des Streitfalles durch den Erstrichter zu überprüfen und darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und mit welchen Gründen das angefochtene Urteil für unrichtig gehalten wird. Die Begründung muss demnach zum einen erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist, und zum anderen im Einzelnen angeben, aus welchen Gründen er die tatsächliche und rechtliche Würdigung des vorinstanzlichen Urteils in den angegebenen Punkten für unrichtig hält (vgl. BGH NJW-RR 2004, 1716). Es reicht nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch den Erstrichter mit formelhaften Wendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen (vgl. BGH NJW 2000, 1576). Abgesehen von den beiden oben genannten Punkten enthält die Berufungsbegründung lediglich formelhafte Wendungen, ohne auch nur ansatzweise konkret auf die Tatsachenfeststellung und die rechtliche Würdigung des erstinstanzlichen Urteils einzugehen und sich hiermit zu befassen. Das reicht nicht aus und führt zur teilweisen Unzulässigkeit der Berufung.

c)

Die Berufung ist mithin nur zulässig, soweit die beiden konkret gerügten Punkte nach Auffassung der Beklagten geeignet sind, die erstinstanzliche Entscheidung zu ändern.

aa)

Die Rügen der Flächenabweichung machen die Berufung wegen folgender Teile des Streitgegenstands zulässig:

Nach Auffassung der Klägerin schuldete die Beklagte für 2006 eine Bruttomiete einschließlich der Vorauszahlungen von 4.544,76 € monatlich und ab 2007 eine Bruttomiete von 4.662,30 € monatlich. Die Beklagte meint, die Bruttomiete einschließlich der Vorauszahlungen sei wegen der behaupteten Flächenabweichung für 2006 auf 4.125,60 € monatlich (Differenz 419,16 €, entspricht 9,2 %) und ab 2007 auf 4.236,40 € brutto (Differenz 425,90 €, entspricht 9,1 %) gemindert.

Für 2006 macht die Klägerin keine Betriebskostenvorauszahlungen mehr geltend. Für Oktober 2006 verlangt sie demgemäß 3.181,33 €. Unter Berücksichtigung einer Minderung um 9,2 % verblieben 2.888,65 €.

Ferner ist zu beachten, dass die Beklagte wegen der von Mai bis September 2006 gezahlten Mieten eine Überzahlung von jeweils 419,16 € (gesamt 2.095,80 €) geltend macht, die nach ihrer Erklärung auf S. 5 der Klageerwiderung auf die offenen Forderungen der Klägerin anzurechnen seien. Für Oktober 2006 verblieben dann nur 792,85 €.

Für November und Dezember 2006 berücksichtigt die Klägerin jeweils Zahlungen von 2.479,96 € und verlangt jeweils 701,37 €. Bei einer Minderung um 9,2 % wären lediglich jeweils 408,69 € noch geschuldet.

Für Januar und Februar 2007 berücksichtigt die Klägerin jeweils Zahlungen von 2.544,10 € und verlangt Miete/Nutzungsentschädigung in Höhe von jeweils insgesamt 2.118,20 €. Unter Berücksichtigung der Minderung der Beklagten wären nur jeweils 1.692,30 € geschuldet.

Für März bis Juli 2007 verlangt die Klägerin jeweils eine Nutzungsentschädigung von 4.662,30 €. Unter Berücksichtigung der Minderung der Beklagten wären nur jeweils 4.236,40 € geschuldet.

Für die Zeit vom 1. bis 2. August 2007 verlangt die Klägerin eine Nutzungsentschädigung von 300,79 €. Unter Berücksichtigung der Minderung der Beklagten von 9,1 % wären nur 273,42 € geschuldet.

Die Minderung hätte auch Auswirkungen auf den für den Zeitraum 3. August 2007 bis Juli 2008 geltend gemachten Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen entgangener Miete, da bei tatsächlich geminderter Miete der Schaden der Klägerin maximal in dieser Höhe bestehen könnte.

Für die Zeit vom 3. bis 31. August 2007 verlangt die Klägerin Schadensersatz in Höhe von 3.665,13 €. Unter Berücksichtigung der Minderung von 9,1 % verblieben 3.331,60 €.

Für die Zeit von September bis Dezember 2007 verlangt die Klägerin Schadensersatz in Höhe von jeweils 3.917,90 €. Unter Berücksichtigung der Minderung von 9,1 % verblieben jeweils 3.561,37 € (Differenz 356,53 €).

Für Januar 2008 verlangt die Klägerin unter Berücksichtigung der für das 3. OG erhaltenen Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung (629,83 €) 3.288,07 €. Unter Berücksichtigung der Minderung von 9,1 % verbliebe ein Betrag von 2.931,54 €.

Für Februar bis Juli 2008 verlangt die Klägerin unter Berücksichtigung der für das 3. OG erhaltenen Mietzahlungen (2.444,58 €) jeweils 1.473,32 €. Unter Berücksichtigung der Minderung verblieben jeweils 1.116,79 €.

bb)

Die Verletzung der Schadensminderungspflicht könnte sich nach Auffassung der Beklagten zusätzlich wie folgt auswirken:

Nach Behauptung der Beklagten hätten die Interessenten die Räumlichkeiten im Erdgeschoss zu denselben Konditionen wie die Beklagte angemietet, also für 1.780,00 € einschließlich Vorauszahlungen und ohne Umsatzsteuer.

Für den Zeitraum 3. bis 31. August 2007 wären das (1.780,00 € x 29 : 31 =) 1.665,16 €, so dass 1.666,44 € verblieben.

Für September bis Dezember 2007 verblieben jeweils (3.561,37 € - 1.780,00 € =) 1.781,37 €.

Für Januar 2008 verblieben (2.931,54 € - 1.780,00 € =) 1.151,54 €.

Für Februar bis Juli 2008 würde kein Schadensersatzanspruch mehr verbleiben.

Insgesamt liegt daher wegen folgender Teile des Streitgegenstands keine ordnungsgemäße Berufungsbegründung vor:

 Oktober 2006792,85 €
November 2006408,69 €
Dezember 2006408,69 €
Januar 20071.692,30 €
Februar 20071.692,30 €
März 20074.236,40 €
April 20074.236,40 €
Mai 20074.236,40 €
Juni 20074.236,40 €
Juli 20074.236,40 €
1.-2. August 2007273,42 €
3.-31. August 20071.666,44 €
September 20071.781,37 €
Oktober 20071.781,37 €
November 20071.781,37 €
Dezember 20071.781,37 €
Januar 20081.151,54 €
Gesamt36.393,71 €

Die Unzulässigkeit der Berufung umfasst auch den hierauf entfallenden Zinsanspruch.

d)

Der entscheidende Einzelrichter (§ 526 Abs. 1 ZPO) ist befugt, die Berufung durch Urteil (teilweise) als unzulässig zu verwerfen.

In der Literatur wird dies zum Teil ausdrücklich bejaht (vgl. Zimmermann, ZPO, 8. Aufl. 2008, § 522 Rn. 4; Rimmelspacher in Münchener Kommentar zur ZPO, 3. Aufl. 2007, § 522 Rn. 14; Schumann/Kramer, Die Berufung in Zivilsachen, 2. Aufl. 2007, Rn. 352; Gerken in Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl. 2004, § 522 Rn. 27). Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass wegen § 523 Abs. 1 ZPO nur der Senat in voller Besetzung die Berufung als unzulässig verwerfen dürfe (vgl. Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 29. Aufl. 2008, § 522 Rn. 2; Wöstmann in Saenger, ZPO, 2. Aufl. 2007, § 522 Rn. 3). Hartmann (in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 67. Aufl. 2009, § 522 Rn. 7) sieht § 523 Abs. 1 ZPO als Sollvorschrift an, geht also offenbar davon aus, dass eine Verwerfung als unzulässig auch durch den Einzelrichter möglich ist. Heßler (in Zöller, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 522 Rn. 13) nimmt eine Senatszuständigkeit nur für eine Verwerfung als unzulässig durch Beschluss an, so dass eine Verwerfung als unzulässig durch Urteil möglich wäre.

Der erkennende Einzelrichter schließt sich der erstgenannten Auffassung an. In der Literatur ist anerkannt, dass durch die Übertragung auf den Einzelrichter die Entscheidungsbefugnis in vollem Umfang auf ihn übergeht (vgl. Heßler in Zöller a.a.O., § 526 Rn. 10; Reichold in Thomas/Putzo a.a.O., § 526 Rn. 2; Gerken in Wieczorek/Schütze a.a.O., § 526 Rn. 13; Rimmelspacher in Münchener Kommentar zur ZPO a.a.O., § 526 Rn. 21; Wöstmann in Saenger a.a.O., § 526 Rn. 1). Dazu gehört auch die Entscheidung über die Zulässigkeit der Berufung nach durchgeführter mündlicher Verhandlung.

§ 523 Abs. 1 ZPO steht dem nicht entgegen, da die Entscheidung über die Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter nach dem eindeutigen Wortlaut nur voraussetzt, dass die Berufung nicht nach § 522 ZPO durch Beschluss verworfen wird. § 522 Abs. 1 ZPO sieht aber auch die Möglichkeit einer Verwerfung der Berufung durch Urteil nach mündlicher Verhandlung vor. Das Berufungsgericht ist damit nicht gezwungen, ohne mündliche Verhandlung über die Zulässigkeit zu entscheiden. Aus dem Zusammenhang der §§ 522 Abs. 1, 523 Abs. 1 ZPO ergibt sich, dass der Senat die Sache auch dann auf den Einzelrichter zur Entscheidung übertragen kann, wenn eine Verwerfung der Berufung als unzulässig in Betracht kommt.

Hinzu kommt, dass der Senat anderenfalls durch einen Einzelrichterbeschluss faktisch eine Zwischenentscheidung über die Zulässigkeit der Berufung fällen würde. Eine solche Inzidententscheidung ergibt sich nicht aus dem Gesetz und würde im Widerspruch zum Grundsatz stehen, dass ein Gericht grundsätzlich die Zulässigkeit des Rechtsmittels in jeder Lage des Rechtsstreits von Amts wegen zu prüfen hat. In den meisten Fällen, in denen der Einzelrichter die Unzulässigkeit der Berufung erkennt, könnte der Senat den Rechtsstreit nicht wieder zurückübernehmen, weil dies gemäß § 526 Abs. 2 ZPO voraussetzt, dass eine wesentliche Änderung der Prozesslage zu besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Sache oder zur grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache geführt hat, was bei bloßen Zulässigkeitsfragen nur selten erfüllt sein dürfte.

2.

Soweit die Berufung zulässig ist, ist sie unbegründet, § 513 Abs. 1 ZPO. Das angefochtene Urteil beruht nicht auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO). Die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen auch keine andere Entscheidung.

a)

Die Miete war wegen der behaupteten Flächenabweichung nicht gemindert, § 536 Abs. 1 BGB.

Eine erhebliche Minderung der Gebrauchstauglichkeit liegt vor, wenn die tatsächliche Fläche um mehr als 10 % hinter der vertraglich vereinbarten Größe zurückbleibt (vgl. BGH NJW 2005, 2152, 2153; NZM 2004, 453). Hier war eine Fläche von (178 m² + 213,79 m² =) 391,79 m² vereinbart. Die behauptete Abweichung von 35,79 m² macht 9,1 % aus. Besondere Umstände, aus denen sich im konkreten Fall eine wesentliche Gebrauchsbeeinträchtigung hieraus ergeben könnte, sind nicht vorgetragen.

Im Übrigen hat das Landgericht zutreffend angenommen, dass die für einen Mangel darlegungs- und beweispflichtige Beklagte die Flächenabweichung nicht substantiiert vorgetragen hat. Die Beklagte vermutet die Flächenabweichung deshalb, weil sie der Auffassung ist, die Flächen im Erdgeschoss und im 3. Obergeschoss müssten gleich groß sein. Diese Annahme wird widerlegt durch die als Anlagen K 13 und K 14 eingereichten Grundrisse, aus denen sich ergibt, dass der Eingangsbereich im Erdgeschoss mehr Platz beansprucht als das Treppenhaus im 3. Obergeschoss. Die Beklagte hat auch in der Berufungsinstanz nicht konkret vorgetragen, was an den Grundrissen oder dem als Anlage K 15 eingereichten Aufmaß genau unrichtig sein soll.

b)

Das Landgericht hat der Klägerin auch zu Recht einen Kündigungsfolgeschaden in ausgeurteilter Höhe zugesprochen.

Die Klägerin hat nicht gegen ihre Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 S. 1 BGB) verstoßen, indem sie nicht an Frau H oder Herrn S vermietet hat.

Zum Zeitpunkt der behaupteten Anfragen der genannten Interessenten hatte die Beklagte die Mieträume noch nicht geräumt. Ein entsprechender Rechtsstreit lief noch. Der Klägerin kann daher nicht vorgeworfen werden, die Räume zum damaligen Zeitpunkt nicht weitervermietet zu haben.

Unerheblich ist, ob die Beklagte zum Zeitpunkt der Anfragen bereits angekündigt hatte, die Gewerberäume zum 1. Juni oder 1. Juli 2007 zu räumen. Die Räumung zum 1. Juli 2007 sollte nach dem erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten in einem Vergleich vereinbart werden, der damals aber noch nicht fixiert war. Die Räumung zum 1. Juli 2007 war damit noch nicht gesichert. Hinzu kommt, dass die Beklagte ihre Ankündigung zumindest wegen der Räume im 3. Obergeschoss nicht eingehalten hat.

Dass Frau H oder Herr S nach tatsächlicher Räumung noch interessiert waren, ist nicht konkret vorgetragen worden.

Zudem waren Frau H und Herr S nach dem Vortrag der Beklagten nur dazu bereit, die Konditionen der Beklagten zu übernehmen. Hierauf musste die Klägerin nicht sogleich eingehen. Sie durfte ohne Verstoß gegen ihre Schadensminderungspflicht zunächst von Interessenten eine höhere Miete verlangen als nach dem gekündigten Vertrag von der Beklagten geschuldet. Der Vermieter ist nicht gehalten, die Wohnung zum bisherigen Mietpreis anzubieten, sondern kann auch eine höhere Miete verlangen (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 18. Juli 1996 zu 15 U 151/95, juris Rn. 32; OLG Frankfurt, Urteil vom 10. Juni 1992 zu 19 U 113/91, juris Rn. 7; Blank in Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 542 BGB Rn. 107). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die von der Klägerin verlangte höhere Miete unstreitig marktgerecht war (das 3. Obergeschoss ist schließlich auch zu einer höheren Miete vermietet worden) und Gewerbemietverträge üblicherweise mit längerfristigen Bindungen verbunden sind, so dass es einem Vermieter nicht zuzumuten ist, wegen der Schadensminderungspflicht vorschnell zu niedrige Angebote zu akzeptieren.

Außerdem ist der Vermieter im Rahmen der Schadensminderungspflicht nicht gehalten, jede beliebige Person als Mieter zu akzeptieren. Vor diesem Hintergrund ist - wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat - aus dem Vortrag der Beklagten nicht ersichtlich, dass es sich tatsächlich um ernstzunehmende Kandidaten handelte, die die Mietzahlung ausreichend sicher gewährleisten würden. Auch in der Berufungsinstanz hat die für die Verletzung der Schadensminderungspflicht darlegungs- und beweispflichtige Beklagte hierzu nichts weiter konkret vorgetragen.

3.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet in §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO seine Grundlage.

Die Revision ist - soweit die Berufung als unzulässig verworfen worden ist - wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen worden, § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO, weil die Frage, ob der entscheidende Einzelrichter zur Verwerfung der Berufung als unzulässig befugt ist, in der Literatur umstritten ist und veröffentlichte Rechtsprechung hierzu nicht ersichtlich ist. Im Übrigen bestand kein Anlass, die Revision zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern, soweit die Berufung als unbegründet zurückgewiesen worden ist, § 543 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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