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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 29.03.2004
Aktenzeichen: 8 U 286/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB a.F. § 539
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 8 U 286/03

verkündet am: 29.03.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts Elßholzstraße 30 - 33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 29.03.2004 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bieber, die Richterin am Kammergericht Spiegel und den Richter am Kammergericht Dr. Müther

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 22. August 2003 abgeändert und neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger zur gesamten Hand 2.160,36 EUR nebst 5% Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 7. Dezember 2001 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten erster Instanz haben die Kläger 43% und der Beklagte 57% zu tragen. Von den Kosten der Berufung haben die Kläger 13% und der Beklagte 87% zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

A. Die zulässige Berufung hat teilweise Erfolg. Die Klage der Kläger ist zulässig (vgl. I.). Das Landgericht hat auch zu Recht einen Anspruch auf Schadensersatz bejaht (vgl. II. 1. und 2.). Der Anspruch besteht aber nur in Höhe von 2.160,36 EUR nebst Zinsen (vgl. II. 3. und 4.).

I. Die Klage ist zulässig. Die Klage ist nicht deshalb unzulässig, weil die Kläger in der Klageschrift nicht dargelegt haben, auf welche Beträge sich ihre Aufrechnung mit der von dem Beklagten geleisteten Kaution bezieht, so dass es an einer bestimmten Bezeichnung der Streitgegenstände fehlen würde. Die Kläger haben ausweislich der Ausführungen des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil klargestellt, dass sich die Verrechnung zunächst auf die Positionen 1.1 bis 1.17 des Kostenvoranschlags des Malermeister S_____ vom 27. November 2001 und auf die Nutzungsentschädigung bezieht. Der Streitgegenstand ist hierdurch ausreichend klargestellt. Dies wird von dem Beklagten mit der Berufung auch nicht beanstandet.

II. Den Klägern steht ein Schadensersatzanspruch nach § 326 Absatz 1 Satz 2 BGB a.F. in Höhe von 2.160,36 EUR zu.

1. Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Kläger in das mit der Frau R__ D___ begründete Mietverhältnis mit dem Beklagten nach deren Tod eingetreten sind.

2. Der Beklagte war auch zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet. Die Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen trifft zwar nach der gesetzlichen Regelung zunächst den Vermieter. Diese Verpflichtung ist aber durch die Regelung in § 3 Ziffer 5 und die Regelung in § 22 des Mietvertrages wirksam auf den Beklagten übertragen worden.

a) Der Wirksamkeit der Regelungen steht nicht entgegen, dass dem Beklagten unstreitig unrenovierte Räume überlassen worden sind. Denn die Parteien haben nicht vereinbart, dass der Beklagte eine Anfangsrenovierung durchzuführen hat. Dann aber ist ein Verstoß gegen § 9 AGBG a.F. (§ 307 BGB n.F.) nicht ersichtlich (vgl. dazu auch BGH, Beschluss vom 1. Juli 1987, VIII AZR 9/86, BGHZ 101, 253 = NJW 1987, 2575).

Der Wirksamkeit der Regelung steht auch nicht entgegen, dass die Parteien keinen Fristenplan vereinbart haben. Denn beim Fehlen eines ausdrücklichen Fristenplans ist der Vertrag nach der Verkehrssitte dahin auszulegen, dass die auch dem Vortrag des Beklagten zugrunde liegenden Fristen in § 7 des Mustermietvertrages 1976 heranzuziehen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Oktober 1984, VIII ZR 1/84, BGHZ 92, 363, 368 = NJW 1985, 480). Denn insoweit handelt es sich um die üblichen Renovierungsfristen. Dass es im vorliegenden Fall um Gewerberäume geht, ändert an der Zugrundelegung dieser Frist nichts. Denn es ist nichts dafür ersichtlich und von den Klägern auch nicht vorgetragen, dass insoweit eine andere Verkehrssitte gelten würde.

Diese Auslegung führt dann aber entgegen der Auffassung des Beklagten auch dazu, dass die Fristen erst mit dem Beginn des Mietverhältnisses zu laufen beginnen.

Die verwandten Klauseln sind auch nicht deshalb unwirksam, weil diese nicht festlegen, was unter den durchzuführenden Schönheitsreparaturen zu verstehen ist. Auch insoweit ist im Wege der Auslegung von der bestehenden Verkehrssitte auszugehen, dass mit Schönheitsreparaturen die in § 28 Absatz 4 Satz 5 der II. Berechnungsverordnung aufgeführten Arbeiten zu verstehen sind (vgl. BGH, aaO).

b) Der Beklagte schuldete mit dem Ablauf des 30. September 2001 die Durchführung von Schönheitsreparaturen.

(aa) Dem stehen nicht die von dem Beklagten behaupteten Mängel der Mietsache entgegen (vgl. dazu S. 8 der UA des Landgerichts). Denn diese haben mit den Schönheitsreparaturen, die sich auf das Tapezieren und Streichen der Wände, der Türen, Fenster und Heizungen einschließlich der Rohre beziehen, nichts zu tun, worauf das Landgericht zutreffend hingewiesen hat. Dass dem Beklagten unrenovierte Räume überlassen worden sind, stellt keinen Mangel dar, weil dies dem vereinbarten Zustand der Räume zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses entsprach, wie dies auch durch § 7 Ziffer 1 des Vertrages, nach dem der Vermieter in den Räumen vor Einzug keine weiteren Arbeiten ausführen wird, zum Ausdruck kommt. Dieser Zustand war dem Beklagten aufgrund seiner Besichtigung auch bekannt.

Nichts anderes ergibt sich aus den Klauseln Nr. 1 und 11 der Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag. Soweit der Beklagte behauptet, die Klauseln seien dahin zu verstehen, dass ihm wegen des Zustands der Räume ein durch Vorlage von Mängellisten eingeräumter Vorbehalt zugestanden worden sei, steht dies mit dem Wortlaut der Regelung nicht in Einklang. Die Klausel Nr. 1 gibt insoweit zunächst lediglich den Inhalt des § 539 BGB a.F. wieder, wobei sie als Tatsachenbestätigung und Verzicht des Mieters formuliert wird. Die Regelung in Ziffer 11 spricht demgegenüber von Mängeln. Der unrenovierte Zustand der Räume war danach kein Mangel. Soweit der Beklagte den Klauseln ein anderes Verständnis entnimmt und insoweit auf Abreden der Parteien hinweisen will, sind dies Abreden als bestritten anzusehen. Insoweit ist allein von dem Wortlaut der Klauseln auszugehen, weil der Beklagte keinen Beweis für eine abweichende Verständnisvereinbarung der Parteien angeboten hat.

(bb) Der Beklagte kann sich auch nicht auf durch Handwerker der Vermieterseite verursachte Lackschäden an Türen und Fenstern berufen. Eine Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen kann zwar deshalb entfallen, weil deren Notwendigkeit durch den Vermieter oder ihm zurechenbares Verhalten Dritter verursacht worden ist. Das Landgericht hat diesen Vortrag aber zu Recht für unzureichend gehalten, weil der Beklagte nicht näher dargelegt hat, an welcher Stelle welche Schäden verursacht worden sind. Soweit dieser Arbeiten an den Türen näher darstellt werden (vgl. SS. vom 1. Juli 1993, Bl. 171 d.A.), beziehen sich diese auf ohnehin von der Reparaturauffoderung der Hausverwaltung nicht erfasste Teile (Sockel) oder auf Teile, die ausweislich der Lichtbilder schon nicht gestrichen waren. Ob die Arbeiten überhaupt die Innenseiten der Türen betroffen haben, trägt der Beklagte ebenfalls nicht vor. Zu den Fenstern werden gar keine Angaben gemacht.

(cc) Mit dem Ende des Mietverhältnis waren auch bereits fünf Jahre vergangen, so dass nach den hier zugrunde zu legenden üblichen Fristen, außer in Nebenräumen Schönheitsreparaturen durchzuführen waren. Wegen der Nichtdurchführung in Nebenräumen haben die Beklagten aber keinen Schadensersatz verlangt. Ein solcher Nebenraum ist insbesondere auch nicht das vor dem WC gelegene Zimmer. Denn dies wird aufgrund seiner Lage jedenfalls immer dann benutzt, wenn das WC aufgesucht wird, so dass auch insoweit eine übliche Renovierungsfrist von (wenigstens) fünf Jahren anzusetzen ist.

Der Beklagte kann sich weiter nicht darauf berufen, dass derartige Arbeiten nicht erforderlich gewesen seien. Die genannten Fristen sind zwar nur Anhaltspunkte anhand derer festgestellt werden kann, ob Arbeiten normaler Weise durchgeführt werden müssen. Dann aber ist auch von der Erforderlichkeit auszugehen, wenn sich nicht anhand der Räume tatsächlich feststellen lässt, dass Arbeiten nicht notwendig sind. Ein solcher Vortrag ist dem Beklagten aber schon deshalb nicht möglich, weil er nicht behauptet, überhaupt irgendwann Arbeiten durchgeführt zu haben.

c) Der Beklagte befand sich mit der Durchführung von Schönheitsreparaturen auch in Verzug. Denn er ist mit dem Schreiben der Hausverwaltung zur Durchführung konkreter Arbeiten aufgefordert worden. Dass die konkreten Arbeiten in dem Schreiben vom 31. Oktober 2001 nicht benannt werden, schadet insoweit nicht, weil sich diese hinreichend konkret aus dem beigefügten Protokoll ergeben.

d) Dem Beklagten ist mit dem Schreiben der Hausverwaltung vom 31. Oktober 2001 auch eine Nachfrist gesetzt worden und die Ablehnung der Annahme für den Fall der Fristversäumung angekündigt worden.

e) Die Geltendmachung dieses Schadensersatzanspruches ist auch nicht deshalb zu verneinen, weil bereits von dem Vormieter des Beklagten Schadensersatz wegen der Nichtdurchführung von Schönheitsreparaturen verlangt worden ist. Denn dies steht einer Inanspruchnahme des Beklagten nicht entgegen. Die Verpflichtung zur Durchführung der Schönheitsreparaturen ist Teil der Hauptleistungspflicht. Sie hat damit geldwerten Charakter (BGH, Beschluss vom 30. Oktober 1984, VIII ZR 1/84, BGHZ 92, 363, 368 = NJW 1985, 480; Beschluss vom 1. Juli 1987, VIII AZR 9/86, BGHZ 101, 253 = NJW 1987, 2575). Dass die von dem Beklagten übernommenen Räume vertragsgemäß unrenoviert waren und der Beklagte gleichwohl die Verpflichtung zur Durchführung der Schönheitsreparaturen übernommen hat, ist damit lediglich Ausdruck der gemeinsamen Bewertung des Wertes der Räume und kann dem Anspruch der Kläger auch nach § 242 BGB nicht entgegen gehalten werden.

3. Den Klägern steht daher Schadensersatz zu, der sich allerdings nur auf einen Betrag von 2.160,36 EUR bezieht.

a) Das Landgericht hat insoweit zu Recht die von dem gerichtlich Sachverständigen mitgeteilten Einheitspreise zugrunde gelegt. Soweit der Beklagte dies beanstandet und meint, das Gericht hätte den Sachverständigen hinsichtlich der Ortsüblichkeit der Preise zu einer schriftlichen Stellungnahme auffordern oder ihn mündlich vernehmen müssen, sind Verfahrensfehler nicht zu erkennen. Konkrete Tatsachen, die den Schluss zuließen, dass die Ermittlungen des Sachverständigen fehlerhaft waren, trägt der Beklagte nicht vor.

Der Sachverständige hat auf S. 6 seines Gutachtens selbst ausgeführt, dass er die Preise anhand seiner Erfahrungswerte und aufgrund der Preise in vergleichbaren Bauprojekten überprüft hat. Der Beklagte ist mit diesem Vorbringen aber auch ausgeschlossen, weil er selbst aufgrund der gerichtlichen Aufforderung vom 3. Juni 2003 (Bl. 108 d.A.) die mündliche Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständigen hätte verlangen können. Dies hat er aber nicht getan.

b) Das Landgericht hat insoweit auch zu Recht die Kosten für das Streichen der Türen, der Fenster und der Heizungsrohre angesetzt. Denn die üblichen Renovierungsfristen gehen davon aus, dass auch insoweit üblicher Weise Abnutzungsspuren entstehen, die zu beseitigen sind, selbst wenn es sich insoweit nur um das Nachdunkeln der Farbe handelt. Soweit das LG Köln (WuM 1997, 434) eine andere Auffassung vertritt, teilt der Senat diese nicht.

Die geltend gemachten Beträge sind auch nicht um die Mehrwertsteuer zu bereinigen. Es kann dahinstehen, ob die Kläger die Durchführung der Arbeiten überhaupt durchführen wollen. Auch wenn sie allein abstrakt aufgrund des Kostenvoranschlags Schadensersatz geltend machen, steht ihnen der darin enthaltene Mehrwertsteuerbetrag zu. Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 14. November 1994, 8 U 3194/94, GE 1995, 109; Urteil vom 9. Juli 1990, 8 U 193/89), von der abzurücken es auch angesichts der geänderten Rechtslage keinen Grund gibt. Der Beklagte kann sich insoweit auch nicht auf § 249 Absatz 2 Satz 2 BGB in der Fassung des 2. Schadensrechtsänderungsgesetzes vom 19. Juli 2002 berufen. Denn diese Fassung gilt erst ab dem 1. August 2002 und ist auf Schadensfälle, die wie hier vor dem 31. Juli 2002 eingetreten sind, nicht anwendbar, vgl. Art. 229 § 8 EGBGB.

c) Den Klägern steht aber kein Schadensersatz für die Positionen 2.06 und 2.07 (Fenster, Rolladenkasten streichen: 220,60 DM), 4.01 bis 4.04 (Tapezieren Vorraum WC: 721,68 DM) und 4.8, 4.9 (Entfernen und Entsorgen PVC im Vorraum WC: 195,49 DM insgesamt: 1.137,77 DM) zu. Denn zu diesen Arbeiten war der Beklagte mit dem Schreiben der Hausverwaltung vom 31. Oktober 2001 nicht aufgefordert worden, so dass er sich nicht in Verzug befand oder, soweit es um das Entfernen und die Entsorgung des Teppichbodens ging, davon ausgehen durfte, dass er keine Arbeiten auszuführen habe, so dass hier ein Anspruch nach § 254 BGB ausgeschlossen ist.

d) Die Kläger können daher ausgehend von dem vom Landgericht zuerkannten Nettobetrag von 4.762,27 DM lediglich 3.642,50 DM verlangen. Dies ergibt zzgl. Mehrwertsteuer 4.225,30 DM (= 2.160,36 EUR).

4. Dem Beklagten steht kein aufrechenbarer Schadensersatzanspruch nach § 538 Absatz 1 BGB a.F. zu, wie das Landgericht zutreffend ausführt. Dass die Räume unrenoviert waren, bedeutet nach der vertraglichen Vereinbarung schon keinen Mangel (s.o.).

Darüber hinaus, hat der Beklagte diese Beträge auch nicht aufgewandt. Eine Berücksichtigung dieses Einwandes würde den Beklagten auch so stellen, als ob er Anspruch auf die Überlassung renovierter Räume gehabt hätte. Das war aber nicht der Fall.

B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Absatz 1 ZPO. Die errechneten Quoten folgen dabei vor allem aus der Berücksichtigung der erfolglosen Aufrechnung, die zu einer Erhöhung des Gebührenstreitwerts geführt hat, vgl. § 19 Absatz 3 GKG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

C. Die Zulassung der Revision kommt nicht in Betracht. Dies gilt auch, soweit der Senat eine andere Auffassung als das Landgericht Köln (WuM 1997, 434) vertritt. Denn diese Entscheidung steht nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.



Ende der Entscheidung

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