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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 14.02.2002
Aktenzeichen: 8 U 8203/00
Rechtsgebiete: BGB, HGB, AGBG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 284
BGB § 288
BGB § 315 Abs. 3 Satz 2
BGB § 343
BGB § 472
BGB § 535 Satz 2
BGB § 537 Abs. 1 Satz 1
BGB § 537 Abs. 3
BGB § 554
BGB § 556 Abs. 1
BGB § 557 Abs. 1 Satz 1
BGB § 847 Abs.1
HGB § 1
AGBG § 9
AGBG § 10
AGBG § 11
AGBG § 11 Nr. 3
AGBG § 24
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 91 a Abs. 1 Satz 1
ZPO § 92 Abs. 2
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 254
ZPO § 263
ZPO § 287 Abs. 1
ZPO § 515 Abs. 3 Satz 1
ZPO § 523
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
KAMMERGERICHT Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 8 U 8203/00

Verkündet am: 14. Februar 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 24. Januar 2002 durch den Vorsitzenden Richter Bieber, den Richter am Kammergericht Markgraf und den Richter am Amtsgericht Dr. Müther für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten zu 2) wird das am 17. August 2000 - 12 O 105/00 - verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin abgeändert:

Die Klägerin wird verurteilt, an die Beklagte zu 2) weitere 1.350,30 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Durchschnittssatz für Kontokorrentkredite unter DM 1 Mio. gemäß den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank, mindestens in Höhe von 8% auf jeweils 128,60 Euro seit dem 6.11.1998, 6.12.1998, 6.1.1999, 6.2.1999, 6.3.1999, 6.4.1999, 6.5.1999, 6.6.1999, 6.7.1999, 6.8.1999 sowie auf 64,30 Euro seit dem 6.9.1999 zu zahlen.

Auf die in der Berufungsinstanz erweiterte Widerklage wird die Beklagte zu 2) verurteilt, an die Klägerin weitere 31.609,53 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2%-Punkten über dem Durchschnittszinssatz für Kontokorrentkredite unter DM 1 Mio. gemäß Monatsberichten der Deutschen Bundesbank, mindestens in Höhe von 8% auf jeweils 3.356,14 Euro seit dem 6.7.2000, seit dem 4.8.2000, seit dem 6.9.2000, seit dem 6.10.2000, seit dem 6.11.2000, seit dem 5.12.2000, und auf 3.824,24 Euro seit dem 5.1.2001, seit dem 5.2.2001 sowie dem 6.3.2001 zu zahlen.

Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 76.000 Euro abwenden, wenn nicht die Beklagte zu 2) vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision ist nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die am Montag, den 23. September 2000, eingelegte und mit der am 22. November 2000 eingegangenen Berufungsbegründungsschrift begründete Berufung der Beklagten zu 2) richtet sich gegen das am 17. August 2000 verkündete und der Beklagten zu 2) am 21. September 2000 zugestellte Urteil der Zivilkammer 12. Auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe dieses Urteils wird Bezug genommen.

Die Beklagte zu 2) verfolgt mit der Berufung ihren in erster Instanz nur teilweise erfolgreichen Widerklageantrag wegen Mietzinsanteilen für Mai und November 1999, die ihr vom Landgericht in Höhe von 2.640,96 DM nebst Zinsen wegen einer Aufrechnung der Klägerin mit Rückzahlungsansprüchen der Miete aus Minderung wegen Feuchtigkeit in dem von der Klägerin u.a. angemieteten Lagerraum in der Zeit von November 1998 bis zum 15. September 1999 aberkannt worden sind, weiter.

Insoweit trägt sie vor, dass das Landgericht zu Unrecht von einem Mangel ausgegangen sei. Sie habe bereits erstinstanzlich das Vorhandensein von Feuchtigkeit bestritten. Auf Grund der Regelung unter Abschnitt B 5.6.9 des abgeschlossenen Mietvertrages sei das Recht zur Minderung auch ausgeschlossen.

Sie beantragt insoweit, nachdem sie die Berufung wegen eines Zinsanteils zurückgenommen hat,

unter Abänderung des am 17. August 2000 verkündeten Urteils des Landgerichts Berlin, Az. 12.O.105/00, die Klägerin zur Zahlung weiterer 2.640,96 DM zzgl. Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Durchschnittssatz für Kontokorrentkredite unter DM 1 Mio. gemäß Monatsberichten der Deutschen Bundesbank, mindestens in Höhe von 8% auf jeweils 251,52 DM seit dem 16.11.1998, 6.12.1998, 6.1.99, 6.2.1999, 6.3.1999, 6.4.1999, 6.5.1999, 6.6.1999, 6.7.1999, 6.8.1999 sowie auf 125,76 DM seit dem 6.9.1999 zu verurteilen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält an ihrer Behauptung fest, dass der Lagerraum in der Zeit von November 1998 bis zum 15. September 1999 wegen Feuchtigkeit so gut wie nicht nutzbar war.

Die Klägerin hat zunächst gegen das am 17. August 2000 verkündete Urteil innerhalb der Berufungsfrist selbst Berufung eingelegt. Nachdem sie zunächst ihre Berufung nur zurückgenommen hat, soweit sie beantragt hat, unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an sie 14.300 DM nebst 12% Zinsen seit dem 22.6.1999 zu zahlen und festzustellen, dass sie zur Einbehaltung der in einem zunächst aufrecht erhaltenen Antrag näher bezeichneten Minderungen berechtigt sei, hat sie die Berufung im Termin vom 24. Januar 2002 vollständig zurückgenommen, die Berufung dann aber als unselbständige Anschlussberufung wieder eingelegt. Sie wendet sich insoweit noch gegen die Abweisung ihrer Klage auf Rückzahlung von ihr nicht bezifferter wegen Minderung überbezahlter Miete und auf Feststellung, das die gemietete Ladenfläche mit bestimmten Mängel behaftetet ist, die zu einer bestimmten prozentualen Minderung der Miete führen, sowie gegen ihre Verurteilung zur Zahlung der nahezu vollständigen Mieten von November 1999 bis Juni 2000 und zur Räumung des vermieteten Ladenobjektes. Sie behauptet unter Vorlage von Messprotokollen insoweit, dass das Mietobjekt zeitweise mangelhaft beheizt und zeitweise unzureichend gekühlt worden sei. Auch die Lüftung habe nicht richtig funktioniert. Dies habe zu Geruchsbelästigungen durch die angrenzenden Imbisse geführt, teilweise sei die Nutzung durch auftretende Zugluft aus dem angrenzenden Bahnhofsbereich beeinträchtigt worden. Im Übrigen habe die Notbeleuchtung gefehlt, auch die Lautsprecheranlage sei defekt gewesen. Es seien auch Risse und Wasserflecken vorhanden gewesen. Aus diesem Grund sei die Miete gemindert gewesen, jedenfalls habe ihr ein Zurückbehaltungsrecht zugestanden. Sie ist der Auffassung, ein Verzug mit einem kündigungsrelevanten Mietrückstand habe niemals vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 16. November 2000, Bezug genommen.

Nachdem die Parteien den Rechtsstreit auch insoweit wegen der in der ursprünglichen Widerklage enthaltenen Nebenkostenvorschüsse für November, Dezember 1999 und Januar bis Juni 2000 in Höhe von insgesamt 7.324,24 DM und wegen des Räumungsantrags in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, beantragt die Klägerin nun noch,

unter Abänderung des am 17. August 2000 verkündeten Urteils des Landgerichts Berlin, Az.: 12 O 105/00,

1) die Beklagte zu (2) zu verurteilen, an eine über den ehemaligen Klageantrag zu 1) (14.300 DM) hinausgehende angemessene Minderung des Mietzinses zurückzuzahlen,

2) festzustellen, dass die im Mietvertrag vom 29. April 1998 vermietete Ladenfläche für den Zeitraum ab dem 03.02.2000 bis zur Mängelbeseitigung der jeweiligen Mängel mangelhaft ist und deshalb zu einer Mietminderung von 20% für die mangelhaften Heiz- und Klimaanlage, 20% für die schlechte Belüftung, 5% für die fehlende Notbeleuchtung und das nicht funktionierende Lautsprechersystem und weitere 5% für die Wasserflecken und die Risse in den Wänden berechtigt ist, und 3) die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte zu 2) beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Die Beklagte zu 2) hat ihre Widerklage in der zweiten Instanz erweitert und verlangt nunmehr auch die Zahlung der Mietbeträge für die Zeit von Juli 2000 bis März 2001, wobei unstreitig ist, dass die Klägerin in dieser Zeit keine weiteren Zahlungen geleistet hat. Insoweit hat die Beklagte zu 2) mit dem am 11. Mai 2001 zugestellten Schriftsatz unter Einbeziehung der Verurteilung durch das Landgericht zunächst angekündigt zu beantragen, die Klägerin zu verurteilen, an sie DM 128.900,18 zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von 2%-Punkten über dem Durchschnittszinssatz für Kontokorrentkredite unter DM 1 Mio. gemäß Monatsberichten der Deutschen Bundesbank, mindestens in Höhe von 8% auf DM 2.385,66 seit dem 6.5.1999, auf jeweils DM 7.160,56 seit dem 4.11.1999 und 6.12.1999, auf jeweils DM 7.479,56 seit dem 5.1.2000, seit dem 4.2.2000, seit dem 6. März 2000, seit dem 6.4.2000, seit dem 4.5.2000, seit dem 5.6.2000, seit dem 6.7.2000, seit dem 4.8.2000, seit dem 6.9.2000, seit dem 6.10.2000, seit dem 6.11.2000, seit dem 5.12.2000, seit dem 5.1.2001, seit dem 5.2.2001 sowie dem 6.3.2001 zu zahlen. Nachdem die Beklagte zu 2) eine weitere Widerklageerweiterung um 14.674,81 DM nebst Zinsen zurückgenommen hat und die Parteien den Rechtsstreit wegen der in der Widerklageerweiterung enthaltenen Nebenkostenvorschüsse für die Monate Juli 2000 bis Dezember 2000 in Höhe von insgesamt 5.493,18 DM (= 6 x 915,53 DM) in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, beantragt die Beklagte zu 2) nach gerichtlichen Hinweis nunmehr noch,

die Klägerin zu verurteilen, an sie DM 67.316,04 zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von 2%-Punkten über dem Durchschnittszinssatz für Kontokorrentkredite unter DM 1 Mio. gemäß Monatsberichten der Deutschen Bundesbank, mindestens in Höhe von 8% auf jeweils DM 6.564,03 seit dem seit dem 6.7.2000, seit dem 4.8.2000, seit dem 6.9.2000, seit dem 6.10.2000, seit dem 6.11.2000, seit dem 5.12.2000, und auf DM 7.479,56 seit dem 5.1.2001, seit dem 5.2.2001 sowie dem 6.3.2001 zu zahlen.

Die Klägerin beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Entscheidungsgründe:

I.

A) Die Berufung der Beklagten zu 2)

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.

1) Die Beklagte zu 2) kann auf Grund des Mietvertrages über den Laden- und den Kellerraum in die Zahlung der 2.640,96 DM (= 1.350,30 Euro) nach § 535 Satz 2 BGB verlangen.

a) Die Miete ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht gemindert. Die Ausübung der Minderung des Mietzinses ist ihr nach der Regelung unter B 5.6.9 des zwischen den Parteien bestehenden Mietvertrages untersagt. Denn die Regelung lautet: "Der Mieter kann gegenüber dem Mietzins oder sonstigen Forderungen des Vermieters aus diesem Vertrag weder ein Minderungsrecht oder Zurückbehaltungs- (Leistungsverweigerungs-) Recht ausüben noch mit einer bestritten oder nicht rechtkräftig festgestellten Gegenforderung aufrechnen. In einer weiteren Regelung wird der Ausschluss des Zurückbehaltungsrechtes auf Kaufleute beschränkt.

Die getroffene Regelung ist wirksam. § 537 Absatz 3 BGB schließt die Möglichkeit zur Vereinbarung eines Minderungsausschlusses nur für Wohnraummietverträge aus. Die Regelung unter B 5.6.9 Vertrages ist auch als allgemeine Geschäftsbedingung nicht zu beanstanden. Insoweit ist zwar umstritten, ob ein vollständiger Ausschluss des Minderungsrechtes wirksam wäre (vgl. etwa Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 8. Aufl., Rn. 390; Drettmann in v. Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Geschäftsraummiete, Stand Juli 1998, Rn. 51; Bub/Treier/Kraemer, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., III Rn. 1373; weitergehend aber OLG München, ZMR 1987, 16f.). Im Übrigen wird aber der Ausschluss eines Minderungsrechtes jedenfalls für den Fall für wirksam erachtet, dass dem Mieter ein Rückforderungsanspruch wegen der zuviel gezahlten Miete nach Bereicherungsrecht verbleibt (vgl. BGHZ 91, 375 = NJW 1984, 2402; NJW-RR 1993, 519, 520; OLG Hamm, NJW-RR 1998, 1020). Dieser Auffassung schließt sich der Senat an, weil das Äquivalenzgefüge in derartigen Fällen nicht zerstört wird, sondern lediglich dem rechtlich nicht zu beanstandenden Interesse des Vermieters an der zügigen Durchsetzung seiner Mietzinsforderung ohne Beweisaufnahme der Vorrang eingeräumt wird. Dann ist der Minderungsausschluss hier aber wirksam, weil der Klägerin die Geltendmachung eines Rückzahlungsanspruches weder nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Regelung noch nach ihrer subjektiven Fassung ("ausüben") verschlossen ist. In diesem Zusammenhang kommt es entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht darauf an, ob ihre Unternehmung kaufmännischen Umfang im Sinne des § 1 HGB hat und sie damit Kaufmann im Sinne des Handelsgesetzbuches ist. Denn die Regelung ist gleichwohl allein an Hand des § 9 AGBG zu prüfen, weil die Klägerin als Unternehmerin im Sinne des § 24 AGBG anzusehen ist, wobei diese Vorschrift jedenfalls dann Anwendung findet, wenn man darauf abstellt, dass der Mietvertrag erst im November 1998 in Vollzug gesetzt worden ist. Die Klägerin handelte beim Abschluss des Vertrages in Ausübung ihrer gewerblichen Tätigkeit (vgl. dazu § 14 BGB), zu der auch Vorbereitungshandlungen gehören (vgl. Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 9. Aufl., § 24 Rn. 15; dazu § 5 Absatz 1 VerbrKrG). Eine weitergehende Einschränkung der Gestaltung von Minderungsausschlüssen in Mietverträgen durch die §§ 10, 11 AGBGB ist im Übrigen unabhängig von der Frage der Anwendbarkeit des § 24 AGBG auch nicht ersichtlich (vgl. BGHZ 94, 180, 186 = NJW 1985, 1547; Drettmann, aaO, Rn. 51).

b) Die Klägerin kann nicht mit Rückforderungsansprüchen aufrechnen oder der Beklagten zu 2) entgegenhalten, dass sie etwaige Zahlungen sofort an sie zurück zu gewähren habe. Denn auch das Recht zur Aufrechnung ist durch die Regelung unter B 5.6.9 wirksam ausgeschlossen worden, weil die Aufrechnung mit unbestrittenen und rechtskräftig festgestellten Forderungen vom Ausschluss ausgenommen ist (vgl. § 11 Nr. 3 AGBG; Drettmann, aaO, Rn. 127). Jedenfalls in zweiter Instanz ist der Rückforderungsanspruch wegen des wirksamen Bestreitens der Beklagten zu 2) hinsichtlich der behaupteten Feuchtigkeit weder unstreitig noch ist er insoweit entscheidungsreif.

2) Der geltend gemachte Zinsanspruch ergibt sich auf Grund der mietvertraglichen Fälligkeitsvereinbarung aus den §§ 284, 288 BGB.

B) Die Anschlussberufung der Klägerin

Die nunmehr unselbständige Anschlussberufung ist zulässig, aber erfolglos.

1) Unbezifferter Antrag auf Rückzahlung

Der Antrag auf Rückzahlung eines angemessenen Minderungsbetrages ist nicht ausreichend bestimmt, so dass die Klage insoweit unzulässig ist, worauf die Klägerin im Termin vom 24. Januar 2002 auch hingewiesen worden ist.

Nach § 253 Absatz 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift einen bestimmten Antrag enthalten. Bestimmt ist ein Antrag dabei dann, wenn er als Gegenstand eines Vollstreckungstitels zur Zwangsvollstreckung geeignet ist, soweit er nicht von vorneherein, wie etwa ein Feststellungsantrag, keinen vollstreckungsfähigen Inhalt zu haben braucht. Ein Zahlungsantrag ist dabei nur dann ausreichend bestimmt, wenn sich der zu vollstreckende Geldbetrag aus dem Tenor oder jedenfalls aus allgemein zugänglichen Unterlagen ergibt (kritisch schon dazu Luke in Münchener Kommentar zur ZPO, 2. Aufl., § 253 Rn. 131). Diesen Anforderungen genügt der gestellt Antrag nicht, weil er den zu zahlenden Geldbetrag nicht ausweist.

Es liegt entgegen der Auffassung der Klägerin und des Landgerichts auch kein Fall vor, der eine Ausnahme von dem Bestimmtheitsgebot rechtfertigen könnte. Die Voraussetzungen der einzigen gesetzlich vorgesehenen Ausnahme einer Stufenklage nach § 254 ZPO sind nicht gegeben. Die Klägerin hat ihren Antrag auf Rückzahlung eines angemessenen Mietminderungsbetrages nicht mit einem Antrag auf Auskunft und Rechnungslegung verbunden. Ein Anspruch auf Rückzahlung von Minderungsbeträgen ist von derartigen Auskünften auch gerade nicht abhängig. Es liegt auch kein Fall einer Klage auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes nach § 847 Absatz 1 BGB vor, für den wegen des Anspruchs auf eine billige Entschädigung ebenfalls eine Ausnahme vom Bestimmtheitsgebot des § 253 Absatz 2 Nr. 2 ZPO angenommen wird (vgl. etwa Jauernig/Teichmann, BGB, 9. Aufl., § 847 Rn. 7; Palandt/Thomas, BGB, 61. Aufl., § 847 Rn. 14).

Die vorliegende Fallgestaltung ist auch einer Schmerzensgeldklage nicht vergleichbar, so dass es bei dem Grundsatz der Notwendigkeit eines bestimmten Antrags zu verbleiben hat. Ein unbezifferter Klageantrag wird bei der Klage auf Zahlung von Schmerzensgeld deshalb für zulässig erachtet, weil hier die Bestimmung der genauen Höhe des auszuurteilenden Betrags im Ermessen des Gerichts steht. Die Bestimmung des Minderungsbetrag steht aber gerade nicht im Ermessen des Gerichts, sondern richtet sich gemäß §§ 537 Absatz 1 Satz 1, 472 BGB allein nach dem objektiven Wert der mangelhaften Sache im Verhältnis zu dem Wert der mangelfreien Sache gegenüber dem vereinbarten Mietpreis für die mangelfreie Mietsache. Soweit teilweise auch dann eine unbezifferte Klage für zulässig erachtet wird, wenn dem Gericht wie in §§ 315 Absatz 3 Satz 2, 343 BGB ein Gestaltungsrecht zusteht oder ein Fall der Schadensschätzung nach § 287 Absatz 1 ZPO gegeben ist (vgl. dazu Thomas/Putzo, ZPO, 23. Aufl., § 253 Rn. 12; Lüke in Münchener Kommentar zur ZPO, 2. Aufl., § 253 Rn. 121) ändert dies nichts. Denn ein solcher Fall liegt hier ebenfalls nicht vor. Insbesondere ist entgegen der Auffassung des Landgerichts kein Fall der Schadensschätzung oder Anwendung gerichtlichen Ermessens gegeben. Der Minderungsbetrag ist schon nach der gesetzlichen Konzeption kein Schadensersatzanspruch. Dementsprechend wird eine Anwendung des § 287 Absatz 1 ZPO auf die Minderung auch verneint (vgl. BGH, WM 1971, 1382; Baumbach/Lauterbach, ZPO, 60. Aufl., § 287 Rn. 20; Prütting in Münchener Kommentar zur ZPO, 2. Aufl., § 287 Rn. 6).

2) Der Antrag auf Feststellung der Berechtigung zur Minderung

Die Klage ist unbegründet, soweit die Klägerin die Feststellung begehrt, dass sie in einem bestimmten Umfang zu einer Minderung des Mietzinses berechtigt sei.

a) Dabei ist davon auszugehen, dass der Antrag richtig lauten soll, dass es um die Feststellung der Minderungsbeträge ab März 2000 geht, wie dies im ersten Rechtszug auch beantragt worden ist.

b) Bedenken gegen die Zulässigkeit des Feststellungsantrags bestehen nicht. Der Antrag ist in der Umschreibung des Rechtsverhältnisses, den angenommenen Mängel und den angegebenen Minderungsbeträgen hinreichend bestimmt. Der Klägerin fehlt auch nicht das Feststellungsinteresse. Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass die Klägerin aus einer Feststellung der behaupteten Mangelhaftigkeit der gemieteten Räume für sich günstige Rechtsfolgen herleiten kann. Das Feststellungsinteresse ist auch nicht deshalb entfallen, weil ihr jedenfalls jetzt eine etwaige Bezifferung möglich wäre. Denn eine Bezifferungspflicht im laufenden Prozess besteht nicht (vgl. BGH, NJW 1984, 1552; BGH, NJW 1999, 639, 640).

c) Das Landgericht hat die Klage insoweit im Ergebnis zu Recht abgewiesen, weil die Klägerin mit dem Feststellungsantrag ihre Berechtigung zur Minderung der Miete festgestellt wissen will. Die Ausübung der Minderung des Mietzinses ist ihr aber nach der Regelung unter B 5.6.9 des zwischen den Parteien bestehenden Mietvertrages wirksam untersagt (siehe oben), so dass der gestellte Antrag unbegründet ist. Darauf hat der Senat im Termin vom 24. Januar 2002 auch ausdrücklich hingewiesen.

3) Antrag auf Abweisung der Widerklage

Auch der Antrag auf Abweisung der Widerklage kann keinen Erfolg haben, weil die Klägerin zur Zahlung der in erster Instanz ausgeurteilten Mietzinsbeträge für die Zeit von November 1999 bis Juni 2000 nach § 535 Satz 2 BGB und für die Zeit ab Wirksamkeit der Kündigung vom März 2000 nach § 557 Absatz 1 Satz 1 BGB verpflichtet ist. Eine Minderung oder der Einwand der Verpflichtung zur sofortigen Rückgewähr wegen eines Aufrechnungsanspruchs scheiden aus (siehe oben). Ein Zurückbehaltungsrecht wegen der behaupteten Mängel scheidet aus, weil mit der Beendigung des Mietverhältnisses das Recht zur Zurückbehaltung als Sicherung des Herstellungsanspruches entfallen ist. Der Zinszahlungsanspruch ergibt sich aus den §§ 284, 288 BGB.

C) Widerklageerweiterung

Die nach den §§ 523, 263 ZPO zulässige Widerklageerweiterung ist begründet. Die Beklagte zu 2) hat zwar im Termin vom 24. Januar 2002 beantragt, die Klägerin zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 67.316,04 DM nebst Zinsen und damit einschließlich Nebenkostenvorschüssen zu verurteilen. Aus den weiteren abgegebenen Erklärungen, insbesondere aus der Erledigungserklärung bezüglich der Nebenkostenvorschüsse ergibt sich aber durch Auslegung, dass insoweit nur noch die Verurteilung zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 61.822,86 DM (= 31.609,53 Euro = 6 x 6.564,03 DM + 3 x 7.479,56 DM) verlangt wird.

Die Klägerin ist nach dem Vorstehenden auch zur ungeminderten Zahlung dieser Mietbeträge von Juli 2000 bis März 2001 nach § 557 Absatz 1 Satz 1 BGB verpflichtet. Auch hier ergibt sich die Zinszahlungspflicht aus den §§ 284, 288 BGB.

II.

1) Die Kostenentscheidung beruht, soweit streitig zu entscheiden war, auf den §§ 91 Absatz 1, 97 Absatz 1, 515 Absatz 3 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 92 Absatz 2 ZPO entsprechend. Denn der von der Beklagten zu 2) zurückgenommene Teil der Berufung ist im Verhältnis zum Ganzen geringfügig und hat keine besonderen Kosten verursacht.

2) Die Klägerin hat auch die Kosten zu tragen, die auf den Teil des Rechtsstreits entfallen, der von den Parteien in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist. Denn insoweit ist die Verteilung der Kosten nach § 91 a Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen vorzunehmen.

Dann aber hat die Klägerin die hierauf entfallenden Kosten in entsprechender Anwendung des § 91 Absatz 1 Satz 1 ZPO zu tragen, weil die Beklagte zu 2) als Vermieterin zum jeweiligen Zeitpunkt der Rechtshängigkeit Anspruch auf die Zahlung der für erledigt erklärten Nebenkostenvorschüsse für die Zeit von November 1999 bis Dezember 2000 hatte. Dieses Recht auf Vorschuss entfällt erst mit Ablauf des auf die Abrechnungsperiode folgenden Jahres (ebenso (vgl. OLG Düsseldorf, OLGR 1998, 94; 2000, 218; OLG Hamburg, MDR 1989, 162). Die Abrechnungsperiode lief hier nach dem Vertrag aber jährlich (vgl. B 5.6.5), so dass die Beklagte zu 2) zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit der Widerklage wegen der Mieten für November 1999 bis Juni 2000 am 27. Juli 2000 und wegen der Mieten für Juli bis Dezember 2000 am 11. Mai 2001 noch die entsprechenden Vorschüsse verlangen konnte. Dieses Forderungsrecht ist mittlerweile auf Grund des Zeitablaufs entfallen. Die Widerklage war auch wegen des Räumungsantrags zulässig und begründet, weil die Beklagte zu 2) das Mietverhältnis nach § 554 BGB wegen des bestehenden Zahlungsrückstands im März 2000 wirksam gekündigt hat, so dass die Klägerin nach § 556 Absatz 1 BGB zur Herausgabe verpflichtet war. Daran ändern die von der Klägerin vorgetragenen Mängel und ein etwa bestehendes Zurückbehaltungsrecht nichts. Dieses könnte zwar auch ohne ausdrückliche Geltendmachung den Verzug mit Mietanteilen ausschließen. Die Klägerin hat wegen der Mängel allerdings nur hinsichtlich der Wasserflecken und der Risse in der Wand ausreichend vorgetragen. Dann aber bestand gleichwohl im März 2000 ein kündigungsrelevanter Rückstand im Sinne des § 554 BGB, weil deren Beseitigungskosten allenfalls den Betrag einer Monatsmiete erreicht hätten. Die Beklagte hat aber seit November 1999 gar keinen Mietzins mehr gezahlt.

3) Die Vollstreckbarkeitsentscheidung ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO. Der Rechtsstreit hat keine grundsätzlichen Rechtsfragen aufgeworfen, es wird auch nicht von höchtsrichterlicher Rechtsprechung abgewichen, so dass die Revision nicht zuzulassen ist.

Ende der Entscheidung

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