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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 22.05.2003
Aktenzeichen: 8 U 346/01
Rechtsgebiete: BGB, EGBG


Vorschriften:

BGB a.F. § 535 Satz 2
BGB a.F. § 306
BGB a.F. § 541
BGB § 117 Abs. 1
BGB § 117
EGBG Art. 229 § 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 8 U 346/01

Verkündet am: 22. Mai 2003

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts, Elßholzstraße 30 - 33, 10781 Berlin, im schriftlichen Verfahren nach dem Sach- und Streitstand vom 30.4.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bieber und die Richter am Kammergericht Markgraf und Dr. Müther für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 24. Juli 2001 verkündete Urteil der Zivilkammer 32 des Landgerichts Berlin wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass der Rechtsstreit wegen der geltend gemachten Hauptforderung in der Hauptsache erledigt ist, soweit der Beklagte zu einer höheren Zahlung als 9.996,13 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 103,87 EUR seit dem 5. Juli, 5. August, 5. September, 5. Oktober, 5. November sowie aus 1.033,95 EUR seit dem 5. Januar sowie aus jeweils 2.084,74 EUR seit dem 5. Februar, 5. März, 5. April und 5. Mai 2001 verurteilt worden ist. Wegen der weitergehenden Zinsen wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe:

A. Die zulässige Berufung hat im Wesentlichen keinen Erfolg. Lediglich wegen der in erster Instanz geltend gemachten Zinsen, deren Ausurteilung die Klägerin nunmehr nicht mehr verlangt, kann nicht die Erledigung des Rechtsstreits festgestellt werden, so dass die Klage insoweit abzuweisen ist (siehe III). Soweit die Klägerin die Zahlung des Herrn Hubertus B.... mit den hier noch geltend gemachten Mietzinsbeträgen verrechnet hat, war die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache festzustellen (siehe II). Wegen der noch geltend gemachten Mietzinsbeträge in Höhe von insgesamt 9.996,14 EUR nebst Zinsen war die Verurteilung gerechtfertigt (siehe I).

I. Die Klägerin kann von dem Beklagten die Zahlung der nach der Verrechnung verbliebenen Mietzinsbeträge in Höhe von je 203,15 DM für die Zeit von Juli bis Dezember 2000, von 2.055,17 DM für Januar 2001 und in Höhe von jeweils 4.077,40 für die Zeit von Februar bis Mai 2001 aufgrund des abgeschlossenen Mietvertrages vom 28. Januar 2000 für die Zeit von Juni bis August 2000 nach § 535 Satz 2 BGB a.F. und für die Zeit von September 2000 bis Mai 2001 nach § 535 Absatz 2 BGB in Verbindung mit Art. 229 § 3 EGBG verlangen.

1. Die Klägerin kann die genannten Beträge geltend machen. Sie ist als Gesellschaft bürgerlichen Rechts aufgrund der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 29. Januar 2001 (NJW 2001, 1056) als parteifähig anzusehen ist.

2. Zwischen der Klägerin und dem Beklagten bestand ein wirksamer Mietvertrag.

a) Soweit der Beklagte meint, dass nur ein bedingter Vertrag abgeschlossen worden ist, hat das Landgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass sich hierfür in dem schriftlichen abgefassten Vertragswerk kein Anhaltspunkt findet und dass der Beklagte für etwa daneben bestehende mündliche Abreden keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen hat. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen in der landgerichtlichen Entscheidung verwiesen. Diese Beurteilung entspricht der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 27. Mai 2002, Az.: 8 U 2074/00, KGR 2002, 285).

b) Der Annahme des Bestehens eines wirksamen Vertrages steht nicht der Vortrag des Beklagten in der Berufung entgegen, dass der Vertrag nur zur Vorlage bei den Kreditinstituten angefertigt worden ist. Dagegen spricht schon die Tatsache, dass konkrete Vertragspflichten wie die Renovierungspflichten enthalten sind, die innerhalb bestimmter Fristen erledigt werden sollten. Der Beklagte geht jedenfalls in seinem Schreiben vom 16. März 2000, 19. Februar 2001 und dem Schreiben seines damaligen Rechtsanwaltes vom 8. Mai 2001 selbst von einem bestehenden Mietverhältnis aus. Die Richtigkeit der Auffassung des Beklagten unterstellt, läge aber ein Scheingeschäft nach § 117 Absatz 1 BGB vor. Für ein derartiges Geschäft fehlt es aber an ausreichendem Tatsachenvortrag.

So trägt der Beklagte nicht vor, woraus sich der übereinstimmende Wille der Nichtgeltung der Vertragsabreden ergeben soll. Aus den vom Beklagten beschriebenen äußeren Umständen des Betriebsüberganges ergibt sich ein solcher Wille jedenfalls nicht, weil dies in jedem Fall vorausgesetzt hätte, dass die Parteien von einer zweifelhaften Finanzierbarkeit ausgegangen sind. Dies behauptet der Beklagte aber nicht. Der fehlende Tatsachenvortrag geht zu Lasten des Beklagten, weil er für die Voraussetzungen eines Scheingeschäftes im Sinne des § 117 BGB darlegungs- und beweispflichtig ist (vgl. BGH, NJW 1988, 2597; 1991, 1617; Palandt/Heinrichs, BGB, 62. Aufl., § 117 Rn. 9; Erman/Palm, BGB, 10. Aufl., § 117 Rn. 19).

c) Entgegen der Auffassung des Beklagten scheitert die Wirksamkeit des Vertrages nicht daran, dass die mit seinem Vater bestehende Nutzungsvereinbarung vom 11. Oktober 1999 nicht, jedenfalls nicht förmlich aufgehoben worden ist. Denn selbst wenn die Klägerin aufgrund dieser Vereinbarung zur Überlassung der Mietsache an den Beklagten wegen entgegenstehender Rechte seines Vaters außerstande gewesen wäre, läge kein Fall des § 306 BGB a.F. vor. Denn insoweit greift die Sonderregel des § 541 BGB a.F. ein, die über ihren Wortlaut hinaus bereits dann anzuwenden ist, wenn das subjektive Leistungsunvermögen bereits zu Beginn des Mietverhältnis bestanden hat (vgl. BGH, NJW 1980, 777; 1985, 1025; Bub/Treier/Kraemer, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., III Rn. 1185f.; Erman/Jendrek, BGB, 10. Aufl., § 541 Rn. 1).

d) Der von der Klägerin geltend gemachte Mietzinsanspruch scheitert schließlich auch nicht daran, dass dem Beklagten die Mieträume nicht überlassen worden wären. Entgegen der Auffassung des Beklagten bedarf es zu einer Überlassung der Mietsache keiner direkten Übergabe durch den Vermieter. Insoweit reicht es aus, dass sich der Mieter selbst den Besitz an der Mietsache verschafft. Die Parteien können demgemäß auch Vereinbarungen im Vertrag über die Art und Weise der Überlassung treffen. Insoweit haben die Parteien auch vereinbart, dass der Beklagte die Mietflächen von dem Vormieter, seinem Vater übernehmen soll. Ob dieser aufgrund der Vereinbarung in dem Vertrag zur Übergabe der Mieträume oder sogar seiner Unternehmung an seinen Sohn verpflichtet war, spielt insoweit keine Rolle, weil es für die Frage der Überlassung allein auf die tatsächliche Nutzbarkeit durch den Mieter ankommt.

Der Beklagte behauptet allerdings nun in der Berufung, dass sein Vater die Mieträume in Eigenbesitz gehalten hätte, woraus sich ergebe, dass es an der notwendigen Besitzeinräumung mangele. Insoweit fehlt aber schon näherer Vortrag, wie sich der behauptete Eigenbesitz ausgewirkt hat. Denn der Beklagte behauptet schon nicht, dass ihm der Zugang zu den Räumen verwehrt war. Er behauptet auch nicht, dass ihm sein Vater den Besitz streitig gemacht hat. Dann bedeutet die Erklärung, der Vater habe Eigenbesitz gehabt, nicht mehr als eine Rechtsauffassung. Diese ist aber nach dem bisherigen Sach- und Streitstand unzutreffend. Der Beklagte hat im Schreiben vom 16. März 2000 selbst erklärt, dass er Umbauarbeiten in den Räumen durchführen lasse. Dies lässt nicht den Schluss zu, dass ihm kein oder nur ein untergeordneter Besitz eingeräumt worden ist.

3. Einwendungen gegen die insoweit ausgeurteilten und noch geltend gemachten Zinsen hat der Beklagte nicht erhoben. Der Anspruch ergibt sich aus den §§ 284, 288 BGB.

II. Soweit die Klägerin mit dem Schriftsatz vom 24. April 2003 die von dem Vater des Beklagten erfolgte Zahlung von 24.800 DM mit den ältesten hier geltend gemachten Mietzinsforderungen verrechnet hat, ist die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache festzustellen. Die Klägerin hat insoweit zwar keinen ausdrücklichen Antrag gestellt. Dieses Begehren ergibt sich aber aus der Tatsache, dass die Klägerin die Klage auch insoweit zunächst für begründet hielt und beantragt hat, das landgerichtliche Urteil wegen eines Betrages in Höhe von 9.996,13 EUR nebst näher bezeichneter Zinsbeträge aufrecht zu erhalten. Die Klägerin hat insoweit auch zu Recht einen Betrag in Höhe von 1.405,81 DM von der Verrechnung ausgenommen. Denn in dieser Höhe waren für die Zeit von Juli bis Januar 2001 Nebenkostenvorschüsse in Höhe von monatlich 200,83 DM zu berücksichtigen, die nicht mehr Gegenstand des Zahlungsantrages der Klägerin sind.

Wegen des verbliebenen Betrages von 23.394,19 DM war die Erledigung des Rechtsstreits in Höhe der mit dem Vater vereinbarten Nettomietzinsbeträge von 3.279,17 DM vorzunehmen, weil die Klage insoweit erst durch ein nach Rechtshängigkeit eintretendes Ereignis unbegründet geworden ist. Dabei kann dahinstehen, ob die als Zahlung für den Vater des Beklagten bezeichnete Leistung sofort hätte auf die Mietzahlungsverpflichtung des Beklagten angerechnet werden müssen. Denn die Leistung ist in jedem Fall erst nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit der Klage am 1. Juni 2001 erfolgt. Denn die Zahlung erfolgte erst im Juli 2001.

III. Eine Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache kommt aber nicht in Betracht, soweit die Klägerin auch den Zinsantrag insoweit nicht mehr weiter verfolgt, wie sie Verrechnungen auf ihre Hauptforderungen vorgenommen hat. Denn insoweit ist die Klage nicht unbegründet geworden.

B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Absatz 2 ZPO. Soweit die Parteien den Rechtsstreit wegen der geltend gemachten Nebenkostenvorschüsse in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist über die auf diesen Anteil entfallenden Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands gemäß § 91a ZPO nach billigem Ermessen zu entscheiden. Danach hat der Beklagte in entsprechender Anwendung des § 91 Absatz 1 Satz 1 ZPO auch diese Kosten zu tragen, weil er nach dem Mietvertrag zur Leistung dieser Beträge zum Zeitpunkt ihrer Rechtshängigkeit verpflichtet war. Der Anspruch der Vermieterin ist allein wegen des Ablaufs der Abrechnungsfrist, die mit einem Jahr nach Ablauf der zugrunde liegenden Leistungsperiode endet, untergegangen. Die Vermieterin kann lediglich noch das Saldo aus einer Abrechnung verlangen.

C. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Ziff. 10, 713 ZPO.

Revisionszulassungsgründe sind nicht ersichtlich und von den Parteien nicht geltend gemacht worden.



Ende der Entscheidung

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