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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 24.05.2007
Aktenzeichen: 8 U 193/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 126
BGB § 314 Abs. 3
BGB § 542 Abs. 1
BGB § 543
BGB § 543 Abs. 1 Satz 2
BGB § 543 Abs. 2 Satz 1
BGB § 543 Abs. 3 Satz 1
BGB § 550
BGB § 569 Abs. 1 Satz 1
BGB § 578 Abs. 2 Satz 2
BGB § 580 a Abs. 2
Unterzeichnet nur einer von zwei Vorständen einer Aktiengesellschaft für diese einen Mietvertrag, ist zur Wahrung der Schriftform ein Vertretungszusatz nicht erforderlich.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 8 U 193/06

verkündet am: 24.05.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 24. Mai 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bieber, die Richterin am Kammergericht Dr. Henkel und die Richterin am Kammergericht Spiegel für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten, wird das am 10. Oktober 2006 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen 91 des Landgerichts Berlin abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten der ersten Instanz und des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10% abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Die Berufung der Beklagten richtet sich gegen das am 10. Oktober 2006 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen 91 des Landgerichts Berlin, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Die Beklagte trägt zur Begründung der Berufung vor:

Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei der Mietvertrag nicht durch Kündigung wirksam beendet worden. Das Recht zur ordentlichen Kündigung sei gemäß § 3 Nr.2 des Mietvertrages wirksam abbedungen worden. Die Änderungsvereinbarung vom 18. März 2002 genüge der Schriftform des § 550 BGB.

Die Beklagte beantragt,

das am 10. Oktober 2006 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Berlin abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt ergänzend vor:

Der Mietvertrag sei wirksam gekündigt worden. Zum einen lägen die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung vor, da sowohl der Ausgangsvertrag als auch die Änderungsvereinbarung nicht der Schriftform des § 550 BGB genügten. Darüber hinaus hätten bei Ausspruch der Kündigung auch die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung vorgelegen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist begründet.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann nicht festgestellt werden, dass das Mietverhältnis der Parteien über die Gewerberäume im 11. Obergeschoss des Hauses nnnnnnnnnnnnnnnnnn zum 30. September 2006 geendet hat.

Das Mietverhältnis ist durch die mit Schreiben vom 31. März 2006 erklärte Kündigung der Klägerin nicht wirksam beendet worden. Es lagen zum Zeitpunkt der Kündigung weder die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung gemäß §§ 542 Abs. 1, 580 a Abs. 2 BGB noch die einer außerordentlichen Kündigung gemäß §§ 543, 569 Abs. 1 Satz 1, 578 Abs. 2 Satz 2 BGB vor.

Sowohl der Mietvertrag vom 2. Juli 2001 als auch die Änderungsvereinbarung vom 18. März 2002 genügen dem gesetzlichen Schriftformerfordernis. Der Mietvertrag gilt daher nicht gemäß § 550 BGB mit der Folge der ordentlichen Kündbarkeit als für unbestimmte Zeit geschlossen.

Dem Landgericht ist nicht zu folgen, soweit es in der angefochtenen Entscheidung die Auffassung vertritt, dass die Änderungsvereinbarung formunwirksam sei, weil aus ihr heraus nicht zu ermitteln sei, ob der für die Klägerin unterzeichnende Vorstand Knnnnn auch für den weiteren bei der Parteibezeichnung genannten weiteren Vorstand Gnn unterzeichnet hat, oder ob der weitere Vorstand Gnn noch zusätzlich den Vertrag unterzeichnen sollte.

Der vom Landgericht insoweit zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH, NJW 2004, 1103; BGH, NJW 2003, 3053) lagen jeweils Sachverhalte zugrunde, bei denen für die auf einer der beiden Vertragsseiten befindliche Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine Person den Vertrag ohne Vertretungszusatz unterzeichnet hat. Der Bundesgerichtshof hat in diesen Entscheidungen ausgeführt, dass dann, wenn von mehreren Vermietern oder Mietern oder von mehreren Gesellschaftern einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts lediglich einer unterschreibt, zur Wahrung der Schriftform ein Vertretungszusatz erforderlich ist, weil andernfalls nicht ersichtlich wäre, ob der Unterzeichnende die Unterschrift nur für sich selbst oder aber zugleich in Vertretung der anderen leistet.

Derartige Zweifel können aber im vorliegenden Fall, wo sich auf der Mietseite nicht eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, sondern eine Aktiengesellschaft befindet, nicht auftreten.

Der Bundesgerichtshof hat in Abgrenzung zu den beiden oben genannten Entscheidungen mit Urteil vom 6. April 2006 - XII ZR 132/03 - (NJW 2005, 2225) ausgeführt, dass das Fehlen eines Vertretungszusatzes der Wahrung der Schriftform nicht entgegenstehe, wenn eine Person für eine GmbH unterzeichne, denn da die Person nicht selbst Vertragspartei werden solle, könne ihre Unterschrift nur die Bedeutung haben, dass sie die GmbH vertreten wolle. Auch im vorliegenden Fall ist unstreitig und offenkundig, dass der Vorstand Knnnn jedenfalls nicht für sich selbst, sondern in Vertretung für die Klägerin - eine Aktiengesellschaft -, deren Namen sich unmittelbar unter der Unterschriftenleiste befand, unterzeichnen wollte. Die Schriftform des § 126 BGB ist daher gewahrt.

Ob der Vorstand Knnnn alleinvertretungsberechtigt war, ist für die Frage der Schriftform nicht entscheidend, sondern allein für die Frage, ob die Änderungsvereinbarung überhaupt wirksam zustande gekommen ist. Da die Parteien die Änderungsvereinbarung langjährig durchgeführt haben, ist letztlich von einer Genehmigung der Änderungsvereinbarung durch die Klägerin auszugehen (vgl. insoweit auch BGH, NJW 2005, 2225). Im Übrigen ist die Wirksamkeit der Änderungsvereinbarung zwischen den Parteien auch gar nicht streitig.

Der Klägerin kann auch nicht gefolgt werden, soweit sie die Auffassung vertritt, sowohl der Ursprungsmietvertrag als auch die Änderungsvereinbarung würden dem Schriftformerfordernis nicht genügen, weil diesen die Funktion der in Vertretung für die Vermieterseite jeweils unterzeichnenden Person nicht entnommen werden könne. Es wird in der Literatur die Auffassung vertreten, dem Schutzzweck des § 550 BGB entsprechend müsse ein potentieller Erwerber des Mietgrundstücks aus der Vertragsurkunde entnehmen können, "in welcher Funktion" der Vertreter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts gehandelt habe (Hans-Jörg Kraemer, Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Partei gewerblicher Mietverträge, NZM 2002, 465). Der Bundesgerichtshof hat bislang offen gelassen, ob dieser Meinung zu folgen ist (BGH, NJW 2003, 3053). Ob es zur Wahrung der Schriftform erforderlich ist, die Funktion des Vertreters anzugeben, wenn dieser eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts vertritt, kann auch im vorliegenden Fall offen gelassen werden, da es hier um die Vertretung einer Einzelperson bzw. der aus einer Einzelperson bestehenden Komplementärin geht. Jedenfalls dann, wenn eine Einzelperson bei der Vertragsunterzeichnung von einer anderen Person vertreten wird, sind keine Gründe ersichtlich, weshalb der Schutzzweck des § 550 BGB es erfordern soll, dass ein potentieller Erwerber des Mietgrundstücks aus der Vertragsurkunde entnehmen können soll, in welcher Funktion der Vertreter dieser Einzelperson gehandelt hat. Ob der Vertreter tatsächlich vertretungsberechtigt war, ist keine Frage der Schriftform, sondern der Wirksamkeit des Vertragsabschlusses.

Die Kündigung vom 31. März 2006 ist auch nicht gemäß §§ 543, 569 Abs. 1 Satz 1, 578 Abs. 2 Satz 2 BGB wirksam.

Soweit die Klägerin ihre Kündigung darauf stützt, dass die gemieteten Räume so beschaffen seien, dass ihre Benutzung mit einer erheblichen Gefährdung der Gesundheit verbunden sei, fehlt es an einem ausreichend substanziierten Vortrag. Die Klägerin trägt hierzu vor, seit Errichtung der Antennen von Mobilfunkanlagen auf dem Dach des Hauses Ende 2003 hätte ihre Mitarbeiter vermehrt über Krankheitssymptome wie Übelkeit, Ohrenbeschwerden und Schwindel geklagt (Bl. 8). Sie behauptet, dass durch die Installation zweier verschiedener Antennenanlagen unterschiedlicher Netzbetreiber zu Elektrosmog führe (Bl. 9). Die Klägerin ist mit diesem Vortrag der ihr obliegenden Darlegungslast nicht in hinreichendem Maß nachgekommen. Zum einen sind die Angaben zu den körperlichen Beeinträchtigungen viel zu vage, zum anderen ist auch nicht im Ansatz dargelegt, dass die Mobilfunkanlagen die in der 26. BImSchV festgelegten Grenzwerte für elektromagnetische Felder überschreitet (vgl. insoweit BGH, NZM 2006, 504). Soweit die Klägerin mutmaßt, dass gerade bei Installation von Mobilfunkanlagen zweier verschiedener Betreiber in besonderem Maße Elektrosmog entstehe, handelt es sich um eine bloße durch nichts belegte Mutmaßung. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens liefe auf einen Ausforschungsbeweis hinaus. Da der Klägerin die Beweislast für die behauptete Beeinträchtigung obliegt, musste sich die Beklagte auch nicht auf den von der Klägerin mit Schreiben vom 21. November 2005 (Anl. Bl. 49) unterbreiteten Vorschlag einlassen, gemeinsam einen IHK-Fachgutachter zu bestellen.

Die Kündigung vom 31. März 2006 ist auch nicht gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 BGB wirksam, wobei dahinstehen kann, ob diese rechtzeitig i.S.v. § 314 Abs. 3 BGB ausgeübt worden ist (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 21.3.2007 - XII ZR 36/05 -).

Soweit die Klägerin die Kündigung darauf stützt, dass in Teilen der Mieträume kein Empfang für Funktelefone bestehe, ist ihr Vortrag unsubstanziiert.

In der Klageschrift hat die Klägerin hierzu lediglich vorgetragen, dass an der EDV-Anlage der Klägerin häufiger Störungen aufgetreten seien (Bl. 8). Mit Schriftsatz vom 31. August 2006 (Bl. 55) hat die Klägerin vorgetragen, es seien eine Beeinträchtigung der EDV-Anlage und von Funktelefonen feststellbar. Detailliertere Angaben zu den behaupteten Gebrauchsbeeinträchtigungen sind auch den zu den Akten gereichten Schreiben der Klägerin nicht zu entnehmen. Im Hinblick auf das Bestreiten der Beklagten (Bl. 36, 63) wäre es Aufgabe der Klägerin gewesen, die behauptete Gebrauchsbeeinträchtigung im Detail darzulegen. Ohne nähere Angaben zur behaupteten Gebrauchsbeeinträchtigung bestand für die Beklagte bereits im vorgerichtlichen Bereich keine Veranlassung, den Mängelrügen der Klägerin nachzugehen, denn der Mieter hat gemäß § 543 Abs. 3 Satz 1 BGB die zu beseitigenden Mängel in seinem Abhilfe fordernden Schreiben hinreichend genau zu bezeichnen (Schmidt-Futterer, Mietrecht, 9. Auflage, § 543, Rdnr. 30).

Die Klägerin kann ihre Kündigung auch nicht mit Erfolg darauf stützen, dass zumindest einer der beiden Aufzüge seit 2003 an mehreren Tagen im Jahr ausgefallen ist. Beide Aufzüge sind gleichzeitig im Zeitraum 2003 bis zur Kündigung im März 2006 nur an insgesamt 21 Tagen, nämlich im Jahr 2003 an 13 Tagen, im Jahr 2004 an 3 Tagen und im Jahr 2005 an 5 Tagen ausgefallen. Das heißt nur an 21 von (3 x 365) 1095 Tagen lag eine echte Gebrauchsbeeinträchtigung vor. Die Beklagte hat auf entsprechende Mitteilungen der Klägerin jeweils mit Reparaturaufträgen reagiert. Voraussetzung für eine wirksame Kündigung gemäß § 543 BGB ist aber, dass der Vermieter eine ihm vom Mieter bestimmte angemessene Frist verstreichen lassen hat, ohne Abhilfe zu schaffen. Diese Voraussetzung liegt hier nicht vor. Auch der Umstand, dass der Aufzug mehrfach ausgefallen ist, gebietet keine andere rechtliche Würdigung des Sachverhalts. Im Hinblick auf die über die Jahre letztlich doch nur geringfügige Gebrauchsbeeinträchtigung ist der Klägerin eine Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zur Beendigung des Mietverhältnisses zuzumuten, § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Die Klägerin kann ihre Kündigung auch nicht mit Erfolg darauf stützen, dass im Zusammenhang mit der Heizung in der Vergangenheit mehrfach Probleme aufgetreten seien.

Im Winter 2003/2004 hat die Beklagte die von der Klägerin mit Schreiben vom 28. November 2003 beanstandeten mangelhafte Regulierbarkeit der Heizkörper am 12. Dezember 2003 in Ordnung bringen lassen.

Zwar sind im darauf folgenden Winter 2004/2005 insgesamt viermal verschiedene Heizkörper ausgefallen, die Beklagte hat diese Mängel nach Mitteilung durch die Klägerin stets in angemessener Zeit beheben lassen.

In dem der Kündigung vorausgehenden Winter 2005/2006 ist lediglich einmal ein Heizkörper ausgefallen. Auch dieser Mangel ist von der Beklagten nach Mitteilung durch die Klägerin unverzüglich behoben worden. Im Hinblick auf die über die Jahre und insbesondere in dem der Kündigung vorausgehenden Winter letztlich doch nur geringfügige Gebrauchsbeeinträchtigung ist der Klägerin eine Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zur Beendigung des Mietverhältnisses zuzumuten, § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Die Klägerin kann die Kündigung auch nicht mit Erfolg darauf stützen, dass die Klimaanlage letztmalig im Zeitraum 8. August bis 11. August 2005 defekt gewesen sei. Zum einen kann dem Vortrag der Klägerin (Bl. 7) nicht entnommen werden, dass sie diesen Mangel der Beklagten mitgeteilt hat. Zum anderen obliegt der Klägerin ausweislich der in § 20 des Mietvertrages getroffenen Regelung die Instandhaltung der Klimaanlage. Dass die Beklagte den von der Klägerin am 12. Juli 2005 gemeldeten Fehler gleichwohl auf eigene Kosten hat beseitigen lassen, kann ihr nicht zum Nachteil gereichen.

Die Klägerin kann die fristlose Kündigung auch nicht mit Erfolg darauf stützen, dass in einzelnen Räumen immer wieder verstärkt Müllgeruch wahrzunehmen sei (Bl. 8). Der Vortrag zu dem behaupteten Mangel ist nicht hinreichend substanziiert.

Soweit die Klägerin ihre Kündigung mit Problemen in Bezug auf die Hauseingangstür, Sonnenblenden und Lärm begründet, handelt es sich um singuläre abgeschlossene Ereignisse aus der Vergangenheit, die eine sofortige Kündigung gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 BGB unter Berücksichtigung aller Umstände und Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht rechtfertigen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Absatz 1 ZPO. Die weiteren prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711.

Die Revision wird nicht zugelassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Absatz 2 Satz 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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