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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 27.06.2002
Aktenzeichen: 8 U 25/02
Rechtsgebiete: ZPO, EGZPO


Vorschriften:

ZPO § 91 a
ZPO § 91 a Abs. 1
ZPO § 98
ZPO § 98 Satz 1
ZPO § 98 Satz 2
ZPO § 519b Abs. 1 Satz 2 a.F.
EGZPO § 26 Nr. 5 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 8 U 25/02

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin ohne mündliche Verhandlung am 27. Juni 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bieber, den Richter am Kammergericht Markgraf und den Richter am Amtsgericht Dr. Müther beschlossen:

Tenor:

Die Kosten des Berufungsverfahren werden gegeneinander aufgehoben.

Der Gebührenstreitwert der Berufung wird auf 16.893,97 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beklagte hat mit einem am 21. Januar 2002 als Fax und am 23. Januar 2002 auf dem Postweg eingegangenen Schriftsatz Berufung gegen das am 7. Dezember 2001 verkündete und ihr am 20. Dezember 2001 zugestellte Urteil des Landgerichts Berlin, Az.: 29 O 52/01, eingelegt. Mit diesem Urteil war sie zur Zahlung von 33.041,74 DM hebst 4% Zinsen seit dem 7. Februar 2001 an die Klägerin verurteilt worden. Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Zwischen den Parteien besteht ein schriftlicher Mietvertrag vom 23. Mai 1979 über im Kellergeschoss des Hauses Kurfürstendamm in 10719 Berlin gelegene Gewerberäume, für die die Klägerin in der Zeit von Dezember 1996 und August 1999 vereinbarungsgemäß einen Nettokaltmietzins von 33.375,50 DM zahlte. Die Klägerin behauptet insoweit, dass die Verkleidung am Eingang der als Diskothek genutzten Räume in der Zeit von Dezember 1996 bis August 1993 einen unansehnlichen Eindruck gemacht hätten. Sie habe daher die Miete mit einem Schreiben vom 5. Februar 1997 in Höhe von 3% nur noch unter Vorbehalt gezahlt. Diesen Betrag hat sie nun erstinstanzlich geltend gemacht. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.

Die Beklagte hat sich mit ihrer Berufung gegen diese Verurteilung gewandt. Nachdem die Parteien am 15. Februar 2002 einen außergerichtlichen Vergleich geschlossen haben, nach dem unter anderem die Miete ab dem 1. November 2001 DM/qm 23 kalt zzgl. MwSt. beträgt und die Beklagte im Gegenzug keine Rechte aus dem landgerichtlichen Urteil hinsichtlich der Hauptforderung und der Zinsen geltend macht, haben die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache in Bezug auf das Rechtsmittel übereinstimmend für erledigt erklärt.

II.

Nachdem die Parteien die Berufung in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist über die Kosten des Rechtsmittels unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu entscheiden, vgl. § 91 a Absatz 1 ZPO. Der Senat geht davon aus, dass nicht nur der Rechtsstreit, sondern auch ein Rechtsmittel in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt werden kann mit der Folge, dass sich die Entscheidung nach § 91 a ZPO lediglich auf die Kosten des Rechtsmittels bezieht und die angegriffene Entscheidung der Vorinstanz unangetastet bleibt (vgl. BGH, MDR 2001, 648; OLG Frankfurt, MDR 1998, 559; OLG Schleswig, MDR 1997, 1159). Es ist nämlich kein Grund ersichtlich, die Dispositionsfreiheit der Parteien in dieser Hinsicht einzuschränken, zumal die Parteien auch durch außergerichtliche Vereinbarungen den Inhalt der Entscheidung nach § 91 a ZPO weitgehend zwingend vorgeben können. Der Entscheidung über die Kosten der Berufung unter Anwendung des § 91 a ZPO steht im vorliegenden Fall auch nicht entgegen, dass die Beklagte als Berufungsführerin ihre Berufung nicht begründet hat, so dass eine Verwerfung als unzulässig nach § 519b Absatz 1 Satz 2 ZPO a.F. in Verbindung mit § 26 Nr. 5 Satz 1 EGZPO in Betracht gekommen wäre. Jedenfalls teilweise wird zwar für eine Entscheidung nach § 91 a ZPO eine zulässige Berufung verlangt (vgl. dazu Baumbach/Lauterbach, ZPO, 60. Aufl., § 91 a Rn. 101). Dies wird aber damit begründet, dass das Rechtsmittelgericht andernfalls gar nicht über die gesamten Kosten des Rechtsstreits entscheiden könnte, weil dieser gar nicht in die Rechtsmittelinstanz gelangt sei. Darauf kommt es aber im vorliegenden Fall nicht an. Auf Grund der Erklärungen der Parteien hat der Senat nicht nur lediglich über die Kosten des Rechtsmittels zu entscheiden; die Klägerseite war auf Grund des außergerichtlichen Vergleichs aber auch zu einer Erledigungserklärung gezwungen, weil sie durch die Vereinbarung ihr Rückforderungsrecht in jedem Fall verloren hatte. Dann aber bedurfte es der Einreichung einer formgerechten Berufungsbegründung nicht mehr, weil die Beklagte noch innerhalb der verlängerten Begründungsfrist ihrerseits die Erledigung des Rechtsmittels erklärt hatte.

Im Ergebnis sind die Kosten der Berufung unter entsprechender Anwendung des § 98 ZPO gegeneinander aufzuheben. Denn die Entscheidung nach § 91 a ZPO ist zunächst an den allgemeinen Kostengrundsätzen auszurichten, zu denen auch die Regelung des § 98 ZPO gehört (Thomas/Putzo, ZPO, 24. Aufl., § 91 a Rn. 48; zu § 98 ZPO Baumbach/Lauterbach, ZPO, 60. Aufl., § 91 a Rn. 139). Dieser findet dabei nicht nur dann Anwendung, wenn es um einen gerichtlichen Vergleichsschluss geht, sondern auch in den Fällen eines außergerichtlichen Vergleichs, wenn dieser - wie hier - zugleich zur Beendigung eines Prozesses führt (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 24. Aufl., § 98 Rn. 2; Baumbach/Lauterbach, ZPO, 60. Aufl., § 98 Rn. 8). Nach dieser Regelung sind die Kosten aber gegeneinander aufzuheben, wenn nicht etwas anderes zwischen den Parteien vereinbart worden ist, vgl. § 98 Satz 1 ZPO, wobei dies nach § 98 Satz 2 ZPO nicht nur für die Kosten des Vergleichs, sondern auch für die Kosten des durch den Vergleich erledigten Rechtsstreits gilt. Eine derartige von der Regel des § 98 Satz 1 ZPO abweichende Vereinbarung ist zwischen den Parteien aber gerade nicht getroffen worden. Der Vergleich vom 15. Februar 2002 befasst sich nur mit der erstinstanzlichen Hauptsacheentscheidung. Auch durch Auslegung ergibt sich kein anderes Ergebnis. Insbesondere sind die Parteien in dem Vergleich nicht von einem bestimmten Ausgang des Rechtsstreits ausgegangen. So hat die Klägerin zwar auf den erstinstanzlich ausgeurteilten Betrag verzichtet, im Gegenzug ist es aber zu einer Mietzinsreduzierung unter Beibehaltung des ihr für die erste Instanz zustehenden Kostenerstattungsanspruchs geblieben. Die Beklagte ist demgegenüber von der Verpflichtung zur Zahlung der 33.041,74 DM nebst Zinsen befreit worden.

Es sind keine Gründe ersichtlich, die im vorliegenden Fall die Zulassung der Rechtsbeschwerde rechtfertigen könnten.

Ende der Entscheidung

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