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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 25.04.2005
Aktenzeichen: 8 U 236/04
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, EGBGB


Vorschriften:

ZPO § 690
ZPO § 690 Abs. 1 Nr. 3
BGB § 195
BGB § 197
BGB § 199 Abs. 1
BGB § 201 a.F.
BGB § 204 Abs. 1 n.F.
BGB § 242
BGB § 252
BGB § 398
BGB § 404
BGB § 535 Abs. 2
EGBGB Art. 229 § 6
Ein geltend gemachter Mietzinsanspruch ist in einem Mahnbescheid nicht hinreichend individualisiert, wenn - bei Inbetrachtkommen mehrerer Verträge - ein falsches Vertragsdatum angegeben wird, außerdem nicht ersichtlich ist, dass aus abgetretenem Recht geklagt wird und zudem - auch über etwaige Vorkorrespondenz - nicht ersichtlich ist, für welchen Zeitraum Mietzinsansprüche geltend gemacht werden.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 8 U 236/04

verkündet am: 25.04.2005

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 25. April 2005 durch die Richterin am Kammergericht Spiegel als Einzelrichterin für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten gegen das am 27. September 2004 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 70 % und die Beklagte zu 30 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10% abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I. Die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten richten sich gegen das am 27. September 2004 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Die Klägerin trägt zur Begründung der Berufung vor:

Die für das Jahr 1998 geltend gemachten Mietzinsansprüche seien nicht verjährt. Entgegen der Auffassung des Landgerichts genügten die Angaben im Mahnbescheid den Individualisierungsanforderungen des § 690 ZPO. Im Jahr 1996 sei zwischen den Parteien nur ein einziger, nämlich der hier streitgegenständliche Mietvertrag geschlossen worden. Die Beklagte habe auch gewusst, dass noch Ansprüche im Raum stehen.

Die Beklagte handele treuewidrig, soweit sie den Verjährungseinwand erhebe (Bd. II Bl.11). Sie nutze ihre formale Rechtsstellung missbräuchlich aus und verstoße somit gegen § 252 BGB.

Die Klägerin beantragt,

das am 27. September 2004 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 27.452,72 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 10. Dezember 1998 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt ferner im Wege der Anschlussberufung,

das am 27. September 2004 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin abzuändern und die Klage abzuweisen

Die Klägerin beantragt insoweit,

die Anschlussberufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das angefochtene Urteil, soweit die Klage abgewiesen worden ist, für zutreffend und trägt ergänzend vor:

Die Angabe der von der Klägerin mit dem Mahnbescheidsantrag verfolgten Hauptforderung allein mit der Bezeichnung "Miete für Geschäftsraum (einschl. Nebenkosten) gemäß Vertrag vom 01.11.96..." genüge den Anforderungen an eine hinreichende Individualisierung der geltend gemachten Forderungen nicht (Bd.II Bl.22). Die Klägerin, die aus abgetretenem Recht klage, habe weder den Vertrag selbst noch die Vertragsparteien genau benannt und zudem ein falsches Vertragsdatum angegeben. Zudem sei die Angabe Miete "für Geschäftsraum" verwirrend, da Gegenstand des Mietvertrages vom 20. November 1996 ca. 10.503,66 qm Wohnfläche sowie 52 ebenerdige Stellplätze und nur ca. 595,97 qm Gewerbefläche seien (Bd.II Bl.22).

Nicht zutreffend sei der Hinweis, Forderungen aus dem anderen Generalmietvertrag (des Jahres 1995) seien zum Zeitpunkt des hier streitigen Mahnbescheidsantrages bereits anhängig oder streitbefangen gewesen.

Die Geltendmachung der Verjährungseinrede sei auch nicht treuewidrig (Bd.II Bl.24).

Zur Begründung der Anschlussberufung trägt die Beklagte ferner vor:

Das landgerichtliche Urteil sei unrichtig, soweit der Klage anteilig stattgegeben worden sei (Bd.II Bl.24). Da die Inhaberschaft der Gewährleistungsrechte und der Mietzahlungsansprüche auseinander fielen, sei die Klägerin gehindert, sich auf § 242 BGB zu berufen.

II.

Die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten sind unbegründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäß § 535 Abs.2 BGB i.V.m. § 398 BGB Anspruch auf Zahlung restlichen Mietzinses in Höhe von insgesamt 11.604,13 €, nämlich in Höhe von 6.393,34 € für das Jahr 1999, in Höhe von 2.344,73 € für das Jahr 2000 und in Höhe von 2.866,06 € für das Jahr 2001.

Der für das Jahr 1998 geltend gemachte Mietzinsanspruch der Klägerin in Höhe von 27.452,72 € ist hingegen gemäß §§ 197, 201 BGB a.F., §§ 195, 199 Abs.1, 204 Abs.1 BGB n.F., Artikel 229 § 6 EGBGB verjährt.

I. Berufung

Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt, dass die für das Jahr 1998 geltend gemachten Mietzinsansprüche verjährt sind, weil die Zustellung des Mahnbescheides am 24. April 2003 mangels ausreichender Individualisierung der im Mahnbescheid geltend gemachten Mietzinsansprüche keine verjährungshemmende Wirkung hatte.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes unterbricht ein Mahnbescheid die Verjährung nur dann, wenn der geltend gemachte Anspruch nach § 690 Abs.1 Nr.3 ZPO hinreichend individualisiert worden ist. Er muss durch seine Kennzeichnung von anderen Ansprüchen so unterschieden und abgegrenzt werden, dass er Grundlage eines der materiellen Rechtskraft fähigen Vollstreckungstitels sein und der Schuldner erkennen kann, welcher Anspruch oder welche Ansprüche gegen ihn geltend gemacht werden, damit er beurteilen kann, ob und in welchem Umfang er sich zur Wehr setzen soll (BGH, NJW 2001, 305 mit weiteren Nachweisen; Kammergericht, Urteil vom 7. August 2003, 8 U 266/02; KG, KGR Berlin 2003, 161).

Die Hauptforderung ist in dem Mahnbescheid wie folgt bezeichnet:

"Miete für Geschäftsraum (einschl. Nebenkosten) gem. Vertrag vom 1. November 1996 36.985,35 Eur"

Die Beklagte konnte aufgrund dieser Bezeichnung nicht erkennen, welche Ansprüche gegen sie geltend gemacht werden und konnte folglich auch nicht beurteilen, ob und in welchem Umfang sie sich zur Wehr setzen will.

Die Klägerin macht tatsächlich, wie letztlich der Klageschrift entnommen werden kann, abgetretene Mietzinsansprüche für Zeit von 1998 bis 2001 aus einem zwischen der nnnn Immobilien Beteiligungsgesellschaft mbH & Co. Objektverwaltungs KG - nnnnnn - und der Beklagten am 1. Oktober 1996 und 20. November 1996 unterzeichneten Generalmietvertrag geltend. Da die Beklagte mit der nnnn Immobilien Beteiligungsgesellschaft mbH & Co. Objektverwaltungs KG - nnnnnn - zumindest noch einen weiteren Generalmietvertrag, nämlich vom 13. April 1995, geschlossen hat, wäre für eine ausreichende Individualisierung des geltend gemachten Anspruches zumindest die korrekte Angabe des Vertragsdatums erforderlich gewesen. Die Angabe des falschen Datums könnte allenfalls dann für die Individualisierung des geltend gemachten Anspruch unerheblich sein, wenn zwischen der nnnn Immobilien Beteiligungsgesellschaft mbH & Co. Objektverwaltungs KG - nnnnnn - und der Beklagten keine weiteren Verträge geschlossen worden wären (BGH, NJW 2002, 520).

Darüber hinaus ist der Kennzeichnung der geltend gemachten Ansprüche im Mahnbescheid auch nicht zu entnehmen, dass es sich um abgetretene Ansprüche aus einem mit der nnnn Immobilien Beteiligungsgesellschaft mbH & Co. Objektverwaltungs KG - nnnnnn - geschlossenen Mietvertrag handelt.

Für die Beklagte war aus dem Mahnbescheid auch nicht ersichtlich, für welchen Zeitraum Mietzinsansprüche geltend gemacht werden. Eine Individualisierung war, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, auch nicht über den angegebenen Gesamtbetrag möglich, zumal die Klägerin nicht substantiiert vorgetragen hat, dass sie diesen Betrag vorprozessual angemahnt hätte, so dass der Beklagten eine Individualisierung über eventuelle Vorkorrespondenz möglich gewesen wäre.

Anhaltspunkte dafür, dass die Erhebung der Verjährungseinrede treuewidrig sein könnte, sind nicht ersichtlich.

II. Anschlussberufung

Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung ebenfalls zutreffend ausgeführt, dass der gegen die Mietzinsansprüche betreffend die Jahre 1999 bis 2001 erhobene Minderungseinwand der Beklagten wegen Verstoßes gegen § 242 BGB treuewidrig ist.

Unerheblich ist, dass die Klägerin aus abgetretenem Recht lediglich Inhaberin der Ansprüche aus dem Mietvertrag vom 20. November 1996 und nicht aus dem Generalübernehmervertrag vom 28. April 1995 ist. Gemäß § 404 BGB kann der Schuldner dem neuen Gläubiger nur die Einwendungen entgegensetzen, die zur Zeit der Abtretung gegen den bisherigen Gläubiger begründet waren. Dem Minderungseinwand der Beklagten stand aber bereits zum Zeitpunkt der Abtretung der Ansprüche aus dem Mietvertrag der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Absatz 1 ZPO. Die weiteren prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da weder die Sache grundsätzliche Bedeutung hat, noch eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 543 Absatz 1 Nr.1, Absatz 2 ZPO n. F.).

Ende der Entscheidung

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