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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 14.04.2003
Aktenzeichen: 8 U 68/02
Rechtsgebiete: AGBG, BGB


Vorschriften:

AGBG § 9
AGBG a.F. § 11 Nr. 2
AGBG a.F. § 11 Nr. 3
BGB a.F. § 535 Satz 2
BGB a.F. § 537 Abs. 1
BGB a.F. § 539
BGB a.F. § 537 Abs. 3
BGB a.F. § 284
BGB a.F. § 288
BGB a.F. § 539
BGB § 535 Abs. 2
BGB § 536
BGB § 242
BGB § 546 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Verkündet am: 14. April 2003

Geschäftsnummer: 8 U 68/02

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 14. April 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bieber, den Richter am Kammergericht Markgraf und die Richterin am Landgericht Dr. Henkel für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 4. Januar 2002 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, a) die im Anwesen Meierottostraße 1 in 10719 Berlin im ersten OG links belegenen, 216,5 m² großen Gewerberäume zu räumen und an die Klägerin herauszugeben, b) der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 12.271,71 EUR nebst 5 % über dem Basiszinssatz der EZB aus einem Betrag in Höhe von 7.243,06 EUR seit dem 26. Oktober 2002 sowie aus einem Betrag in Höhe von 4.775,56 EUR seit dem 3. Dezember 2001 zu zahlen. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 67.000,-- EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Beklagte nutzt aufgrund eines mit der Klägerin abgeschlossenen schriftlichen Mietvertrages vom September 1995 Gewerberäume in der ........................ zum Betrieb einer Rechtsanwaltskanzlei. Die Klägerin verlangt aus diesem Mietverhältnis angeblich rückständigen Mietzins und die Räumung der Mieträume wegen von ihr erklärter Kündigungen.

Das Landgericht hat die auf Räumung und Zahlung von Mietzins in Höhe von 24.001,37 DM nebst Zinsen gerichtete Klage abgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, dass der Beklagte den Mietzins zu Recht um 25% wegen Mängeln gemindert habe. Der Beklagte sei mit seiner Minderung nicht wegen vorbehaltloser Zahlungen ausgeschlossen, der im Mietvertrag vereinbarte Minderungsausschluss sei als AGB-Regelung unwirksam. Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 29. Januar 2002 zugestellte Urteil mit einem Faxschreiben vom 28. Februar 2002 Berufung eingelegt, die sie mit einem am 27. März 2002 als Fax eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag begründet hat.

Die Klägerin verfolgt ihre Anträge erster Instanz mit der Berufung weiter. Insoweit verlangt sie nach Verrechnungen rückständigen Mietzins für September 2000 und für die Monate November 2000 bis November 2001 in Höhe von insgesamt 24.001,37 DM. Wegen der einzelnen Beträge wird auf S. 10 des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Weiter verlangt sie die Räumung und Herausgabe der vermieteten Räumlichkeiten, weil das Mietverhältnis aufgrund der Kündigungen vom 19. November 2001 und 20. Dezember 2001 fristlos beendet sei.

Dem Beklagten sei beim Vertragsschluss bekannt gewesen, dass unter den von ihm angemieteten Räumlichkeiten ein Restaurant betrieben werde. Denn dies sei schon seit 1991 der Fall gewesen.

Das Verhalten der Beklagten sei aber auch widersprüchlich. Seit September 1995 bis Mai 2000 habe er nämlich trotz anderer Ankündigungen immer den vollen Mietzins gezahlt. Auch die angekündigte Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens habe er nicht beantragt. Da der Beklagte seit dem Schriftsatz vom 13. August 1996 mehr als sieben Monate und auf den Schriftsatz vom 7. April 1997 wiederum 14 Monate keine Einwendungen erhoben habe, sei ihm nun eine Minderung nicht mehr möglich gewesen. Außer dem Beklagten beschwere sich auch kein weiterer Mieter.

Die Klägerin treffe jedenfalls kein Verschulden an dem Mangel. Das sei nach § 10 des Mietvertrages zu ihren Gunsten zu berücksichtigen. Die Klausel sei nicht nach § 9 AGBG unwirksam wie das Landgericht meine. Dies ergebe sich schon aus der Entscheidung BGH, NJW-RR 1993, 519. Es handele sich nämlich nur um Einschränkungen des Minderungsrechtes.

Der Beklagte habe jedenfalls wegen ihres Widerspruchs ab März 2001 den vollen Mietzins zu zahlen. Ab diesem Zeitpunkt habe nämlich kein Mangel mehr vorgelegen. Trotz der getroffenen Absprache um zeitnahe Hinweise habe er erst nachträglich die Liste vom 5. Dezember 2001 vorgelegt. Auf den Schriftsatz vom 14. März 2001 habe er erst mit dem Schriftsatz vom 10. Juli 2001 reagiert.

Unabhängig von allem anderen sei aber der Minderungssatz zu hoch, da schon nach dem Vortrag des Beklagten keine ganztätige und tägliche Beeinträchtigung vorläge. Für März und April fehlte es ohnehin an Vortrag.

Die Klägerin beantragt,

das am 4. Januar 2002 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin, Az.: 32 O 690/01, aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, a) die im Anwesen ..................... links belegenen, ................. Gewerberäume zu räumen und an die Kläger herauszugeben, b) an die Klägerin 24.001,37 DM = 12.271,71 EUR nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB aus einem Betrag von 14.166,19 DM = 7.243,06 EUR seit dem 26. Oktober 2001sowie aus einem Betrag von 9.340,18 DM = 2001 zu zahlen. Der Beklagte beantragt, 4.775,56 EUR seit dem 3. Dezember die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hält das landgerichtliche Urteil für richtig. § 10 des Vertrages sei unwirksam, weil die Klägerin ihre Grundpflicht aus dem Mietvertrag, die Mietsache in vertragsgemäßen Zustand zu erhalten, durch die Regelungen völlig ausgehöhlt habe.

Jedenfalls habe die Klägerin einer Minderung zugestimmt, da sie immer wieder Zusicherungen zur Beseitigung abgegeben habe. Entsprechend habe der Beklagte auf diese Erklärungen vertraut und von kostenträchtigen Maßnahmen abgesehen. Einer Mietminderung habe die Klägerin aber auch durch das Schreiben 6. Juni 2000 zugestimmt. Der Klägerin sei die Beeinträchtigung der Nutzung durch die Gerüche seit Februar 1996 ständig bekannt und bewusst gewesen. Daher könne sie diesen Zustand auch nicht Leugnen. Im Übrigen dauere die Beeinträchtigung bis zum jetzigen Zeitpunkt an.

Die durchgeführten Kontrollmaßnahmen könnten nicht zu einem anderen Ergebnis führen. Sie seien nur an neun Tagen durchgeführt worden. Auch habe sich die Klägerin nicht an die Vereinbarung über die Kontrollen gehalten. Die Mitarbeiter seien immer erst Stunden nach der Benachrichtigung erschienen. Da es in den Räumen nicht auszuhalten gewesen sei, hätte zwischendurch aber gelüftet werden müssen.

Die Beeinträchtigungen seien auch so schwerwiegend, dass die Mitarbeiterin im Empfangsbereich bereits die Kündigung angedroht hätte. Dass eine Abhilfe durch Lüften nicht in Betracht käme, liege auf der Hand, weil diese in der kalten Jahreszeit nicht in Betracht komme.

Der Mangel habe auch im März und April 2001 vorgelegen. Er bestand sei 1996 durchgehend. Die Liste vom 6. Dezember 2001 sei erst geführt worden, nachdem absehbar gewesen sei, dass die Klägerin die Beeinträchtigungen bestreiten werde. Aber auch davor sei sie mit Mängelanzeigen bombardiert worden. In der Liste seien nur die jeweiligen Höhepunkte der Beeinträchtigung notiert worden.

Da aufgrund der beschriebenen Art der Kontrollen von einem mangelnden Interesse auf Seiten der Klägerin auszugehen war, sei auch die Meldung der weiteren Vorkommnisse unterblieben.

Da der Geruch auch nicht nur beim Öffnen der hofseitigen Fenster eintrete, müsse von einem Mangel der Lüftungs- und Filteranlage der Restaurantküche ausgegangen werden. Letztlich lägen aber auch Undichtigkeiten der Deckenkonstruktion vor. Die Decke müsse mit den Gerüchen versottet seien. Die von der Klägerin eingereichten Mietererklärungen seien nicht geeignet, eine andere Berurteilung zu rechtfertigen. Denn keiner dieser Mieter habe seine Räume in unmittelbarer Nähe des Restaurants. Ganz im Gegensatz zu dem im Erdgeschoss mietenden Herrn ..............., der bereits Klage vor dem Amtsgericht Charlottenburg erhoben habe. Die Klägerin habe das Vorliegen der Beeinträchtigungen bei einem Gespräch unter Zeugen am 6. Februar 2001 letztlich auch eingestanden.

Sie konnte aufgrund es dauerhaften Kontakts in dieser Sache nicht davon ausgehen, dass der Beklagte sein Minderungsrecht nicht mehr geltend machen werde.

Ein Minderungsansatz von 25% sei wegen der Nutzung der Räume angemessen. Ein Mangel ergebe sich auch nach wie vor aus der Mülllagerung im Hof. Die Ummantelung habe keine Abhilfe geschaffen.

Die Kündigung sei nach alldem auch deshalb nicht gerechtfertigt gewesen, weil der Beklagte auf das Vorliegen der Minderungsvoraussetzungen vertrauen durfte.

Entscheidungsgründe:

A. Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Der Beklagte ist zur Zahlung der geltend gemachten Beträge in Höhe von 873,56 DM für September 2000, von 904,11 DM für November 2000, von je 339,04 DM für Dezember 2000 bis Februar 2001, von je 1.695,20 DM für die Monate März 2001 bis Oktober 2001 und von 7.644,98 DM für November 2001 insgesamt also 24.001,37 DM (= 12.271,71 EUR) nach § 535 Satz 2 BGB a.F. bzw. § 535 Absatz 2 BGB verpflichtet (vgl. I). Der Mietzins ist insoweit nicht gemindert (vgl. I, 1.) und die Aufrechnung des Beklagten greift nicht durch (vgl. I, 2). Der Beklagte ist auch zur Räumung der gemieteten Räume verpflichtet, weil die erklärten Kündigungen zu einer Beendigung des Mietverhältnisses geführt haben (vgl. II).

I. Der Beklagte ist zur Zahlung der verlangten Beträge verpflichtet. Der von der Klägerin zugrunde gelegte Ausgangsmietzins ist zwischen den Parteien unstreitig.

1. Der Mietzins ist in dem genannten Zeitraum nicht gemindert. Unabhängig davon, ob und in welchem Umfang Gerüche in den gemieteten Räumen in dieser Zeit wahrzunehmen waren, liegen die Voraussetzungen des § 537 Absatz 1 BGB a.F. bzw. für die Zeit ab September 2001 des § 536 BGB nicht vor.

a. Dies beruht allerdings nicht, wie die Klägerin auch mit der Berufung meint, darauf, dass der Beklagte mit einer Minderung nach § 539 BGB a.F. deshalb ausgeschlossen wäre, weil sich bereits zum Zeitpunkt der Anmietung der Räume in den Räumen im Erdgeschoss ein Restaurant befunden hätte. Davon abgesehen, dass wegen einer fehlenden abweichenden vertraglichen Vereinbarung nur die Gerüche zur Minderung berechtigen, die das übliche Maß übersteigen, kommt eine Anwendung des § 539 BGB a.F. nur dann in Betracht, wenn der Beklagte Kenntnis von der ­ von beiden Parteien als Grund für die Wahrnehmung der Gerüche angenommene - unzulänglichen Lüftungsanlage und der Undichtigkeit der Zwischendecke gehabt hätte. Dies trägt aber auch die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Klägerin (vgl. dazu BGH, WM 1962, 1379, 1380; Erman/Jendrek, BGB, 10. Aufl., § 539 Rn. 9; Baumgärtel, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, 2. Aufl., § 539 Rn. 1) nicht näher vor.

b. Ein Minderungsausschluss könnte sich auch daraus ergeben, dass der Beklagte das ihm vertraglich nach Anlage 2 des Mietvertrages vom 22./26. September 1995 eingeräumte Optionsrecht auf Verlängerung des Mietvertrages über den 30. September 2000 hinaus ohne Vorbehalt hinsichtlich der von ihm behaupteten Mängel ausgeübt hätte (SS. Vom 7.3.2000, vgl. Bl. 25 d.A.). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist die Regelung des § 539 BGB a.F. nämlich auch dann anwendbar, wenn der Mieter ein Optionsrecht auf Verlängerung eines Vertrages ausübt (vgl. so BGH, NJW 1970, 1740, 1742 insoweit in BGHZ 54, 251 nicht abgedruckt; vgl. auch Palandt/Weidenkaff, BGB, 60. Aufl., § 539 Rn. 2; Sternel, Mietrecht, 3. Auflage, III Rn. 673). Enthält das Ausübungsschreiben dementsprechend keinen Vorbehalt hinsichtlich der Mängel ist der Mieter mit einer Minderung wegen dieser Mängel ausgeschlossen. Dieses Schreiben liegt allerdings nicht vor.

c. Für den Zeitraum ab März 2001 folgt ein Minderungsausschluss aber aus der Regelung in § 10 Absatz 3 Unterabsatz 2. Danach ist der Mieter bei einem Streit über die Berechtigung zur Minderung zunächst zur Zahlung der vollen Mieten verpflichtet. Er ist aber berechtigt, diese Beträge dann im Wege einer Bereicherungsklage zurück zu verlangen. Der Senat teilt nicht die Auffassung, dass diese Klausel nach § 9 AGBG unwirksam ist. Nach § 537 Absatz 3 BGB a.F. kann bei einer Vermietung von Räumen zu anderen als Wohnzwecken das Minderungsrecht ausgeschlossen werden. Der Senat hat insoweit auch schon mehrmals entschieden, dass insoweit auch eine Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zulässig ist, wenn eine Rückforderung im Wege der Bereicherungsklage möglich bleibt (ebenso BGHZ 91, 375, 382 = NJW 1984, 2404; NJW-RR 1993, 519). Soweit das Landgericht meint, die kumulative Einschränkung der Rechte des Mieters in § 10 des Vertrages führe zu einer Unwirksamkeit der gesamten Regelung, trifft dies nicht zu. Allerdings gilt im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen das grundsätzliche Verbot einer geltungserhaltenden Reduktion (vgl. BGHZ 86, 297; 114, 342; 120, 122 st. Rspr.). Ist daher eine Klausel unwirksam, wird die ganze Klausel erfasst. Ob allerdings eine Klausel in diesem Sinne vorliegt, richtet sich nicht nach der optischen Gestaltung des Vertrages, sondern danach, ob eine zusammenhängende Regelung vorliegt. Selbst dann, wenn danach eine Regelung vorliegt, die aber einen inhaltlich unbedenklichen Teil enthält, der aus sich heraus sprachlich verständlich und inhaltlich von dem übrigen Teil abtrennbar ist, bleibt dieser wirksam. Voraussetzung für eine derartige Zerlegbarkeit ist, ob die zu beanstandende Klausel einfach herausgestrichen werden kann (vgl. BayObLGZ 1997, 159; LG Bremen, NJW-RR 1989, 1080). Unter Berücksichtigung dieses Maßstabs ist die genannte Regelung unabhängig von etwaigen Bedenken gegen die weiteren Regelungen in § 10 des Vertrages wirksam. Denn diese hat einen eigenen Regelungscharakter und kann ohne die anderen Regelungen Bestand haben. Die Voraussetzungen für einen Eingreifen der Klausel liegen auch vor, weil die Klägerin einer Minderung ab März 2001 widersprochen hat. Dieser Widerspruch ist auch nicht deshalb nach § 242 BGB unbeachtlich, weil die Klägerin die Minderung zunächst akzeptiert hatte. Denn der Widerspruch wurde erst nach von ihr angestellten Überprüfungen ausgesprochen.

c. Der Beklagte ist aber zur Zahlung der geltend gemachten Beträge auch deshalb in voller Höhe verpflichtet, weil er mit einem etwaigen Minderungsrecht in entsprechender Anwendung des § 539 BGB a.F. ausgeschlossen ist.

Die Regelung findet im vorliegenden Fall auch Anwendung. Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass die bisherige Rechtsprechung zur Anwendung des § 539 BGB a.F. in laufenden Mietverhältnissen für die Zeit vor dem 1. September 2001 aufrecht zu erhalten ist (vgl. Senat, Urteil vom 2. Juli 2001, 8 U 817/00). Soweit ein Mieter nach dieser Rechtsprechung vor dem 1. September 2001 mit einer Minderung ausgeschlossen ist, muss dies auch für den nachfolgenden Zeitraum gelten. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber gerade keine gesetzliche Regelung erlassen, die der bisherigen Rechtsprechung entgegensteht. Allein Äußerungen in einer Gesetzesbegründung, die nicht Teil des Gesetzes sind, binden die Rechtsprechung nicht.

Die Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung des § 539 BGB a.F. liegen vor. Die Klägerin hat insoweit behauptet, dass der Beklagte auf ihr Schreiben vom 13. August 1996 über eine Mängelbeseitigung sieben Monate nicht reagiert hat. Der Beklagte hat allerdings erstinstanzlich unter Beweisantritt vorgetragen, dass er selbst bereits in einem Telefonat am 4. Februar 1997 (Bl. 56 d.A.) auf Geruchsbeeinträchtigungen aufmerksam gemacht hat und nicht erst mit dem Schreiben vom 26. März 1997. Auf das Schreiben der Klägerin vom 7. April 1997 hat er aber erst wieder 14 Monate später Beanstandungen erhoben, nämlich mit einem Schreiben vom 23. Juni 1998. Dem tritt der Beklagte nicht ausreichend entgegen, wenn er lediglich diverse Telefonate und Schreiben behauptet. Soweit der Beklagte meint, er habe auf Zusagen der Klägerin vertraut, steht dem der Inhalt des Schreibens vom 7. April 1997 entgegen, in dem die Klägerin mitteilt, dass sie von einer Beseitigung ausgehe, so dass für den Beklagten weitere Maßnahmen durch die Klägerin gerade nicht zu erwarten waren. Dem Minderungsausschluss steht auch nicht die Art des Mangels entgegen. Denn der Beklagte behauptet nicht, dass die Beeinträchtigungen jeweils neu entstanden seien. Er hat vielmehr ausdrücklich vorgetragen, dass der Mangel niemals beseitigt worden sei und mit der Konstruktion der Zwischendecke zusammenhängen müsse (vgl. Bl. 10ff./II d.A.).

2. Der Beklagte ist zur Zahlung in der geltend gemachten Höhe verpflichtet. Die von ihm erklärte Aufrechnung mit dem Schreiben vom 14. August 2001 greift nicht durch. Ein Rückzahlungsanspruch in der geltend gemachten Höhe besteht nicht.

Der Aufrechnung steht schon die Regelung in § 10 Absatz 1 des Vertrages entgegen. Dass die nachfolgende Regelung über den Ausschluss des Zurückbehaltungsrechtes möglicher Weise nach § 11 Nr. 2 AGBG a.F. unwirksam ist, schadet nicht. Die Regelung ist insoweit unabhängig von ihrem Wortlaut teilbar (vgl. BGH, ZIP 1989, 784). Der Wirksamkeit der Klausel steht auch nicht § 11 Nr. 3 AGBG a.F. entgegen. Insoweit ist schon zweifelhaft, ob die Regelung gegenüber dem Beklagten, der Rechtsanwalt ist, eingreift (verneinend LG Köln, MDR 1996, 352). Jedenfalls ist die Regelung über den Wortlaut hinaus dahin zu verstehen, dass nicht nur rechtskräftig festgestellte Ansprüche, sondern auch unbestrittene oder entscheidungsreife Forderungen zur Aufrechnung berechtigen (vgl. dazu BGH, NJW-RR 1993, 520). Die geltend gemachten Rückforderungsansprüche sind aber weder unbestritten noch sind sie entscheidungsreif. Für den Zeitraum vor März 2001 ist zwischen den Parteien der Umfang der Gebrauchsbeeinträchtigung streitig, für den Zeitraum ab März 2001 streiten die Parteien darüber, ob überhaupt noch Gebrauchsbeeinträchtigungen vorliegen.

3. Der Zinsanspruch ergibt sich §§ 284, 288 BGB a.F.

II. Der Beklagte ist nach dem bisherigen Sach- und Streitstand auch nach § 546 Absatz 1 BGB zur Räumung verpflichtet. Denn das Mietverhältnis ist aufgrund der Kündigungen vom 19. November und 20. Dezember 2001 beendet.

Der Klägerin stand ein Kündigungsgrund zur Seite. Der Beklagte befand sich zum Zeitpunkt der Kündigung mit den hier geltend gemachten Mietzinsbeträgen in Rückstand, denn der Mietzins war nicht gemindert.

Insoweit ist auch von einem Verzug auszugehen. Soweit er meint, er befinde sich wegen mangelnden Verschuldens nicht in Verzug, weil er ­ wie sich auch aus der erstinstanzlichen Entscheidung ergebe ­ von einem Minderungsrecht ausgehen durfte, trifft dies nicht zu. Allerdings kann auch ein Rechtsirrtum das Verschulden an einer Leistungsverzögerung ausschließen. An die Anforderungen eines beachtlichen Rechtsirrtums sind aber strenge Anforderungen zu stellen. Insoweit kann sein Vorbringen den Beklagten nicht entschuldigen, weil dieser nicht von einem Minderungsrecht ausgehen konnte. Insoweit hätte der Beklagte bei einer eingehenden Prüfung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu dem Ergebnis kommen müssen, dass er jedenfalls zur Zahlung verpflichtet war.

Dem Zahlungsverzug steht auch nicht entgegen, dass dem Beklagten bei einem bestehenden Mangel ein Zurückbehaltungsrecht zugestanden hätte, das auch ohne Geltendmachung zu berücksichtigen wäre (vgl. BGHZ 84, 42, 44 = NJW 1982, 2242) und in Höhe eines Betrages des drei- bis fünffachen der Mängelbeseitigungskosten einen Verzug ausgeschlossen hätte. Der in den AGB vereinbarte Ausschluss ist allerdings unabhängig von der Anwendbarkeit des § 11 Nr. 2 AGBG a.F. unwirksam, weil er das Zurückbehaltungsrecht auch für unbestrittene oder rechtskräftig festgestellte Ansprüche ausschließt, so dass es auch nicht darauf ankommt, ob die Kündigung vom 20. Dezember 2001 nicht auch auf Vertragsverletzungen gestützt wird, die hier in der nicht vollständigen Zahlung gesehen werden kann. Dieses Zurückbehaltungsrecht wird auch nicht durch § 539 BGB a.F. ausgeschlossen, weil der Beseitigungsanspruch bestehen bleibt. Der darlegungs- und beweispflichtige Beklagte hat aber nichts zu etwaigen Beseitigungskosten vorgetragen. Die Darlegungs- und Beweislast des Beklagten ergibt sich dabei einerseits daraus, dass der Schuldner das Fehlen von Verschulden am Verzug darlegen muss, und andererseits daraus, dass der Schuldner auch die Voraussetzungen für ein Zurückbehaltungsrecht darlegen muss.

B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Absatz 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.

C. Revisionszulassungsgründe sind nicht ersichtlich und werden von den Parteien auch nicht vorgetragen.



Ende der Entscheidung

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