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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 19.08.2002
Aktenzeichen: 8 U 380/01
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 91 a
ZPO § 91 a Abs. 2 Satz 1
ZPO § 97
ZPO § 99
ZPO § 99 Abs. 1
ZPO § 447
ZPO § 448
ZPO § 543 Abs. 2 Ziff. 1
ZPO § 543 Abs. 2 Ziff. 2
ZPO § 577 a.F.
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 713
BGB § 130
BGB § 242
BGB § 427
BGB § 431
BGB § 556 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
KAMMERGERICHT Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 8 U 380/01

Verkündet am: 19. August 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin auf die mündliche Verhandlung vom 19. August 2002 durch die Richterin am Landgericht Dr. Henkel als Einzelrichterin für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 6. August 2001 verkündete Urteil der Zivilkammer 25 des Landgerichts Berlin wird zurückgewiesen.

Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe:

A) Berufung des Beklagten zu 2)

Die Berufung des Beklagten zu 2) ist unzulässig.

Das angefochtene Urteil enthält eine gemischte Kostenentscheidung, die für den übereinstimmend für erledigt erklärten Teil hinsichtlich des Beklagten zu 2) auf § 91 a ZPO beruht. Die gegen den Kostenausspruch gerichtete Berufung ist wegen § 99 Abs. 1 ZPO unzulässig.

Nach dieser Vorschrift kann die Kostenentscheidung nur zusammen mit der Sachentscheidung angegriffen werden. Das Rechtsmittel des Beklagten zu 2) richtet sich nur gegen die Kostenentscheidung, wobei eine Hauptsachenentscheidung gegen den Beklagten zu 2) ohnehin nicht ergangen ist. Gegen eine gemischte Kostenentscheidung ist, soweit sie lediglich wegen der Entscheidung nach § 91 a ZPO angefochten ist, nur die sofortige Beschwerde, nicht die Berufung gegeben (BGHZ 40,265; BGH MDR 1967, 576; BGH MDR 1991, 793). Es kann für die Entscheidung dahinstehen, ob das als Berufung bezeichnete Rechtsmittel hinsichtlich des Beklagten zu 2) in eine sofortige Beschwerde umgedeutet werden kann (vgl. so OLG Hamm MDR 1974, 1023). Denn jedenfalls hat der Beklagte zu 2) die Beschwerdefrist von 2 Wochen (§§ 91 a Abs. 2 Satz 1 iVm 577 ZPO a.F.) versäumt. Der Beklagte zu 2) kann sich nicht darauf berufen, dass nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz gegen das angefochtene Urteil sowohl die Beschwerde als auch die Berufung gegeben ist. Der Grundsatz der Meistbegünstigung gewährt dem Rechtsmittelführer kein generelles Wahlrecht, wenn nach der Form der Entscheidung verschiedene Rechtsmittel in Betracht gezogen werden können. Er betrifft vor allem den Fall, dass ein Gericht seine Entscheidung in einer anderen als der im Gesetz vorgesehenen Form erlassen hat. Dann darf der Fehler des Gerichts nicht zu Lasten der unterlegenen Partei gehen. Der Vertrauensschutz gebietet, dass eine Partei im Falle der fehlerhaften Entscheidung des Gerichts keine Nachteile erfährt. Ein Fehler des Landgerichts liegt jedoch nicht vor. Denn das Landgericht hat zutreffend hinsichtlich des erledigten Teils die Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO und des Hauptsacheteils nach § 91 ZPO und nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung im Urteil getroffen. Hat das Gericht jedoch seine Entscheidung in zutreffender Form getroffen, ist es allein Sache des Rechtsmittelführers das zutreffende Rechtsmittel auszuwählen (BGH MDR 1967, 576; OLG Stuttgart OLG Report 1998, 277).

B) Berufung des Beklagten zu 3)

Die Berufung des Beklagten zu 3) ist zulässig, sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

a)

Die Berufung des Beklagten zu 3) ist nicht wegen § 99 ZPO unzulässig, weil sie nicht auf den Kostenpunkt beschränkt ist. Zwar lässt sich aus den zunächst innerhalb der Berufungsfrist angekündigten Berufungsanträgen nicht zweifelsfrei entnehmen, dass der Beklagte zu 3) auch die Sachentscheidung angreifen will. Jedoch ergibt sich aus dem Inhalt der Berufungsgründe, dass das Urteil in vollem Umfange angefochten werden soll. Die Erklärungen in der Berufungsbegründung sind vernünftig auszulegen. Es genügt die Angabe, dass das Urteil voll angefochten werden soll; es reicht auch aus wenn sich das Ziel zwangsläufig aus dem Inhalt der Berufungsbegründung ergibt (BGH VersR 1982, 974; MDR 1991, 1082; MDR 1991, 1981). Aus den Berufungsgründen ergibt sich, dass der Beklagte zu 3) das Urteil auch hinsichtlich der Sachentscheidung, nämlich der Feststellung, dass der Beklagte zu 3), die Kosten des Teilsrechtsstreits zu tragen hat, anfechten will. Die Berufungsanträge folgen dem landgerichtlichen Urteil, das im Tenor einen Ausspruch zum Festsstellungsantrag nicht, sondern nur eine Kostenentscheidung enthält, in der die Hauptsachenentscheidung mitenthalten ist. Aus den Urteilsgründen ergibt sich, dass auch über den Feststellungsantrag eine Entscheidung ergangen ist, mit der sich der Beklagte zu 3) in den Berufungsgründen auseinandersetzt. Der Beklagte zu 3) hat nach richterlichem Hinweis die Berufungsanträge zuletzt zutreffend gefasst.

b)

Das Landgericht hat zu Recht festgestellt, dass der Beklagte zu 3) die Kosten des Teilrechtsstreits zu tragen hat. Denn der Beklagte zu 3) befand sich bei Einreichung der gegen ihn gerichteten Räumungsklage in Verzug. Der Räumungs- und Herausgabeanspruch der Klägerin ergab sich aus § 556 Abs. 3 BGB, da das Hauptmietverhältnis zwischen der Klägerin und der C GmbH durch Kündigung vom 10. April 2000 wegen Zahlungsverzuges wirksam beendet worden ist.

ba)

Die Klägerin konnte - entgegen der Ansicht des Beklagten zu 3) - auch die Herausgabe sämtlicher Räume verlangen. Denn der Beklagte zu 3) hatte an sämtlichen Räumen - wenn auch neben der C GmbH und dem Beklagten zu 2) - zumindest Mitbesitz. Zwar trifft es zu, dass vom Untermieter die Herausgabe und Räumung nur hinsichtlich der Räume verlangt werden kann, die er auch in Besitz hat. Dem steht nicht entgegen, dass die Bestimmung des § 556 Abs. 3 BGB einen gesetzlich Schuldbeitritt regelt, durch den sich der vertragliche Herausgabeanspruch des Hauptmieters kraft Gesetzes auf den Untermieter erstreckt (Soergel/Heintzmann, BGB, 12. Auflage, § 556 BGB, Rn. 23 ; LG Hamburg WuM 1980, 199). Insoweit haften Hauptmieter und Untermieter als Gesamtschuldner auf Rückgabe der Mietsache (§§ 427, 431 BGB; vgl. auch Wolf/Eckert, Handbuch des gewerblichen Miet,- Pacht- und Leasingsrechts, 8. Auflage, Rn. 1357). Daraus ergibt sich indes nicht, dass der Untermieter auch zur Rückgabe verpflichtet werden kann, insoweit er über Teile der Mietsache keinen Besitz hat (so auch AG Hamburg, DWW 1992, 245, 247 zu 2). Zwar haben beide Beklagten nach dem (Unter)- Mietvertrag vom 01.Januar 2000 nur fünf Räume von der Hauptmieterin angemietet. Jedoch ergibt sich aus dem Protokoll über die Rückgabe der Schlüssel, dass die Beklagten tatsächlich über Schlüssel von mehr als fünf Räumen verfügt haben, so dass sich daraus zumindest der Mitbesitz an allen Räumen herleiten lässt. Soweit der Beklagte zu 3) in der Berufungsinstanz vorträgt, dass er nur die Schlüssel an die Klägerin zurückgegeben habe, die er für seinen Mietbereich erhalten habe, steht das Schlüsselübergabeprotokoll dem entgegen. Der Beklagte trägt auch nicht substantiiert vor, für welche Räume er über Schlüssel nicht verfügt hat. Im übrigen haben die Beklagten sich in erster Instanz selbst dahingehend eingelassen, dass die Nutzungsverteilung zwischen der C GmbH und ihnen variiert hätte, wobei die C GmbH zumindest jeweils 1/3 der Räume beansprucht habe. Auch daraus ergibt sich, dass der Beklagte zu 3) - ebenso wie der Beklagte zu 2) - zumindest Mitbesitz an allen Räumen ausgeübt hat. Auf den Alleinbesitz kommt es - entgegen der Ansicht des Beklagten zu 3) - für den Herausgabeanspruch nicht an. Es ist auch unerheblich, dass die C GmbH noch in Besitz von weiteren Schlüsseln gewesen ist und möglicherweise noch Gegenstände in den Räumen belassen hat.

bb)

Der Beklagte zu 3) ist mit Übersendung des Telefaxschreibens vom 10.Mai 2000 mit der Räumung und Herausgabe auch in Verzug gesetzt worden. Ohne Erfolg beruft sich der Beklagte zu 3) darauf, dass das Faxschreiben ihm nicht zugegangen sei. Zugegangen ist eine Willenserklärung, wenn sie so in den Bereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen (Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Auflage, § 130 BGB, Rn. 5; BGH u.a. NJW 1999,1093; NJW 1983,929). Zum Bereich des Empfängers gehören auch die von ihm zur Entgegennahme von Erklärungen bereit gehaltenen Einrichtungen, wie Briefkasten, Postfach, Anrufbeantworter und Telefaxgerät. Auf Hindernisse aus seinem Bereich kann sich der Empfänger nicht berufen, da er diesen durch geeignete Vorkehrungen begegnen kann und muss (BAG NJW 1989, 606, 2213). Es ist davon auszugehen, dass dieses Telefaxschreiben in den Kenntnisbereich des Beklagten zu 3) gelangt ist. Das Faxgerät mit dem Anschluss Nr. 030 2148 45-02, das das Schreiben der Klägerin vom 10.Mai 2000 empfangen hat, war dasjenige, welches von beiden Beklagten genutzt worden ist. Das ergibt sich aus dem Schreiben vom 09. November 1999, in dem der genannte Faxanschluss zu Korrespondenzzwecken angegeben ist. Soweit der Beklagte geltend macht, dass er dieses Faxschreiben nicht erhalten habe, weil das Faxgerät auch von der Hauptmieterin, der C GmbH, genutzt worden sei, ist dies unerheblich. Denn im Hinblick auf die Angabe der Telefaxverbindung in dem Schreiben vom 09. November 1999 ist davon auszugehen, dass das Schreiben in den Empfangsbereich des Beklagten gelangt ist und er die Möglichkeit hatte, vom Inhalt der Sendung auch Kenntnis zu nehmen. Der Beklagte kann sich gegenüber der Klägerin auch nicht darauf berufen, dass die C GmbH unzuverlässig sei und deswegen ein solches Schreiben nicht über das mit der C GmbH gemeinsam genutzte Faxgerät hätte versandt werden dürfen. Dies sind Umstände, die allein im Verantwortungs- und Organisationsbereich des Beklagten lagen, so dass es ihm oblegen hätte, sicherzustellen, dass die an ihn oder die GbR gerichteten Sendungen ihn auch erreichen würden. Soweit der Beklagte beweislos vorträgt, dass die GbR bereits ab 01.Januar 2000 eine andere Telefaxnummer benutzt hätte, ist auch dies unbeachtlich. Die Klägerin hat dies bestritten und in Abrede gestellt, dass ihr dies bekannt gewesen sei. Der Beklagte hat hierzu nicht näher vorgetragen, wodurch der Klägerin die neue Kommunikationsverbindung bekannt geworden sein soll. Im übrigen ist zweifelhaft, ob dieser Vortrag zutreffend ist. Denn noch in dem von der Klägerin vorgelegten Schreiben der Beklagten zu 2) und zu 3) vom 17.April 2000, welches also nach dem 01.Januar 2000 verfasst wurde, ist die gleiche Telefaxnummer angegeben, an welche auch das Schreiben vom 10.Mai 2000 versandt worden ist. Selbst wenn der Beklagte zu 3) das Fax nicht erhalten haben sollte, wenn etwa die C GmbH dieses an ihn nicht weitergeleitet haben sollte, wie der Beklagte selbst mutmaßt, muss er sich so behandeln lassen, als wäre ihm das Schreiben zugegangen (§ 242 BGB, siehe auch Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 130 BGB, Rn. 18).

Die Klägerin war - entgegen der Ansicht des Beklagten - auch nicht verpflichtet, ihm eine angemessene Räumungsfrist einzuräumen. Nach Beendigung des Hauptmietverhältnisses und Aufforderung zur Räumung war der Herausgabeanspruch gegen den Beklagten fällig.

bc)

Der Beklagte zu 3) kann nicht mit Erfolg geltend macht, dass die Klägerin mit ihm und dem Beklagten zu 2) über den Abschluss eines neuen Mietvertrages verhandelt habe und er deswegen zur Räumung nicht verpflichtet gewesen sei. Der Beklagte hat nicht im einzelnen substantiiert vorgetragen, dass konkrete Vertragsverhandlungen und mit welchem Inhalt geführt worden sind. Vielmehr hat er sogar selbst eingeräumt, dass in dem Gespräch am 27.April 2000 eine konkrete Einigung nicht erzielt worden sei. Er trägt auch nicht vor, woraus er hätte entnehmen können, dass nach diesem Gespräch die Vertragsverhandlungen zwischen den Parteien hätten weitergeführt werden sollen. Der Beklagte hat für seinen Vortrag auch keinen geeigneten Beweis angetreten. Er hat sich nur auf seine eigene Parteivernehmung sowie auf Parteivernehmung des Beklagten zu 2) berufen. Die Voraussetzungen für eine Parteivernehmung gemäß den § 447 ZPO lagen nicht vor, weil die Klägerin ihr Einverständnis hierzu nicht erklärt hat. Auch eine Parteivernehmung von Amts wegen nach § 448 ZPO kam mangels Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nicht in Betracht. Spätestens mit Schreiben vom 10.Mai 2000 hatte die Klägerin im übrigen unmißverständlich zur Räumung aufgefordert.

bd)

Der Schadensersatzanspruch scheitert auch nicht daran, dass der Klägerin ein (weiterer) Schaden nicht entstanden sei, weil bereits durch Einreichung der Klage gegen die C GmbH Gerichtskosten und Rechtsanwaltskosten entstanden waren. Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass mit der Erweiterung auf die beiden Beklagten, diese Kosten so zu behandeln sind, als wären sie in dem jeweiligen Teilrechtsstreit mit den einzelnen Beklagten auch jeweils angefallen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Revisionszulassungsgründe gemäß § 543 Abs. 2 Ziff. 1 und 2 ZPO sind nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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