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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 05.08.2005
Aktenzeichen: U 192/04
Rechtsgebiete: EGBGB, BGB


Vorschriften:

EGBGB Art. 229 § 5
BGB § 428
BGB § 266
BGB § 432 Abs. 1
BGB § 428 Abs. 1
Haben mehrere Personen ein Darlehen gegeben, sind sie grundsätzlich Gesamthandsgläubiger. Der Schuldner kann dann nur an alle Darlehensgeber gemeinschaftlich mit befreiender Wirkung zahlen. Wird der Schuldner zur Abgabe eines Schuldanerkenntnisses aufgefordert und bestätigt er die Schuld schriftlich, handelt es sich nicht nur um eine Beweisurkunde sondern um ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 7 U 192/04

verkündet am: 05.08.2005

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Kammergerichts Elßholzstr. 30 - 33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 01.08.2005 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Stummeyer und die Richter am Kammergericht Renner und Sellin

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 10. September 2004 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 26 O 98/04 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst.

Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Oranienburg vom 20. Dezember 2001 - 5 B 1916/01 - wird wegen der Nebenforderungen von 15,00 DM aufgehoben. Insoweit wird der Antrag auf Erlass des Vollstreckungsbescheides zurückgewiesen. Im Übrigen wird der Vollstreckungsbescheid aufrechterhalten.

Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

A.

Von der Darstellung des Sachverhaltes wird gemäß §§ 543 Abs. 2, 313 Abs. 1 ZPO abgesehen.

B.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Kläger ist ganz überwiegend begründet.

I.

Auf das streitige Schuldverhältnis sind gemäß Art. 229 § 5 EGBGB die vor dem 1. Januar 2002 geltenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) anzuwenden. Die zitierten Vorschriften des BGB beziehen sich daher auf das bis zum 31. Dezember 2001 geltende Recht.

II.

Der Kläger hat den geltend gemachten Rückzahlungsanspruch aus § 607 BGB auch hinsichtlich der vom Landgericht abgewiesenen 10.000,00 DM = 5.112,92 €. Entgegen der Ansicht des Landgerichts kommt es nicht darauf an, ob der Anspruch dem Kläger und Herrn Pnnnnn als Gesamthandsgläubiger gemäß § 432 Abs. 1 BGB zusteht mit der Folge, dass die Forderung nur von den Gläubigern gemeinsam geltend gemacht werden kann.

1. Das Landgericht ist zwar im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass mehrere Gläubiger einer Geldforderung im Allgemeinen nicht Gesamtgläubiger im Sinne des § 428 BGB sind; denn bei Geldforderungen aus einem Schuldverhältnis der vorliegenden Art handelt es sich gemäß §§ 266, 432 Abs. 1 BGB um unteilbare Leistungen im Rechtssinne (vgl. auch OLG Düsseldorf NJW-RR 1998, 1412). Haben mehrere Personen dem Schuldner ein Darlehen gewährt, kann der Schuldner daher grundsätzlich nur an alle Darlehensgeber gemeinschaftlich mit befreiender Wirkung leisten. Die Zahlung muss deshalb von allen Darlehensgebern gemeinschaftlich geltend gemacht werden. Gesamtgläubigerschaft kann in diesen Fällen nur durch einen Vertrag begründet werden, an dem alle Parteien, auch der Schuldner, beteiligt sein müssen (vgl. dazu: BGHZ 64, 67; BGH NJW 1996, 2859). Ein solcher Vertrag ist hier nicht geschlossen worden. Die von der Beklagten als Anlage B 7 vorgelegte Vertragsurkunde vom 13. Februar 1993, die die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit hat, besagt nur, dass der Kläger und Herr Pnnnnn der Beklagten ein zinsfreies Darlehen von 10.000,00 DM gewährt haben. Käme es nur auf diese Darlehensurkunde an, wäre der Kläger nicht Gesamtgläubiger im Sinne des § 428 Abs. 1 BGB und danach auch nicht befugt, die Leistung an sich allein zu verlangen.

2. Das Landgericht hat jedoch die von der Beklagten unter dem 26. Juni 1996 und 30. September 1996 schriftlich erteilten Anerkenntnisse fehlerhaft gewürdigt.

a) Es handelt sich dabei nicht nur um schlichte Beweisurkunden, sondern um schuldbestätigende Erklärungen der Beklagten und damit um sogenannte deklaratorische Schuldanerkenntnisse. Maßgeblich ist dabei der Schuldbestätigungsvertrag vom 30. September 1996, mit dem die Beklagte ihre Verpflichtung zur Darlehensrückzahlung gegenüber dem Kläger uneingeschränkt anerkannt hat. Die Beklagte wollte die Schuld aus dem Darlehensvertrag auch anerkennen und nicht nur eine bloße Beweisurkunde unterzeichnen, denn sie ist zum Anerkenntnis durch den Kläger ausdrücklich aufgefordert worden.

b) Folge des deklaratorischen Schuldanerkenntnisses ist, dass die Schuld der Beklagten aus dem Darlehensvertrag in vollem Umfang gegenüber dem Kläger besteht. Die Unstimmigkeiten zwischen den Parteien, wer der Beklagten ein Darlehen gewährt hat, sind durch das Anerkenntnis vom 30. September 1996 ausgeräumt worden; denn der schuldbestätigende Vertrag dient gerade dazu, das Schuldverhältnis dem Streit insgesamt oder über einzelne Punkte zu entziehen (BGH NJW 1990, 960). Dass die Beklagte dies wollte, zeigt, dass sie nach Unterzeichnung des Schuldanerkenntnisses vom 26. Juni 1996 und nach der Übersendung des Vertragsentwurfs durch die damaligen Bevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 16. Juli 1996, in dem die Gesamtgläubigerschaft des Klägers mit Herrn Pnnn betont wird, die Schuld aus dem Darlehen gegenüber dem Beklagten auch hinsichtlich des noch streitbefangenen Betrages von 10.000,00 DM uneingeschränkt anerkannt hat.

c) Folge des schuldbestätigenden Anerkenntnisses ist der Ausschluss des Schuldners mit allen Einwendungen, die ihm bei Abgabe des Anerkenntnisses bekannt waren oder bekannt sein mussten (BGH NJW 1983, 1903). Die Auslegung der von der Beklagten abgegebenen Erklärungen ergibt dabei, dass sie ihre Schuld auf Rückzahlung der 10.000,00 DM uneingeschränkt gegenüber dem Kläger bestätigen wollte, indem sie nicht den von seinen Bevollmächtigten vorgefertigten Vertragsentwurf unterschrieben, sondern im Schreiben vom 30. September 1996 unter Abänderung ihres zuvor abgegebenen Anerkenntnisses ihre Rückzahlungsverpflichtung gegenüber dem Kläger auch in Höhe der streitigen 10.000,00 DM ohne Vorbehalte gegenüber einer eventuellen Zahlungsverpflichtung gegenüber Herrn Pnn bestätigt hat.

d) Damit kann sich die Beklagte nachträglich nicht mehr auf die fehlende Aktivlegitimation des Klägers berufen. Dass sie über die Folgen ihres Anerkenntnisses getäuscht worden ist, trägt die Beklagte selbst nicht vor. Ihre Ansicht, die Anerkenntnisse seien arglistig herbeigeführt worden, wird weder durch Tatsachen belegt, noch hat die Beklagte die schuldbestätigenden Verträge unter Beachtung der Jahresfrist des § 124 Abs. 1 BGB angefochten.

e) Die Beklagte kann auch nicht die Einrede der Verjährung mit der Begründung erheben, es handele sich nicht um eine Darlehensschuld, sondern um Mietschulden; denn sie bestätigt ausdrücklich, von dem Kläger ein Darlehen über insgesamt 25.000,00 DM erhalten zu haben. Es kommt daher auch nicht mehr darauf an, ob Herr Pnn den Darlehensvertrag vom 13. Februar 1993 nur als Vermieter der Verkaufsräume unterzeichnet und überhaupt kein Darlehen gewährt hat. Diese Streitpunkte waren der Beklagten bekannt. Sie hat sie durch ihr Anerkenntnis vom 30. September 1996 zu Gunsten des Klägers außer Streit gestellt.

3. Der Anspruch auf Zinsen in Höhe von 4 % seit dem 2. Februar 1996 auf die noch streitige Forderung von 10.000,00 DM folgt ebenfalls aus dem Anerkenntnis vom 30. September 1996.

III.

Keinen Erfolg hat die Berufung, soweit es um die Nebenkosten von 15,00 DM = 7,67 € geht; denn hierzu fehlt schon in erster Instanz jede Anspruchsbegründung.

IV.

Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 2, 708 Nr. 10, 713 ZPO.



Ende der Entscheidung

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