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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 06.06.2005
Aktenzeichen: 8 U 25/05
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 142
ZPO § 531 Abs. 2 Ziffer 3
BGB § 242

Entscheidung wurde am 15.07.2005 korrigiert: die Entscheidung wurde wegen nicht vollständiger Anonymisierung ersetzt
Vereinbaren die Parteien eines Mietvertrages über Gewerberäume Konkurrenzschutz für die Tätigkeit "Praktischer Arzt speziell hausärztlicher Internist" erstreckt sich der Konkurrenzschutz sowohl auf die Tätigkeit als "praktischer Arzt" als auch auf die Tätigkeit als "hausärztlicher Internist", denn bei dem praktischen Arzt und dem hausärztlichen Internisten handelt es sich um verschiedene Fachärzte mit identischem Tätigkeitsbereich und identischer Klientel.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 8 U 25/05

verkündet am: 06.06.2005

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 6. Juni 2005 durch die Richterin am Kammergericht Spiegel als Einzelrichterin für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Kläger wird das am 16. Dezember 2004 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, das Mietvertragsverhältnis mit Frau Dr. Ynn -Snnn über die Praxisräume in der Snnnn Straße n in nnn Bnnn zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu beenden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung der Kläger zurückgewiesen.

Die Kosten der ersten und zweiten Instanz tragen die Kläger zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe 35.000,00 € abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Gründe:

I.

Die Berufung der Kläger richtet sich gegen das am 16. Dezember 2004 verkündete Urteil des Landgerichts, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Die Kläger tragen zur Begründung der Berufung vor:

Sie hätten ihr Recht auf Konkurrenzschutz, soweit es die Tätigkeit der Frau Dr. nnnnnnn betrifft, nicht verwirkt. Weder sei das für eine Verwirkung erforderliche Zeitmoment, noch das für eine Verwirkung erforderliche Umstandsmoment gegeben. Entgegen den Ausführungen im angefochtenen Urteil habe sich Frau Dr. nnnnnnn nicht von Beginn Ihres Mietverhältnisses an auf dem stillen Portier als praktische Ärztin ausgewiesen. Zunächst habe Frau Dr. nnnnnnn auf dem stillen Portier nur darauf hingewiesen, dass sie chinesische Heilkunst praktiziere. Das streitgegenständliche Praxisschild sei erst später angebracht worden (Bl.74).

Bezüglich des Herrn Dr. nnnn sei das Landgericht von dem bestrittenen Sachvortrag der Gegenseite ausgegangen. Sie, die Kläger, hätten unter Beweisantritt vorgetragen, dass Herr Dr. nnnn auch auf dem Bereich der Allgemeinmedizin bzw. der inneren Medizin tätig sei (Bl.73).

Die Kläger beantragen,

das am 16. Dezember 2004 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin abzuändern und

1. die Beklagte zu verurteilen, das Mietvertragsverhältnis mit Frau Dr. nnnnnnn über die Praxisräume in der nnnnnnnnnn in nnn Berlin zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu beenden;

2. die Beklagte zu verurteilen, das Mietvertragsverhältnis mit Herrn Dr. nnnn über die Praxisräume in der nnnnnnnnnn in nnn Berlin zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu beenden;

3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu 1. und die Klägerin zu 2. eine Schadensersatzleistung in einer vom Gericht nach billigem Ermessen festzusetzenden Höhe jedoch mindestens in Höhe von 30.000,00 € für das Jahr 2002 und 2003 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt ergänzend vor:

Der vereinbarte Konkurrenzschutz beschränke sich auf die Tätigkeit als praktischer Arzt speziell hausärztlicher Internist. Daraus folge zwingend, dass ein Konkurrenzschutz für praktischer Arzt nicht gewährt worden sei, sondern nur dann wenn dieser praktische Arzt speziell als hausärztlicher Internist tätig sei, also auf der hausärztlichen Internistentätigkeit der Schwerpunkt liege. Diese Tätigkeit werde aber weder für Frau Dr. nnnnnn , noch für Herrn Dr. nnnn vorgetragen. Eine Konkurrenzsituation sei nicht gegeben (Bl.87).

Aus allgemein entwickelten Konkurrenzschutzregeln sei bereits einhellige Meinung, dass der Mieter von Praxisräumen in einem ersichtlich für mehrere Arztpraxen vorgesehenen Gebäude keinen Konkurrenzschutz beanspruchen könne (Bl.88). Dieser Sachverhalt liege hier zweifelsfrei vor. Der Kläger zu 1) habe vor Mietvertragsabschluss gegenüber den von der Gegenseite genannten Zeugen nnnn und Dr. nnnnn auch unmissverständlich klargestellt, dass man mit der Ansiedlung eines weiteren Allgemeinmediziners keine Probleme hätte (Bl.88). Der vertraglich gewährte Konkurrenzschutz sei daher auch bewusst eng gefasst worden (Bl.88).

Zudem habe der Kläger zu 1) vor Abschluss des Mietvertrages mit Frau Dr. nnnnnnn sowohl im September 1999 gegenüber dem Geschäftsführer als auch gegenüber Herrn Dr. nnnn geäußert, dass er mit dem Betrieb der Praxis von Frau Dr. nnnnnnn überhaupt keine Probleme habe.

Frau Dr. nnnnnnn und die Kläger betreuten jeweils ihre eigene Klientel.

Frau Dr. nnnnnnn sei nicht praktische Ärztin, die speziell als hausärztliche Internistin tätig sei. Sie betreibe eine Praxis für chinesische Heilkunde, firmiere entsprechend mit chinesischen Schriftzeichen und sei gebürtige Chinesin. Das Praxisschild der Frau Dr. nnnnnnn habe sich von Anbeginn an nicht verändert.

Dementsprechend seien ihr die Räumlichkeiten als Praxis für chinesische Heilkunde vermietet worden.

Die Kläger, die mit ihren Praxisschildern auf deutsch und russisch mit entsprechenden Wegweisern auf sich aufmerksam machten, betreuten nahezu ausschließlich eine russische Klientel. Der Kläger zu 1) sei gebürtiger Russe.

Im Übrigen fehle es an einer relevanten Konkurrenzverschärfung zweifelsfrei auch dadurch, dass ohnehin in der Umgebung der Praxis Konkurrenten niedergelassen seien (Bl.89).

Die pauschale Behauptung der Kläger, sie hätten erstinstanzlich den Tätigkeitsbereich des Herrn Dr. nnnn substantiiert dargestellt, treffe nicht zu (Bl.90).

II.

Die Berufung der Kläger hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Die Kläger haben gegen die Beklagte aufgrund der in § 19 des Mietvertrages vom 27. November 1998 getroffenen Konkurrenzschutzvereinbarung einen Anspruch auf Beendigung des zwischen der Beklagten und Frau Dr. nnnnnnn über die Praxisräume in der nnnnnnnnnn in nnn Berlin bestehenden Mietvertragsverhältnisses zum nächst möglichen Zeitpunkt.

Das Landgericht geht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend davon aus, dass die Tätigkeit der Ärztin Dr. nnnnnnn den vertraglich gewährten Konkurrenzschutz verletzt. Laut Mietvertrag wird Konkurrenzschutz für folgenden Umfang vereinbart:

"Praktischer Arzt speziell hausärztlicher Internist".

Diese Vereinbarung kann nur dahingehend ausgelegt werden, dass sich der Konkurrenzschutz sowohl auf die Tätigkeit "praktischer Arzt" als auch "hausärztlicher Internist" beziehen soll. Es handelt sich bei dem praktischen Arzt und dem hausärztlichen Internisten um verschiedene Fachärzte mit identischem Tätigkeitsbereich. Beide betreiben eine so genannte Hausarztpraxis, haben also eine identische Klientel.

Soweit die Beklagte erstmals in der Berufungsinstanz vorträgt, der Konkurrenzschutz sei bewusst eng gefasst worden, weil der Kläger zu 1) bereits vor Abschluss des Mietvertrages bei einem Gespräch im November 1998 geäußert habe, dass er mit der Ansiedlung eines weiteren Allgemeinmediziners keine Probleme hätte, ist sie mit diesem Vortrag gemäß § 531 Abs.2 Ziffer 3 ZPO ausgeschlossen. Im Übrigen ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Parteien überhaupt eine Konkurrenzschutzvereinbarung getroffen haben, wenn doch der Kläger zu 1) angeblich mit der Ansiedlung eines weiteren Allgemeinmediziners keine Probleme gehabt haben soll.

Die Konkurrenzschutzschutzklausel ist auch nicht etwa deshalb eng auszulegen, weil sich die Mieträumlichkeiten in einem so genannten "Gesundheitszentrum" befinden. Zwar mag bei der Festlegung des "vertragsimmanenten" Konkurrenzschutzes eine engere Grenzziehung geboten sein. Vorliegend geht es jedoch nicht um einen vertragsimmanenten, sondern um einen ausdrücklich vertraglich festgelegten Konkurrenzschutz, dessen Umfang die Parteien selbst bestimmt haben (vgl. OLG Hamm, ZMR 1991, 295).

Die Ärztin Dr. nnnnnnn ist unstreitig als praktische Ärztin tätig, wenn auch mit der speziellen Ausrichtung Chinesische Heilkunde. Gleichwohl ist sie als praktische Ärztin aufgrund des identischen Tätigkeitsbereiches Konkurrentin der Kläger. Völlig unerheblich für die Konkurrenzsituation ist der Umstand, dass es sich bei Frau Dr. nnnnnnn um eine gebürtige Chinesin und bei dem Kläger zu 1) um einen gebürtigen Russen handelt. Entscheidend ist die von den beiden Ärzten ausgeübt Tätigkeit als praktischer Arzt.

Dem Landgericht kann nicht gefolgt werden, soweit es annimmt, ein Konkurrenzschutzanspruch der Kläger sei gemäß § 242 BGB verwirkt. Wenn überhaupt das Zeitmoment als Voraussetzung für eine etwaige Verwirkung erfüllt sein sollte, so fehlt es jedenfalls an dem für eine Verwirkung erforderlichen Umstandsmoment. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit sich die Beklagte darauf eingerichtet haben sollte, dass die Kläger keine Konkurrenzschutzansprüche mehr geltend machen. (Anders verhält es sich in dem vom OLG Frankfurt, OLGR 2004, 337 entschiedenen Fall, wo die Parteien nach mehreren Jahren einen Vertrag geschlossen haben, der die Konkurrenzsituation berücksichtigte).

Unerheblich ist, dass der Kläger zu 1) gegenüber dem Geschäftsführer der Beklagten und Herrn Dr. nnnnn vor Abschluss des Mietvertrages mit Frau Dr. nnnnnnn erklärt haben soll, dass eine Praxis der Frau Dr. nnnnnnn mangels Konkurrenzsituation kein Problem wäre (Bl.18), denn die Kläger zu 1) und 2) konnten nur gemeinsam auf den vertraglich vereinbarten Konkurrenzschutz verzichten.

Unbegründet ist die Klage soweit die Kläger gegenüber der Beklagten Konkurrenzschutzansprüche wegen des Herrn Dr. nnnn geltend machen. Insoweit kann den Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung gefolgt werden. Die Kläger verkennen, dass sie sich nicht darauf beschränken können, mit Nichtwissen zu bestreiten, dass Herr Dr. nnnn als Gastroenterologe tätig ist. Sie haben vielmehr substantiiert und unter Beweisantritt vorzutragen, dass Herr Dr. nnnn als praktischer Arzt und/oder hausärztlicher Internist tätig ist. Hierfür fehlt es an einem substantiierten Vortrag. Es wird noch nicht einmal vorgetragen, welche Fachrichtung auf dem so genannten "Stillen Portier" ausgewiesen ist. Dass ein Gastroenterologe nicht unter die Konkurrenzschutzvereinbarung fällt, ist unstreitig (Bl.30).

Dem Antrag gemäß § 142 ZPO vom 7. Juni 2004 (Bl.41) war nicht stattzugeben, da dieser Antrag auf eine reine Ausforschung ausgerichtet ist.

Unbegründet ist die Klage auch soweit die Kläger von der Beklagten Schadensersatz von mindesten 30.000,00 € pro Person und Jahr verlangen. Es fehlt an einem schlüssigen Vortrag, dass der behauptete Schaden auf die Konkurrenzsituation mit Frau Drnnnnnnnn zurückzuführen ist. Frau nnnnnnn ist spätestens seit 2000 aufgrund des mit der Beklagten geschlossenen Mietvertrages vom 22. Juni 1999 in dem Ärztehaus tätig. Nach dem Vortrag der Kläger sind die von ihnen erzielten Einnahmen noch im Jahr 2001 gegenüber dem Jahr 2000 von 308.787,86 DM auf 426.973,82 DM gestiegen, obwohl Frau Dr. nnnnnnn Ende 2001 bereits 2 Jahre in dem Ärztehaus tätig war. Gegen die Schadensursächlichkeit der geltend gemachten Konkurrenzsituation spricht zum einen, dass eine zuvor bei den Klägerin tätige Assistenzärztin zu der Praxis der Frau Dr. nnnnnnn gewechselt hat (Bl.18), und dass ein Praxismitinhaber der Kläger im Jahr 2002 sich mit den Klägern überworfen und eine eigene Praxis in der Nachbarschaft eröffnet hat (Bl.46).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Absatz 1 ZPO. Die weiteren prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da weder die Sache grundsätzliche Bedeutung hat, noch eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 543 Absatz 1 Nr.1, Absatz 2 ZPO n. F.).

Ende der Entscheidung

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