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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 06.12.2001
Aktenzeichen: 8 U 7561/00
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 284
BGB § 288
BGB § 556
BGB § 554 a
BGB § 252 Satz 2
ZPO § 287
ZPO § 91 a Abs. 1
ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
KAMMERGERICHT Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 8 U 7561/00

Verkündet am 6. Dezember 2001

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bieber, die Richterin am Kammergericht Spiegel und den Richter am Kammergericht Markgraf auf die mündliche Verhandlung vom 6. Dezember 2001 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 20. Juli 2000 verkündete Urteil der Zivilkammer 34 des Landgerichts Berlin abgeändert:

Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin weitere 6.813,52 DM nebst 6,95 % Zinsen seit dem 2. Juli 1998 sowie weitere 2,95 % Zinsen aus 514,98 DM seit dem 1. November 1999 zu zahlen.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin weitere 2,95 % Zinsen auf 858,30 DM seit dem 1. November 1999 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits beider Rechtszüge zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer der Beklagten übersteigt 60.000,00 DM nicht.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist überwiegend begründet, so dass das angefochtene Urteil in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang abzuändern war. Die Klägerin kann aus den Nebenkostenabrechnungen 1996 und 1997 6.813,52 DM sowie auf die Klageforderung weitere Zinsen verlangen.

Die Abrechnungen der Klägerin sind prüffähig; sie enthalten nicht nur die aufgegliederten Gesamtkosten, den Verteilungsmaßstab sowie den Anteil und die Vorschüsse der Beklagten zu 1) als Mieterin. Die Gesamtkosten werden außerdem in den Anlagen in die einzelnen Rechnungsbeträge aufgesplittet, wobei auch die Grundflächen ausgewiesen werden und hinsichtlich der Aufzugs- und Wasserkosten erläutert wird, welche Grundflächen zugrunde gelegt worden sind. Soweit das Landgericht beanstandet, dass die Kosten nicht auf zwei Wirtschaftseinheiten verteilt worden sind, übersieht es, dass es sich bei dem Haus N. und um ... ein Haus handelt, das noch einen weiteren Zugang von der B. besitzt.

1) Nebenkosten

a) Aufzugskosten

Soweit die Beklagten geltend machen, dass Kunden des im Erdgeschoss gelegenen Supermarkts den Fahrstuhl mitbenutzen, weil vom Kundenparkplatz ein Zugang zum Fahrstuhl möglich sei, ist dem die Klägerin im Schriftsatz vom 16.11.2001 insoweit entgegengetreten, als sie dargelegt hat, dass der Zugang zum Fahrstuhl nur durch den mit einer Schließanlage versehenen Hauseingang möglich ist. Hierzu hat der Beklagte zu 2) im Termin geäußert, dass auf entsprechendes Klingeln bei beliebigen Mietern hin der die Verriegelung aufhebende "Summer" ausgelöst werde und damit praktisch jedermann Zugang zum Haus und Fahrstuhl habe. Diesem Vortrag lässt sich in keiner Weise entnehmen, in welchem Umfang denn gerade Besucher des Supermarkts den Aufzug benutzt haben. Dem angebotenen Beweis auf Einnahme des Augenscheins konnte bereits deshalb nicht nachgekommen werden; im Übrigen ist nicht ersichtlich, wie die Beobachtung des Parkplatzes Aufschluss darüber geben soll, dass es sich bei den Benutzern um Kunden des Supermarkts handelt.

b) Kosten der Ungezieferbekämpfung

Der Abrechungsbetrag für das Jahr 1997 ist um die anteiligen Kosten der Beklagten zu 1) für die Ungezieferbekämpfung in Höhe von 28,77 DM zu kürzen. Denn nach der vertraglichen Vereinbarung waren diese Kosten nicht umlagefähig. Es konnte sich insoweit allein um Betriebskosten im Sinne der Anlage III der 2. BerechnungsVO handeln. Als Betriebskosten sind aber nur die Kosten anzusehen, die nicht unbedingt jährlich, aber immerhin in regelmäßigen Abständen entstehen. Dies trifft für die hier geltend gemachten Kosten aber nicht zu. So macht die Klägerin lediglich für 1997 entsprechende Kosten geltend. Jedenfalls fehlt es an entsprechendem Vortrag der Klägerin, das es sich um regelmäßige Maßnahmen gehandelt hat.

c) Wasserverbrauchskosten

Auf den fehlenden Kaltwasserzähler und der daraus folgenden fehlenden Abrechnung nach dem tatsächlichen Verbrauch kann sich die Beklagte zu 1) nicht berufen, weil sie nach § 11 Absatz 1 des Mietvertrages selbst verpflichtet war, die entsprechenden Voraussetzungen für eine Abrechnung nach dem tatsächlichen Verbrauch zu schaffen. Dann aber konnte die Verpflichtung des Vermieters zur Abrechnung nach dem tatsächlichen Verbrauch erst dann entstehen, wenn die Beklagte zu 1) ihren Pflichten nachkam. Dass die Klägerin über die Wasserkosten nicht, wie vereinbart, halbjährlich, sondern nunmehr jährlich abgerechnet hat, ist unerheblich. Die Beklagte zu 2) wird durch diese Abrechnungsweise nicht beeinträchtigt, weil die Zusammenfassung der Abrechnungen letztlich nur formaler Natur ist. Die Beklagte zu 2) hat auch die Kosten der Bewässerung der Grünanlagen auf dem Dach zu tragen. Sie hat schon nicht behauptet, dass diese zum Haus gehörenden Anlagen ihr nicht zugänglich und ihr nicht zur Verfügung gestanden haben. Hinsichtlich der Entwässerungskosten fehlt es an einer Behauptung, dass überhaupt unnützerweise Entwässerungskosten gezahlt worden sind.

d) Kosten der Aufzugswartung

Der Klägerin kann wegen der notwendigen Aufzugswartungsarbeiten auch nicht die Einschaltung eines Generalunternehmers (Zwischenhändlers) versagt werden. Der Vermieter hat zwar bei dem Betrieb der Hausanlage die Gebote der Wirtschaftlichkeit zu beachten. Zur Wahrnehmung des billigsten Angebots ist er nicht verpflichtet. Dass dieses Wirtschaftlichkeitsgebot eingehalten wurde, ergibt sich aber aus den eingereichten Unterlagen. Soweit die Beklagte zu 1) bestreitet, dass die verlangten Beträge ortsüblich seien, fehlt es an näherem Vortrag. Diesem Ergebnis steht auch nicht entgegen, dass der Vorstand der eingeschalteten Zwischenhändlerin möglicherweise mit der Klägerin verwandt ist. Denn dies lässt noch nicht den Schluss zu, dass die Klägerin hier zum Nachteil der Mieter gehandelt hat.

e) Hausmeisterkosten

Die Klägerin kann auch die Kosten für den Hausmeister S. umlegen. Die Beklagte hat insoweit in der Berufung nach der Vorlage des Arbeitsvertrages und der Lohnabrechnung für die Zeit von 1/96 bis 12/97 zunächst nur noch die Auffassung vertreten, dass die Arbeiten des Hausmeisters bei Zahlung der entsprechenden Erschwerniszuschläge günstiger durch die B. durchgeführt werden könnten. Dabei übersieht sie, dass dem Hausmeister Arbeiten übertragen sind, die von der B. nicht übernommen werden. So hat Herr S. etwa auch die Müllcontainer unter dem Abwurfschacht des Müllschluckers täglich zu wechseln und den Müllplatz sauber zu halten. Mit dem am 26. November 2001 eingegangenen Schriftsatz bestreitet sie nun (wieder), dass Herr S. überhaupt Arbeiten durchgeführt hat.

Allerdings ist die Anhörung des Beklagten zu 2) im Termin zur mündlichen Verhandlung hierzu ohne nachvollziehbares Ergebnis geblieben, wie aus dem Protokoll insoweit ersichtlich ist. Im Gegenteil ist deshalb davon auszugehen, dass der Hausmeister S. gerade wegen seines bestehenden Arbeitsvertrages die entsprechenden Arbeiten ausgeführt hat.

f) Betriebskosten wegen Fremdvermietung von Stellplätzen

Schließlich zeigt die Beklagte zu 1) auch nicht ausreichend auf, dass durch die Fremdvermietung von Stellplätzen auf dem Parkdeck Betriebskosten entstehen, die nicht auf die Mieter des Hauses umgelegt werden dürften. Der Mietvertrag weist schon die Stellplätze nicht als Nutzfläche im Sinne des Umlegemaßstabes aus. Eine Umlage erscheint auch unter Berücksichtigung der Interessen der Parteien nicht erforderlich. Es ist nicht erkennbar, dass in nennenswertem und messbarem Umfang Betriebskosten im Zusammenhang mit den Stellplätzen angefallen wären. So trägt etwa die Klägerin unwidersprochen vor, dass lediglich ein Parkplatz fremdvermietet sei. Dann aber ist es der Klägerin auch nicht zumutbar eine separate Erfassung vorzunehmen. Eine Umlegung aller Betriebskosten oder auch nur der Kosten für die Beleuchtung auch auf den Parkplatzmieter erscheint demgegenüber unverhältnismäßig.

Die geltend gemachten Beträge sind nach §§ 284, 288 BGB wegen der Fristsetzung in dem Schreiben der Klägerin vom 15. Juni 1998 ab dem 2. Juli 1998 zu verzinsen. Dabei steht der Klägerin nach § 252 Satz 2 BGB in Verbindung mit § 287 ZPO ein Zinssatz von 6,95 % zunächst auch für die Zukunft zu, weil ein derartiger Zinsschaden auf Grund der vorliegenden Tatsachen, insbesondere den vorgelegten Bankbescheinigungen aller Voraussicht nach zu erwarten ist.

Aus dem Vorstehenden ergibt sich auch, dass die Berufung Erfolg hat, soweit die Klägerin weiteren Zins wegen der zugesprochenen Mietrückstände verlangt.

2) Hauptsachenerledigung Räumungsanspruch

Wegen des in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärten Räumungsantrages sind die hierauf entfallenden Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach § 91 a Absatz 1 ZPO in Verbindung mit § 91 Absatz 1 Satz 1 ZPO den Beklagten aufzuerlegen. Die Beklagten waren zur Herausgabe der Räume nach § 556 BGB verpflichtet, weil das Vertragsverhältnis durch Kündigung beendet worden ist. Denn die Kündigung vom 2. August 1999 ist als wirksam anzusehen. Dem steht nicht entgegen, dass die Kündigung im Adressenfeld lediglich an die Beklagte zu 1) gerichtet war. Für einen verständigen Dritten, der die Einzelheiten des Vertragsverhältnisses kennt, stellt sich dies nämlich nur als Adressierung dar, weil sich aus der Nachtragsvereinbarung ergibt, dass eine besondere Adresse des Beklagten zu 2) nicht bekannt gegeben worden ist. In der Anrede werden aber beide Beklagten genannt, beide sind auch unter der Anschrift S., ... C., wohnhaft, so dass beide auch als Empfänger der Kündigungserklärung anzusehen sind. Auf die problematische Frage, ob die Regelung in § 29 Absatz 2 des Vertrages als wirksame Empfangsvollmacht (so OLG Schleswig (RE) WuM 1983, 130; OLG Koblenz (RE) WuM 1984, 18) oder als unwirksame Regelung über eine Rechtsfolgenerstreckung (so Senat WuM 1985, 12) anzusehen ist (näher Bub/Treier, HB der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., IV Rn. 33) oder ob für die unternehmerisch tätigen Beklagten der Grundsatz der passiven Einzelvertretung gilt (dazu BGHZ 136, 314 = NJW 1997, 3437), kommt es daher nicht an.

Es bestand auch ein Kündigungsgrund nach § 554a BGB. Für eine solche Kündigung müssen erhebliche Gründe vorliegen, die die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum ordentlichen Ende unzumutbar machen. Dies ist im Rahmen einer Gesamtabwägung festzustellen. Dabei besteht Einigkeit, dass auch fortlaufende unpünktliche Zahlungen einen wichtigen Grund im Sinne der Vorschrift darstellen können (vgl. etwa BGH NJW-RR 1988, 77 = ZMR 1988, 16). Das Verhalten des Kündigungsempfängers muss aber einiges Gewicht haben. Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass die Mietzahlungen von Februar 1998 bis Juli 1999 durchgehend nicht zum vereinbarten Zahlungszeitpunkt eingegangen sind. Soweit die Zahlungen teilweise nur wenige Tage verspätet waren, ist dies angesichts der eindeutigen Vertragsregelung unerheblich. Daher kommt es auch nicht darauf an, ob die Klägerin auf eine pünktliche Zahlung wirtschaftlich angewiesen war, zumal die Beklagte zu 1) eingezogene Mietbeträge zurückbuchen ließ und der Klägerin gegenüber im November durch Anwaltsschreiben die Einzugsermächtigung widerrief. Überwiegend wird für die Wirksamkeit einer Kündigung eine Abmahnung verlangt, die insofern qualifiziert sein muss, dass die Kündigung angedroht wird. Eine solche Abmahnung liegt hier in den Schreiben der Klägerin vom 3. November und 17. November 1998. Dabei ist davon auszugehen, dass der Anwalt die Schreiben ordnungsgemäß weitergeleitet hat, so dass er als Zustellbote fungierte. Einer Angabe der genauen unpünktlichen Eingänge bedarf es dabei nicht, weil die Beklagte zu 1) diese Feststellungen selbst treffen konnte, jedenfalls hätte sie sich auf die vertragliche Regelung einstellen können. Dem Vorliegen einer ausreichenden Abmahnung steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin mit den Beklagten im Dezember 1998 eine Vereinbarung über den Eintritt des Beklagten zu 2) in das Mietverhältnis getroffen hat. Denn das beanstandete Verhalten war nicht an die Person der Beklagten zu 1) gebunden, so dass in der Vertragsaufnahme ein Verzicht gesehen werden müsste. Die Klägerin weist nachvollziehbar darauf hin, dass sie mit dem Eintritt eine weitere Sicherheit durch einen weiteren Zahlungspflichtigen erhalten hat und überdies erwarten konnte, dass nunmehr vertragsgerechte Zahlungen erfolgen. Die Beklagten können sich auch nicht darauf berufen, dass der Beklagte zu 2) keine Abmahnung erhalten hat. Denn die Klägerin trägt vor, dass der Beklagte zu 2) die Geschäfte auch schon vor Dezember 1998 geführt hat, so dass er genaue Kenntnisse über den Stand des Mietverhältnisses hatte. Dann aber bedurfte es keiner weiteren Abmahnung. Auch die Zeitdauer zwischen Abmahnung und Kündigung war nicht zu lang. Teilweise wird zwar eine Regelfrist von sechs Monaten als Zeitabstand genannt (Schmidt-Futterer/Blank, Wohnraummietrecht, 7. Aufl., § 554a Rn. 28). Bei der Kündigung wegen unpünktlicher Mietzahlungen ist aber zu beachten, dass dem Mieter eine Bewährungszeit zugestanden werden muss, die schon einen erheblichen Zeitraum einnehmen kann. Hier ist aber entscheidend, dass die Beklagten in der Folge keine Mietzahlungen pünktlich geleistet haben, so dass sich insoweit kein Vertrauenstatbestand dahin entwickeln konnte, die Klägerin werde ihre Ankündigung aus der Abmahnung nicht wahrmachen. Soweit die Beklagten meinen, es läge eine Umgehung des § 554 BGB vor, trifft dies nicht zu, weil hier Kündigungsgrund das permanente vertragswidrige Verhalten und nicht die Höhe der Mietrückstände war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Absatz 2 100 Absatz 2 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Ziff. 8, 713 ZPO.

Nach § 546 II ZPO war der Wert der Beschwer im Urteil festzusetzen.

Ende der Entscheidung

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