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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 06.09.2007
Aktenzeichen: 8 U 49/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 320 Abs. 1
BGB §§ 535 ff.
BGB § 546 a
BGB § 858
BGB § 858 Abs. 1
BGB § 862 Abs. 2
BGB § 1004
Jedenfalls bei einem Geschäftsraummietverhältnis endet die Verpflichtung des Vermieters zur Versorgung des Mieters mit Heizwärme nach wirksamer Beendigung des Mietverhältnisses (Aufrechterhaltung der Rechtsprechung des Senats GE 2004, 622).
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 8 U 49/07

verkündet am: 06.09.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Elßholzstr. 30-33, 10781 Berlin, durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bieber und die Richterinnen am Kammergericht Spiegel und Dr. Henkel auf die mündliche Verhandlung vom 06.09.2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 1.2.2007 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin teilweise abgeändert:

Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten durch Sicher-heitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

1. Die Berufung des Beklagten richtet sich gegen das am 1. 2. 2007 verkündete Urteil der Zivilkammer 25 des Landgerichts Berlin, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Der Beklagte hält das Urteil für nicht zutreffend und trägt ergänzend vor, dass der Kläger in der Zeit von Januar bis einschließlich Juli die geschuldete Miete in Höhe von insgesamt 29.710,48 EUR nicht gezahlt habe. Der Kläger hat hierzu geschwiegen. Der Beklagte hat daraufhin mit Schriftsatz vom 10. 8. 2007 erneut die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses erklärt. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens des Beklagten in der Berufungsinstanz wird auf seine Schriftsätze vom 26. 3. Und 10. 8. 2007 verwiesen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage unter Abänderung des am 1. 2. 2007 verkündeten Urteils insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das landgerichtliche Urteil für zutreffend. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens des Klägers in der Berufungsinstanz wird auf seinen Schriftsatz vom 14. 5. 2007 Bezug genommen.

2. Die zulässige Berufung ist begründet.

a) Zwar ist die Klage zulässig, obwohl bisher keine Einstellung der immerhin schon vor mehr als zwei Jahren angekündigten Heizwärmeversorgung erfolgt ist. Für eine auf § 862 Abs. 2 BGB gestützte Unterlassungsklage reicht aber schon - wie bei § 1004 BGB - die Gefahr einer drohenden Störung aus (Palandt/Bassenge, BGB, 66. Aufl., § 862 Rn. 9; § 1004 Rn. 32). Abzustellen ist auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Da der Beklagte sich nach wie vor zur Einstellung der Versorgung für berechtigt hält, liegt ein Rechtsschutzbedürfnis für die Unterlassungsklage weiterhin vor.

b) Die Klage ist jedoch unbegründet, weil dem Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zusteht. Die (angekündigte) Einstellung der Versorgung des Klägers mit Heizwärme stellt sich nicht als verbotene Eigenmacht i. S. d. § 858 Abs. 1 BGB dar (vgl. § 863 BGB). Für die Entscheidung des Rechtsstreits kann dahinstehen, ob ein (Geschäftsraum-)Vermieter berechtigt ist, während eines unbeendeten Mietverhältnisses nach § 320 Abs. 1 BGB die von ihm vertraglich geschuldete Belieferung des Mieters mit Heizwärme dann einzustellen, wenn der Mieter mit der Mietzahlung oder der Zahlung der entsprechenden Vorschüsse im Verzug ist (vgl. zum Meinungsstand Börstinghaus, MietRB 2007, 209 ff.; Schmidt-Futterer/Eisenschmid, Mietrecht, 9. Aufl., § 535 Rn. 101, 102). Denn das Mietverhältnis zwischen den Parteien ist jedenfalls durch die fristlose Kündigung des Beklagten vom 10. 8. 2007 beendet worden. Nach § 6 des Mietvertrages war der Beklagte zur fristlosen Kündigung berechtigt, wenn der Kläger mit mehr als einer Monatsmiete länger als 14 Tage "im Rückstand" war. Nach dem dem Rechtsstreit als unstreitig geltend (§ 138 Abs. 3 ZPO) zugrunde zu legenden Vortrag des Beklagten hat der Kläger seit Januar 2007 keine Miete gezahlt, sodass die Kündigung vom 10. 8. 2007 berechtigt war. Wegen der Regelung im Mietvertrag kommt es auch nicht darauf an, ob der Kläger dem Mietrückstand zu vertreten hatte, also im Verzug war. Jedenfalls durch Individualregelungen lassen sich im Bereich der Geschäftsraummiete wirksam weitere, von den Regelungen in §§ 535 ff. BGB abweichende Kündigungstatbestände vereinbaren, sodass der vorliegende Mietrückstand allein zur Kündigung berechtigte. Aber auch dann, wenn man den Verzicht auf den Verzug des Mieters für nicht zulässig hält (vgl. hierzu Schmidt-Futterer/Blank aaO., Rn. 85 zu § 569), ist die Kündigung vom 10. 8. 2007 wirksam. Dem Kläger stand nämlich ein Zurückbehaltungsrecht an der Miete jedenfalls in dem ausgeübten Umfang nicht zu. Abgesehen davon, dass aufgrund der Regelung in § 3 Ziff. 1 des Mietvertrages vom 28. 7. 2000 davon auszugehen ist, dass eine Pauschalbruttowarmmiete zwischen den Parteien vereinbart worden ist, die keine Abrechnung über die Heizkosten erfordert, bedarf es keiner näheren Erläuterung, dass die beiderseitigen Leistungen (Leistung der Abrechnung und Leistung der Mietzahlung) hinsichtlich ihrer Wertigkeit in einem offensichtlichen Missverhältnis stehen (vgl. MünchKommBGB/Emmerich, 5. Aufl., § 320 Rn. 48), sodass das Berufen des Klägers hierauf gegen § 242 BGB verstößt und kein Wegfall des Verzugs mit der Mietzahlung anzunehmen ist.

Ist aber das Mietverhältnis zwischen den Parteien beendet, ist der Beklagte auch nicht mehr verpflichtet, dem Kläger den (vertragsgemäßen) Gebrauch der Mietsache zu gewähren. Dieser endet mit Ablauf der Mietzeit (vgl. den Wortlaut des § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB). Dementsprechend hat der Senat bereits durch Urteil vom 17. 12. 1998 (8 U 7247/98, GE 2004, 622) entschieden, dass die Verpflichtung des Vermieters zur Erbringung von Versorgungsleistungen nach Beendigung des Mietverhältnisses entfällt und hierin gerade keine Besitzstörung des Mieters i. S. d. § 858 BGB liegt. Dieser Auffassung hat sich auch der 12. Zivilsenat des Kammergerichts angeschlossen (Beschl. v. 8. 7. 2004 - 12 W 21/04, GE 2004, 1171); der Senat sieht keinen Anlass, von dieser Betrachtungsweise jedenfalls für den Bereich des beendeten Geschäftsraummietverhältnisses abzugehen. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass eine entsprechende Unterscheidung auch im Zusammenhang mit der Zahlung von Nutzungsentschädigung nach § 546 a BGB vorgenommen wird: nach h. M. soll ein nach Ende der Mietzeit auftretenden Mangel nicht zur Minderung der vom Mieter zu zahlenden Nutzungsentschädigung führen, weil der Vermieter nicht mehr zur Gewährung des vertragsgemäßen Gebrauchs verpflichtet sei (MünchKommBGB/Schilling, 4. Aufl., § 546 a Rn. 28 - 30; Schmidt-Futterer/Gather aaO., § 546 a Rn. 31 m. w. N.). Stimmt man dem zu, ist kein Grund ersichtlich, die Einstellung der Versorgung mit Heizwärme nach beendetem Mietverhältnis anders einzuordnen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Ziff. 10, 711 ZPO.

Die Frage, ob die Einstellung von Versorgungsleistungen nach Beendigung eines (Geschäftsraum-)Mietverhältnisses zulässig ist, hat grundsätzliche Bedeutung, sodass die Revision nach § 543 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO zuzulassen war.

Ende der Entscheidung

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