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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 10.03.2003
Aktenzeichen: 8 U 351/01
Rechtsgebiete: BGB, NMV, ZPO


Vorschriften:

BGB § 138
BGB § 138 Abs. 1
BGB § 138 Abs. 2
BGB § 273
BGB § 284
BGB § 286 Abs. 1
BGB § 535 Satz 2
BGB § 542
BGB § 565 Abs. 1 Ziffer 3
BGB § 566 Abs. 2
BGB § 566 Satz 2
NMV § 20 Abs. 3
ZPO § 528 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 8 U 351/01

Verkündet am: 10. März 2003

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bieber, die Richterin am Kammergericht Dr. Henkel und die Richterin am Kammergericht Spiegel auf die mündliche Verhandlung vom 3.März 2003 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 26. Juli 2001 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin geändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 23.666,66 Euro nebst 3 % Zinsen über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank aus 1.901,39 Euro seit dem 4. Dezember 1998 bis zum 4. November 1999, aus je 1.901,39 Euro seit dem 6. Januar 1999 bis 4. November 1999, seit dem 4. Februar 1999 bis 4. November 1999, seit dem 4. März 1999 bis zum 4. November 1999, seit dem 7. April 1999 bis zum 4. November 1999, seit dem 6. Mai 1999 bis zum 4. November 1999, seit dem 5. Juni 1999 bis zum 4. November 1999, seit dem 6. Juli 1999 bis zum 4. November 1999, seit dem 5. August 1999 bis zum 4. November 1999, seit dem 4. September 1999 bis zum 4. November 1999, seit dem 5. Oktober 1999 bis zum 4. November 1999, seit dem 5, November 1999 bis zum 4. November 1999, aus 943,39 Euro seit dem 1. Oktober 1999 bis zum 4. November 1999, sowie aus 23.666,67 Euro seit dem 5. November 1999 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Auf die unselbständige Anschlussberufung der Klägerin wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin weitere 43.358,30 Euro nebst Mahnkosten in Höhe von 25,56 Euro sowie Verzugszinsen in Höhe von 3 % über dem Basiszinssatz aus je 1.901,39 Euro (3.718,80 DM) seit dem 3. Dezember 1999, 5. Januar, 3. Februar, 3. März, 5. April, 4. Mai, 6. Juni, 6. Juli, 3. August, 5. September, 4. Oktober, 6. November, 5. Dezember 2000, 4. Januar, 5. Februar, 5. März, 4. April, 4. Mai, 6. Juni, 4. Juli, 3. August, 5. September 2001, aus 895,27 Euro (1.750,99 DM) seit dem 1. November 2002, sowie aus 631,59 Euro (1.236,85 DM) seit dem 1. November 2002 zu zahlen.

Im Übrigen wird die unselbständige Anschlussberufung der Klägerin zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszuge haben die Klägerin zu 36 % und die Beklagte zu 64 % zu tragen. Die Kosten des Rechtsstreits im zweiten Rechtszuge hat die Klägerin zu 15 % und die Beklagte zu 85 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 73.700,00 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Beklagte darf Sicherheit auch durch schriftliche, unwiderrufliche, unbefristete, unbedingte und selbstschuldnerische Bürgschaft einer als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Deutschen Großbank erbringen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Berufung der Beklagten richtet sich gegen das am 26. Juli 2001 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Die Beklagte trägt zur Begründung der Berufung vor:

I. Zur Wirksamkeit der Kündigung

Die Kündigung vom 28. September 1998 habe das Mietverhältnis zum 31. Dezember 1998 beendet.

Gemäß § 566 Abs. 2 BGB gelte der Vertrag als für unbestimmte Zeit geschlossen, da die Parteien, als sie nachträgliche Vereinbarungen getroffen hätten, die Schriftform nicht eingehalten hätten. Sie sei daher gemäß § 565 Abs. 1 Ziffer 3 BGB berechtigt gewesen, das Mietverhältnis zum 31. Dezember 1998 zu kündigen.

Die Parteien hätten vereinbart, dass jedenfalls für die Abrechnung der Nebenkosten, die tatsächliche, geringere Fläche maßgeblich sei. Dies ergebe sich daraus, dass die Klägerin selbst in den Betriebskostenabrechnungen die ausgemessene geringere Fläche von 54,80 qm statt der im schriftlichen Mietvertrag aufgeführten Fläche von 61,98 qm zugrunde gelegt habe. Die Flächenreduzierung von immerhin 11,6 % sei nicht unwesentlich und stehe im Widerspruch zu § 3 Ziffer 6 des Mietvertrages, wonach die Kosten im Verhältnis der vereinbarten Gesamtfläche von 61,98 qm zur Gesamtfläche des Mieters getragen werden. Es sei nicht treuwidrig, wenn sie, die Beklagte, sich auf den Formmangel berufe.

Ebenfalls gegen das Schriftformerfordernis verstoße die mit Schreiben vom 15. Juni 1998 erfolgte Erhöhung der Betriebskostenvorauszahlungen von 123,96 DM auf 330,00 DM.

Die Klägerin habe den Mietvertrag auch dadurch geändert, dass sie entgegen § 3 Ziffer 1 und Ziffer 2 des Mietvertrages keine Mehrwertsteuer mehr berechnet habe. Obgleich es sich um eine formbedürftige Vertragsänderung handele, sei keine schriftliche Vertragsänderung erfolgt.

Sie, die Beklagte, habe jedenfalls ein Recht zur außerordentlichen Kündigung wegen des gravierenden Leerstandes in Verbindung mit der Miethöhe. Wenn diese heute vereinbart werden würde, wäre sie sittenwidrig überhöht.

Was die Vollvermietung der Ladenpassage angehe, habe das Landgericht lediglich das Urteil des Bundesgerichtshofes (NJW 2000,1714 ff) abgeschrieben.

Der Vermieter habe aber hier gerade durch die Höhe des verlangten Mietzinses die Funktionsfähigkeit der Ladenpassage zu seinem Risiko gemacht.

60,00 DM pro Quadratmeter seien selbst in der Wende-Euphorie nur vertretbar gewesen, wenn der Vermieter eine Fläche in einer funktionierenden Ladenpassage zur Verfügung stellte, nicht aber in einer Geisterstraße.

II. Nichtigkeit des Mietvertrages

Der Mietvertrag sei nichtig, weil der Mietzins sittenwidrig überhöht sei Mietwucher könne bereits dann vermutet werden, wenn die angemessene Miete um 50 % überschritten werde.

Der Auffassung des Landgerichts, dem Vortrag der Beklagten dazu, dass 25,00 DM pro qm ortsüblich seien, fehle es an Substanz könne nicht gefolgt werden. Wenn jedenfalls heute nicht mehr als 25,00 DM pro qm erzielt werden könnten, so sei dies die ortsübliche Miete.

III. Betriebskosten 1997

Die im Mietvertrag getroffene Vereinbarung, wonach die Abrechnung bis spätestens zum 30. September des Folgejahres zu erfolgen habe, sei nach dem eindeutigen Wortlaut eine Ausschlussfrist.

Jedenfalls stehe ihr wegen sämtlicher geltend gemachter Betriebskostenvorauszahlungen ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB zu, denn die Klägerin habe für 1998 und die Folgejahre keine Betriebskostenabrechnung vorgelegt.

Die Betriebskostenabrechnung 1997 sei auch verwirkt, weil sie, die Beklagte, sich aufgrund der vertraglichen Vereinbarung darauf eingerichtet habe, dass eine Nachforderung nicht drohe und deshalb auch keine Rückstellungen gebildet habe.

Die Beklagte beantragt,

Die Klage unter Abänderung des am 26. Juli 2001 verkündeten Urteils der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin insgesamt abzuweisen, der Beklagten nachzulassen, Sicherheit auch durch schriftliche, unwiderrufliche, unbefristete, unbedingte Bürgschaft eines zur Durchführung von Bankgeschäften im Inland zugelassenen Kreditinstituts erbringen zu können.

Die Klägerin beantragt, nachdem sie die Klage in Höhe eines Teilbetrages von 2.727,46 Euro (Heiz- und Betriebskostenvorschüsse von Januar bis November 1999) zurückgenommen hat,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin hat zunächst ferner im Wege der unselbständigen Anschlussberufung beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 54.206,56 Euro (106.018,79 DM) nebst Mahnkosten in Höhe von 25,56 Euro (50,00 DM), Verzugszinsen in Höhe von 6.416,83 Euro (12.550,23 DM) sowie weitere Verzugszinsen in Höhe von 3 % über dem Basiszinssatz aus 54.206,56 Euro (106.018,79 DM) seit dem 1. November 2002 zu zahlen.

Nachdem sie die im Wege der unselbständigen Anschlussberufung erweiterte Klage in Höhe eines Teilbetrages von 2.231,56 Euro (4.364,55 DM) (Heiz- und Betriebskostenvorschüsse von Januar bis September 2001) sowie in Höhe eines weiteren Teilbetrages von 8.616,70 Euro (16.852,80 DM) (Mietzinsdifferenz Oktober 2001 bis März 2002) nebst anteiliger Zinsen zurückgenommen hat, beantragt sie,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 43.358,30 Euro (84.801,44 DM) nebst Mahnkosten in Höhe von 25,56 Euro (50,00 DM), Verzugszinsen in Höhe von 6.416,83 Euro (12.550,23 DM) sowie weitere Verzugszinsen in Höhe von 3 % über dem Basiszinssatz aus 43.358,30 Euro (84.801,44 DM) seit dem 1. November 2002 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die unselbständige Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Klägerin hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt ergänzend vor:

I. Zur Wirksamkeit der Kündigung

Der Ansatz einer geringeren Fläche für die Abrechnung der Betriebskosten des Jahres 1997 stelle keine Vertragsänderung dar. Im übrigen sei es treuewidrig, wenn die Beklagte aus dem einseitigen Verzicht der Klägerin eine konkludente Vertragsänderung konstruiere und daraus ein Kündigungsrecht herleite.

Der Wegfall der Umsatzsteuerpflicht sei kraft Gesetzes eingetreten und stelle keine Vertragsänderung dar. Im Übrigen sei das Verhalten der Beklagten treuewidrig.

Ein außerordentliches Kündigungsrecht gemäß § 542 BGB stehe der Beklagten nicht zu. Vollvermietung sei unstreitig nicht zugesichert worden. Die fehlende Vollvermietung stelle keinen Mangel dar. Der vereinbarte Mietzins in Höhe von 60,00 DM pro qm sei 1991 bei Abschluss des Mietvertrages ortsüblich gewesen, und zwar unabhängig davon, ob das Objekt in einer Ladenpassage gelegen habe oder nicht. Die Parteien hätten auch keine Risikoübernahme durch die Klägerin vereinbart.

II. Nichtigkeit des Mietvertrages

Der Mietvertrag sei nicht wegen sittenwidrig überhöhten Mietzinses nichtig, da der vereinbarte Mietzins zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ortsüblich gewesen sei.

III. Betriebskosten 1997

Die vertragliche Vereinbarung der Parteien könne nicht dahin gehend ausgelegt werden, dass die Klägerin nach Ablauf der vereinbarten Abrechnungsfrist nicht mehr abrechnen könne. Der Anspruch der Klägerin sei auch nicht verwirkt.

Im Wege der unselbständigen Anschlussberufung verlangt die Klägerin von der Beklagten Zahlung folgender Beträge:

Bruttokaltmietzins Dezember 1999 3.718,80 DM Bruttokaltmietzins Januar bis Dezember 2000 (12 x 3.718,80 DM) 44.625,60 DM Bruttokaltmietzins Januar bis September 2001 (9 x 3.718,80 DM) 33.469,20 DM Nachberechnung Grundsteuer 1994 394,69 DM Nachberechnung Grundsteuer 1995 452,10 DM Nachberechnung Grundsteuer 1996 452,10 DM Nachberechnung Grundsteuer 1997 452,10 DM Nachzahlungsbetrag aus Betriebskostenabrechnung 1998 1.236,85 DM 84.801,44 DM (43.358,30 Euro)

Unter Bezugnahme auf eine beigefügte Schuldenstandsberechnung verlangt die Klägerin darüber hinaus Zahlung von Verzugszinsen in Höhe von 6.416,83 Euro (12.550,23 DM).

Ferner macht sie unter Bezugnahme auf § 3 Abs. 4 des Mietvertrages Mahnkosten in Höhe von insgesamt 50,00 DM geltend.

Die Beklagte erwidert auf die unselbständige Anschlussberufung wie folgt:

Die unselbständige Anschlussberufung sei nicht sachdienlich.

Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten nachberechneten Grundsteuern. Der Anspruch sei sowohl verjährt als auch verwirkt. Sie, die Beklagte habe bereits mit Schreiben vom 1. August 2001 den Verjährungseinwand erhoben. Die Klägerin hätte spätestens am 30. September 2000 abrechnen müssen.

Die Abrechnung der Betriebskosten betreffend das Jahr 1998 sei nicht nachvollziehbar.

Der geltend gemachte Zinsanspruch werde nach Grund und Höhe bestritten.

Kosten für die Mahnungen könne die Klägerin nicht geltend machen, denn sie seien seit Zugang des Kündigungsschreibens überflüssig gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in beiden Rechtszügen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist überwiegend unbegründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäß, § 535 Satz 2 BGB Anspruch auf Zahlung von Mietzinsrückständen in Höhe von 23.666,66 Euro (46.287,98 DM).

Lediglich in Höhe von 433,79 Euro (848,43 DM) hat die Berufung Erfolg.

Die Klägerin kann von der Beklagten für das Jahr 1998 restlichen Mietzins in Höhe von 1.808,47 Euro (3.537,06 DM) und nicht, wie vom Landgericht in der angefochtenen Entscheidung zuerkannt, 2.242,26 Euro (4.385,49 DM) verlangen.

Die Beklagte hat in den Monaten Januar bis Juni 1998 insgesamt 92,92 Euro (181,74 DM) zu viel Mietzins gezahlt. Das Landgericht hat dieses Guthaben versehentlich als ausstehenden Mietzins behandelt und hat demzufolge einen Betrag in Höhe von 185,84 Euro (181,74 DM x 2 = 363,48 DM) zu viel zu erkannt.

Darüber hinaus hat die Klägerin gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung des für den Monat Dezember 1998 geltend gemachten und zuerkannten Heiz- und Betriebskostenvorschusses in Höhe von 247,95 Euro (484,95 DM).

Gemäß § 3 Ziffer 8 des Mietvertrages hat die Abrechnung der Betriebs- und Heizkosten spätestens bis zum 30. September des Folgejahres zu erfolgen. Die Klägerin hatte demzufolge die Heiz- und Betriebskosten 1998 bis zum 30. September 1999 abzurechnen. Danach hatte sie wegen der eingetretenen Abrechnungsreife keinen Anspruch mehr auf Zahlung von Vorauszahlungen. Da der Mahnbescheid erst am 30. Dezember 1999 eingereicht worden ist, war die Klage insoweit von Anfang an unbegründet.

Die Berufung der Beklagten hat darüber hinaus keinen Erfolg.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Mietzins für die Zeit von Januar bis November 1999 in Höhe von 20.915,31 Euro (3.718,80 x 11 = 40.906,80 DM). Wegen der Heiz- und Betriebskostenvorauszahlungen in Höhe von 2.727,46 Euro (484,95 DM x 11 = 5.334,45 DM) hat die Klägerin die Klage zurückgenommen.

Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung äußerst sorgfältig und zutreffend ausgeführt, dass die Beklagte den Mietvertrag nicht wirksam zum 31. Dezember 1998 beendet hat.

Soweit das Landgericht ein Kündigungsrecht gemäß § 566 Satz 2 BGB verneint hat, kann auf die in vollem Umfang zutreffenden Ausführungen der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen werden.

Ebenso verhält es sich hinsichtlich eines etwaigen Kündigungsrechtes gemäß § 542 BGB. Den Ausführungen des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung ist nichts hinzuzufügen.

Die Beklagte hat auch in der Berufungsinstanz nicht darzulegen vermocht, dass der streitgegenständliche Mietvertrag gemäß § 138 BGB nichtig ist.

Es liegt keine Nichtigkeit nach § 138 Abs. 2 BGB vor, denn es fehlt insoweit an den subjektiven Voraussetzungen des Wuchers. Es ist in keiner Weise vorgetragen oder ersichtlich, dass bei Abschluss des Mietvertrages eine etwaige Schwächesituation der Beklagten, wie eine Zwangslage, Unerfahrenheit, mangelndes Urteilsvermögen oder erhebliche Willensschwäche ausgebeutet wurde.

Der Vertrag ist auch nicht nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Eine Anwendung der Vorschrift ist allerdings nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil die Voraussetzungen des § 138 Abs. 2 BGB nicht gegeben sind. Die Regelungen sind vielmehr nebeneinander anwendbar (vgl. BGH WPM 1981,404; Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Auflage, II, Rdnr.698).

Es liegt aber kein wucherähnliches Geschäft vor. Insoweit kommt es auf ein besonders grobes Missverhältnis der vereinbarten Leistungen an. Ein derartiges Missverhältnis ist dabei entgegen der Auffassung der Beklagten im Gewerbemietrecht erst bei einem Abweichen der vereinbarten und der ortsüblichen Miete zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses um mehr als 100 % anzunehmen (allgemein dazu Palandt/Heinrichs, BGB 60. Auflage, § 138, Rdnr. 34 a). Der von der Beklagten ins Feld geführte Wert von 50 % gilt lediglich für das Wohnraummietrecht als Richtschnur (BGH, MDR 1997, 721; KG 12. Senat, OLGR 2001, 156; OLG Köln OLGR 2001, 42). Die Beklagte hat in keiner Weise nachvollziehbar dargelegt, dass der vereinbarte Mietzins von 60,00 DM pro qm überhaupt von dem zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ortsüblichen Mietzins abweicht. Soweit die Beklagte einen ortsüblichen Mietzins von 25,00 DM pro qm behauptet, handelt es sich um eine Behauptung ins Blaue hinein. Aus dem Umstand, dass heute möglicherweise der ortsübliche Mietzins nur noch 25,00 DM pro qm beträgt, lässt sich keine Schlussfolgerung bezüglich des zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses im Jahre 1991 ortsüblichen Mietzinses ziehen.

Da der Mietzins nicht sittenwidrig überhöht ist, fehlt es auch an einer aufrechenbaren Gegenforderung der Beklagten, so dass die in der Berufungsinstanz aufrechterhaltene Hilfsaufrechnung keinen Erfolg hat.

Die Klägerin kann von der Beklagten - wie vom Landgericht in der angefochtenen Entscheidung zuerkannt - Zahlung des sich aus der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 1997 ergebenden Nachzahlungsbetrages in Höhe von 942,88 Euro (1.844,12 DM) verlangen.

Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung ebenfalls zutreffend ausgeführt, dass es sich bei der in § 3 Ziffer 8 des Mietvertrages genannten Abrechnungsfrist nicht um eine Ausschlussfrist handelt.

Lediglich bei der in § 20 Abs. 3 NMV geregelten Abrechnungsfrist für preisgebundenen Wohnraum wird von einer Ausschlusswirkung für Nachforderungen des Vermieters ausgegangen. Bei preisfreiem Wohnraum hingegen wird bei einer Fristüberschreitung nicht von einer Ausschlusswirkung ausgegangen (Sternel, Mietrecht aktuell, 3. Auflage, Rdnr. 804, 805). Erst Recht hat ein Überschreiten der vereinbarten Abrechnungsfrist im Gewerbemietrecht keine Ausschlusswirkung zur Folge (Bub/Treier, a.a.O., III. A Rdnr. 46).

Verwirkung ist nicht eingetreten. Es kann auch insoweit auf die in vollem Umfang zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen werden.

Die unselbständige Anschlussberufung der Klägerin war gemäß § 528 Abs. 2 ZPO zuzulassen, da sie - jedenfalls nach dem die Klägerin die Klage insoweit zurückgenommen hat, als sie zunächst von der Beklagten Zahlung des Restmietzinses für den Zeitraum Oktober 2001 bis März 2002 geltend gemacht hat - die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögert.

Die unselbständige Anschlussberufung ist auch - mit Ausnahme des geltend gemachten Zinsanspruches, der teilweise unbegründet ist, - begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäß § 535 Satz 2 BGB einen Anspruch auf Zahlung des Bruttokaltmietzinses für den Monat Dezember 1999 in Höhe von 3.718,80 DM.

Ebenfalls gemäß § 535 Satz 2 BGB begründet ist die unselbständige Anschlussberufung, soweit die Klägerin von der Beklagten Zahlung des Bruttokaltmietzinses für die Zeit von Januar bis einschließlich Dezember 2000 in Höhe von (3.718,80 DM x 12 =) 44.625,60 DM verlangt.

Für die Zeit von Januar bis September 2001 hat die Klägerin gegen die Beklagte gemäß § 535 Satz 2 BGB einen Anspruch auf Zahlung des Bruttokaltmietzinses in Höhe von monatlich 3.718,80 DM also in Höhe von insgesamt (9 x 3.718,80 DM =) 33.469,20 DM.

Schlüssig ist die unselbständige Anschlussberufung auch insoweit, als die Klägerin von der Beklagten Zahlung der nachberechneten Grundsteuern für die Jahre 1994,1995, 1996 und 1997 in Höhe von insgesamt 1.750,99 DM verlangt. Der Anspruch ist gemäß § 535 Satz 2 BGB i.V.m. § 3 Ziffer 6 des Mietvertrages begründet. Der Anspruch ist nicht verjährt. Wie dem Schreiben vom 25. Juli 2001 zu entnehmen ist und von der Beklagten nicht bestritten wird, datiert der Grundsteuerbescheid vom 8. August 2000. Erst zu diesem Zeitpunkt sind die abzurechnenden Kosten bei der Klägerin entstanden, so dass die Ansprüche auf Erstattung der in dem Bescheid vom 8. August 2000 ausgewiesenen Grundsteuer erst am 31. Dezember 2004 verjährt sind.

Die Voraussetzungen für eine Verwirkung hat die Beklagte nicht dargelegt. Eine Verwirkung des Anspruchs des Vermieters auf Nachzahlung ist bei Verzögerung der Abrechnung nur anzunehmen, wenn der Mieter darauf vertrauen darf, für den zurückliegenden Zeitraum nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls (Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Auflage, III.A, Rdnr. 46). Hier hat sich die Klägerin in sämtlichen Betriebskostenabrechnungen die Geltendmachung der Grundsteuern vorbehalten. In der Abrechnung vom 20. November 1995 betreffend das Jahr 1994 hat sie darauf hingewiesen, dass sie die noch nicht vorliegenden Kosten für die Grundsteuer nacherheben werde. In der Abrechnung vom 29. Januar 1997 betreffend das Jahr 1995 hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass sie die ihr zur Zeit noch nicht vorliegenden Kosten für die Grundsteuer 1994 nacherheben werde. Aus dem Umstand, dass die Klägerin die Grundsteuern betreffend das Jahr 1995 in diesem Schreiben nicht erwähnt hat, durfte die Beklagte nicht den Schluss ziehen, dass die Klägerin darauf verzichten wolle. Die Beklagte musste vielmehr nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte davon ausgehen, dass die Klägerin auch die Grundsteuern 1995 nacherheben wird. In der Abrechnung vom 29. Juli 1999 hat die Klägerin dann auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie die noch ausstehende Grundsteuernachberechnung für den Zeitraum 1. Januar 1994 bis 31. Dezember 1997 nachreichen wird. Ohne weitere Anhaltspunkte durfte die Beklagte nicht davon ausgehen, dass die Klägerin sie wegen der Grundsteuern nicht mehr in Anspruch nehmen werde. Der Zeitablauf alleine reicht jedenfalls nicht aus.

Die Klägerin kann von der Beklagten gemäß § 535 Satz 2 BGB auch Zahlung des aus der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 1998 resultierenden Nachzahlungsbetrages in Höhe von 1.236,85 DM verlangen. Die Abrechnung ist entgegen der unsubstantiierten Behauptung der Beklagten ohne weiteres nachvollziehbar.

Die geltend gemachten Mahnkosten in Höhe von 50,00 DM sind gemäß § 286 Abs. 1 BGB begründet.

Soweit die Klägerin von der Beklagten Zahlung von Verzugszinsen in Höhe von 12.550,23 DM verlangt, ist der geltend gemachte Anspruch teilweise unbegründet, denn in der Zinsberechnung sind Anspruchspositionen enthalten, die die Klägerin zurückgenommen hat. Da die Klägerin in ihrer Aufstellung Zinsen jeweils ab dem 4. Werktag eines Monats verlangt und darin - jedenfalls als Minus - auch der Antrag enthalten ist, Zinsen aus den letztlich begründeten Positionen zu gewähren, hat der Senat den Zinsantrag entsprechend ausgelegt und aus Vereinfachungsgründen ohne Kapitalisierung wie aus dem Tenor ersichtlich neu gefasst.

Im Hinblick auf die Höhe der geltend gemachten Zinsen, wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Der zuerkannte Zinsanspruch ist gemäß §§ 284, 286 Abs. 1 BGB begründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 97 Absatz 1, 269 Abs. 3 ZPO. Die weiteren prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.

Die Revision zum Bundesgerichtshof wird nicht zugelassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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