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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 06.04.2009
Aktenzeichen: I AGH 24/07
Rechtsgebiete: ZPO, BRAGebO


Vorschriften:

ZPO § 14 Abs. 2 Nr. 7
BRAGebO § 16 Abs. 5
BRAGebO § 37 Abs. 1
BRAGebO § 37 Abs. 2
BRAGebO § 37 Abs. 3
1. Die Zulässigkeit des Antrags auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 16 Abs. 5, 37 Abs. 1 bis 3 BRAO setzt weder voraus, daß ein konkreter Antrag formuliert, noch daß der Antrag begründet wird. Ausreichend ist insofern, daß die Antragsschrift das Rechtsschutzziel des Antragstellers hinreichend klar erkennen läßt.

2. Das Vorliegen der Voraussetzungen für einen Widerruf der Rechtsanwaltszulassung gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 ZPO (wegen Vermögensverfall) ist nicht schon deshalb zu verneinen, weil Vergleichsgespräche zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Gläubiger stattgefunden haben oder weil der Rechtsanwalt beabsichtigt, auf seine Rechte aus der Zulassung demnächst ohnehin zu verzichten.

3. Der Geschäftswert in Zulassungssachen beträgt ausnahmsweise nur 25.000,- €, wenn die anwaltliche Tätigkeit des Antragstellers schon seit einigen Jahren einen nur noch geringen Umfang hat und die Einkünfte des Rechtsanwalts hieraus gering sind.


ANWALTSGERICHTSHOF BERLIN Beschluss

Geschäftsnummer: I AGH 24/07

In dem Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung

hat der I. Senat des Anwaltsgerichtshofes im schriftlichen Verfahren gemäß § 40 Abs. 2 Satz 2 BRAO am 6. April 2009 durch die Rechtsanwältin Dr. K..., Rechtsanwalt V..., Rechtsanwältin E..., die Richterin am Kammergericht G... und den Richter am Kammergericht Dr. G...

beschlossen:

Tenor:

1. Der Antrag wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Der Verfahrenswert wird auf 25.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller ist zur Rechtsanwaltschaft zugelassen und seit 1991 Mitglied der Antragsgegnerin. Am 21. Juli 2003 vereinnahmte er in der Nachlasssache A... M... Fremdgelder in Höhe von 10.057,15 EUR; ferner vereinnahmte er vor dem 27. Februar 2007 in den Nachlasssachen M... E... R... und E... R... Fremdgelder in Höhe von 23.756,66 EUR. Diese Gelder verbrauchte er zu eigenen, privaten Zwecken. Nachdem er mehrere Jahre keine kostendeckenden Einnahmen mehr aus seiner anwaltlichen Tätigkeit erzielte und alle vorhandenen Reserven verbraucht waren, stellte er zum Ende des Jahres 2004 die anwaltliche Tätigkeit im Wesentlichen ein und gab seine Kanzleiräume auf. Am Ende des Jahres 2007 führte er noch zwei familienrechtliche Mandate. Er bezieht eine Rente von monatlich 700 EUR. Zur Rückzahlung der genannten Fremdgelder ist er wirtschaftlich nicht in der Lage. Diesen Sachverhalt hat der Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin eingeräumt. Ihr gegenüber machte er lediglich geltend, dass es im Juli 2007 zwei Vergleichsvorschläge in der Nachlasssache A... M... gegeben habe; er beabsichtige, nach dem Abschluss der familienrechtlichen Mandate auf seine Rechte aus der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu verzichten.

Die Antragsgegnerin drohte dem Antragsteller mit Schreiben vom 23. Juli 2007, diesem zugestellt am 24. Juli 2007, den Widerruf der Zulassung wegen Vermögensverfalls an und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme. Mit Bescheid vom 31. Oktober 2007, dem Antragsteller zugestellt am 1. November 2007, widerrief sie dessen Zulassung zur Rechtsanwaltschaft gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO.

Gegen den Bescheid hat der Antragsteller Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt, der am 28. November 2007 beim Anwaltsgerichtshof eingegangen ist. Eine Begründung ist - trotz gerichtlicher Aufforderung - nicht erfolgt.

Der Antragsteller

hat einen konkret formulierten Antrag nicht gestellt.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung haben beide Parteien verzichtet.

II.

1.

Der Antrag ist zulässig.

Insbesondere ist der Antrag gemäß §§ 16 Abs. 5 und 37 Abs. 1 bis 3 BRAO formgerecht und fristwahrend eingelegt. Dabei ist unschädlich, dass der Antragsteller keinen konkret formulierten Antrag gestellt hat. Denn es genügt, dass die Antragschrift das Ziel des Antragsteller, den Bescheid vom 31. Oktober 2007 aufzuheben, hinreichend klar erkennen lässt (Feuerich/Weyland, BRAO, 7. Aufl. 2008, § 37 Rdnr. 23), was vorliegend der Fall ist. Ebenso ist unschädlich, das der Antragsteller seinen Antrag nicht begründet hat (Feuerich/Weyland, BRAO, 7. Aufl. 2008, § 37 Rdnr. 24).

2.

Der Antrag ist jedoch nicht begründet.

Denn der Antragsteller ist in Vermögensverfall gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO geraten, da er seine fälligen Verbindlichkeiten nicht mehr begleichen kann. Der Umstand, dass seine mutmaßlich hauptberufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt schon lange nicht mehr kostendeckend war und vor gut 3 Jahren sogar weitgehend eingestellt wurde, bestätigt dieses Bild; dasselbe gilt für den Umstand, dass er seitdem im Wesentlichen aus Renteneinkünften in Höhe von 700 EUR lebt. Im Übrigen ist der Umstand, dass Vergleichsgespräche zwischen dem Antragsteller und einem seiner Gläubiger stattgefunden haben, nicht von Belang. Von Bedeutung wäre allenfalls der Abschluss einer Stundungsvereinbarung; dies hat der Antragsteller jedoch nicht behauptet.

Der Vermögensverfall gefährdet die Interessen der Rechtsuchenden. Dabei ist davon auszugehen, dass einen solche Gefahr im Falle des Vermögensverfalles regelmäßig besteht (Feuerich/Weyland, BRAO, 7. Aufl. 2008, § 14 Rdnr. 61). Denn ein Rechtsanwalt ist bei Fortbestand der Zulassung jederzeit befugt, Mandate anzunehmen bzw. weiter zu bearbeiten, bei denen ihm u.a. fremdes Vermögen anvertraut wird. Es sind keine Umstände ersichtlich, dass diese Möglichkeit im Falle des Antragstellers ausgeschlossen wäre. Der Umstand, dass der Antragsteller trotz der Aufgabe seiner Kanzleiräume weiterhin zwei familienrechtliche Mandate führt, spricht eher für als gegen das Bestehen einer solchen Gefahr. Im Übrigen ist die bloße Absicht des Antragstellers, auf seine Rechte aus der Zulassung zu verzichten, nicht von Belang. Denn bis zur Erklärung des Verzichts bleibt es unvermindert bei der o.g. Gefahr.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 201 Abs. 1 BRAO.

Die Wertfestsetzung beruht auf § 202 Abs. 2 BRAO i.V.m. § 30 KostO. Vor dem Hintergrund, dass sich die Wertfestsetzung in Zulassungssachen im Regelfall an der Höhe der Einkünften des Rechtsanwaltes aus seiner anwaltlichen Tätigkeit orientiert (Feuerich/Weyland, BRAO, 7. Aufl. 2008, § 202 Rdnr. 4) und vorliegend die anwaltliche Tätigkeit des Antragstellers schon seit einigen Jahren einen nur noch geringen Umfang hat, ist es sachgerecht, den Geschäftswert auf die Hälfte des ansonsten üblichen Betrages von 50.000 EUR festzusetzen (vgl. Feuerich/Weyland, BRAO, 7. Aufl. 2008, § 202 Rdnr. 5 ff., m.w.N.).

Ende der Entscheidung

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