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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 23.10.2003
Aktenzeichen: 8 U 76/03
Rechtsgebiete: HGB, ZPO, BRAGO, BGB, StReinG


Vorschriften:

HGB § 128
ZPO n.F. § 533
ZPO § 529
ZPO § 138 Abs. 1
BGAGO § 18
BGB § 315 Abs. 2
BGB § 315 Abs. 3
BGB a.F. § 201
BGB a.F. § 209 Abs. 2
BGB a.F. § 197
StReinG § 7 Abs. 2
StReinG § 2 Abs. 2
StReinG § 7 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Verkündet am: 23. Oktober 2003

Geschäftsnummer: 8 U 76/03

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts, Elßholzstraße 30 - 33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 2.10.2003 durch den Richter am Kammergericht Dr. Müther als Einzelrichter

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 30. Januar 2003 verkündete Urteil der Zivilkammer 9 des Landgerichts Berlin teilweise abgeändert:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin wie Gesamtschuldner 38.265,96 EUR nebst Zinsen in Höhe von 3% über dem Basiszinssatz aus 9.378,49 EUR seit dem 1. Januar 1999 bis zum 31. Mai 2000 und ab dem 1. Juni 2000 sowie aus weiteren 28.887,47 EUR ab dem 8. Juli 2003 Zinsen in Höhe von 5% über dem jeweils geltenden Basiszinssatz zu zahlen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagten haben die Kosten der Berufung zu tragen. Von den Kosten der ersten Instanz hat die Klägerin 14% und haben die Beklagten 86% zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 47.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Klägerin obliegt nach § 4 Absatz 1 des Berliner Straßenreinigungsgesetzes (im Folgenden StReinG) die Verpflichtung die vom Land Berlin als öffentliche Aufgabe für die Anlieger und Hinterlieger der in den Straßenreinigungsverzeichnissen A und B aufgeführten Straßen übernommene Pflicht zur ordnungsgemäßen Reinigung dieser Straßen durchzuführen. Die Beklagte zu 3) war zunächst Eigentümerin eines auf einem Grundbuchblatt erfassten und aus mehreren Flurstücken bestehenden 115.165 qm großen Arreals am Maselakeweg 16 bis 32 und an der Rauchstraße 23 bis 33 in Berlin Spandau. Die Beklagten zu 1) und 2) sind die persönlich haftenden Gesellschafter der Beklagten zu 3). Die Klägerin hat zunächst von den Beklagten die Zahlung von Straßenreinigungsentgelten für die Zeit zweite Hälfte des Jahres 1998 bis zum dritten Quartal des Jahres 2000 in Höhe von insgesamt 41.477,13 EUR zzgl. Zinsen ab der Zustellung der Mahnbescheide verlangt.

Das Landgericht hat die Klage mit dem am 30. Januar 2003 verkündeten Urteil abgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, dass die Klägerin ihren Entgeltanspruch nicht schlüssig dargelegt habe, weil diese ihren Berechnungen immer das Gesamtgrundstück zugrunde gelegt habe, obwohl unstreitig einige der Flurstück des Gesamtgrundstücke mittlerweile eigenständig grundbuchmäßig gebucht worden seien.

Wegen der genauen Einzelheiten der Begründung, des Vortrags der Parteien in erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird auf das Urteil vom 30. Januar 2003 Bezug genommen.

Die Klägerin verfolgt mit der Berufung ihre in erster Instanz geltend gemachten Ansprüche teilweise weiter und begehrt nunmehr ergänzend auch Straßenreinigungsgebühren für das 4. Quartal 2000 sowie Zinsen ab den in den Rechnungen genannten Fälligkeitszeitpunkten. Dabei hat sie in erster Instanz vorgetragen, die Beträge für das 4. Quartal 2000 seien von den Beklagten gezahlt worden, was unstreitig unzutreffend ist. Darüber hinaus hat sie nunmehr den Beanstandungen des Landgerichts Rechnung getragen und Rechnungen für insgesamt 6 Teilgrundstücke erstellt.

Sie beantragt,

unter Abänderung des das am 30. Januar 2003 verkündeten Urteils des Landgerichts Berlin - 9 O 435/02 - die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen:

1. an die Klägerin 38.265,96 EUR zu zahlen,

2. an die Klägerin Zinsen in Höhe von je 3% über dem jeweils geltenden Basiszinssatz

2.1. aus 9.378,49 EUR seit dem 1. Januar 1999, 2.2. aus 4.177,08 EUR seit dem 16. Februar 1999, 2.3. aus 4.024,26 EUR seit dem 16. Mai 1999, 2.4. aus 4.010,41 EUR seit dem 16. August 1999, 2.5. aus 3.864,92 EUR seit dem 16. November 1999, 2.6. aus 3.864,92 EUR seit dem 16. Februar 2000 und 2.7. aus 3.864,92 EUR seit dem 16. Mai 2000 jeweils bis zum 31. Mai 2000 und

3. an die Klägerin Zinsen in Höhe von je 5% über dem jeweils geltenden Basiszinssatz

3.1. aus 33.185 EUR seit dem 1. Juni 2000, 3.2. aus 2.555,03 EUR seit dem 16. August 2003 und 3.3. aus 2.525,93 EUR seit dem 16. November 2000

zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie behaupten ergänzend zur ersten Instanz, dass die innerhalb der Flurstücke angelegten Straßen dem öffentlichen Verkehr dienten.

II.

A. Die zulässige Berufung ist im Wesentlichen begründet. Die Klägerin kann von der Beklagten zu 3) als ehemaliger Eigentümerin der auf dem Grundbuchblatt 27295 des Grundbuchs von Spandau zusammengefassten Flurstücke aus dem zwischen den Parteien bestehenden Vertragsverhältnis die Zahlung der verlangten Straßenreinigungsentgelte in Höhe von 38.265,96 EUR (vgl. 1und 2)) einschließlich bestimmter Zinsbeträge verlangen (vgl. 3)). Für diesen Betrag haben die Beklagten zu 1) und 2) als persönlich haftende Gesellschafter der Beklagten zu 3) nach § 128 HGB einzustehen (vgl. 4)).

Insoweit ist auch über den gesamten in der Berufung geltend gemachten Betrag zu entscheiden. Die Klägerin verlangt zwar nunmehr ausweislich ihrer Begründung auch Straßenreinigungsentgelte für das 4. Quartal 2000 sowie weitergehend Zinsen für die bisher geltend gemachten Beträge. Dies steht einer Entscheidung des Senats aber nicht entgegen. Nach § 533 ZPO n.F. ist eine Klageänderung und damit auch eine Klageerweiterung zwar nur dann zuzulassen, wenn die Gegenseite einwilligt oder diese sachdienlich ist. Darüber hinaus darf die Klageänderung nur auf Tatsachen gestützt werden, die das Berufungsgericht nach § 529 ZPO seiner Entscheidung zu Grunde zu legen hat. Diese Voraussetzungen liegen aber vor. Selbst wenn man annimmt, dass die Beklagte sich auf die Klageänderung nicht rügelos eingelassen hat, weil der Beklagtenvertreter auf den Hinweis des Gerichts wegen der Erweiterung erklärt hat, dass diese auf neue Tatsachen gestützt wird, ist die Klageänderung als sachdienlich anzusehen ist, weil durch die Zulasssung ein weiterer Rechtsstreit vermieden wird, der auf den selben Lebenssachverhalt gestützt wird. Es sind auch keine neuen Tatsachen im Sinne des § 529 ZPO zu berücksichtigen, weil die Tatsachen, die Grundlage der Entscheidung für den Zeitraum bis zum 3. Quartal 2000 streitentscheidend sind, auch die Grundlage für die Entscheidung für das 4. Quartal bilden und die Klägerin bereits zur Entgeltpflicht im 4 Quartal 2000 in erster Instanz vorgetragen hat. Dass die Beklagten die Entgelte für das 4. Quartal 2000 nicht gezahlt haben, ist überdies zwischen den Parteien unstreitig.

1) Zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 3) besteht ein Vertragsverhältnis. Ein entsprechender Vertragsschluss wird zwar nicht ausdrücklich vorgetragen. Die Beklagte zu 3) war aber unstreitig zunächst Eigentümerin der auf dem Grundbuchblatt 27295 des Grundbuchs von Spandau zusammengefassten Flurstücke und hat insoweit auch an sie gerichtete Rechnungen der Klägerin für die Zeit bis Mitte 1998 bezahlt. Auf diese Umstände hat der Senat auch im Termin vom 2. Oktober 2003 hingewiesen.

Aufgrund dieses Vertragsverhältnisses kann die Klägerin die Zahlung der mit der Berufung geltend gemachten 38.265,96 EUR verlangen.

a) Die Klage ist nicht deshalb unbegründet, weil die Klägerin in erster Instanz lediglich Rechnungen über die in dem Grundbuchblatt 27295 des Grundbuchs von Spandau zusammengefassten Flurstücke erteilt hat. Insoweit geht das Landgericht zu Recht davon aus, dass eine bestimmte Rechnungslegung grundsätzlich nicht Fälligkeitsvoraussetzung für den Entgeltzahlungsanspruch der Klägerin ist. Eine entsprechende Rechnungslegung ist weder - wie etwa in § 18 BRAGO - gesetzlich vorgesehen noch ist sie zwischen den Parteien vertraglich vereinbart worden. Dann aber ist die Erteilung von Rechnung auch nicht Voraussetzung für den Zahlungsanspruch der Klägerin, so dass die Ausgestaltung dieser Rechnungen nicht von Bedeutung sein kann (vgl. BGHZ 103, 284, 285 = NJW 1988, 2042; 120, 315, 316 = NJW 1993, 536). Dies gilt selbst dann, wenn die Höhe der Entgeltleistungen nach § 315 Absatz 2 BGB durch die Klägerin zu bestimmen waren.

Denn diese Bestimmung kann noch im Prozess nachgeholt werden. Eine Unbegründetheit der Klage hätte sich demnach nur daraus ergeben können, dass die Klägerin die Voraussetzungen zur Berechnung ihres Anspruchs nicht ausreichend dargelegt hätte.

Dies ist aber nicht der Fall, denn sie hat mit den Anspruchsbegründungsschriften dargelegt, wie sich ihr Entgeltanspruch berechnet. Dass die Beklagten der Auffassung sind, bestimmte Flurstücke hätten ab bestimmten Zeitpunkten nicht mehr berücksichtigt werden dürfen bzw. überhaupt nicht herangezogen werden können, ändert daran nichts.

Denn diese Flurstücke hätten bei der Berechnung des Entgelts bei fehlender oder unzureichender Erwiderung oder fehlendem Beweisantritt außer Betracht bleiben können. Dann aber stellt es auch keinen neuen Tatsachenvortrag dar, der nach § 529 ZPO unberücksichtigt bleiben müsste, wenn die Klägerin nunmehr unter teilweiser Berücksichtigung des Beklagtenvortrags, die Klagebeträge auf einzelne oder in bestimmten Grundbuchblätter zusammengefasste Flurstücke verteilt.

b) Die Beklagte zu 3) ist Schuldnerin der geltend gemachten Straßenreinigungsentgelte. In ihrer Person liegen die Voraussetzungen der Ziffer 1.4.1 der Leistungsbedingungen der Klägerin in der Fassung vom 1. Januar 1994 (im Folgenden Leistungsbedingungen 1994) und auch des § 7 Absatz 2 des StReinG vor. Soweit dies nicht der Fall ist, hat sie für die Straßenreinigungsentgelte nach Ziffer 1.4.7. (Leistungsbedingungen 1994) einzustehen. aa) Die Klägerin ist bezüglich der von der Klägerin unter den Kennzeichnungen 304 115, 321 445, 321 580, 321 581 und 323 625 jeweils zusammengefassten Flurstücke als Anlieger bzw. Hinterlieger zu öffentlichen Straßen der Reinigungsklasse 4 anzusehen sowie für die unter Kennzeichnung 323 626 erfassten Flurstücke bis zum 7. September 1999.

Dies ergibt sich hinsichtlich der von der Klägerin unter der Kennzeichnung 304 115 zusam mengefassten Flurstücke daraus, dass die Beklagte zu 3) insoweit unstreitig noch Eigentümerin ist. Insoweit macht die Klägerin einen Betrag in Höhe von 23.480,02 EUR geltend.

Die Klägerin kann aber auch Entgelt verlangen, soweit die Beklagte zu 3) die Grundstücke teilweise veräußert hat und lediglich noch als Wohnungseigentümerin Miteigentümerin der Flurstücke ist. Dies gilt für die unter den Kennzeichnungen 321 445, 321 580, 321 581 und 323 625 geltend gemachten Beträgen in Höhe von insgesamt 4.374,04 EUR. Denn auch insoweit ist nicht von einem Wegfall der Zahlungsvoraussetzungen auszugehen, weil die Klägerin jedenfalls noch Miteigentümerin der Grundstücke ist.

Die Klägerin kann von der Beklagten zu 3) auch die Zahlung der unter der Kennzeichnung 323 626 geltend gemachten Beträge für den Zeitraum bis zum 7. September 1999 verlangen, weil sie bis zu diesem Zeitpunkt unstreitig Eigentümerin der unter dieser Bezeichnung zusammengefassten Flurstücke war. Dies ergibt einen Betrag in Höhe von 1.700,15 EUR.

bb) Soweit die Beklagte zu 3) die unter der Kennzeichnung 323 626 zusammengefassten Flurstücke veräußert hat und die Theseus Immobilien Verwaltungs GmbH & Co. KG - LBB Fonds Zwölf am 8. September 1999 als Eigentümerin eingetragen worden ist, ergibt sich ihre Zahlungspflicht für die Zeit vom 8. September 1999 bis zum 31. Dezember 2000 in Höhe von 1.742 EUR aus der Regelung unter Ziffer 1.4.7 der Leistungsbedingungen der Klägerin. Diese Leistungsbedingungen sind Vertragsbestandteil der Beziehungen der Parteien geworden. Bedenken gegen eine Wirksamkeit der Regelung bestehen nicht. Insoweit schließt sich der Senat der Entscheidung des 7. Zivilsenats an (vgl. KGR 1999, 193 = GE 1999, 836). Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Klägerin auch nicht zu einer vorherigen Inanspruchnahme der neuen Eigentümerin verpflichtet. Eine derartige Verpflichtung sieht die Regelung gerade nicht vor. Insoweit können sich die Beklagten auch nicht auf die Entscheidung des 7. Zivilsenats berufen. Denn dieser hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Regelung keine einer Bürgenhaftung entsprechende Haftung vorsieht.

Der Inanspruchnahme der Beklagten zu 3) steht nicht ihr Vortrag entgegen, dass sie entsprechend der Regelung unter Ziffer 1.4.6 der Leistungsbedingungen 1994 die Klägerin auf die Veräußerung hingewiesen habe, so dass ihrer Anzeigepflicht Genüge getan wurde. Denn diese Hinweise sind unstreitig vor der Eintragung der neuen Eigentümerin erfolgt. Die vereinbarte Anzeigepflicht setzt aber einen Eigentumswechsel voraus, der eine Eintragung im Grundbuch erfordert. Dies ergibt bereits der Wortlaut der Regelung. Nur eine Anzeigepflicht nach dem Eigentumswechsel ist überdies sinnvoll, weil allein dieser ein ungewisses künftiges Ereignis darstellt und allein von ihm Auswirkungen auf die Entgeltpflicht ausgehen. Soweit die Beklagten meinen, sie wären durch das Verhalten der Mitarbeiter der Klägerin darin bestärkt worden anzunehmen, dass eine ausreichende Anzeige erfolgt ist, reicht ihr Vortrag nicht aus. Denn bereits in erster Instanz ist von den Beklagten vorgetragen worden, dass trotz der von ihr erfolgten Hinweise immer wieder Zahlungsaufforderungen hinsichtlich der Gesamtforderung erfolgt sind.

cc) Die Beklagten können sich nicht darauf berufen, dass eine Entgeltpflicht entfällt, weil die Flurstücke für die die Klägerin jetzt noch Reinigungsentgelt verlangt, nicht durch die Rauchstraße, sondern durch die Südbrücke erschlossen würden. Auf die Südbrücke selbst ist schon deshalb nicht abzustellen, weil diese keine Anlieger hat (vgl. dazu KG, Urteil vom 17. Juli 2002, 24 U 13/01, GE 2003, 118; Urteil vom 7. April 2000, 13 U 9125/99, KGR 2000, 307). Aus diesem Grund kommt es auch nicht darauf an, ob die Brücke tatsächlich von der Klägerin gereinigt worden ist, was die Beklagten bestreiten.

Selbst wenn sich an die Südbrücke eine Straße der Reinigungsklasse C anschließen würde, deren Anlieger von § 7 Absatz 2 StReinG nicht erfasst werden, änderte dies nichts an ihrer Anliegerschaft zu der Rauchstraße, so dass die Entgeltpflicht nicht entfiele (im Einzelnen KG, Urteil vom 14. Juli 2003, 24 U 331/02, KGR 2003, 299). Darüber hinaus gehört auch die Südbrücke dem Straßenverzeichnis A und der Reinigungsklasse 4 an, so dass die zuführende Straße keinem niederigeren Rang haben kann. Denn die Einordnung der Reinigungsklassen richtet sich nach dem Reinigungsbedürfnis, vgl. § 2 Absatz 2 StReinG.

dd) Einer Entgeltpflicht steht auch nicht entgegen, dass die Flurstücke mittlerweile von Privatstraßen durchzogen sind. Denn diese Privatstraßen sind bei der Frage, ob die Flurstück als Anlieger- oder Hinterliegergrundstücke zu öffentlichem Straßen anzusehen sind, nicht zu berücksichtigen. Selbst wenn der Vortrag der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 2. Oktober 2003 zutreffen würde, dass es sich bei diesen Straßen um Privatstraßen des öffentlichen Verkehrs handelte, entfiele die Entgeltpflicht nicht. Das Straßenreinigungsgesetz lässt die Entgeltpflicht nicht allein dadurch entfallen, dass etwaige Hinterlieger durch Privatstraßen auf öffentliches Straßenland gelangen. Vielmehr wird für eine Entgeltpflicht allein darauf abgestellt, ob das Grundstück eine Anlieger- oder Hinterliegereigenschaft zu öffentlichem Straßenland aufweist, vgl. § 7 Absatz 2 StrReinG.

Dieses Ergebnis ergibt sich für einfache Privatstraßen aber auch daraus, dass sonst jeder Eigentümer einer Entgeltpflicht dadurch entgehen könnte, dass er Straßen auf seinen Grundstücken errichtet. Auch die Zulassung des öffentlichen Verkehrs auf diesen Straßen ändert daran nichts. Denn diese Zulassung beruht ebenfalls allein auf dem Willen des oder der Eigentümer (vgl. dazu Kodal/Krämer, Strassenrecht, 6. Aufl., Rn. 15.2). Kommt es damit nicht auf die Frage an, ob die eingerichteten Straßen dem öffentlichen Verkehr eröffnet waren, bedurfte es auch keines diesbezüglichen Schriftsatznachlasses.

2) Die Höhe der geltend gemachten Beträge ist nicht zu beanstanden.

Dem Erfolg der Berufung steht nicht entgegen, dass die Klägerin mit der Berufung für den Zeitraum ab 1999 lediglich noch reduzierte Reinigungsentgelte verlangt. Selbst unter Zugrundelegung der von der Klägerin eingestandenen Unbilligkeit der zunächst verlangten Entgelte nach § 315 Absatz 3 BGB, hätte dies nicht zu einer Klageabweisung in erster Instanz führen dürfen. Das Gericht hätte vielmehr selbst eine Bestimmung vornehmen müssen. Denn der Bestimmungsberechtigte kann unmittelbar auf Leistung klagen (vgl. dazu BGHZ 41, 280; NJW 1996, 1055; NJW 2000, 2986). Für eine Unbilligkeit der nunmehr geltend gemachten Tarife, die im Übrigen erst mit der Bekanntmachung vom 2. Mai 2003 und damit nach Schluss der mündlichen Verhandlung wirksam geworden sind, ist nichts ersichtlich.

Die Beklagte zu 3) kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Klägerin ihrer Reinigungspflicht nicht nachgekommen sei. Das Bestreiten der Beklagten gegenüber dem Vortrag der Klägerin ist nicht ausreichend, weil es sich mit diesem nicht auseinandersetzt.

Der Gewährung des im Termin vom 2. Oktober 2003 beantragten Schriftsatznachlasses bedurfte es nicht, weil es an einem erkennbaren Übersehen fehlt. Bereits aus § 138 Absatz 1 ZPO folgt, dass eine Erklärung zu gegnerischem Vortrag vollständig erfolgen muss. Der Hinweis auf etwaige Erklärungen des Gerichts erster Instanz reicht nicht aus, weil diese Hinweise nicht protokolliert worden sind. Der vom Landgericht nach Darstellung der Beklagten gegebene Hinweis beeinträchtigt im Übrigen ohnehin nicht den Vortrag der Klägerin, sondern spielt lediglich für die Frage der Beweiswürdigung eine Rolle. Allerdings läßt der Vortrag in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 15. Oktober 2003 ohnehin darauf schließen, dass die Beklagten nicht eine vollständige Nichtreinigung wegen einer Sperrung der Straße behaupten wollten. Denn dort wird geltend gemacht, dass die Rauchstraße teilweise aufgerissen gewesen sei und jedenfalls dort, an den einzigen Anschlussstellen zu den hier interessierenden Flurstücken, keine Reinigung möglich gewesen sei. Dann aber kommt es auf dieses Bestreiten ohnehin nicht an, weil damit nicht die Reinigung generell, sondern lediglich an bestimmten Stellen in Frage gestellt wird. Dass die Rauchstraße möglicher Weise aber nicht vollständig gereinigt werden konnte, ist nach Ziffer 1.6 der Leistungsbedingungen 1994 für die Entgeltpflicht unerheblich.

Der Anspruch auf die geltend gemachten Entgelte ist nicht verjährt. Selbst unter Zugrundelegung einer zweijährigen Verjährungsfrist greift die Einrede der Verjährung nicht durch. Denn die Frist wäre auch für die Entgelte für 1998 erst am 31. Dezember 2000 abgelaufen, vgl. dazu § 201 BGB a.F. Die die Beklagten betreffenden Mahnbescheide sind aber bereits vor diesem Zeitpunkt beim Mahngericht eingereicht worden und jeweils alsbald zugestellt worden, so dass die Verjährung vor Ende 2000 unterbreochen worden ist, vgl. §§ 209 Absatz 2 BGB a.F., 693 Absatz 2 ZPO a.F. Im Übrigen gilt aber auch eine vierjährige Verjährungsfrist nach § 197 BGB a.F. Der Senat schließt sich der Rechtsprechung des 13. Zivilsenats an (Urt. Vom 14. Dezember 1999, 13 U 5564/99, KGR 2000, 109). Dass die Klägerin hinsichtlich der Straßenreinigungsentgelte nicht gewerblich gehandelt hat, ergibt sich bereits aus der Berechnung der Entgelte. Denn diese dürfen allein nach den angefallenen Kosten berechnet werden, wobei nur 75% dieser Kosten auf die Entgeltpflichtigen umgelegt werden dürfen, vgl. § 7 Absatz 1 StReinG.

3) Der Klägerin stehen allerdings lediglich die aus dem Tenor ersichtlichen Zinsen zu. Sie geht insoweit selbst davon aus, dass die Festlegung ihrer Tarife für die Jahre 1999 und 2000 unbillig war. Dann aber konnte ein Verzug nur wegen der Entgelte eintreten, denen eine wirksame Tarifbestimmung zugrunde lag. Dies ist für die insoweit geltend gemachten Entgelte mit der Geltendmachung im Berufungsverfahren der Fall.

4) Die Beklagten zu 1) und 2) haften für diese Beträge und Zinsen als persönlich haftende Gesellschafter der Beklagten zu 3) nach § 128 HGB. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin erstmals in zweiter Instanz ausdrücklich erklärt hat, dass die Beklagten zu 1) und 2) Gesellschafter der Beklagten zu 3) sind. Denn dieser Vortrag ist schon deshalb nicht als neu anzusehen, weil dieser Umstand unstreitig ist. Jedenfalls aber hätte es einer Nachfrage des Gerichts erster Instanz bedurft, nachdem die Beklagtenseite sich zu einer fehlenden Verpflichtung der Beklagten zu 1) und 2) überhaupt nicht geäußert hatte.

B. Die Entscheidung wegen der Kosten der Berufung beruht auf § 92 Absatz 2 ZPO, die wegen der Kosten der ersten Instanz auf § 92 Absatz 1 ZPO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision kommt nicht in Betracht. Zulassungsgründe sind nicht ersichtlich und werden auch nicht geltend gemacht.



Ende der Entscheidung

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