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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 01.07.2009
Aktenzeichen: 8 W 59/09
Rechtsgebiete: GKG


Vorschriften:

GKG § 41
GKG § 45 Abs. 5 S. 1. Alt. 2
Der Gebührenstreitwert der Klage auf Feststellung eines Mieters gegen den Vermieter, dass er wegen Mängeln der Mietsache zur Minderung berechtigt ist, richtet sich entsprechend § 45 Abs. 5 S. 1 Var. 2 GKG nach dem Jahresbetrag der geltend gemachten Minderung.
Kammergericht

Beschluss

Geschäftsnummer: 8 W 59/09

01.07.2009

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Elßholzstr. 30-33, 10781 Berlin, durch den Richter am Landgericht Niebisch als Einzelrichter am 1.Juli 2009 beschlossen:

Tenor:

Auf die Streitwertbeschwerde des Klägers wird der Streitwertbeschluss des Amtsgerichts Schöneberg vom 29. April 2009 zu 104a C 289/08 abgeändert. Der Streitwert wird auf insgesamt 6.024,96 € festgesetzt. Der Vergleichswert übersteigt den Streitwert nicht.

Gründe:

I.

Der klagende Mieter einer Wohnung hat die beklagte Vermieterin mit den Klageanträgen zu 1. und 2. auf Beseitigung bestimmter Mängel in Anspruch genommen und mit dem Klageantrag zu 3. die Feststellung, dass er bis zur Beseitigung dieser Mängel zur Minderung der Bruttowarmmiete von insgesamt 30 % berechtigt ist, verlangt. Die ungekürzte Miete betrug einschließlich der Nebenkostenvorschüsse monatlich 836,80 €. Nach einem Vergleichsschluss der Parteien hat das Amtsgericht mit dem angefochtenen Beschluss den Streitwert für die Klageanträge zu 1. und 2. zusammen auf 3.012,48 € und den Streitwert für den Klageantrag zu 3. auf 10.543,68 € festgesetzt. Hiergegen wendet sich der Kläger, der die Auffassung vertritt, auch wegen des Feststellungsantrags sei auf den Jahresbetrag der Mietminderung abzustellen.

II.

Die gemäß § 68 Abs. 1 GKG zulässige Beschwerde ist begründet.

1. Das Kammergericht ist gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 1 b) GVG zur Entscheidung berufen.

2. Der Streitwert des Klageantrags zu 3. beträgt (12 Monate x 251,04 €/Monat =) 3.012,48 €.

a) Nach der Rechtsprechung des Senats zum bis zum 30. Juni 2004 geltenden Kostenrecht war der Gebührenstreitwert der Klage des Mieters auf Feststellung seiner Berechtigung zur Minderung nach dem 3,5-fachen Jahresbetrag der geltend gemachten Minderung zu bemessen (Beschluss vom 6. November 2003 zu 8 W 250/03, OLGR 2004, 306).

b) Die Frage, wie der Gebührenstreitwert nach dem seit dem 1. Juli 2004 geltenden Kostenrecht zu bemessen ist, ist in Rechtsprechung und Literatur streitig. Teilweise wird angenommen, dass § 41 Abs. 5 GKG zumindest entsprechend auch für Feststellungsklagen über die Berechtigung oder Nichtberechtigung zur Minderung gelte (vgl. LG Berlin, Beschluss vom 13. Dezember 2007 zu 67 T 144/07, GE 2008, 197, zit. nach juris; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 67. Aufl. 2009, Anh § 3 Rn. 82; Hartmann, Kostengesetze, 39. Aufl. 2009, § 41 GKG Rn. 37 und Anh I § 48 GKG [§ 3 ZPO] Rn. 82; Zimmermann, ZPO, 8. Aufl. 2008, § 3 Rn. 20; Woitkewitsch ZMR 2005, 840; so offenbar auch Meyer, GKG, 10. Aufl. 2008, § 41 Rn. 23). Nach anderer Auffassung, der sich das Amtsgericht angeschlossen hat, ist § 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. § 9 ZPO (vgl. LG Berlin, Beschluss vom 13. Mai 2008 zu 63 T 58/08, GE 2009, 269, zit. nach juris; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 29. Aufl. 2008, § 3 Rn. 101) oder § 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO unter Berücksichtigung der Grundsätze des § 9 ZPO (vgl. Schneider/Herget, Streitwertkommentar für den Zivilprozess, 12. Aufl. 2007, Rn. 3553) anwendbar.

c) Der Senat folgt der erstgenannten Ansicht (so auch schon im Senatsbeschluss vom 22. Januar 2007 zu 8 U 140/06, nicht veröffentlicht). § 41 Abs. 5 S. 1 Var. 2 GKG ist entsprechend auf Fälle anzuwenden, in denen der Mieter die Feststellung seiner Berechtigung zur Minderung begehrt.

Eine Analogie ist zulässig und geboten, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelt hat, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen (vgl. BGH NJW 2007, 3124, 3125). Diese Voraussetzungen sind gegeben.

Die hier zu beurteilende Konstellation ist im GKG nicht geregelt. Dass man unabhängig hiervon in jedem Fall über § 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO zur Ermittlung eines Gebührenstreitwerts kommen könnte, steht der Annahme einer Regelungslücke nicht entgegen, zumal in der Rechtsprechung des BGH anerkannt ist, dass gerade § 41 Abs. 5 S. 1 Var. 2 GKG analogiefähig ist (vgl. BGH NJW-RR 2006, 378, 379). Diese Regelungslücke ist planwidrig. Aus der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 15/1971, S. 154 f.) ergibt sich nicht, dass der Gesetzgeber von einer Regelung bewusst abgesehen hat.

Zudem ist der Fall, dass ein Mieter auf Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen klagt, so weit mit dem Fall, dass der Mieter auf Feststellung der Berechtigung zur Minderung wegen Mängeln klagt, vergleichbar, dass eine Analogie wegen vergleichbarer Interessenlage angenommen werden kann. Der Gesetzgeber hat die Begrenzung des Gebührenstreitwerts für Klagen auf Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen zunächst aus sozialpolitischen Erwägungen eingeführt, um Mieter nicht durch hohe Gerichtsgebühren von Klagen abzuhalten. Zudem sollte mit der gesetzlichen Regelung Rechtsklarheit geschaffen werden (BT-Drs. 15/1971, S. 154 f.). Beides gilt auch in der hiesigen Konstellation. Hohe Streitwerte können den Mieter nicht nur davon abhalten, den Vermieter auf Durchführung von Instandsetzungsarbeiten wegen Mängeln in Anspruch zu nehmen, sondern auch davon, Minderung geltend zu machen und durchzusetzen. Außerdem dient die entsprechende Anwendung von § 41 Abs. 5 GKG der Rechtsklarheit. Bei Anwendung von §§ 3, 9 ZPO könnte zweifelhaft sein, welcher Zeitraum zu berücksichtigen ist, weil bezogen auf den gemäß § 40 GKG maßgebenden Zeitpunkt festgestellt werden müsste, wann eine Mängelbeseitigung voraussichtlich erfolgen wird, was insbesondere von der meist nicht abschätzbaren Dauer des Rechtsstreits abhängt (vgl. zum Problem der mit einem Räumungsantrag verbundenen Klage auf zukünftige Leistung von Nutzungsentschädigung KG, Beschluss vom 22. Dezember 2005 zu 12 W 46/05, OLGR 2006, 459 = GE 2006, 188).

3. Das Amtsgericht hat den Streitwert für die Klageanträge zu 1. und 2. zutreffend auf 3.012,48 € festgesetzt. Da es sich jeweils um unterschiedliche Streitgegenstände handelt, ist gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. § 5 ZPO zusammenzurechnen.

4. Das Amtsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Vergleichswert den Streitwert nicht übersteigt.

5. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 68 Abs. 3 GKG.



Ende der Entscheidung

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